Freitag, 26. November 2021

Was verbirgt sich hinter der "Glashütte Achern"?


Zuerst war der Bau einer Glashütte durch die Teilhaber Weisser, Danegger und Lederlein im Reinerzauer Tal wegen des Einspruchs der Christophtaler Eisenwerke gescheitert.  Sie fürchteten den enormen Holzverbrauch der Glashütte. Anschließend versuchten die Glashütte von Schönmünzach den Bau eines unliebsamen Konkurrenten im Murgtal zu verhindern. Um die Konkurrenten zu beruhigen, wurde mit der Obrigkeit vereinbart, nur Flaschen- und kein Flachglas zu blasen. Daraufhin bekam die Glashütte das Tal von Buhlbach westlich von Baiersbronn zugewiesen.  Hier wurde 1758 erstmals am Fluss –der Murg- die Glashütte Bulbach gebaut, um den Holztransport zu erleichtern. Denn bisher zogen die Glashütten weiter, wenn wegen des enormen Holzbedarfes die Wälder um diese kahl geschlagen waren. 

 


1788 ging die Glashütte an die Familie Böhringer über, die die Flaschenproduktion mit Erfolg vorantrieben. Sie stellten die Glashütte von Pottasche auf Soda als Flussmittel bei der Glasherstellung um, dadurch konnte der enorme Holzbedarf gesenkt werden. 1825 erfolgte die Umstellung auf Champagnerflaschen. Bekannt war der Buhlbacher Schlegel, der bis an den Zarenhof geliefert wurde. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sollte die Feuerung ab 1858 auf  Steinkohle umgestellt werden. Ohne Erfolg wurde ab 1829 nach Kohle im Buhlbacher Tal gebohrt.

 

Auf die Dauer war es aber unwirtschaftlich, die Kohle über den Schwarzwald zu transportieren.  Deswegen wandten sich die Familienmitglieder der Familie Böhringer anderen Standorten zu. Unter anderen verließ auch Johann Georg Böhringer  1885 das Stammhaus in Obertal und gründete 1886 die neue Glashütte als „Champagnerflaschenfabrik Achern“. Als ein Jahr später (1887) ein zweiter Ofen in Betrieb genommen wurde, zogen aus allen Teilen Deutschlands Glasmacher nach Achern. Viel zu früh verstarb 1888 der Gründer, und der Betrieb wurde von seiner Mutter mit fremden Geschäftsführern als Aktiengesellschaft weitergeführt. In den 1890er Jahren war ein dritter Ofen errichtet worden, es wurden Bier-, Wein- und Wasserflaschen hergestellt. 1900 begann die maschinelle Fabrikation leichter Flaschen auf den neuen Automaten weltweit als erstes Modell, während die Champagnerflaschen weiterhin im Mundblasverfahren hergestellt wurden. Die „Acherner Glashütte“ zählte zu den größten und modernsten Hohlglaswerken Deutschlands.

 

Bereits 1932/33 hatte die „Gerresheimer Glas AG“ 95 Prozent des Grundkapitals der „Acherner Glashütte“ in Form von Aktientausch erworben. Ab 1960 gab es den Durchfahrbetrieb bei der Glashütte, es gab keine Produktionsunterbrechung mehr weder am Wochenende noch an Feiertagen.

 

1971 wurde die „Glashütte Achern“ mit der „Gerresheimer Glas AG“ fusioniert. Schrecken verbreiteten sich, als 1997 der Boden der vierten Wanne durchbrannte und einen Millionenschaden durch auslaufendes, flüssiges Glas verursachte. Aber schon nach wenigen Monaten konnte die Produktion wieder erfolgreich angefahren werden.

 

2004 wurde die „Gerresheimer Glas AG“ von der „Owens Corp. Illinois“ übernommen. Es schlug am 8.November 2012 wie eine Bombe ein: Die amerikanischen Eigentümer wird die profitable „Glashütte Achern“ schließen, wie in Rom dem Gesamtbetriebsrat offenbart wurde. Der weltgrößte Behälterglashersteller schließt sie aus strategischen Interessen. Damit wird die „Glashütte Achern“ mit 240 Arbeitnehmern  ihre Pforten  nach 254 Jahren schließen.

 

 Die ehemalige Produktion in Buhlbach wurde 1909 geschlossen nachdem sie mehr als 100 Millionen Flaschen produziert hatte. Heute erinnert ein Kulturpark „Glashütte Buhlbach“ in Baiersbronn Schliffkopfstraße 46 mit einer Ausstellung an die Glasherstellung und an ein traditionsreiches Unternehmen.

 

Glsahütte Buhlbach heute

 

 

 

 

Freitag, 19. November 2021

Was verbirgt sich hinter der Schwarzwälder Kuckucksuhr?

 

Kuckucksuhr 1780

Die Schwarzwälder Uhr hatten ihr Vorbild in einer Waaguhr, die ein Glasträger einem böhmischen Kollegen abgetauscht hatte und sie mit auf den Schwarzwald brachte. Die Schwarzwälder Kuckucksuhr hatte kein Vorbild sondern war die Erfindung Schwarzwälder Bauerntüftler. Eine Anregung mag vom krähenden Hahn der Straßburger Münsteruhr gekommen sein, den die Schwarzwälder Uhrmacherträger vor fast 300 Jahren im Münster bestaunen konnten.

 

Die Erzählungen der heimkommenden Uhrenträger reizten natürlich manchen Uhrenbauer. Aber eine solche Uhrenfigur war für einen einfachen Wälderkünstler doch zu schwierig und der Hahnenschrei ist nicht immer gleich. Takt und Melodie stimmen selten überein. Alle anderen Tiere waren schwierig mechanisch nachzuahmen. Nur der Kuckucksruf war mit einer großen Terz möglich. Dafür brauchten die Tüftler zwei Pfeifen mit jeweils einem Blasebalg.

 

Franz Anton Ketterer aus Schönwald hatte um 1730 das technische Problem mit Hilfe des Blasebalgmechanismus der Kirchenorgel gelöst.  Er baute einen Kuckuck in seine Schilduhr mit einem Kuhschwanzpendel ein. Seither hat sich die Technik der Kuckucksuhr nicht verändert. Ein Hebstiftenrad zieht zwei kleine  Blasebälge auf, die dann nacheinander zusammenklappend zwei gedeckte Lippenpfeifen anblasen. Ob Ketterer schon den beweglichen Kuckuck hatte, ist nicht nachgewiesen. Mit Sicherheit waren das dann bei den anderen Tüftlern soweit: Michael Dilger aus Neukirch oder Matthias Hummel aus Waldau. Die Bewegung des Kuckucks wird mit dem Auf- und Abgehen des Blasebalgs angetrieben.

 

Die Kuckucksuhr hat in den verschiedensten Ausführungen den Siegeszug in die verschiedenen Länder angetreten und mehr wie jede andere Uhrensorte den Weltruf der Schwarzwälder Uhren verbreitet. 1756 zogen Johann Schwarzwälder und Johann Epting aus St Georgen sogar nach Pennsylvania. Dort konnten sie in einer Schenke nahe Pittsburgh die Farmer davon überzeugen, dass eine Kuckucksuhr kein Teufelswerk ist. Diese waren nämlich erschrocken, als plötzlich der Kuckuck die Stunde ausrief und danach wieder verschwand.

 

Mitte des 19. Jahrhundert empfahl Friedrich Eisenlohr der Furtwanger Uhrmacherschule die Form der Kuckucksuhr an den Bahnhäusle der neu gebauten Schwarzwaldbahn zu orientieren. So wollten sie die kränkelnde Uhrenindustrie des Hochschwarzwalds aus der Kriese führen. Damit war die Bahnhäusleuhr geboren und trat mit allerlei Verzierungen den Siegeszug in die Welt an.

 

1858 versuchte die Uhrmacherschule den Kuckuck durch andere Tiere zu ersetzen, da immer der Kuckuck zu langweilig sei. Die meckernde Ziege, brüllende Kuh oder der bellende Hund verschwanden als Geschmacksverirrungen in der Versenkung. Aber auch der Wachtelruf konnte sich nicht durchsetzen, da zu langweilig.

 

Die traditionelle Kuckucksuhr trat nach dem Zweiten Weltkrieg bei den Amerikaner und Asiaten einen neuen Siegeszug an, wenn sie die Uhrenstraße nach Triberg besuchten. Blieb allerdings der Besucherstrom wegen Dollarschwäche weg, kränkelnde die Schwarzwälder Kuckucksuhrenindustrie. Um diesem zu entgehen, begann Rombach & Haas in Schonach mit anderen Herstellern das Aussehen der Kuckucksuhr zu modernisieren. Sie wurde für die Jugend attraktiver gestaltet. Seither hat sich das das Aussehen in Farbe und Form mit Erfolg völlig verändert. Nur der Kuckuck ist geblieben.

Kuckucksuhr 1927
    
Kuckucksuhr modern


 
   

 

Freitag, 12. November 2021

Was verbirgt sich hinter Christian Ferdinand Öchsle?

 


Nähert sich die Weinlese misst der Winzer hin und wieder den Zuckergehalt der reifenden Trauben. Denn je höher der Zuckergehalt des Mostes ist, umso kräftiger wird der Wein später werden. Ein Teil des Zuckers wird durch Gärung in Weingeist d h. Alkoholgehalt umgewandelt, ein Teil des natürlichen Traubenzuckers wird dem Wein erhalten bleiben. Der Zuckergehalt des Mostes der Traube wird mit einer Weinwaage gemessen. Der Winzer spricht von Grad Öchsle. Das Ergebnis drückt sich dann meistens in der Mimik des Winzers aus.

 

Der Erfinder der Weinwaage war Christian Ferdinand Öchsle (1774-1852). Er war der Sohn des Glasmachers Israel Öchsle, der in der Bulbacher Glashütte als Faktor im heutigen Baiersbronn arbeitete. Der begabte Sohn spielte mit 9 Jahren schon die Orgel der Baiersbronner Kirche, mit 14 Jahren wurde er Glasmacher. Sehr schnell bemerkte der Vater die Begabungen seines Sohnes und schickte ihn in die Goldschmiedelehre nach Öhringen, und  1794 zog er nach Pforzheim. Er war in der Bijouteriefabrik Denning beschäftigt und brachte es um 1800 zum Kabinettmeister – heute würde man sowas als Betriebsleiter bezeichnen.

 

Ein Auftrag der Stadt Pforzheim brachte ihn mit der Optik und Feinmechanik in Kontakt, und er machte sich 1810 mit einer mechanischen Werkstatt in Pforzheim selbstständig. Sein Bestreben war damals, Gewerbe und Handel durch maschinelle Neuerungen zu unterstützen. Anfänglich produzierte er Präzisionswaagen aller Art wie etwa Gold- und Apothekerwagen.

Mit einem Kompanion gründete er eine Goldschmiedefabrik, um seine Erkenntnisse dort gewinnbringend einzusetzen. Aber nicht nur seine Kollegen legten ihm Steine in den Weg, da er aus Württemberg kommend noch nicht das badische Bürgerrecht von Pforzheim besaß, sondern der Erfolg wollte sich nicht einstellen. Die Produktion wurde wieder eingestellt. Oechsle wandte sich wieder seiner Mechanikerwerkstatt zu.

 

Der Erfinderdrang von Christian Öchsle war ungebrochen. In der langen Liste seiner Erfindungen waren unter anderem ein Harmonium, Mundharmonika, optische, feinmechanische und elektromagnetische Geräte für den Schulunterricht zu finden oder die Möglichkeit Glas rot zu färben. Auch mit der Spiritusfabrikation beschäftigte er sich. Kaufte ein alte halbverfallene Kapelle in der Pforzheimer Altstadt, installierte seinen Brennapparat und beschäftigte ein altes Weib, das ihm einen gleichmäßige Brand –auch nachts- garantierte.

 

1820 wurde ihm auf Grund seiner Fähigkeiten das lukrative Amt eines Großherzoglich Badischen Goldkontrolleurs übertragen. Als solcher hatte er Betriebsvisitationen durchzuführen, den Mindestfeingehalt des bei der Schmuckherstellung verarbeiteten Goldes und Silber zu überprüfen.

 

Seine wichtigste Erfindung, die aus seiner Werkstatt mit mehreren Beschäftigten stammte, war allerdings die Weinwaage. Bei dieser Senkwaage wird das spezifische Gewicht der Flüssigkeit gemessen. An einer Skala kann die Einbautiefe des schwimmenden Messinstruments abgelesen werden. Die Skala ist in Grade eingeteilt, die bald als Öchsle bezeichnet wurden. Hat der Most ein spezifisches Gewicht von 1,080 kg/l zeigt die Skala 80 Öchsle an. Über eine Formel kann auf den zukünftigen Alkoholgehalt geschlossen werden.

 

Zu jener Zeit waren die Hügel um das kleine Pforzheim voll mit Weinbergen, so dass obwohl diese heute alle übersiedellt sind, Pforzheim seit 1986 sein Weinfest in Gedenken an Öchsle feiert, obwohl Pforzheim keine Weinberge mehr besitzt.

Freitag, 5. November 2021

Was verbirgt sich hinter der "Traube Tonbach"?

 


Baiersbronn mit seinem Ortsteil Tonbach im oberen Murgtal war für viele Jahrhunderte von der Welt vergessen. Das obere Murgtal war nur über die alte Weinstraße oberhalb des Murgtales zu erreichen, denn das Murgtal war nicht zu befahren. Die Murgtalstraße war erste 1895 durchgehend befahrbar und die Eisenbahn erst 1928. Der Kniebisübergang als einer der Schwabenwege führte durch das Renchtal über das 1599 gegründete Freudenstadt nach Schwaben. Abgeschieden von der Welt bot der Wald Arbeit mit der Holzfällerei für die Glashütten Buhlbach (1758) und Schönmünzach (1733), der Pottaschesiederei für die Glashütten, die Scheitholzflößerei, Köhlerei, Harzerei. Noch heute sind im Tonbachtal Reste von Salbeöfen zu finden.

 

Um die enormen Holzvorräte der Wälder im oberen Murgtal besser nutzen zu können, wurde 1755 die Calwer Floßkompanie gegründet. Nach und nach wurde Ende des 19. Jahrhunderts die Murg durchgehend floßbar gemacht, so dass mit der Langholzflößerei die dringend benötigten Holländerstämme nach Amsterdam kamen.

 

Tobias Finkbeiner (1730-1802) eröffnete mit seiner Frau Anna Maria Finkbeiner (1744-1820)  eine Schänke im abgelegenen Tonbachtal. Er ging seiner Arbeit im Wald nach, während seine Frau für durstige Holzfäller, Köhler, Harzbrenner und Fuhrleute im abgelegenen Tonbachtal sorgte.

 

Sohn Ludwig (1783-1873) wird Bäcker und erweitert die Wirtschaft um eine Backstube. 1812 zieht er mit 24 anderen Rekruten aus der Umgebung in Napoleons Russlandfeldzug – und kehrt als einziger zurück. Er geht als „Napoleons-Bäck” in die Heimatgeschichte ein.

 

Der Enkel Johann Georg Finkbeiner widmet sich dem Hochprozentigen, erwirbt das Brennrecht und destilliert im Keller Kartoffeln, Rüben, Kernobst, Wildkirschen und Heidelbeeren.

 

Sein Sohn Friedrich serviert in 4. Generation zusätzlich zu Bier und Most erstmals Wein. Er wird per Ochsenfuhrwerk aus dem Badischen geholt. Seine Versuche, auf dem heutigen Hotelgelände Reben anzubauen, fruchten nicht. Er installiert eine Mosterei, die auch andere Tonbacher nutzen dürfen.

 

Heinrich in 5. Genration vermietet auf Anregung eines Heidelberger Professors, der sich während einer Schwarzwaldwanderung hierher verirrt hatte, 1920 das erste Fremdenzimmer. Bis 1939 baute er noch 14 weitere Zimmer aus. Seine Frau Franziska kocht für die Gäste, die von den Söhnen Heinrich, Albert oder Willi mit dem „Leiterwägele“ oder dem Schlitten vom Bahnhof in Baiersbronn abgeholt werden. Während des Krieges wird das Gasthaus von der Organisation „Mutter und Kind” beschlagnahmt. Nach dem Kriege wird die Pension zuerst von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und 1950 wiedereröffnet.

 

Willi Finkbeiner in 6. Generation erregt mit einem neuen Gästehaus Aufsehen: Es bietet als eines der ersten Schwarzwälder Ferienhotels Zimmer mit Bad und Balkon.

 

Unter Heiner Finkbeiner in 7. Generation schließt das Hotel zur internationalen Spitze der Hotels in Deutschland auf und wird zum bekanntesten Feinschmeckertempel Deutschlands.

 

Weder Mineralbäder noch schöne Landschaften sondern höchstens gute Schwarzwaldluft halfen beim Aufstieg des Hotels. Sondern nur Fleiß über Generationen, jeden Tag Arbeit von morgens bis abends ermöglichten das heutige international ausgezeichnete Spitzenhotel „Traube Tonbach“, wie Heiner Finkbeiner einmal erzählte.