Sonntag, 28. Juni 2020

Was verbirgt sich hinter dem Kandel?


Zwischen dem Simonswälder- und dem Glottertal schiebt sich ein mächtiger felsiger Höhenzug, der im Kandel mit 1.241 m gipfelt. Er fällt nach Waldkirch steil und läuft flach Richtung Platte über den Zweribachwasserfällen ab. Von Waldkirch führt die L 186 12 km auf den Hausberg von Waldkirch und wieder abwärts über Sägendobel ins hintere Glottertal. Der Wanderer erreicht auf vielen Wanderwegen den Kandel. So auch auf dem 1936 markierten Kandel-Höhenweg, der mit 100 km von Oberkirch, Offenburg über ihn nach Freiburg führt.



Auf dem Kandelpipfel befindet sich eine Pyramide mit offener Schutzhütte. Von dort ist ein prächtiger Ausblick auf Waldkirch mit dem Elztal, Freiburg mit Schauinsland, Feldberg und Hornisgrinde im Norden aber bei guter Sicht auch das Alpenpanorama möglich.



Der Name „Kandel“ ist wohl germanischen Ursprungs. Weit über den Breisgau hinaus stand er im späten Mittelalter in einem zweideutigen und verdächtigen Ruf. Auf seinem breiten Rücken sollen sich die Hexen des Breisgaus versammelt und ihre wilden Hexentänze in der Walpurgisnacht gefeiert haben. Der Kandel war der Blocksberg des Breisgaus. Manch armes Weiblein wurde in damaliger Zeit vom Hexenrichter beschuldigt, in der Nachtzeit mit den Hexen gebuhlt zu haben und landete auf dem Scheiterhaufen.



In der Walpurgisnacht 1981 brachen 2.000 m³ Fels vom oberen Teil der Teufelskanzel ab. Neben viel Geröll wurde auch noch ein Reisigbesen gefunden. Gab da die Hexengilde nicht einen Hinweis? Aber auch dies ließ sich erklären: Den Reisigbesen stammte von einem Felsmechaniker, der ihn bei Sicherungsarbeiten Wochen zuvor vergessen hatte.



1883 übereignete die Stadt Waldkirch ein Grundstück auf dem Kandel zum Bau einer “Wirthschaft“, wie es damals hieß. Allein von Waldkirch benötigten die Fuhrleute 12 Stunden, um eine Fuhre Holz auf den Berg zu bringen. In den 30er Jahren wurde ein Kandelhotel mit 40 Fremdenzimmern daraus. In den 50er Jahren abgebrannt, wieder aufgebaut, stand es 16 Jahre leer und erfreut heute wieder die Urlaubsgäste. 1958 wurde die Pius Kapelle gleich neben dem Gipfel gebaut.



Seine steilen Hänge sind ein Eldorado für Gleit- und Drachenflieger, Kletterer finden vielfältige Möglichkeiten, und im Winter gibt es Abfahrtski und Langlaufloipen. Für durchtrainierte Biker bietet der Aufstieg von Waldkirch eine Herausforderung. Für ganz Hartgesottene findet jährlich im Mai der Kandelberglauf statt: 12,2 km mit 940 Höhenmeter. Der Streckenrekord soll knapp unter 50 Minuten liegen!

Waldkirch vom Kandel aus



Samstag, 20. Juni 2020

Was verbirgt sich hinter der 48/49er Revolution?


Die Ideen der französischen Revolution von 1789-1799: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit schwappten auch über in den Rhein in die deutschen Kleinstaaten. Ab 1845 trat eine Kartoffelkrankheit auf, die über mehrere Jahre nachwirkte. Da die Kartoffel damals die Hauptnahrung darstellte, herrschte 1846/47 eine große Hungersnot. Der Adel versuchte liberale Ansätze im Bürgertum zu unterdrücken, führte sogar die Zensur wieder ein. Die große Versammlung der aufgebrachten Bürger in Offenburg am 2.9.1947 wurde nicht beachtet.



Am 31. März 1948 wurde in Frankfurt ein Vorparlament in der Paulskirche eröffnet. Hecker und Struve beantragten die Einführung der Republik. Nachdem dies abgelehnt wurde, glaubte Hecker im Südschwarzwald mit Waffen losschlagen zu müssen. Er hatte gehofft 50-60.000 Mann für den Kampf aufbieten zu können. Schließlich brachte er 1.000 schlecht bewaffnete Freischäler zusammen, die schließlich am 20. 4. 1848 an der Scheideck bei Kandern von preußischen Truppen zusammengeschlagen wurden. Hecker blieb nur die Flucht über den Rhein in die Schweiz und dann in die USA übrig.



Gleichzeitig hatte König Friedrich Wilhelm IV von Preußen im März 1848 die ihm angebotene  deutsche Kaiserkrone in der Paulskirche abgelehnt, da sie nicht von „Gottes Gnaden“ sondern vom Volke kam. Wiederum war Offenburg Versammlungsort der liberalen Kräfte. Aber die noch 1848 in Offenburg geschwenkten schwarz-rot-goldenen Fähnchen mussten am 19. März 1949 roten Fahnen weichen: Alles stand auf Revolution.



Das Verhältnis zwischen Soldaten und Offizieren war in Baden sehr schlecht. Der Sold war zu niedrig und die Verpflegung ungenügend. Dazu kam noch die junkerliche Überheblichkeit. Die Unruhen brachen an mehreren Orten gleichzeitig aus, in Rastatt, Bruchsal, Karlsruhe und an der Schweizer Grenze. Die Soldaten verweigerten den Offizieren den Gehorsam. Eine Deputation aus Rastatt erschien in der Offenburger Versammlung, dass die dortige Garnison bereit sei, für die neue Reichsverfassung zu kämpfen.



Der Großherzog floh auf dem Protzwagen eines Geschützes durch den Hardtwald zur damals bayerischen Festung Germersheim. Auch in Freiburg und Umgebung brachen die Unruhen aus. Die Offiziere verließen ihre Truppen, um nicht der provisorischen Regierung den Eid leisten zu müssen. Es brannte an allen Ecken und Enden. Im Juni wurde die Republik ausgerufen.



Der Großherzog Leopold hatte sich von Frankfurt aus an Preußen gewandt und um Truppen gebeten. Die preußischen Truppen marschierten dann auch sehr schnell von der Pfalz aus in das Großherzogtum ein und drangen bis zur Murg vor. Die dortige von den Aufständischen aufgebaute Verteidigungslinie war aber nicht gegen die disziplinierten und gut bewaffneten Preußen zu halten. Die Aufständischen flohen nach Süden – teilweise ins Elsaß, in die Festung Rastatt und der Rest bei Balderswyl in die Schweiz.



Zwei Jahre lang besetzten die preußischen Truppen das Großherzogtum, die Festung Rastatt musste im Juli kapitulieren, alle Verdächtigen ob berechtigt oder nicht wurden verhaftet. Die Führer wie Sigel, Schurz oder Hecker waren in die USA geflohen. Die Rädelsführer denen die Preußen habhaft wurden, wurden standrechtlich zum Tode verurteilt, viele liberale Bürger mussten in Festungshaft oder mussten in die Schweiz oder fliehen, bis sie begnadigt wurden. Insgesamt verließen 80.000 liberale Bürger das Großherzogtum.

Erstürmung von Gernsbach 29.7.1849





Freitag, 12. Juni 2020

Was verbirgt sich hinter dem Eichner See?



Die B 317 führt das Wiesental aufwärts nach Schopfheim. In Schopfheim führt rechts die B 518 nach Eichen und Wehr ab.  Nach dem Ortsausgang von Eichen ist nach ca 50 m ein Wanderparkplatz, der ca 700 m zum Eichner See führt Er liegt in einer Bodensenke. Der Hotzenwald-Querweg  führt von Schopfheim über Eichen zum Eichner See nach Waldshut.



Hier liegt östlich von Eichen eine größere Einsenkung, die früher mit Eichenwälder bis zum Rhein bewachsen war, daher der Ortsname Eichen. In dieser ist jahrelang nur eine Wiese zu sehen, aber zeitweise ist die Senke mit mehr oder weniger Wasser gefüllt, dem sie den Namen See verdankt.



Dieser See wurde erstmals 1772 genannt, weil damals fünf Personen mit einem Flachboot ertranken. Er erscheint in mehreren Jahren wieder, oft aber mehrmals in einem Jahr wie 1800 fünfmal. 1867 bedeckte er nahezu 2 Hektar Fläche, dass Rheinschiffe und ein Floß auf das Wasser geschafft wurden. 1876 forderte der See ein weiteres Opfer und 1910 ertranken 3 Personen.



Der See verfügt über unterirdische Zu- und Abflüsse. Durch lange Regenzeiten oder durch Schneeschmelze führen unterirdische Zuflüsse so viel Wasser, dass die unterirdischen Abflüsse das Wasser nicht mehr abfließen können. So dringt  das Wasser durch die Kalkschichten des oberen Muschelkalkes hindurch,  bis es an der Oberfläche regelrecht zwischen den Grashalmen hervorsprudelt. Das Wasser steigt langsam und kann über drei Meter tief werden. Dann sind etwa zweieinhalb Hektar Wiesenfläche bedeckt. Der nun gebildete See ist dann 250 m lang, 135 m breit und kann mehrere Wochen oder Monate bestehen und verschwindet dann langsam durch Versickerung wieder.
 
Basler Höhlenforscher stellten 1965 fest, als das Wasser langsam verschwand, dass ein Teil des Seewassers in der Dossenbacher Höhle zum Vorschein kommt. Ein weiterer Teil des Wassers fließt in einem unterirdischen Grundwasserstrom weiter und kommt im „Brödelsbrunnen“ bei Schwörstadt am Rhein wieder ans Tageslicht.



Der See ist seit 1983 mit 3,75 Hektar als flächiges Naturdenkmal ausgewiesen. Letzte Erscheinung war im Dezember 2017.

Was verbirgt sich hinter der Harzerei?


Eines der ältesten Gewerbe im Schwarzwald ist die Harzerei. Schon Sebastian Münster beschrieb 1544  in seiner „Cosmographia“, dass im Gebiet der hinteren Murg und des Kniebis sich die Bewohner vom Harzsammeln ernähren. „Dann do findet man zwey oder drey Dörffer deren einwohner alle jar zweyhundert und etlich mehr zentner hartz von den Thanbäumen sammlen und gehen Straßburg zu verkaufen bringen.“



Das Harzen mit seinem Raubbau, das zum Sterben der Bäume führte, war natürlich im stetigen Kampf mit der Obrigkeit, den Bauern und den Floßherren. Auch die ersten Verbote von 1587 und Gebote von 1617 der Obrigkeit nutzten wenig. Hansjakob berichtet uns von der Armut der Wälder auf dem Kniebis: „Diese Armut ließ die Leute zu Harzdieben werden. Nachts, wenn die Sternlein über dem Kniebis standen, zündeten die Kniebisser im Wald Lichtlein an und zogen in einer Lichterprozession ins Dickicht. Sie suchten die angerissenen Fichten auf und leerten deren Harzkanäle mittels Kratzeisen, oder rissen neue, saftreiche Bäume an, um sie für das Harzen vorzubereiten. Keine Sekunde waren sie aber sicher vor den Revierjägern, die mehr als einmal die flüchtigen Harzsammlern er- oder anschossen. So wie auf dem Kniebis beschrieben riskierten die Harzer im ganzen Schwarzwald ihr Leben“.



Vorwiegend Fichten aber auch Kiefern wurden zum Harzen aufgesucht. Gewonnen wurde das Harz mit dem Dechsel-Verfahren oder dem Rillenschnitt-Verfahren. Beim Dechsel-Verfahren wurde der Baum auf einem 25 cm breiten und 1,50 m hohen Streifen von der Grobrinde befreit. Beim Rillenschnitt-Verfahren werden wie Fischgräten Rillen in den Kiefernstamm mit Hilfe eines scharfen Reißers eingekratzt. Das Harz fließt von den seitlichen Rillen in die Mittelrille (Tropfrinne) und wird dann wie beim Dechsel-Verfahren in einem Behälter aufgefangen. Die Fichten bekamen schon nach kurzer Zeit die Rotfäule und wurden dürr.



Das Harz wurde regelmäßig eingesammelt und in Form von Harzgrieben oder Harzfladen in die Harzhütten oder Harzöfen gebracht.  Auf großen Feuerstellen wurde das gewonnene Harz in großen Kesseln gesotten und durch nasse Säcke gepresst. Je nach Qualität des Produktes erfolgte die Weiterverarbeitung zu Lacken, Firnis, Apothekerware, Schusterpech und Wagenschmiere. Die rückständigen Harzgruben wurden zu Kienruß verarbeitet.



Wie wichtig Harz vor allem in Kriegszeiten war, ergibt sich aus der Zusammensetzung: 20 % Terpentinöl, 70 % Kohlophonium (Hartharz) und 10 % Wasser sowie andere Stoffe. Das Terpentinöl war Grundlage für Kampfer und Zelluloid, pharmazeutische Produkte, Lösung und Verdünnungsmittel, sowie Reinigungsmittel. Kohlophonium diente zur  Herstellung von Papier, Wachstuch, Linoleum, Seife, Fetten, Schusterpech, Druckerschwärze. Auch die Munitionsfabriken benötigten große Mengen Harz für Zünder und Schrapnells.



Nach dem 1. Weltkrieg ging die Harzerei in den Waldungen des Schwarzwaldes sehr stark zurück. 

Geharzte Kiefer