Freitag, 26. April 2024

Was verbirgt sich hinter dem Naturschutzgebiet Hornisgrinde?

Hornisgrinde mit Hochmoor und Turm

Die Hornisgrinde ist mit 1163 der höchste Berg im Nordschwarzwald. Typisch ist die Grindenlandschaft, die durch jährliche Brandrodung und dann als Weideflächen für das Vieh entstanden ist. Der südliche und der nördlichen Gipfel hat jeweils ein Hochmoorgebiet, das auf einer mächtigen Sandsteinschicht jeweils lagert. Begünstigt wurde die Moor- und Torfbildung durch die zahlreichen Niederschläge. Die Torfschichten werden auf ein Alter von 6.000 Jahren geschätzt.

An der Ostseite der Hornisgrinde-Hochfläche fallen bis zu 130 m hohe Karwände hinab zu den unten liegenden Mulden des Kleinen und Großen Biberkessels. Wobei der Große Biberkessel das größte  Kar im Nordschwarzwald aber inzwischen verlandet ist. Beim Kleinen Biberkessel ist noch eine kleine Wasserlinse im Moor eingebettet. Teile der Hochfläche auf der Hornisgrinde und die Biberkessel wurden 1992 endlich als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Leider gab es immer wieder Gründe, den Naturschutzgedanken bei Seite zu legen:

1871 wurde der Bismarckturm am Rande ins südliche Moorgebiet gebaut. Er diente als Vermessungspunkt und später als Aussichtsturm. 1910 wurde vom Schwarzwaldverein der Hornisgrindeturm erbaut, der seit 2000 der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht worden ist. Schon 1912 wurde neben dem Turm für Gäste das Grinden Hotel gebaut. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde das Hochplateau über der Rheinebene ein Eldorado der Segelflieger und von 1930 bis 38 wurden deren deutsche Meisterschaften ausgetragen. An die unkontrollierten Besucherströme im Moor mag man heute nicht mehr denken. 1942 übernahm den Fliegerstützpunkt die Deutsche Wehrmacht zur militärischen Nutzung. Nach dem Ende 2. Weltkriegs besetzten die Franzosen bis 1996 die Hornisgrinde als Sperrgebiet und betrieben eine Abhörstation des Auslandsgeheimdienstes. Sie bauten Unterkünfte, Bunker und Straßen durch das Moorgebiet. Erst 2004 wurden teilweise die Bunkeranlagen abgebaut.

Seit den 50er Jahren wurde am nördlichen Ende des Gipfelplateaus der Hornisgrinde ein Sendeturm gebaut, der heute noch von der Telekom AG betrieben wird. Seit Mitte der 60er Jahre befindet sich eine Windkraftanlage auf der Hornisgrinde. Am Rande des nördlichen Moorgebiets steht seit 1972 der 206 m hohe Sendeturm des Südwestrundfunks. Am südlichen Ende des Moorgebgiets steht ein Sendeturm als Stahlfachwerkkonstruktion von Vodafon. Alle Anlagen haben jeweils die notwendige Infrastruktur an Gebäuden und Zufahrtswegen. Um die Besucherströme etwas zu lenken, wurde wenigstens ein Bohlenweg durch das Moor vom Bismarckturm zum Dreifürstenstein im Süden gelegt.

Es gibt zwei Hochmoorgebiete auf der 2 km langen Hornisgrinde. Das kleinere Gebiet, das nördliche Hochmoor, umschließt den ganz nördlich am Ende des asphaltierten Weges liegenden Sendeturm der Telekom AG, der von 3 Seiten durch das Moor umgeben ist. Die größte Torfmächtigkeit beträgt 1,2 bis 1,4 m und ist teilweise mit Latschen bewachsen. Dieses Moor wurde in der Vergangenheit durch umfangreiche Torfstiche, die bis auf den Mineralboden gehen und Entwässerungsgräben, schwer beeinträchtigt.

Das südliche Hochmoor ist ein Vielfaches größer. Es erstreckt sich vom Hornisgrindeturm, bis über den Bismarckturm hinaus in einer großen Schleife über den durchschneidenden Bohlenweg zum Dreifürstenstein, von dort zum abgesperrten Vodafonturm und zurück zum Hornisgrindeturm. Die Torfmächtigkeit beträgt 2 bis 4 m. Im südlichen Moor befinden sich mehrere vom Moor eingeschlossene Mooraugen. Aber schon das deutsche Militär hat 1939 den vorhandenen trennenden Weg im südlichen Moorgebiet zu einer Ringstraße für schwere LKWs ausgebaut. Torfstiche, Entwässerungskanäle und Bunkeranlagen der Franzosen haben die Moorbildung schwer geschädigt.

Hornisgrinde mit Mummelsee



Freitag, 19. April 2024

Was verbirgt sich hinter (ET) und (KT)?

Tennenbronner Tracht vorne ev hinten kath

Tennenbronn liegt im oberen Bernecktal und ist mit seinen gut 3.300 Einwohnern seit 2006 ein Ortsteil von Schramberg. Es wurde 1179 erstmals von Papst Alexander III in einer Urkunde an das Kloster St Georgen erwähnt. Besiedelt wurde die Gegend durch das Klöster St Georgen. Vögte waren die Falkensteiner, die sich in zwei Zweige vergabelt hatten: Falkensteiner und Ramsteiner. Durch die Aufteilung in die Familienzweige und deren zeitlich auseinander liegenden Verkäufe ihrer Besitztümer, kam unter anderem 1444 ein Teil von Tennenbronn an Graf Ludwig von Württemberg.1532 kam mit Schramberg der andere Teil von Tennenbronn an das Hause Österreich.

Im Tennenbronner Vertrag von 1558 als Folge der unterschiedlichen Verkäufe wurde Tennenbronn in evangelisch Tennenbronn (ET) geteilt, denn Württemberg hatte 1556 die Reformation eingeführt. Der andere Rest von Tennenbronn blieb als katholisch Tennenbronn (KT) erhalten.

Jede Gemeinde hatte ihren eigenen Pfarrer, eine  eigene Kirche: Die 1453 erbaute Kirche, 1901 abgebrannt, wurde 1556 evangelisch und 1565 in das gegründete evangelische Kirchspiel eingebracht. Eine katholische Pfarrei bestand seit 1786 und deren Kirche, St Johann Baptista, wurde 1848 erbaut. Jede Gemeinde hatte ihren Friedhof sowie einen eigenen Bürgermeister. Auch die Schulen waren getrennt und kamen im jeweiligen Rathaus unter, in (KT) im oberen Dorf und in (ET) im unteren Dorf.

Die Säkularisierung und Mediatisierung 1803 verfügte, dass beide Teile Tennenbronns 1806 nach Württemberg zum Amt Hornberg kamen. Durch einen Staatsvertrag mit Gebietstausch kam 1810 das Amt Hornberg an das Großherzogtum Baden.  Napoleon wollte bei seinen Kriegszügen nicht durch Württemberg marschieren. Da die Straße zum Bodensee nicht über Triberg damals führte sondern über Langenschiltach und die Benzebene d.h. Tennenbronner Gebiet, musste Tennenbronn zu Baden wechseln. Ob der Herrscher der König von Württemberg bzw der Großherzog von Baden waren, die beiden getrennten Stäbe blieben erhalten. 

Um 1900  lebten 82 % der 1700 Einwohner Tennenbronns auf den verstreuten Höfen und Kleingütern in den vielen Zinken im Außenbereich. Die Häuser und Höfe von (KT) und (ET) waren nicht getrennt sondern lagen gemischt untereinander allerdings durch einen gemeinsamen Ortskern verbunden. 1900 hatte (ET) 838 Einwohner davon 656 evangelisch und182 katholisch und (KT) 853 Einwohnern davon 757 katholisch und 96 evangelisch.

Die Tenennbronner Tracht war ob evangelisch oder katholisch unterschiedlich. Ja, selbst die Sprache unterschied zwei eingefärbte Dialekte: Der evangelische Dialekt hatte sich durch die jahrhundertalte Zugehörigkeit zu Württemberg gebildet und der katholische aus der Zugehörigkeit zu Vorderösterreich und Schramberg.

Am 5. Juni 1922 beschlossen die beiden politisch getrennten Gemeinderatsgremien den Zusammenschluss der beiden Gemeinden. Die beiden Gemeinenden waren so verschachtelt, dass 1.000 Grenzsteine die Gemeinden auseinander hielten. Schon bald nach der Jahrhundertwende sollte eine Wasserleitung durchs Dorf gebaut werden, um dem Fremdenverkehr Rechnung tragen zu können. Des war aber nicht möglich, nur ein glücklicher Zufall half bei der Vereinigung. Im April 1922 verstarb der Bürgermeister von (ET), Gleichzeitig kündigte der Ratsschreiber von (KT) seinen Dienst. Das war die Chance, die sogleich beim Schopfe gepackt wurde. Erleichtert unterschrieb das badische Ministerium des Innern den Einigungsvertrag nach bald 500 Jahren. 

Tennenbronn links kath. rechts ev.

Was verbirgt sich hinter dem Schwarzwälder Zundergewerbe?

Der Zunder- oder auch Zundelwamm ist ein Pilz, der parasitisch geschwächte Laubbäume und Birken befällt, vor allem Buchen, Eichen, Linden. Er bildet an den Stämmen dicke, invers konsolenförmige Fruchtkörper. Er wurde früher viel im Schwarzwald gesucht und vorgefunden. Als im 19. Jahrhundert die heimischen Wälder nicht mehr ergiebig genug waren, wurde der Pilz aus Ungarn, Siebenbürgen und Kroatien  in Ballen von 4 Zentner bezogen. Seit urdenklichen Zeiten wurde der Zunderschwamm zum Feuermachen benutzt. Später wurde Feuer angezündet mit einem in Öl getränkten Lappen, der in einer Blechbüchse lag. Über die Büchse hielt man einen Feuerstein, aus dem man mit einem Stahl Funken schlug. An Stelle des Öllappens trat der Zunder.

In den Jahren 1811-1814 gab es in Todtnau, der Bürstengemeinde, vier bis sechs Zundelmacher, fabrikmäßig wurde dieser Erwerbszweig aber erst später betrieben. Um 1870 gab es im Schwarzwald noch 3 größere Geschäfte, die noch Zundel herstellten, eines in Freiburg und zwei in Todtnau. Davon waren sie von Franz Josef Faller im Jahre 1827 und Konrad Kirner 1834 gegründet worden. Einer der Todtnauer Betriebe stellte um diese Zeit jährlich 750 Zentner Zunder her. Zundelmacher waren meistens Bürstenmacher oder Bürstenhändler, da dieser mit den Bürsten im Hausierhandel vertrieben wurden. In damaliger Zeit gaben die Geschäfte mit dem Zundelschwamm der Bevölkerung einen angemessenen Verdienst.  1874 gab es noch 70 Personen, die sich mit der Zunderherstellung und Verarbeitung befassten.

Die Bearbeitung des Zunderschwamms war lange Zeit Geschäftsgeheimnis, besonders das Beizen. Der Pilz wurde bis zu seiner Bearbeitung an einem feuchten Ort aufbewahrt, dann ins Wasser gelegt und nach langem Kochen in Laugen geschmeidig gemacht. Da der rohe Zunder eine hellrote Farbe zeigt,  der dunkle mehr gesucht und höher im Preis war, beizte man die Stücke dunkler. Jetzt schnitt der Zundelmacher den Pilz in dünne Platten, wobei er möglichst den Jahresringen folgte, klopfte die Platten mit einem Holzhammer, knetete und dehnte  sie mit der Hand, damit die Lappen recht weich und biegsam machend und trocknete sie dann in der Sonne oder durch Anwendung künstlicher Wärme. Die schwammige, lockere Beschaffenheit des Materials ermöglichte, dass ein gutes Stück sich auf das Zehnfache seiner Fläche vergrößern ließ.

So berichtete die „Badische Gewerbezeitung“ des Jahres 1874, dass aus einem Stück Naturschwamm eine Fläche von mehreren Quadratmeter gewonnen werden konnte, aus dem dann ein Talar für den Erzbischof von Freiburg angefertigt wurde. Die Weichheit und Leichtigkeit der Zunderstücke veranlassten die Herstellung von Täschchen und Mappen, insbesondere aber von Mützen, der samtfarbenen „Zunderhauben“. Unsere Großväter rühmten diesen Zundelkappen nach, dass sie sogar ein ausgezeichnetes Mittel gegen Kopfschmerzen seien. Da der Zunder sich rasch voll Feuchtigkeit saugt, konnte er als blutstillendes Mittel verwendet werden. Aber auch gemahlen als Schnupftabak tauchte Zunder auf.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen die Zünd- oder Schwefelhölzer auf und setzten den Zunder auf die Sterbeliste. Nur noch der Wundschwamm wurde in kleinen Mengen vom Arzt oder Apotheker hergestellt, bis auch da die blutstillende Watte das Produkt vom Markt verschwinden ließ. Auch die nahtlose Zundelmütze verschwand vom Markt. Sie war einst in Stadt und Land als vielgeliebte Zierde begehrt.

Um 1895 gab es in Todtnau keine Zunderfabrik mehr. Die heutige Generation kennt die Erzeugnisse der Zundelmacher nicht einmal mehr  dem Namen nach. Heute erinnert nur noch die zum 100 jährigen Bestehen der Todtnauer Narrenzunft 1960 gegründete „Todtnauer Zundelmacher“.

Zundelkappe


Freitag, 12. April 2024

Was verbirgt sich hinter dem Freiburger Silber?


1008 wurden Siedlungen im Bereich des heutigen Freiburg urkundlich erwähnt, der Wiehre, Zähringen und Herden. Und schon 1120 erhielt Freiburg das Markt- und Stadtrecht von den Zähringer verliehen. An Stelle der zu klein gewordenen Kirche veranlasste Herzog Bertold V von Zähringer um 1200 den großzügigen Bau des heutigen Münsters. Diesen später berühmt gewordenen Kirchenbau, der nichts anderes war, als die Stadtkirche einer aufstrebenden Stadt, war nur auf Grund des Reichtums dieser und Bürger Freiburgs aus dem Silberbergbau möglich.

Die Silbergruben des Erzkastens, dem heutigen Schauinsland, Suggentals, von Freiamt-Keppenbach, Bleibach, Zähringen, des Oberrieder Tals, Münster, Todtnau, Sulzburg und St Ulrich ermöglichten mit ihren bergbaulichen Erträgen neben dem Wachstum der Stadt in nur zwei Jahrhunderten nach der Stadtgründung einen solchen Kirchbau, der nur die Stadtpfarrkirche von Freiburg war. Allein der 116 m hohe Turm mit einer Aussichtsplattform auf der Höhe von 70 m, der 1330 fertiggestellt wurde, wurde als „schönster Turm auf Erden“ bezeichnet. Das Freiburger Münster reihte sich nach der Fertigstellung 1513 in die Lister der höchsten Kirchenbauten der Welt ein. Selbst Sebastian Münster hat in seiner „Cosmographia universa“ 1550 die Freiburger Bürger wegen ihres Fleißes, Kunstfertigkeit, Sauberkeit, ihrer schönen Lage an der „Triesem“ und den Kirchturm gelobt „desgleichen man in teuschen Landen nit findet nach dem turm zu Straßburg“.

Handwerklicher Fleiß und umfassender Handel mit den Bergbauschätzen begründeten den frühen Wohlstand Freiburgs. Vor allem spielte Freiburg als Mittelpunkt des mittelalterlichen  Silberbergbaues und als Zentrum des damals blühenden Silberhandels im Südschwarzwald eine bedeutende Rolle.

 Das Silber aus den Gruben und Schnelzen wurde in große Barren gegossen, gewogen und mit dem „Freiburger Brand“ versehen. Die Stadt Freiburg hat dem Landesherrn 1327 das Münzrecht abgerungen, das ihr bis 1805 verblieb. Das Freiburger Silber war in ganz Europa ein begehrtes Handelsobjekt und die Pferdegespanne der Freiburger Handelsfamilien waren auf allen Habsburger Handelsstraßen unterwegs. Ob Wien, Brüssel, Gent, auf den Alpenpässen nach Süden nach Oberitalien oder die Champagne überall war das Freiburger Silber begehrtes Zahlungsmittel.

Sichtbarster Ausdruck für die aus dem Silberbergbau stammende Wirtschaftskraft des mittelalterlichen Freiburg ist bis heute das Münster mit seinem unvergleichlichen Turm geblieben. Auf den Tulenhauptschen-Fensterschenkung –von Osten gezählt das vierte des südlichen Seitenschiffs- des Freiburger Münsters ist im ersten Fenster ein Bergmann zu sehnen, der mit Schlegel und Eisen das hellschimmernde Erz losschlägt. Er ist in der typischen Grubenkleidung des 14. Jahrhunderts mit Beinlingen und eisernen Grubenhelm. Das Tulenhaupt-Fenster wurde 1320/1330 durch die Kaufleute Franz und Adelheid Tullenhaupt und die Bergleute der Grube „Dieselmuot“ –eine Silbergrube am Schauinsland- gestiftet. Diese sind die älteste Bildzeugnisse des Silberbergbaus. Auch im Schauinslandfenster von 1330-1340 füllt ein Hauer das gewonnene silberhaltige Erz in Ledersäcke, um den Korb emporziehen zu lassen. Er trägt einen gelben aus Stroh geflochtenen Grubenhelm.

1803 wurde der Südwesten Deutschlands neu geordnet und das frühere Bistum Konstanz und Straßburg aufgelöst. 1821 wurde dann nach zähen Verhandlungen die „Oberrheinische Provinz“ gegründet, welche aus dem Bistum Konstanz und Teilen der Bistümer Mainz, Straßburg, Worms, Speyer und Würzburg entstand. Die einfache Stadtpfarrkirche wurde1927 zur Metropolitankirche mit einem Erzbischof erhoben. 

Tullauptfenster Bergmann 14. Jahrhundert


Freitag, 5. April 2024

Was verbirgt sich hinter Dr Stemmer, der Lauterbach zum Blühen brachte?

Dr Stemmer 1828-1908

Lauterbach im Mittleren Schwarzwald mit seinen knapp 3.000 Einwohnern liegt im Tal des Lauterbachs 540-887 m hoch. Zur Gemeinde gehört allerdings auch das Hochtal Sulzbach  mit 700-900 m. Lauterbach führte in seiner Abgeschiedenheit und als Anhängsel von Schramberg ein Aschenputteldasein bis Dr Stemmer kam.

Dr Ludwig Wilhelm Stemmer (1828-1908) wurde in Pfronstetten auf der schwäbischen Alb geboren, studierte Theologie, sattelte aber nach einem Jahr unter dem Eindruck der 48er Revolution auf Medizin um und wurde 1855 praktischer Arzt. Er kam als Distriktarzt nach Schramberg und wandte sich nach wenigen Jahren von  der Allopathie der Homöoparhie zu. Mit Freunden gründete er den Turnverein in Schramberg und heiratete 1859 die Schweizer Calvinistin Rosalie Bühler (1839-1871) mit der er 4 Kinder hatte, von denen 2 im ersten Lebensjahr starben.

Seit 1870 wirkte Ludwig Stemmer in Stuttgart als Modearzt, hatte großen Zulauf aus den höchsten gesellschaftlichen Kreisen. Es schien, dass er eine große Karriere vor sich hätte. Jedoch der frühe Tod zweier Kinder und das unerwartete Hinscheiden seiner Frau 1871 gaben Dr Stemmer einen anderen Sinn und Aufgabe seines Lebens. Anfang der 80iger Jahre brachte er sein 1848 abgebrochenes Theologiestudium zu Ende und ließ sich 1884 zum Priester weihen.

Im gleichen Jahr siedelte er mit seinen beiden Kindern, die er alleine erzog, nach Lauterbach über und wohnte in seinem Haus, das er sich in seiner Schramberger Zeit als Landhaus erbaut hatte. Neben diesem ließ er sich eine Kapelle bauen, in der er morgens die Glocke um 5 Uhr läutete und betete. Ständig hatte er einen großen Kreis von Patienten als Hausgemeinschaft um sich, Freunde aus der Theologie oder Medizin, adelige Vertreter oder Leute mit politischen Rang und Namen.

Dr Stemmer hatte sich Lauterbach für seine Tätigkeit als Mediziner bewusst ausgewählt, denn er kannte es von früher. Die klimatische günstige Höhenlage, seine Stoffwechsel und Kreislauf anregende Waldluft waren die Voraussetzung, denn Grundlage Stemmers  Therapie war das Naturheilverfahren. Dazu entwickelte er eine begleitende Wassertherapie, die 1889 eingehend bei Sebastian Kneipp in Wörrishofen studiert hatte. Das führte dazu, dass er 1891 eine eigene Kaltwasser-Anstalt unterhalb des Wohnhauses errichtete. Neben der äußeren medizinischen Versorgung betrieb er auch eine psychotherapeutische Behandlung. Als Priester verkörperte er bewusst das geistige Wesen des Arztes. Seelsorge und Sorge um den Leib: das bedeutet Heil für Menschen aus dem Glauben durch Tun.

Seine Tätigkeit kann als Auslöser der Öffnung der Gemeinde für den Fremdenverkehr angesehen werden. Ein ganzes „Kurviertel“ am östlichen Ortseingang mit mehreren Hotels entstand in der bis dahin unbedeutenden Gemeinde. Für seine Verdienste wurde Ludwig Stemmer 1891 zum Ehrenbürger Lauterbachs ernannt.

Die Schaffenskraft von Dr Stemmer schien unerschöpflich zu sein. Er war nicht nur Arzt und Mediziner sondern auch nach heutigen Maßstäben Sozialhelfer. Vielen aus der armen Bevölkerung Lauterbachs hat er ohne jede Honorarforderung behandelt. Sozial schwache Patienten bekamen neben ihrer Medizin auch regelmäßige finanzielle Unterstützung. Sobald er von Not oder Sorge in einer Familie erfuhr, suchte er sie auf, um mit Rat und Tat zu unterstützen.

Lauterbach hat mit seinem Tode 1908 nicht nur den Arzt und Priester verloren sondern die Armenwelt hat auch einen väterlichen Freund und Ratgeber verloren.


Freitag, 29. März 2024

Was verbirgt sich hinter der Kapelle 14 Nothelfer über Seebach?


Seebach mit seinen 1.500 Einwohnern liegt im oberen Achertal und erstreckt sich hoch bis auf die Hornisgrinde mit ihrer 1164 m Höhe. Es ist bei allen Reisenden bekannt, da der Mummelsee zu ihrem Gemeindegebiet gehört. Außerdem gibt es hier noch 2 Waldgenossenschaften, Grimmerswald mit 135 ha und die Seebacher Waldgenossenschaft mit 248 ha. Der letzteren gehört das Mummelsee Hotel, der Hornisgrinde Turm und die Grinden Hütte auf der Hornisgrinde. Seebach besitzt außerdem noch ein Besucherbergwerk „Silberbrünnle“, wo schon vor 1.000 Jahren nach Eisenerz gegraben wurde.

Am 17. April 1945 besetzten französische Truppen das Acher-, Renchtal und Freudenstadt. Die Bevölkerung hatte große Angst vor der Ankunft französischer Soldaten. Denn Freudenstadt wurde wegen des heftigen deutschen Widerstands zerstört, da die Stadt zuvor als „entmilitarisierte Stadt“ deklariert worden war.

Pfarrer Franz Herr und die tief gläubige Bevölkerung gelobten, eine Kapelle zu bauen, wenn die Bevölkerung durch marodierende Soldaten verschont bleiben würde. Vor allem die schwer zu disziplinierenden marokkanischen Einheiten waren wegen ihren Plünderungen und Vergewaltigungen berüchtigt. Denn besonders die Vergewaltigungen riefen den großen Unmut der Bevölkerung hervor. Dies obwohl auf Vergewaltigung die Todesstrafe für französische Soldaten stand.

Das Gelübde schien zuerst seine positive Wirkung zu zeigen. Seebach wurde trotz vereinzelter Widerstandsnester an der Schwarzwaldhochstraße nicht zerstört. Mit den neuen Besatzungseinheiten, die am Mummelsee und auf der Hornisgrinde stationiert waren, ging das Unwesen der Vergewaltigungen aber wieder los.

Pfarrer Herr sammelte einige Fälle und sprach beim französischen Kommandanten vor, der dem Pfarrer Abhilfe zusagte. Er wolle am gleichen Tag hoch auf die Hornisgrinde fahren und den dort stationierten Soldaten jegliche Übergriffe verbieten. Auf Vergewaltigung würde ja die sofortige Todesstrafe stehen. Mit einem Kanonenschuss sollte von der Hornisgrinde das positive Ergebnis ihm und dem Tal verkündet werden. Tatsächlich hallte der Kanonenschuss einige Stunden später von der Hornisgrinde durch das Seebachtal. Tatsächlich gab es keine Vergewaltigungen mehr.

1948 konnte dann in schwieriger Zeit die 14 Nothelfer Kapelle eingeweiht werden. Sie ist den 14 Nothelfer geweiht. (Patrozinium 3. Sonntag nach Ostern). Hinter dem Altar steht die Mutter-Gottes-Statue inmitten der 14 Nothelfer. Diesen, so war man der Bevölkerung sicher, hatte man die Rettung vor den fremden Soldaten zu verdanken. Noch heute grüßte die Kapelle über dem Seebachtal liegend die Bevölkerung.

Die französischen Einheiten, wollten den Mummelsee zuschütten, um einen idealen Truppenübungsplatz vor ihrer Kaserne zu haben. Nur der große Zorn und Empörung der Bevölkerung ist es zu verdanken, dass dieses Ansinnen verhindert wurde. Der Mummelsee wurde erst 1955 von den französischen Einheiten zurückgegeben.  Mit einer großen Spendenaktion „Rettet den Mummelsee“ konnten die durch die Besatzungsmacht verursachten Schäden beseitigt werden. Der Großteil der Hornisgrinde war ja schon seit 1942 Sperrgebiet der deutschen Wehrmacht und wurde von den französischen Streitkräften übernommen. Erst 1996 wurde die Hornisgrinde  nach und nach als Sperrgebiet frei gegeben. Auf der Hornisgrinde war ein wichtiger Horchposten de Franzosen, der über tausende Kilometer Entfernung die Kommunikationen abhören konnte.



 

Freitag, 22. März 2024

Was verbirgt sich hinter dem Eisenbahnanschluss von Lahr ins Kinzigtal?

Anfang 1950er Jahre in Lahr

Der Warenverkehr aus dem Kinzig- und Harmersbachtal wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts nicht über Offenburg sondern über den Schönberg nach Lahr, der Industrie-, Verwaltungs- und Garnisonsstadt, abgewickelt. Als die Planungsphase für den Bau der Schwarzwaldbahn in den 1850/60er Jahre langsam öffentlich wurden, bemühte sich der frühere Bürgermeister und Landtagsabgeordnete von Lahr, Wilhelm Flüge, dass der Bahnhof in Biberach auf das linke Kinzigufer gelegt werde. Sein Hintergedanke war, eine Bahnverbindung von Lahr, vorderes Schuttertal über den Schönberg nach Biberach. Tatsächlich beschäftigte sich die Stadt Anfang der 1880er Jahre ernsthaft mit diesen Plänen. Mit der angestrebten Eisenbahnverbindung Lahr – Dinglingen an die Rheintalbahn könnte eine Querverbindung durch das vordere Schuttertal zur Schwarzwaldbahn hergestellt werden. Diese bis Erstein im Elsaß oder Straßburg weitergeführt, könnte sogar als strategische Verbindung den Generalstab in Berlin interessieren.

Freiburger Ingenieure legten dann ihre Planungen vor:

 

Projekt 1 führte über Kuhbach-Reichenbach, den 200 m höheren Schönberg nach Biberach mit 14,1 km.  Allerdings hätte dies für den Aufstieg auf den Schönberg eine Zahnstange für die Lokomotive bedeutet und Gesamtkosten von 1,6 Mio Mark bedeutet. Eine Strecke ohne Zahnstange war vom Langeck am Westausgang von Reichenbach ins Gereut bis zur Poche und dann über das Tal um den Eichberg herum auf die Höhe des Schönberg geplant. Allerding wären die Kosten auf 2,7 Mio Mark gestiegen.

 

Projekt 2 Hier wurde eine Eisenbahntrasse Lahr-Steinach von Reichenbach über Steinbach-Seelbach-Wittelbach durch das Kambachtal mit einem 250 m langen Tunnel unter der Schwedenschanze in Welschsteinachtal abwärts bis Steinach geplant. Allerdings wären hier die Kosten auf 3,9 Mio Mark gestiegen.

 

Projekt 3 Hier sollte die Strecke ebenfalls von Lahr – Steinach führen. Allerdings führte die Strecke nochmals weiter nach Osten, in dem vom Kambach- ins Grangertal mit einem Tunnel von 320 m Länge als Durchstich des Gebirges in der Nähe des Neuhäuserhofes.  Hier wären die Baukosten auf 3,2 Mio Mark gesunken.

 

Die Militärs waren an einer strategischen Vollbahn Erstein-Lahr überhaupt nicht interessiert und haben  gleich abgewunken und das Ministerium hatte gleich mitgeteilt, dass dafür keine Mittel bereit stehen würden. Alternativ wurde wie in damaliger Zeit üblich, eine Straßenbahnverbindung Rheingrenze, Lahr bis Reichenbach ins Spiel gebracht. Das Badische Finanzministerium signalisierte eine Genehmigung, wenn ein Zuschuss aus der Staatskasse nicht beansprucht würde. 1890 wurde der Konzession zum Bau der Straßenbahn von der Regierung erteilt. 1892 bot Seelbach an, wenn die Straßenbahn bis Schuttertal verlängert werden würde, das Gelände kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ende 1894 konnte die Strecke als Straßenbahn eingeweiht werden, wobei wegen der schmalen Straße die Gleise außerhalb der Ortschaften neben der Straße verlegt wurden.

 

Der Eisenbahnbau ins Kinzigtal hatte sich mit dem Ersten Weltkrieg endgültig erledigt, denn durch den Bau der Schwarzwaldbahn orientierte sich der Verkehr immer mehr das Kinzigtal abwärts und Offenburg entwickelte sich zur aufstrebenden Industriestadt vor allem als noch  der „Burda Verlag“ nicht nach Lahr sondern nach Offenburg siedelte.

 

Dagegen hat das Straßenbähnle Lahr  - Seelbach bis 1952 treu seinen Dienst erfüllt und wurde dann abgebaut, da der Personen und Gütertransport sich schon lange auf die Straße orientierte.

Bähnle in Reichenbach 1952










 


Freitag, 15. März 2024

Was verbirgt sich hinter der Schluchseewerk AG?


Der Strombedarf wuchs in den zwanziger Jahren durch die Industrialisierung stark an und war deswegen auf der Suche nach neuen Quellen der Stromerzeugung. Nach den positiven Erfahrungen mit dem Pumpspeicherkraftwerk Rudolf-Fettweis im Nordschwarzwald, lag es nahe im Südschwarzwald das vorhandene Gefälle und Wasserpotential für Pumpspeicherkraftwerke zu nutzen. Im Dezember 1928 wurde die Schluchseewerk AG gegründet.

 

In den Jahren 1929/32 wurde mit der Schluchseesperre –vom Gletschersee zur Talsperre- begonnen, um das Wasser des Schluchsee aufzustauen, dessen damaliger Wasserspiegel 30 m unter dem heutigen liegt. Das Wassersvolumen des heutigen Sees beträgt 111,3 Mio m³. Nach und nach wurden dann die weiteren Stufen der Schluchseegruppe ab dem See, Häusern, Witznau und Waldshut hinunter zum Rhein mit ihren Turbinen- und Pumpwerken zwischen 1929 - 1951 fertiggestellt. Zwischen 1931 und 1950 wurde das Kraftwerk Eichholz als Speicherkraftwerk zwischen den Stufen Häusern und Witznau errichtet.

 

Da der Strombedarf nach dem Kriege rasant weiterstieg, wurde in den 60er- und 70er Jahren mit dem Aufbau der Hotzenwaldgruppe begonnen. Im Gegensatz zum Schluchsee wurden hier Kawernenkraftwerke für die Turbinen- und Pumpwerke verwendet. Das Kawernenkraftwerk Säckingen wurde 1967 1,5 km tief im Berg unter dem Eggerbecken errichtet. Als Ausgleich dient das Rheinkraftwerk Säckingen. 1976 kam dann das größere Kawernenkraftwerk Wehr 1,3 km tief unter dem Berg mit dem Hornberg- und Wehrabecken hinzu. Hier wird das Wasser nur noch zwischen 2 Becken hin und her gepumpt.

 

Das Schluchseewerk verfügt in der Schluchseegruppe über 4 Kraftwerke mit einer Fallhöhe von insgesamt von 610 m und rund 505 MW Turbinen- sowie 306 MW Pumpleistung. Die Hotzenwaldgruppe mit 2 Kavernenkraftwerken mit einer Fallhöhe von insgesamt 1.025 m und 1.300 MW Turbinen- und 1.280 MW Pumpleistung.  Dies entspricht einem jährlichen Stromverbrauch von 630.000 Haushalten. 14 Speicherbecken darunter der Schluchsee, Stausee Schwarzabruck, Alb- und Mettmannstausee, sowie Stausee Witznau, Schlücht-Wehr und der Rhein werden bewirtschaftet und die sind mit 66 km Stollen verbunden.

 

Die Planungen für ein weiteres Kavernenpumpspeicherkraftwerk Atdorf  wurden 2008 vorgelegt. Die Leistung sollte mit einem Hornbergbecken 2 und einem korrespondierenden Haselbecken um 75% erhöht werden. Für ausreichende Wasserversorgung sollte der Lindau-Stausee mit 60% des Schluchseevolumens entstehen. (Siehe: Was verbirgt sich hinter dem Lindau-Stausee) Die Realisierung war für 2018 vorgesehen. Allerdings stießen die Planungen auf erheblichen Widerstand vor Ort, bei Verbänden und der Politik in Stuttgart. 2014 teilte die RWE AG mit, aus der Planung auszusteigen. Und 2017 folgte dann auch die EnBW mit dem gleichen Schritt. (Siehe: Was verbirgt sich hinter dem Pumpspeicherkavernenkraftwerk Atdorf?)


Kraftwerk Häusern





Freitag, 1. März 2024

Was verbirgt sich hinter Pfarrer Döbele aus Görwihl?

Josef  Döbele (1826-1904) wurde im Hauensteiner Murg in nicht sehr begüterten Verhältnisse geboren, studierte mit bescheidenen Mitteln Theologie und wurde Priester. Als Vikar und Pfarrverweser in verschiedenen Gegenden in Baden –so auch im Kinzigtal- wurde er 1875 als Pfarrer im großräumigen Gebiet Görwihl angestellt.

Als Pfarrer war Döbele bestrebt, seine Pfarrgemeinde in religiöser und kultureller Hinsicht zu fördern, Brauchtum zu pflegen und das heidnische Volkstum vor Entartung und Entwurzelung zu bewahren. Besonderen Wert legte er auf Arbeit, verbunden mit der Einfachheit, Bescheiden- und Sparsamkeit. Er wies der Klatschsucht schroff die Tür mit den Worten: „Gönt heim und schaffet“!

Seine besondere Sorge war auf Erhaltung, der Ausbau und die Verschönerung der alten Pfarrkirche von Görwihl. Aber auch durch ein Vermächtnis begünstigt, gelang es Pfarrer Döbele die Kapellen in Rotzingen Engelschwand und Strittmatt bauen zu lassen. Auch die Kapelle von Hartschwand konnte er erweitern und verschönern lassen. Noch heute zeichnet sich die Region durch die von ihm geförderten zahlreichen Kapellen aus. Gleichzeitig bedingten die vielen Kapellen auch regionale Gottesdienste, so dass Pfarrer Döbele sich ein Pferd zulegte, um die vielen Kapellen zu betreuen. Erst im Alter legte er sich eine Kutsche zu.

Ein großes Anliegen war dem Pfarrer die Fortbildung junger, begabter Bauernsöhne vom Walde. Nicht nur durch Spenden, sondern auch mit Eigenmitteln ermöglichte er manchem Bauernsohn den Weg zur Theologie, Medizin oder Jura.

In der Zeit als Pfarrer Döbele 1875 nach Görwihl kam, herrschte große Armut auf dem Walde. Die Böden waren nicht sehr fruchtbar, machten viel Arbeit und warfen nur wenig ab. Die Weberei als Hausindustrie war stark auf dem Rückgang. Die vielen hungrigen Mäuler mussten gestopft werden. Die Verschuldung der Bauern auf dem Walde wuchs in bedenklichem Maße. Die Notsituation wurde in damaliger Zeit von den Geldverleihern  mit hohen Zinsen skrupellos ausgenützt. Dies ging soweit, dass der Gemeinderat beschloss, jedem Bauern mit einer Strafe zu belegen, der mit einem jüdischen Geldverleiher Geschäfte tätigte. Auch Pfarrer Döbele prangte die Geldverleihpraxis  nicht nur von der Kanzel aus an sondern gründete einen „Sparkassen- und Kreditverein“, in dem er ein großer Teil seines bescheidenen Vermögens einbrachte. Mit der Zeit konnten die Bauern zu ortsüblichen Zinsen die Kredite bei den Geldverleihern nach und nach ablösen.

Da zu jener Zeit es auf dem Walde noch üblich war, das Vieh in den Wald zum Fressen zu treiben, Wald und Felder ließ man wachsen, was und wie sie wollten. Um eine geordnete Bewirtschaftung zu erreichen, gründete er 1880 einen landwirtschaftlichen Verein in Görwihl. So erreichte er, dass Wald und Felder ordentlich bewirtschaftet wurden, Wiesen entwässert und Felder richtig bewässert wurden. Besondere Sorgfalt legte er auf Anpflanzungen und Pflege der Obstbäume. Er gründete eine Obstbaumschule, schickte junge Bauernsöhne in landwirtschaftliche Fachschulen zur Ausbildung. Große Aufmerksamkeit schenkte er der Heidelbeere, die bisher keine große Aufmerksamkeit genoss. Mit dem Heidelbeerwein begann er den Kampf gegen den weit verbreiteten hochprozentigen Schnaps bei der Bevölkerung.

Um der abnehmenden Hausindustrie entgegen zu wirken, waren die Bemühungen von Pfarrer Döbele Schweizer Seidenstoffwebereien auf dem Görwihler Berg ansässig zu machen, um der Bevölkerung zusätzliche Verdienstmöglichkeiten zu verschaffen.

  

Freitag, 16. Februar 2024

Was verbirgt sich hinter dem Schramberger Ortsteil Sulgen?

Sulgen, _Sulgau und _Schramberg

Das Geschlecht der Falkensteiner übte im frühen 15. Jahrhundert die Herrschaft über Schramberg aus. Sie besaßen auch sieben Höfe auf dem Sulgen und vier in Schönbronn. Diese Höfe verkauften sie durch wirtschaftlichen Niedergang , Familienzwistigkeiten und erfolglose Fehden geschwächt, im Jahr 1444 an Graf Ludwig von Württemberg, der seit geraumer Zeit im Raum Hornberg Fuß gefasst hatte. Da die Herrschaft Falkenstein damals bereits geteilt war, gelangte allerdings nicht der gesamte falkensteinsche Besitz an Württemberg. Der Teilhaber Jakob von Falkenstein veräußerte im Jahr 1449 den Rest der Herrschaft an seinen Schwiegervater Hans von Rechenberg, darunter auch Güter auf dem Sulgen, so dass nun der Sulgen zwischen den Häusern Rechenberg und Württemberg geteilt war. Der Rechenberger Besitz kam durch verschiedene Hände, bis er 1583 an das Hause Österreich kam. Die folgenschwere Teilung des Weilers Sulgen sollte bis 1934 bestehen bleiben.

Die württembergischen Bauern auf dem Sulgen wurden in der Folgezeit mit denen von Schönbronn und Weiler zu einem Stab „Sulgau“ zusammengefasst und dem Amt Hornberg unterstellt. Der folgenschwerste Meilenstein des 16. Jahrhunderts in Württemberg war die Einführung der Reformation unter Herzog Ulrich im Jahr 1535. Damit endete allerdings die soziale Klammer einer zusammengehörenden Pfarrei, denn der Ortsteil Sulgau wurde evangelisch und der Ortsteil Sulgen blieb wie Schramberg katholisch. Sie lagen nur 1km auseinander. Es war hiermit nicht nur eine herrschaftliche Trennung sondern auch eine fortschreitende konfessionelle Trennung. 1558 wurde von der Herrschaft Schrambergs der selbstständige Stab „Sulgen“ geschaffen.

Das Problem, das sich aus der Herrschafts- und Konfessionsspaltung ergab, war für die Sulger und Sulgauer Bauern die gemeinsame Nutzung der Kirche. Den württembergischen Untertanen stand ein Drittel des Pfarrsatzes und des Heiligeneinkommens zu. Württemberg entschärfte diesen Konflikt, in dem sie 1583 die lutherische  Pfarrei Weiler gründete, die auch für Schönbronn und Sulgau zuständig war. Allerdings bedeutete dies für die Sulgauer Bauern einen zweistündigen Marsch zum Gottesdienst. Die einzige Erleichterung, die die Obrigkeit zugestand, war, dass einmal im Monat der evangelische Pfarrer von Weiler kam und im Bären bis 19. Jahrhundert Gottesdienst hielt.

Durch die Neuordnung von Napoleon wurde 1805 Sulgau sowie Sulgen wie auch Schramberg ebenfalls dem damaligen Herzogtum Württemberg zugeschlagen. Dennoch war es nicht möglich, die beiden Gemeinden zu vereinigen. Die Gemeinde Sulgen baute 1825/26 eine neu Kirche, während Sulgau dies 1835 endlich erreichte, dass eine evangelische Kirche in Schönbronn, erheblich näher als das frühere Weiler, gebaut werden konnte. Ähnlich verhielt es sich mit dem Bau des Schulhauses. 1872 errichtete Sulgau ein Rat-Schulhaus, während Sulgen schon 1843 ein erstes Schulhaus errichtete.

1920 beantragte Sulgen den Zusammenschluss mit Schramberg. Für Schramberg gab es aber nur den Weg eines Zusammenschluss der beiden Gemeinden Sulgen und Sulgau und dann erst den Anschluss an Schramberg. Aber die Emotionen kochten immer sofort hoch, zusätzlich war Schramberg nicht bereit sich an der Wasserversorgung auf dem Berg zu beteiligen. Insofern gingen die beiden Gemeinden diese Investition 1926/28 zunächst an. Eine Eingliederung war trotz mehrerer Anläufe nicht möglich. Erst den Nazis war es möglich im Interesse eines zentralistischen Staates 1934 einen Vereinigungsvertrag durchzusetzen. Nach weiteren, zähen Verhandlungen wurde erreicht, dass die Gemeinde unter dem Namen „Sulgen“ endlich vereint sowie Sitz der Verwaltung ebenfalls Sulgen wird. Die Eingemeindung nach Schramberg  wurde dann 1939 vollzogen.

Sulgau vorne, Sulgen hinten 1929


Freitag, 9. Februar 2024

Was verbirgt sich hinter dem Titisee als Pumpspeicher?

Feldsee

Der Titisee als bekanntester See im Schwarzwald ist sicherlich auch der stärkste Magnet des Schwarzwaldtourismus. Er wurde 1111 erstmals urkundlich erwähnt. Jahrhunderte war er verkehrsabgelegen von dunklen Tannenwälder umsäumt, oft unheimlich, daher sagenumwoben. Erst der Straßenbau um 1885, die Höllentalbahn 1887 und 1926 die Dreiseeenbahn erschlossen den See für den Fremdenverkehr.

Der Titisee ist ein Überbleibsel des 16 km langen Bärentalgletschers von vor 40.000 Jahren. Der spätere Rückzug des Gletschers legte die Ausschürfungen des Titisee-Zungenbeckens frei.

Der See mit einer Länge von 1,8 km, 750 m Breite und 40 m Tiefe wird heute vom Seebach gespeist. Dieser entspringt ursprünglich in der Hochmulde des Grüble unterhalb des Seebucks und fällt 62 m tief über den Feldseewasserfall in den Feldsee. Zusätzlich entwässert der Sägenbach kommend vom Baldenweger Buck in diesen. Aus dem Feldsee fließt der Seebach in den Titisee.

Als Ender der 20er Jahre des 20. Jahrhundert die Pläne für den Schluchsee und dessen Pumpspeicherwerk konkrete Pläne annahmen, wurde auch der Titisee in die Überlegungen der Wasserzufuhr für den Schluchsee mit einbezogen. Denn schon 1863 wurde mit dem Straßenbau nach Lenzkirch eine erste feste Schleuse am Ausfluss des Titisees eingebaut. Diese wurde 1876 bei einer Straßenveränderung um 75 cm erhöht. Damit sollte das Wasser des Titisees um 65  cm abgesenkt werden können. Gleichzeitig sollte eine Aufstauung 40 cm über den normalen Wasserspiegel möglich werden. Dies hatte natürlich einen Aufschrei der Entrüstung der Bevölkerung hervorgerufen. Das malerische, idyllische und teilweise unberührte Ufer des Titisees sollte entweder überspült oder als weit verbreiterter brauner Schlammstreifen sichtbar werden. Beim flachen Seebacheinlauf würde das Moor bis zu 3 km überspült werden. Auch der Vorschlag der Schluchsee AG  den See vom 1. Juni bis 15. September nicht unter die jetzige Stauschwelle zu senken, konnte die Gemüter beruhigen. Für die Hotels und den aufkommenden Tourismus ein nicht zu akzeptierender Zustand.

Um das Problem des schwankenden Wasserstand am Titisee zu umgehen, wurde am Ausfluss des Feldsee 70% des Wassers des Seebachs in einem 10 km langen verdeckten Hangkanal am Osthang des Feldbergs und Bäremtal 1934 gebaut und das Wasser dem Windgefällweiher zugeführt. 1895 war er schon zur heutigen Größe aufgestaut worden. Das Schluchseewerk übernahm den Windgefällweiher 1929, um das Wasser 1932 über einen offenen Überleitungkanal durch das Haslachtall dem Schluchsee zu zuführen zu können.

Deswegen verlässt die Gutach als kleiner Wiesenbach den Titisee. Auch der Wanderer der Wutachschlucht wundert sich über das friedliche Wässerchen der Wutach, die eigentlich als wilde Gutach sich in die Tiefe des Gesteins über Jahrhunderte gefressen haben soll.

Titisee


Freitag, 26. Januar 2024

Was verbirgt sich hinter der Brauerei Rothaus?

Brauerei Rothaus in Rothaus

Im November 1956 hat die Rothaus Brauerei im Hochschwarzwald das Tannenzäpfle –die 0,33 l Bierflasche- als erste Brauerei aus der Taufe gehoben.

 

Schon 1787 wurde dem Abt Gerbert von der Rentenkammer vorgerechnet, dass der Bau einer Brauerei jährlich 3.000 Gulden dem Kloster abwerfen würde. Nur mit diesem Argument konnte der Widerstand im Konvent des Klosters nach und nach abgebaut werden. Endlich im Jahre 1791 konnte die Klosterbrauerei Rothaus durch das Benediktinerkloster St Blasien vom damaligen Abt, Martin Gerbert II, gegründet werden. In erster Linie wollte der Abt Strukturpolitik betreiben, denn „das beste Almosen für die verarmte Bevölkerung ist lohnender Verdienst“. Sicherlich wollte der Abt auch seinem weltliche Kollegen, dem Fürsten zu Fürstenberg, gleich ziehen. Dieser hatte seit dem 13. Jahrhundert das Braurecht. Glaubt man dem Volksmund sollte mit der Klosterbrauerei den Einheimischen mit dem Bier das Schnapstrinken abgewöhnt werden.

 

Mit Bedacht hat dieser vorausschauende Abt den Ort gewählt. Eine wichtige Handelsstraße vom Hochrhein in den Breisgau überwand hier den Schwarzwald. Die Gaststätte “Zum Rothen Haus“ aus dem 17. Jahrhundert lud zum Verschnaufen vom schweren Aufstieg ein, auch wenn es vom Gebäude her einer Räuberspelunke war. Die herunter gekommene Wirtschaft wurde 1766 vom Kloster erworben und 1772 als Neubau erstellt. Wasser zum Brauen und Holz zum Heizen waren für die kommende Brauerei ausreichend vorhanden.

 

1791 wurde der Gerichtsvogt Ludwig Eble, Hirschwirt zu Wurmlingen, beim Bau der Klosterbrauerei in der Nähe vom „Roten Haus“ als sachkundiger Berater hinzugezogen. Die ersten Brauversuche nach Fertigstellung der Brauerei waren so erfolgversprechend, dass Eble zum Wirt vom „Roten Haus“ und als Braumeister der Klosterbrauerei bestellt wurde.

 

Mit der Säkularisierung des Klosters fiel die Klosterbrauerei 1806 an das Großherzogtum Baden. Der Fiskus trug sich mit dem Gedanken, die Brauerei zu verkaufen oder zu verpachten. Beides brachte aber nur die Aussicht auf erhebliche Verluste, denn bald stellte sich heraus, dass mit steigenden Ansprüchen die Brauerei viel zu klein gebaut worden war. Das Bier wurde viel zu jung abgesetzt und verdarb rasch. 1842 traf endlich die Baugenehmigung für eine größere Erweiterung ein. 1847 jedoch machte ein verheerender Brand wiederum alles zunichte, denn die Brauerei brannte ab. Die Politik hatte nun nach dem Wiederaufbau genug und verpachtete die Brauerei 1872. Aber schon nach wenigen Jahren musste die Brauerei wieder übernommen werden, um größere Verluste zu vermeiden. Mit der Zeit war es dem Oberbrauer Boekh gelungen ein gutes, haltbares Bier zu brauen, dessen Qualität nicht mehr schwankte. Mit dem Ablauf der 1870er Jahre setzte dann der Aufstieg der Brauerei ein.

 

Nach 1918 wurde die Brauerei  zum Staatsbetrieb und firmiert heute unter „Badische Staatsbrauerei Rothaus AG“. Damit wurde sie 1922 eine Aktiengesellschaft, deren Anteile zu 100% dem Land Baden-Württemberg gehören.  Allen Wünschen zum Trotze weigerte sich die Landesregierung  in Stuttgart die Brauerei in all den Jahren zu privatisieren. Die abgelegenen Arbeitsplätze im Hochschwarzwald sollten erhalten bleiben. 1956 führte der damalige Brauereidirektor Nägele entgegen dem Marktrend die 0,33 Flasche, das damalige und heutige „Tannenzäpfle“ ein. Auf dem Etikett prangt ein biederes Schwarzwaldmädel in Tracht umrahmt mit Fichtenzapfen.


Das gute Bier in der anderen Verpackung wurde mit der Zeit ein Kultstatus unter den Biermarken und hat gerade außerhalb Baden-Württembergs sehr hohe Zuwachsraten. Mit über 900.000 hl Bierausstoß gehört die Rothaus Brauerei zu den führenden Brauereien in Deutschland. Auf Grund der hohen Besucherzahlen der Brauerei wurde 2014 eine Brauwelt unter anderem mit einem Brauerei- und Schwarzwaldmuseum geschaffen.

Sudkessel der Brauerei Rothaus


 

Montag, 8. Januar 2024

Was verbirgt sich hinter Säckingen - Klosterstadt oder Heilbad?

Fridolinmünster

Säckingen
 mit seinen knapp 20.000 Einwohnern–seit 1978 Bad Säckingen- ist bekannt durch sein Fridolinsmünster, Heilquellen, den Trompeter von Säckingen von Joseph Victor von Scheffel, die alte Holzbrücke über den Rhein zur Schweiz und das Kavernenkraftwerk Bad Säckingen.

Säckingen wurde erstmals 878 urkundlich erwähnt und entstand wohl im Umfeld des Klosters Säckingen, das im 6. oder 7. Jahrhundert vom heiligen Fridolin gegründet worden sein soll und anfänglich ein Doppelkloster war. Bedeutung hatte das Frauenkloster mit dem Grab des heiligen Gründers. Es war nicht nur Mittelpunkt des geistig religiösen Lebens der Region sondern entwickelte sich zu einem Zentrum bis in die Alpen hinein sich erstreckenden Klosterherrschaft mit seiner kulturellen und wirtschaftlichen Ausstrahlung. Frauen aus königlichem Hause waren Äbtissinnen und nur Mitglieder des Hochadels wurden im Kloster aufgenommen. Ausgestattet mit großem Landbesitz am Hochrhein, Glarus, Gebiete um den Zürich- und Walensee sowie das Fricktal. Außerdem wurden Teile des Hotzenwaldes besiedelt. Zusätzlich verfügte das Kloster über eine kaiserliche Residenz (Pfalz), von der die fränkischen Könige ihr Reich jeweils regierten. Um dem Einfluss und der Bedeutung des Stiftes Rechnung zu tragen, wurde die Äbtissin Elisabeth von Bussnang 1307 in den Reichsfürstenstand erhoben.

Und 1360 wurde nach einem schweren Stadtbrand das neue Fridolinsmünster, die Stiftskirche des Damenstifts, eingeweiht. Seit der Säkularisierung 1803 ist das Münster die Hauptkirche der katholischen Gemeinde. Die Gebeine des heiligen Fridolin in einem reich verzierten Silberschrein sind seit 1900 öffentlich in der Fridolinskapelle zugänglich. Nach einem Brand 1751 wurde das Münster innen barockisiert. Oberhalb des Hauptportals steht der heilige Fridolin, der den toten Urso aus Glarus aus dem Grab holt. Ein Höhpunkt im Kirchjahr von Säckingen ist die alljährliche weit über die Region bekannte Fridolinsprozession am Sonntag nach dem 6. März, an dem der Silberschrein des heiligen Fridolin durch die Stadt getragen wird.

Etwa um 960 schrieb Mönch Balther sein Friedolinsleben und erzählt darin von der Begegnung des Heiligen mit einem Manne, der hier sein Bad aufsuchte. Dass sich die Römer schon sich der Heilquelle bedienten, gilt als nicht gesichert. Die Heilquelle auf dem Gewann Badmatte war seit Jahrhunderten bekannt. 1453 ist urkundlich erwähnt, dass das alte Badhaus abgerissen wurde und an die Stelle des heutigen St Marienhaus verlegt wurde. Im 15. Und 16. Jahrhundert war eine Glanzzeit des Bads. Die Gäste wussten die Vorzüge der Quelle zu schätzen. Sie kamen aber nicht nur der Heilung sondern auch der Geselligkeit und der kulinarischen Genüsse wegen. Teilnehmer des Basler Konzils 1431-1437 waren Stammgäste. Unterbrochen vom 30jährigen Krieg erholte sich das Badewesen. 1728 wird die heilende Wirkung der Quelle durch ein Gutachten beschrieben. Aber der Durchbruch zu einem der großen Bäder gelang nicht, da es zu sehr an Infrastruktur fehlte.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Badbetrieb wieder zögerlich aufgenommen. 1962 wurden die Quelle auf der Badmatte neu gefasst. Dies war notwendig, da bei Sprengarbeiten für das Rheinkraftwerk Säckingen es zu Verschüttungen kam. Heute besitzt  Bad Säckingen drei Quellen: die Badquelle mit 33 Grad, Fridolinsquelle seit 1986 mit 18,1 Grad und die Margarethenquelle mit 23 Grad. Alle drei Quellen sind Natriumsquellen.

1977 konnte das Kurzentrum „Aqualon“ als Thermalbad eingeweiht werden. Ein Jahr später wurde das Prädikat „Heilbad“ und der Zusatz „Bad“ zum Ortsnahmen verliehen. Heute umschließen die Kurparkanlagen mit den Kliniken und Kreiskrankenhaus über 35 ha das Kurareal.

Aqualon Bad Säckingen


Was verbirgt sich hinter der Strohhuthandelsgesellschaft Faller, Tritscheller & Co?

Franz Josef Faller 1820-1887

Die Strohhuthandelsgesellschaft kann als Tochterunternehmen der in den 1740er Jahren von der großen Companie der Glasträger gegliederten Trägergesellschaften wie Elsaß-, Pfälzer-, Württemberger-, Schwaben- und Schweizerträger angesehen werden. Denn 1774 zog es
  den mal gerade 17 jährigen Alois Faller vom Felgenhof in Saig zum Uhrenhanel nach Lothringen Er konnte nicht in die Elsaßerträgercompanie eintreten, da die schon von den älteren Brüdern besetzt war. Und er hatte Erfolg mit seinem Uhrenhandel. Im folgenden Jahr nahm er auf seiner Tour den Nachbar Mathäus Tritscheller vom Josenhof mit. Der Handel blühte nur im Winter während im Sommer sie sich als Bauernknechte verdingten. Das war natürlich nicht der Lebensweg, den sich die unternehmungslustigen, jungen Bauernsöhne sich vorstellten.

Mit offenen Augen sahen sie, dass die Lothringer Frauen im Sommer Strohhüte trugen, die zur Tracht gehörten. Bald erfuhren sie, dass die Strohhüte aus Oberitalien von bayerischen Kaufleuten im Elsaß vertrieben wurden. Was lag da näher, sich selber um die Quelle zu kümmern. Sie schlossen sich den Bruggers, eine Lenzkirche Uhrenträger Familie an, die bis Südtirol kamen. Gegen Lothringer Spitzen und Vogelorgeln konnten die zwei Lenzkircher in der Gegend von Trient die gesuchten Strohhüte eintauschen. Was mit der Zeit fehlte war das Kapital.

Aber hier zeigte sich der wichtige Familienzusammenhalt der Trägerfamilien: Der ältere Bruder Johann und dessen Schwager Lorenz Füderer konnten zur Gründung 1780 einer Handelsgesellschaft gewonnen werden- der „Faller, Tritscheller & Co.“ Auch Bruder Kaspar war mit dabei.   Lorenz Füderer verantwortete den Einkauf in Italien, sein jüngerer Bruder Philipp eröffnete ein Geschäft in Florenz. 1785 wurde in Neustadt eine Zentrale gegründet, da zum Einkauf in Italien die Belieferung der alten Handelsgesellschaften auch Artikel wie Glaswaren und nun immer mehr „Venezianische Waren“ neben den einfachen Produkten des Schwarzwalds sich wünschten.

Johann Faller ging Anfang 1800 mit seinem Sohn Nikolaus zu Fuß über die Alpen, um die Geschäfte in Florenz zu kontrollieren. Denn die Geschäfte haben sich immer weiter ausgebreitet und führte zur weiteren Beitritten von Familienmitgliedern: Von Rom, Genf bis Paris, Hessen und Thüringen  seit 1820 sogar bis in die USA erstreckte sich das Verkaufsgebiet. Um die Jahrhundertwende hatte die nächste Generation das Ruder in die Hand genommen- Nikolaus Faller und Johann Georg Tritscheller. Sie gründeten eine Niederlassung in Vallonora zwischen Venedig und Trient. Ein wichtiges Anliegen war aber auch die italienische Strohflechterei auf dem Hochschwarzwald einzuführen, denn die Nachfrage nach feineren italienischen Produkten stieg stetig. Das heimische Roggenstroh eignete sich wohl, gelernt musste nur die italienische Methode zu bearbeiten und zu bleichen.

Die Schwester von Johann Georgs Frau Marianne unterrichtete die Mädchen im Flechten und Nähen der Hüte. Es entstand die „Strohhutfabrik“ und das gesamte Warenlager von Neustadt wurde hierher verlegt. Mehr als 600 Strohflechterinnen wurden mit der Zeit beschäftigt und bekamen dadurch Lohn und Brot.

In der dritten Generation übernahmen Franz Josef Faller und Paul Tritscheller die Führung des Unternehmens. Beide bereisten geschäftlich ganz Europa und die USA. Beide engagierten sich im politischen Leben wurde Abgeordnete des Reichs- und Landtags, deren Interesse sich verlagerte: Beide wurden Mitbegründer der Uhrenfabrik Lenzkirch, der Draht- und Schraubenfabrik Falkau sowie der Baumwollspinnerei Kollnau. 1880 wurde die Strohhuthandelsgesellschaft Faller, Tritscheller & Co aufgelöst, Nachdem schon 1866 die Niederlassung Vallonara in die Hände der Familie Faller, Lenzkirch in die der Familie Tritscheller übergegangen war.

Tritscheller Paul 1822-1892