Freitag, 28. Oktober 2022

Was verbirgt sich hinter der Steingutfabrik in Hornberg?

Horn Georg Friedrich 1817
Im 18. Jahrhundert ließ das Stuttgarter Bergamt überall in den Bergen in ihrem Herrschaftsbereich nach abbauwürdigen Erzlagern schürfen. Dabei wurde beim Hinteren Bauer im Offenbachtal unter dem Karlstein ein bedeutendes Lager abbauwürdiger „weißer Erde“ entdeckt. Seit den 1780er Jahren wurde es von der Calwer Zeughandelskompanie zur  Prozellanfabrik nach Ludwigsburg abgefahren. Mit dem Übergang Hornbergs an das Großherzogtum Baden kam der Abbau der „weißen Erde“ zum Erliegen, denn das Großherzogtum hatte bei Baden-Baden- und Malsch genügend Vorkommen, die leichter abzufahren waren.

Dem badischen Obereinnehmer in Hornberg, Georg Friedrich Horn, kam die Überlegung, die „weiße Erde“ in Hornberg an Ort und Stelle zu verarbeiten. Wasserkraft und Holz für eine Produktion vor Ort waren vorhanden. Schon 1817 ließ Horn zwei Fabrikationsgebäude links der Gutach Richtung Niederwasser erbauen. So entstand die „G.F. Horn, Porcelaine Fabrick“. Wobei die Produkte als Porzellan zu bezeichnen übertrieben war, denn die Produkte waren nicht durchscheinend wie echtes Porzellan. Kaum kamen die Hornberger Waren auf den Markt, riefen die Zeller Keramisch Fabrik nach der Staatsgewalt, denn diese hatte die Zusage vom damaligen Markgrafen Karl Friedrich: Keine Konkurrenz im Umkreis! So hagelte es auch folgerichtig: Kein Porzellangeschirr aus Hornberg! Horn vermied es geschickt in Zukunft von Porzellan zu sprechen, denn er verkündete, dass er nur feuerfestes Kochgeschirr produziere, also nur als Steingut.

Georg Friedrich Horn übergab 1822 seine Firmenanteile an beide Söhnen Karl und Hermann, da er zunehmend Ärger mit der staatlichen Aufsicht bekam. Das Amt mit dem Obereinnhehmer –also leitender Beamter- und Fabrikant ließen sich nicht mehr vereinbaren. Die Söhne bekamen 1830 vom Großherzog die endgültige Erlaubnis, die Steingutfabrik ohne Beschränkung betreiben zu können. Sie überwand die darniederliegende Zeit der 1840/50er Jahre und die Einführung der Gewerbefreiheit 1862, wobei die Fabrik stetig erweitert wurde. 1884 zog sich die Familie Horn aus dem Unternehmen zurück, es beschäftigte damals 300 Arbeitnehmer.

1903 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, da der Kapitalbedarf immer größer wurde. Die Feuerung musste von Holz auf Kohle umgestellt werden. Dies war möglich, da die Schwarzwaldbahn schon 1873 fertiggestellt worden war und Kohle herbei transportieren konnte. Auswärtiges Kapital griff nach der „Steingutfabrik Schwarzwald GmbH“. Die Straßenseite der Gutach wurde mit den langen Werkhallen bebaut, die bisherigen Rundöfen zum Brennen des Steinguts wurden durch Tunnelöfen ersetzt.

1905 wurde eine folgerichtige Entscheidung getroffen: Neben dem Steingutgebrauchsgeschirr wurden auch Sanitärartikel in die Produktpalette aufgenommen. Mit dem zunehmenden Bewusstsein der Hygiene in der Bevölkerung kam eben die Spezialisierung des Unternehmens auf den reinen Sanitärbereich. Das Ergebnis der Spezialisierung drückte sich im Erfolg aus, denn vor dem Zweiten Weltkrieg wurden 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Da der Sanitärbereich keine kriegswichtige Produktion war, wurden die Materialzuteilungen immer geringer, so dass die Produktion 1944 geschlossen wurde, ab 1946 wieder anlief und bis 1948 unter französischer Verwaltung stand. Durch die Mahlung, Mischung der Grundstoffe sowie die neuen Glasuren entstand 1950 das Duravit-Porzellan, das das bisherige Hartsteingutes ersetzte und die Tür für den weltweiten Erfolg öffnete.

Duravit hat die Geschichte des Bades neu erfunden und weltweit erfolgreich vermarktet, so dass die Geschichte des Bad Designs untrennbar mit der Geschichte von Duravit verbunden ist.



Freitag, 21. Oktober 2022

Was verbirgt sich hinter dem wieder entdeckten Thermalbad im Murgtal?

Rotenfels Trinkhalle 1841

Markgraf Wilhelm ließ 1839 am Fuße des Schanzenberges  –heute rechts der B 462- am Ortseingang von Gaggenau nach Steinkohle bohren. Nachdem bei Umweg, Neuweier und Müllenbach Steinkohlenfelder zutage traten, wollte er auf seinem Mustergut auch vom „schwarzen Gold“ profitieren. Doch anstatt Kohle kam klares, farbloses Wasser 19 °C warm. Der Markgraf ließ die Quelle fassen und gab ihr den Namen „Elisabethenquelle“ nach dem Namen seiner Gattin.

Zunächst kämen die Leute aus der Umgebung. Als Badgebäude diente den Kranken und Erholungssuchenden eine einfache Trinkhalle, in der Mitte die gefasste Elisabethenquelle.  1843 folgte zum erstellten Kurpark ein dreistöckiges Badhotel. 1858 fertigte der erfahrene Chemiker und Physiker Bunsen eine Wasseranalyse an.

Da Rotenfels kein Staatsbad war, wurde es von Pächtern betrieben. So baute der Pächter Franz Hämmerle einen großen Saalbau an und ließ zur Freude der Bevölkerung die Rastatter Militärkapelle zum Konzert und Tanz aufspielen. Da das Bad aber durch verschiedene Hände ging, kam es, wie es kommen musste. Es fand sich kein Pächter mehr. Die markgräfliche Vermögensverwaltung ließ das Inventar versteigern und die Gebäude 1906 niederreißen.

In der Mitte der 30er Jahre erwarb die Gemeinde Rotenfels das Gelände und ein kleines Brunnenhaus erinnerte an vergangene Zeiten.

In den 50er Jahren erinnerte sich die Verwaltung von Rotenfels der verwahrlosten Quelle und prüfte das Wiederverwenden der Elisabethenquelle. Verschiedene Bohrungen ließen Optimismus aufkommen, aber die arthesische Schüttungen der Elisabethenquelle reichten für die heutigen Anforderungen nicht aus, obwohl mittlerweile eine Kurgesellschaft gegründet, ein Kursanatorium mit Kurmittelhaus gebaut werden konnte. Die Zuversicht wuchs, als das 19°C warmes Natrium-Chlorid-Wasser 1962 als Heilwasser anerkannt wurde. In den 60er und 70er Jahren wurden durch ausdauernden Einsatz der Stadtverwaltung und Verwendung von Haushaltsmittel mit der gegründeten Kurgesellschaft immer wieder Versuchs- und Tiefenbohrungen auf dem umliegenden Gelände vorgenommen. Rotenfels liegt in der Baden-Badener Senke, die ein Teil des Oos-Saale-Troges ist und im französischen Zentralmassiv beginnt und sein Ende in Thüringen hat.

Endlich Mitte der 70er Jahre wurden die zahlreichen Bemühungen und Bohrungen vom Erfolg gekrönt. Zur bisherigen Elisabethenquelle wurde die Schanzenberg mit 24°C und Laurentiusquelle mit nahezu 28°C erschlossen. Dabei hatten die Natrium-Chlorid-Thermalwässer noch bessere Werte als die Elisabethenquelle.

1971 erhielt das 1970 von Gaggenau eingemeindete Rotenfels das Prädikat „Heilbad“ verliehen und 1972 als erste Stadteilteil in Baden-Württemberg den Titel „Bad“ verliehen. 1981 konnte die neue Heilbad- und Freizeitanlage „Rotherma“ in Betrieb genommen werden.

Mit einer modernen Konzeption hat Rotherma Abschied genommen von der freudlosen „Kur“ der Vergangenheit: In Bad Rotenfels soll Gesundbaden Spaß machen bei Frische und Entspannung sowie Bewegung im gesunden Wasser bei aktiver Gesundheitsvorsorge.

Die Erlebniswelt „Rotherma“ beinhaltet ein Thermalbad  28°C bis 35°C mit Vitalbad (40°-48°C) -eine moderne Interpretation des römischen Caldariums- und Amorbad (50°C)- stärken ätherische Öle die Lebensgeister- einem Saunapark von 5.000 m², Felsenauna, Eisgrotte und Salzwelt.

Bad Rotenfels Erlebniswelt "Rotherma"


Freitag, 14. Oktober 2022

Was verbirgt sich hinter der Familiendynastie Furtwängler aus Neukirch?


I
n Neukirch –heute einem Ortsteil von Furtwangen- liegt im oberen Heubachtal nahe der Grenze zu Furtwangen und Urach der Oberheubachhof. Ein Anwesen, das erstmalig 1495 unter einem Furtwengler Werlin erwähnt wird. Karoline Furtwängler, als Hoferbin, heiratete 1902 Otto Faller, und die Fallers bewirtschaften bis heute damit über 500 Jahre den Hof im Familienbesitz. Der Oberheubachhof ist der Ursprung unserer Furtwängler Dynastie und nicht der Furtwänglerhof in Furtwangen Katzensteig, der von1480 bis 1634 von einer Familie Furtwängler bewirtschaftet wurde.

Martin Furtwängler (1670-1737) als 5. Kind vom Hofbauer Georg (1639-1700) und damit als weichender Erbe kam durch Kauf zum Bachwirtshof im Vogtsgrund südlich von Gütenbach. Als Zweitgeborener und damit als weichender Erbe ließ sich sein Sohn Michael (1698-1771) im Vogtsgrund von Gütenbach nieder. Dessen Sohn Martin (1729-1798) zog in Schmidthäusle am Bach in Gütenbach. Dies muss eine alte Schmiede gewesen sein, denn sein Sohn Bartholomäus (1772-1845) wurde immer noch „Schmitebartli“ genannt, obwohl er einen Fruchthandel betrieb. Mit seiner Frau, Helena Dold vom Ecklehof in Gütenbach, begründete er drei weltbekannte Familiendynastien.

Sein Sohn Lorenz (1807-1866) war eben der „Schmitelenz“, da er im Schmithäusle am Bach wohnte und war bei seinem älteren Bruder Johannes in die Uhrmacherlehre gegangen war. Nach seiner Heirat mit Mechthilde Volk aus Vöhrenbach gründete eine eigene Werkstatt und zog 1839 in den „Schwefeldobel“, einem Talgrund an der Gemarkungsgrenze von Neukirch und Gütenbach. Hier erwarb er ein kleines Haus. Der tüchtige Uhrmacher bekam manche Auszeichnung für seine vorzüglichen Arbeiten. Er wurde sogar in den Verwaltungsrat des Uhrengewerbevereins in Furtwangen berufen. Er versäumte auch nicht seine 4 Söhne Gustav Adolf (1839-1905), Karl Hektor (1840-1911), Julius Theophil (1843-1897) und Oskar (1850-1908) bestens als Uhrmacher auszubilden. Sie zogen zwei Jahre nach dem frühen Tod des Vaters 1866 nach Furtwangen und gründeten das weit über den Schwarzwald hinaus bekannte Uhrenunternehmen „Lorenz Furtwängler & Söhne“, das erst 1932 erlosch.

Ein weiterer Sohn des Ehepaars Furtwängler war der aufgeweckte Wilhelm (1809-1875) Dank des Zuspruchs des Pfarrers wurde ihm der Weg zum Gymnasium ermöglicht. So studierte er zuerst auch Theologie wandte sich aber später der klassischen Altertumswissenschaft zu. Ergebnis war der spätere Direktor des Bertold Gymnasium in Freiburg. Sein Sohn Adolf (1853-1907) war der später international anerkannte Archäologe, dem es mit zu verdanken ist, dass Mykene und Olympia in Griechenland ausgegraben wurden. Dessen Sohn Wilhelm (1886-1954) war der später wohl der bedeutendsten Dirigent im 20. Jahrhundert. Dessen Enkelin ist die 1966 geborene Ärztin, und Schauspielerin Maria Furtwängler verheiratete Burda.

Philipp (1800-1867) war wie seine Brüder zum Uhrmacher ausgebildet und brachte später sich den Orgelbau autodidaktisch bei. 1822 zog er nach Elze bei Hildesheim, produzierte zuerst Schottuhren, die wenig Anklang fanden, widmete sich mit Erfolg dem Turmuhrenbau zu. Er trat zum protestantischen Glauben über und produzierte  ab 1826 über 220 Orgeln  in katholischen und evangelischen Kirchen in der norddeutschen Region. Die bedeutendste Leistung war die Orgel in der evangelischen Kirche von Gronau. Sie sollte 48 Register haben, er fügte aber unentgeltlich 9 weitere Register hinzu. Seit 1952 steht die Orgel unter Denkmalschutz. Auch die Gütenbacher Orgel stammt von ihm. Von den Söhnen Wilhelm und Pius, beides bekannte Orgelbauer, wurde das Unternehmen bis 1883 unter „Philipp Furtwängler & Söhne“ weitergeführt.

Haus von Lorenz Furtwängler Gütenbach abgerissen 1927


Freitag, 7. Oktober 2022

Was verbirgt sich hinter dem stillen Blindensee?


Der Blindensee an der Gemarkungsgrenze von Schonach und Schönwald –aber auf Schönwälder Gemarkung- liegt in einem Hochmoorgebiet am Westweg der Blindensee auf 1.000 m Höhe. Er versteckt sich hinter einem Ring aus verkrüppelten Legföhren und ist nur über zwei Holzstege von Schönwälder und Schonacher Seite inmitten des Hochmoorgebietes zu erreichen.

Beim Hochmoorgebiet mit dem Blindensee entstanden durch Hebungen der Gesteinsmassen und Gletscherwirkungen viele kleinere und größere Lücken und Höhlungen. Diese füllten sich mit Wasser und Erde. Es bildeten sich Sümpfe, die in der Zeit der Trockenheit Gräser und Buschwerk wachsen ließen. Bei Hochwasser wurde wieder alles überflutet und vermoderte im Laufe der Jahrhunderte. Neue Schichten setzten sich darüber und so entstanden mit der Zeit nach und nach die Moorböden, die Torfmoore. Aus ihnen entstand dann der brauchbare Brenntorf: Im Hochmoorgebiet des Blindensees bis zu 8 m dick. An manche Stellen blieben große Wassertümpel zurück –der Blindensee. Durch die Vermoorung lässt sich die Tiefe des Sees nicht ermitteln.

Dieser hat keinen Zu- oder Abfluss. Außer Mücken und Wasserflöhen sind keine Lebenswesen im Wasser erkennbar. Manche Leute glaubten daher komme der Name „Blindensee“. Doch weit gefehlt: Der Blindensee gehörte zum früheren Hofgut „Blindenhof“. Dieser Hof wurde 1908 abgebrochen, ist aber nachweisbar seit 1564. Der 6. Bauer von 1718-1760, Gabriel Kern, war völlig blind. Daher resultiert der Hof- und Seename. Der 5. Bauer, Kern Bartholomäus, soll noch keinen Hoferben sondern nur Töchter bekommen haben. In seiner Not beschwor er den Teufel, dieser möge ihm einen Nachfolger schenken, auch wenn er mit Blindheit geschlagen zur Welt käme. Sein Wunsch ging wie erzählt in Erfüllung. Das dürfte aber in den Bereich der Sage gehören.

Das Hochmoorgebiet hat eine Fläche von 20 ha (entspricht 200.000m²), Seefläche von 34 Ar (entspricht 3.400 m²).

Das Hochmoorgebiet mit dem geheimnisvollen Blindensee lädt natürlich zu verschiedenen Sagen ein. Denn die früheren Generationen hatten noch keine wissenschaftlichen Erklärungen für eine solche geheimnisvolle und auch gefährliche Gegend. Eine Rettung aus einem Moor ist äußerst aufwendig und gefährlich.

Deswegen nur eine Legende: Nach dieser soll das Hochmoorgebiet größer gewesen sein und bedeutete für Schwarzenbach und Triberg eine Gefahr, da dieses ausbrechen könnte. Angesichts der Gefahr einer Flutkatastrophe nahm die Bevölkerung von Triberg Zuflucht zu der als Wallfahrt in einer Tanne verehrten Muttergottes Maria. Diese soll erschienen sein und ein feingewobenes Netz gesponnen haben, damit der See nicht mehr ausbrechen kann, und die Bevölkerung vor einem Unglück verschont bleiben wird. Jedes Jahr verfault jedoch ein Faden des Schutznetzes. Ist der letzte Faden verfault, bricht die Katastrophe über Triberg herein. Dies soll zu dem eintreten, wenn in Triberg ein großes Fest gefeiert wird.