Freitag, 5. November 2021

Was verbirgt sich hinter der "Traube Tonbach"?

 


Baiersbronn mit seinem Ortsteil Tonbach im oberen Murgtal war für viele Jahrhunderte von der Welt vergessen. Das obere Murgtal war nur über die alte Weinstraße oberhalb des Murgtales zu erreichen, denn das Murgtal war nicht zu befahren. Die Murgtalstraße war erste 1895 durchgehend befahrbar und die Eisenbahn erst 1928. Der Kniebisübergang als einer der Schwabenwege führte durch das Renchtal über das 1599 gegründete Freudenstadt nach Schwaben. Abgeschieden von der Welt bot der Wald Arbeit mit der Holzfällerei für die Glashütten Buhlbach (1758) und Schönmünzach (1733), der Pottaschesiederei für die Glashütten, die Scheitholzflößerei, Köhlerei, Harzerei. Noch heute sind im Tonbachtal Reste von Salbeöfen zu finden.

 

Um die enormen Holzvorräte der Wälder im oberen Murgtal besser nutzen zu können, wurde 1755 die Calwer Floßkompanie gegründet. Nach und nach wurde Ende des 19. Jahrhunderts die Murg durchgehend floßbar gemacht, so dass mit der Langholzflößerei die dringend benötigten Holländerstämme nach Amsterdam kamen.

 

Tobias Finkbeiner (1730-1802) eröffnete mit seiner Frau Anna Maria Finkbeiner (1744-1820)  eine Schänke im abgelegenen Tonbachtal. Er ging seiner Arbeit im Wald nach, während seine Frau für durstige Holzfäller, Köhler, Harzbrenner und Fuhrleute im abgelegenen Tonbachtal sorgte.

 

Sohn Ludwig (1783-1873) wird Bäcker und erweitert die Wirtschaft um eine Backstube. 1812 zieht er mit 24 anderen Rekruten aus der Umgebung in Napoleons Russlandfeldzug – und kehrt als einziger zurück. Er geht als „Napoleons-Bäck” in die Heimatgeschichte ein.

 

Der Enkel Johann Georg Finkbeiner widmet sich dem Hochprozentigen, erwirbt das Brennrecht und destilliert im Keller Kartoffeln, Rüben, Kernobst, Wildkirschen und Heidelbeeren.

 

Sein Sohn Friedrich serviert in 4. Generation zusätzlich zu Bier und Most erstmals Wein. Er wird per Ochsenfuhrwerk aus dem Badischen geholt. Seine Versuche, auf dem heutigen Hotelgelände Reben anzubauen, fruchten nicht. Er installiert eine Mosterei, die auch andere Tonbacher nutzen dürfen.

 

Heinrich in 5. Genration vermietet auf Anregung eines Heidelberger Professors, der sich während einer Schwarzwaldwanderung hierher verirrt hatte, 1920 das erste Fremdenzimmer. Bis 1939 baute er noch 14 weitere Zimmer aus. Seine Frau Franziska kocht für die Gäste, die von den Söhnen Heinrich, Albert oder Willi mit dem „Leiterwägele“ oder dem Schlitten vom Bahnhof in Baiersbronn abgeholt werden. Während des Krieges wird das Gasthaus von der Organisation „Mutter und Kind” beschlagnahmt. Nach dem Kriege wird die Pension zuerst von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und 1950 wiedereröffnet.

 

Willi Finkbeiner in 6. Generation erregt mit einem neuen Gästehaus Aufsehen: Es bietet als eines der ersten Schwarzwälder Ferienhotels Zimmer mit Bad und Balkon.

 

Unter Heiner Finkbeiner in 7. Generation schließt das Hotel zur internationalen Spitze der Hotels in Deutschland auf und wird zum bekanntesten Feinschmeckertempel Deutschlands.

 

Weder Mineralbäder noch schöne Landschaften sondern höchstens gute Schwarzwaldluft halfen beim Aufstieg des Hotels. Sondern nur Fleiß über Generationen, jeden Tag Arbeit von morgens bis abends ermöglichten das heutige international ausgezeichnete Spitzenhotel „Traube Tonbach“, wie Heiner Finkbeiner einmal erzählte.