Freitag, 29. März 2024

Was verbirgt sich hinter der Kapelle 14 Nothelfer über Seebach?


Seebach mit seinen 1.500 Einwohnern liegt im oberen Achertal und erstreckt sich hoch bis auf die Hornisgrinde mit ihrer 1164 m Höhe. Es ist bei allen Reisenden bekannt, da der Mummelsee zu ihrem Gemeindegebiet gehört. Außerdem gibt es hier noch 2 Waldgenossenschaften, Grimmerswald mit 135 ha und die Seebacher Waldgenossenschaft mit 248 ha. Der letzteren gehört das Mummelsee Hotel, der Hornisgrinde Turm und die Grinden Hütte auf der Hornisgrinde. Seebach besitzt außerdem noch ein Besucherbergwerk „Silberbrünnle“, wo schon vor 1.000 Jahren nach Eisenerz gegraben wurde.

Am 17. April 1945 besetzten französische Truppen das Acher-, Renchtal und Freudenstadt. Die Bevölkerung hatte große Angst vor der Ankunft französischer Soldaten. Denn Freudenstadt wurde wegen des heftigen deutschen Widerstands zerstört, da die Stadt zuvor als „entmilitarisierte Stadt“ deklariert worden war.

Pfarrer Franz Herr und die tief gläubige Bevölkerung gelobten, eine Kapelle zu bauen, wenn die Bevölkerung durch marodierende Soldaten verschont bleiben würde. Vor allem die schwer zu disziplinierenden marokkanischen Einheiten waren wegen ihren Plünderungen und Vergewaltigungen berüchtigt. Denn besonders die Vergewaltigungen riefen den großen Unmut der Bevölkerung hervor. Dies obwohl auf Vergewaltigung die Todesstrafe für französische Soldaten stand.

Das Gelübde schien zuerst seine positive Wirkung zu zeigen. Seebach wurde trotz vereinzelter Widerstandsnester an der Schwarzwaldhochstraße nicht zerstört. Mit den neuen Besatzungseinheiten, die am Mummelsee und auf der Hornisgrinde stationiert waren, ging das Unwesen der Vergewaltigungen aber wieder los.

Pfarrer Herr sammelte einige Fälle und sprach beim französischen Kommandanten vor, der dem Pfarrer Abhilfe zusagte. Er wolle am gleichen Tag hoch auf die Hornisgrinde fahren und den dort stationierten Soldaten jegliche Übergriffe verbieten. Auf Vergewaltigung würde ja die sofortige Todesstrafe stehen. Mit einem Kanonenschuss sollte von der Hornisgrinde das positive Ergebnis ihm und dem Tal verkündet werden. Tatsächlich hallte der Kanonenschuss einige Stunden später von der Hornisgrinde durch das Seebachtal. Tatsächlich gab es keine Vergewaltigungen mehr.

1948 konnte dann in schwieriger Zeit die 14 Nothelfer Kapelle eingeweiht werden. Sie ist den 14 Nothelfer geweiht. (Patrozinium 3. Sonntag nach Ostern). Hinter dem Altar steht die Mutter-Gottes-Statue inmitten der 14 Nothelfer. Diesen, so war man der Bevölkerung sicher, hatte man die Rettung vor den fremden Soldaten zu verdanken. Noch heute grüßte die Kapelle über dem Seebachtal liegend die Bevölkerung.

Die französischen Einheiten, wollten den Mummelsee zuschütten, um einen idealen Truppenübungsplatz vor ihrer Kaserne zu haben. Nur der große Zorn und Empörung der Bevölkerung ist es zu verdanken, dass dieses Ansinnen verhindert wurde. Der Mummelsee wurde erst 1955 von den französischen Einheiten zurückgegeben.  Mit einer großen Spendenaktion „Rettet den Mummelsee“ konnten die durch die Besatzungsmacht verursachten Schäden beseitigt werden. Der Großteil der Hornisgrinde war ja schon seit 1942 Sperrgebiet der deutschen Wehrmacht und wurde von den französischen Streitkräften übernommen. Erst 1996 wurde die Hornisgrinde  nach und nach als Sperrgebiet frei gegeben. Auf der Hornisgrinde war ein wichtiger Horchposten de Franzosen, der über tausende Kilometer Entfernung die Kommunikationen abhören konnte.



 

Freitag, 22. März 2024

Was verbirgt sich hinter dem Eisenbahnanschluss von Lahr ins Kinzigtal?

Anfang 1950er Jahre in Lahr

Der Warenverkehr aus dem Kinzig- und Harmersbachtal wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts nicht über Offenburg sondern über den Schönberg nach Lahr, der Industrie-, Verwaltungs- und Garnisonsstadt, abgewickelt. Als die Planungsphase für den Bau der Schwarzwaldbahn in den 1850/60er Jahre langsam öffentlich wurden, bemühte sich der frühere Bürgermeister und Landtagsabgeordnete von Lahr, Wilhelm Flüge, dass der Bahnhof in Biberach auf das linke Kinzigufer gelegt werde. Sein Hintergedanke war, eine Bahnverbindung von Lahr, vorderes Schuttertal über den Schönberg nach Biberach. Tatsächlich beschäftigte sich die Stadt Anfang der 1880er Jahre ernsthaft mit diesen Plänen. Mit der angestrebten Eisenbahnverbindung Lahr – Dinglingen an die Rheintalbahn könnte eine Querverbindung durch das vordere Schuttertal zur Schwarzwaldbahn hergestellt werden. Diese bis Erstein im Elsaß oder Straßburg weitergeführt, könnte sogar als strategische Verbindung den Generalstab in Berlin interessieren.

Freiburger Ingenieure legten dann ihre Planungen vor:

 

Projekt 1 führte über Kuhbach-Reichenbach, den 200 m höheren Schönberg nach Biberach mit 14,1 km.  Allerdings hätte dies für den Aufstieg auf den Schönberg eine Zahnstange für die Lokomotive bedeutet und Gesamtkosten von 1,6 Mio Mark bedeutet. Eine Strecke ohne Zahnstange war vom Langeck am Westausgang von Reichenbach ins Gereut bis zur Poche und dann über das Tal um den Eichberg herum auf die Höhe des Schönberg geplant. Allerding wären die Kosten auf 2,7 Mio Mark gestiegen.

 

Projekt 2 Hier wurde eine Eisenbahntrasse Lahr-Steinach von Reichenbach über Steinbach-Seelbach-Wittelbach durch das Kambachtal mit einem 250 m langen Tunnel unter der Schwedenschanze in Welschsteinachtal abwärts bis Steinach geplant. Allerdings wären hier die Kosten auf 3,9 Mio Mark gestiegen.

 

Projekt 3 Hier sollte die Strecke ebenfalls von Lahr – Steinach führen. Allerdings führte die Strecke nochmals weiter nach Osten, in dem vom Kambach- ins Grangertal mit einem Tunnel von 320 m Länge als Durchstich des Gebirges in der Nähe des Neuhäuserhofes.  Hier wären die Baukosten auf 3,2 Mio Mark gesunken.

 

Die Militärs waren an einer strategischen Vollbahn Erstein-Lahr überhaupt nicht interessiert und haben  gleich abgewunken und das Ministerium hatte gleich mitgeteilt, dass dafür keine Mittel bereit stehen würden. Alternativ wurde wie in damaliger Zeit üblich, eine Straßenbahnverbindung Rheingrenze, Lahr bis Reichenbach ins Spiel gebracht. Das Badische Finanzministerium signalisierte eine Genehmigung, wenn ein Zuschuss aus der Staatskasse nicht beansprucht würde. 1890 wurde der Konzession zum Bau der Straßenbahn von der Regierung erteilt. 1892 bot Seelbach an, wenn die Straßenbahn bis Schuttertal verlängert werden würde, das Gelände kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ende 1894 konnte die Strecke als Straßenbahn eingeweiht werden, wobei wegen der schmalen Straße die Gleise außerhalb der Ortschaften neben der Straße verlegt wurden.

 

Der Eisenbahnbau ins Kinzigtal hatte sich mit dem Ersten Weltkrieg endgültig erledigt, denn durch den Bau der Schwarzwaldbahn orientierte sich der Verkehr immer mehr das Kinzigtal abwärts und Offenburg entwickelte sich zur aufstrebenden Industriestadt vor allem als noch  der „Burda Verlag“ nicht nach Lahr sondern nach Offenburg siedelte.

 

Dagegen hat das Straßenbähnle Lahr  - Seelbach bis 1952 treu seinen Dienst erfüllt und wurde dann abgebaut, da der Personen und Gütertransport sich schon lange auf die Straße orientierte.

Bähnle in Reichenbach 1952










 


Freitag, 15. März 2024

Was verbirgt sich hinter der Schluchseewerk AG?


Der Strombedarf wuchs in den zwanziger Jahren durch die Industrialisierung stark an und war deswegen auf der Suche nach neuen Quellen der Stromerzeugung. Nach den positiven Erfahrungen mit dem Pumpspeicherkraftwerk Rudolf-Fettweis im Nordschwarzwald, lag es nahe im Südschwarzwald das vorhandene Gefälle und Wasserpotential für Pumpspeicherkraftwerke zu nutzen. Im Dezember 1928 wurde die Schluchseewerk AG gegründet.

 

In den Jahren 1929/32 wurde mit der Schluchseesperre –vom Gletschersee zur Talsperre- begonnen, um das Wasser des Schluchsee aufzustauen, dessen damaliger Wasserspiegel 30 m unter dem heutigen liegt. Das Wassersvolumen des heutigen Sees beträgt 111,3 Mio m³. Nach und nach wurden dann die weiteren Stufen der Schluchseegruppe ab dem See, Häusern, Witznau und Waldshut hinunter zum Rhein mit ihren Turbinen- und Pumpwerken zwischen 1929 - 1951 fertiggestellt. Zwischen 1931 und 1950 wurde das Kraftwerk Eichholz als Speicherkraftwerk zwischen den Stufen Häusern und Witznau errichtet.

 

Da der Strombedarf nach dem Kriege rasant weiterstieg, wurde in den 60er- und 70er Jahren mit dem Aufbau der Hotzenwaldgruppe begonnen. Im Gegensatz zum Schluchsee wurden hier Kawernenkraftwerke für die Turbinen- und Pumpwerke verwendet. Das Kawernenkraftwerk Säckingen wurde 1967 1,5 km tief im Berg unter dem Eggerbecken errichtet. Als Ausgleich dient das Rheinkraftwerk Säckingen. 1976 kam dann das größere Kawernenkraftwerk Wehr 1,3 km tief unter dem Berg mit dem Hornberg- und Wehrabecken hinzu. Hier wird das Wasser nur noch zwischen 2 Becken hin und her gepumpt.

 

Das Schluchseewerk verfügt in der Schluchseegruppe über 4 Kraftwerke mit einer Fallhöhe von insgesamt von 610 m und rund 505 MW Turbinen- sowie 306 MW Pumpleistung. Die Hotzenwaldgruppe mit 2 Kavernenkraftwerken mit einer Fallhöhe von insgesamt 1.025 m und 1.300 MW Turbinen- und 1.280 MW Pumpleistung.  Dies entspricht einem jährlichen Stromverbrauch von 630.000 Haushalten. 14 Speicherbecken darunter der Schluchsee, Stausee Schwarzabruck, Alb- und Mettmannstausee, sowie Stausee Witznau, Schlücht-Wehr und der Rhein werden bewirtschaftet und die sind mit 66 km Stollen verbunden.

 

Die Planungen für ein weiteres Kavernenpumpspeicherkraftwerk Atdorf  wurden 2008 vorgelegt. Die Leistung sollte mit einem Hornbergbecken 2 und einem korrespondierenden Haselbecken um 75% erhöht werden. Für ausreichende Wasserversorgung sollte der Lindau-Stausee mit 60% des Schluchseevolumens entstehen. (Siehe: Was verbirgt sich hinter dem Lindau-Stausee) Die Realisierung war für 2018 vorgesehen. Allerdings stießen die Planungen auf erheblichen Widerstand vor Ort, bei Verbänden und der Politik in Stuttgart. 2014 teilte die RWE AG mit, aus der Planung auszusteigen. Und 2017 folgte dann auch die EnBW mit dem gleichen Schritt. (Siehe: Was verbirgt sich hinter dem Pumpspeicherkavernenkraftwerk Atdorf?)


Kraftwerk Häusern





Freitag, 1. März 2024

Was verbirgt sich hinter Pfarrer Döbele aus Görwihl?

Josef  Döbele (1826-1904) wurde im Hauensteiner Murg in nicht sehr begüterten Verhältnisse geboren, studierte mit bescheidenen Mitteln Theologie und wurde Priester. Als Vikar und Pfarrverweser in verschiedenen Gegenden in Baden –so auch im Kinzigtal- wurde er 1875 als Pfarrer im großräumigen Gebiet Görwihl angestellt.

Als Pfarrer war Döbele bestrebt, seine Pfarrgemeinde in religiöser und kultureller Hinsicht zu fördern, Brauchtum zu pflegen und das heidnische Volkstum vor Entartung und Entwurzelung zu bewahren. Besonderen Wert legte er auf Arbeit, verbunden mit der Einfachheit, Bescheiden- und Sparsamkeit. Er wies der Klatschsucht schroff die Tür mit den Worten: „Gönt heim und schaffet“!

Seine besondere Sorge war auf Erhaltung, der Ausbau und die Verschönerung der alten Pfarrkirche von Görwihl. Aber auch durch ein Vermächtnis begünstigt, gelang es Pfarrer Döbele die Kapellen in Rotzingen Engelschwand und Strittmatt bauen zu lassen. Auch die Kapelle von Hartschwand konnte er erweitern und verschönern lassen. Noch heute zeichnet sich die Region durch die von ihm geförderten zahlreichen Kapellen aus. Gleichzeitig bedingten die vielen Kapellen auch regionale Gottesdienste, so dass Pfarrer Döbele sich ein Pferd zulegte, um die vielen Kapellen zu betreuen. Erst im Alter legte er sich eine Kutsche zu.

Ein großes Anliegen war dem Pfarrer die Fortbildung junger, begabter Bauernsöhne vom Walde. Nicht nur durch Spenden, sondern auch mit Eigenmitteln ermöglichte er manchem Bauernsohn den Weg zur Theologie, Medizin oder Jura.

In der Zeit als Pfarrer Döbele 1875 nach Görwihl kam, herrschte große Armut auf dem Walde. Die Böden waren nicht sehr fruchtbar, machten viel Arbeit und warfen nur wenig ab. Die Weberei als Hausindustrie war stark auf dem Rückgang. Die vielen hungrigen Mäuler mussten gestopft werden. Die Verschuldung der Bauern auf dem Walde wuchs in bedenklichem Maße. Die Notsituation wurde in damaliger Zeit von den Geldverleihern  mit hohen Zinsen skrupellos ausgenützt. Dies ging soweit, dass der Gemeinderat beschloss, jedem Bauern mit einer Strafe zu belegen, der mit einem jüdischen Geldverleiher Geschäfte tätigte. Auch Pfarrer Döbele prangte die Geldverleihpraxis  nicht nur von der Kanzel aus an sondern gründete einen „Sparkassen- und Kreditverein“, in dem er ein großer Teil seines bescheidenen Vermögens einbrachte. Mit der Zeit konnten die Bauern zu ortsüblichen Zinsen die Kredite bei den Geldverleihern nach und nach ablösen.

Da zu jener Zeit es auf dem Walde noch üblich war, das Vieh in den Wald zum Fressen zu treiben, Wald und Felder ließ man wachsen, was und wie sie wollten. Um eine geordnete Bewirtschaftung zu erreichen, gründete er 1880 einen landwirtschaftlichen Verein in Görwihl. So erreichte er, dass Wald und Felder ordentlich bewirtschaftet wurden, Wiesen entwässert und Felder richtig bewässert wurden. Besondere Sorgfalt legte er auf Anpflanzungen und Pflege der Obstbäume. Er gründete eine Obstbaumschule, schickte junge Bauernsöhne in landwirtschaftliche Fachschulen zur Ausbildung. Große Aufmerksamkeit schenkte er der Heidelbeere, die bisher keine große Aufmerksamkeit genoss. Mit dem Heidelbeerwein begann er den Kampf gegen den weit verbreiteten hochprozentigen Schnaps bei der Bevölkerung.

Um der abnehmenden Hausindustrie entgegen zu wirken, waren die Bemühungen von Pfarrer Döbele Schweizer Seidenstoffwebereien auf dem Görwihler Berg ansässig zu machen, um der Bevölkerung zusätzliche Verdienstmöglichkeiten zu verschaffen.