Freitag, 24. September 2021

Was verbirgt sich hinter der Uhrmacherschule in Furtwangen?

Weltzeituhr 1905

Jährlich in der 3. August Woche pilgert alles was Interesse an Uhren hat nach Furtwangen zu Europas größter Antik Uhrenmesse beim Deutschen Uhrenmuseum.

 

Denn 50 km um Furtwangen lag die Schwarzwälder Uhrenindustrie. Glasträger hatten eine hölzerne Stundenuhr aus Böhmen mitgebracht, die von den Gebrüdern Kreuzer 1667 aus Waldau nachgebaut wurde. Als Hausgewerbe, das vom Bauern auf dem Hofe betrieben wurde, konnte man erst ab 1720 sprechen.

 

 Nach und nach entstanden nach der Waaguhr neue Formen wie die Schilderuhr, die berühmte Schottenuhr, Figuren-, Kuckucks - oder Taschenuhren. Aber auch Bilder-, Flöten- und Trompetenuhren bis zum Orchestrion um Waldkirch wurden gebaut.

 

Aber immer wieder gab es durch Kriege, Hungersnöte und Übermut Rückschläge bei der Schwarzwälder Uhrenherstellung. Robert Gerwig, der Erbauer der Schwarzwald, gründete im Auftrag der Badischen Landesregierung 1850 die Uhrmacherschule. In ihr wurden die Uhrmacher systematisch ausgebildet, um die Qualität zu verbessern und damit die Arbeitsteilung voranzutreiben. Schon nach zwei Jahren begann Gerwig eine Lehrsammlung aus Uhren nach einem Aufruf in der gesamten Region aufzubauen, die er bald der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Aus dieser Sammlung entwickelte sich das Deutsche Uhrenmuseum. Das Uhrenmuseum ist Teil der Hochschule Furtwangen und damit direkter Nachfolger der Uhrmacherschule.

 

Aus der Uhrmacherschule stammt auch die Schwarzwälder Kuckucksuhr in der heutigen Form. Um der Uhrenproduktion in und um Furtwangen zu mehr Absatz zu verhelfen, veranstaltet Robert Gerwig 1850 einen Wettbewerb. Er rief dazu auf, Vorschläge für einen Entwurf eines neuen Uhrengehäuses für die Kuckucksuhr zu entwerfen. Architekt Friedrich Eisenlohr reichte dann einen Entwurf ein, der sich an seinen Plänen für die Bahnwärterhäuschen der Badischen Staatsbahn orientierte: Das Häuschen der Kuckucksuhr blieb seither fast unverändert, geändert hat sich nur das Dekor der Frontseite bis auf einige modernen Variaten.

 

Nach dem ZweitenWeltkrieg hat sich die Uhrmacherschule in zwei Zweige aufgeteilt. Der eine Zweig war die Ingenieurschule, die heutige Fachhochschule Furtwangen. Der andere Zweig ist die Berufsfachschule, in der unter anderem auch der Uhrmacherberuf erlernt werden kann.

 

1865 ließ Junghans nach dem Schema der amerikanischen Arbeitsteilung Wecker, Taschen- und Armbanduhren produzieren. Damit verschwand das Hausgewerbe. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges beschäftigen Schwarzwälder Uhrenfabriken rund 10.600 Arbeiter, die jährlich 10,5 Mio Uhren produzierten. 100 Jahre später waren die klangvollen Namen wie Junghans, Kienzle, Mauthe, Kaiser Uhren vom Markt verschwunden. Die Quarzuhr, die Anfang der 20iger Jahre entwickelt wurde, hatte dann in den 50iger Jahre der mechanischen Uhr den Garaus gemacht. Obwohl die Quarzuhrenproduktion um das 4 bis 5 fache anstieg, sind nur noch wenige hundert Mitarbeiter in der Schwarzwälder Uhrenindustrie beschäftigt. Aber auch sie wurden durch die Funkuhr und seit neuem durch die Elektronik bedrängt.

 

Das Deutsche Uhrenmuseum vermittelt mit seiner 160 jährigen Sammlung einen sehenswerten Überblick über die Entwicklung der Schwarzwalduhren, Drehorgeln wie auch Orchestrions. Sie ist weltweit die umfassendste dieser Art mit ihren über 8.000 Objekten.

 


 

 

Freitag, 17. September 2021

Was verbirgt sich hinter Schloss Bürgeln?

 

Propstei Bürgeln 1762

Zwischen Kandern und Badenweiler liegt nördlich von Sitzenkirchen in der Vorbergzone des Markgräfler Landes auf knapp 700 m Höhe das Kleinod Schloss Bürgeln.

 

Der Name „Bürgeln“ (Burgilon) deutet auf einen früheren Ringwall hin. Man nimmt an, dass im Ringwall Burgilon sich ein heidnisches Heiligtum befand, dass  die ersten christlichen Glaubensboten die bekannte Stätte auswählten, um dort eine Missionskirche einzurichten. Die Herren von Kaltenbach schenkten 1120 das ausgedehnte Gebiet dem Kloster St Blasien. 1126 gründete Abt Berthold I von St Blasien eine Cella und später eine Propstei. Das Wappen des Klosters, ein springender Hirsch, ziert noch heute den Turm des Schlosses.

 

1267 zerstörte ein Feuer die Propstei, die auch sofort wieder aufgebaut wurde, da dieses den Besitz St Blasiens im Markgräfler Land verwaltet hat. 1525 wurde im Bauernkrieg die Propstei von den Bauern geplündert.

 

Im Gegensatz zur Propstei Bürgeln gehörte das Kloster St Blasien zu Vorderösterreich. Der Landesherr der Prospstei war jedoch der Markgraf von Hachberg-Sausenberg und dieser führte 1556 die Reformation ein. 1689 wurde die Propstei im Pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen schwer beschädigt und war daher unbewohnbar.

 

1762 wurden die alten Gebäude abgerissen und 1764 im Rokokostil wieder großzügig aufgebaut. 1806 erfolgte jedoch die Säkularisierung des Klosters St Blasien und damit fiel alles dem Großherzogtum Baden zu. Dieses versteigerte 1809 die ehemalige Propstei an einen Landwirt. Von diesem ging sie durch verschiedene Hände und verfiel zusehends. 1920 schlossen sich Gemeinden und Bürger des Markgräfler Landes zum gemeinnützigen Bürgeln –Bund zusammen und erwarben die ehemalige Propstei. Zur endgültigen Sanierung gewann man Kommerzienrat Dr. h. c. Richard Sichler. Sichler, ein damals bekannter Industrieller und vorübergehend Generaldirektor der Dresdner Lingner-Werke („Odol“), pachtete Bürgeln auf Lebenszeit und investierte zur Sanierung und Ausstattung der Gebäude und des Schlossparks einen großen Teil seines Vermögens. Seine Urne wurde 1952 in der Schlosskapelle beigesetzt. Seit 1957 kümmert sich der Bürgel-Bund ebenfalls um die Unterhaltung und Nutzung der Gebäude.

 

Vom Erdgeschoss führt eine dreiarmige Treppe mit geschnitztem Geländer in den ersten Stock. Die Korridore zeigen Stuckornamente an den Decken und in alten  Gemälden Bischöfe, Äbte und Gönner von Bürgeln. Über der Tür zum Saal sieht man das Bild des Klosters St Blasien  mit der Kirche, wie sie vor dem Brand 1768 existierte. Bemerkenswert sind der im ersten Stock gelegenen Bildersaal und vor allem die Schlosskapelle. Sie wurde 1836 renoviert.

 

Von der Terrasse dieses Kleinods des Markgräfler Landes öffnet sich ein grandioses Panorama. Zu sehen ist das Rheintal mit den Vogesen, die Burgundische Pforte, der Sundgau und bei klarem Wetter der Schweizer Jura. Wenn der Dunstschleier sich hinter dem südlichen Jurakamm hebt, dann treten Eiger, Mönch und Jungfrau hervor.

 

Heute finden Schlossführungen, Konzerte, Veranstaltungen jeglicher Art statt, sowie die Möglichkeit im Schlossrestaurant einzukehren und den schönen Ausblick zu genießen.


 

 

 

 

 

Freitag, 10. September 2021

Was verbindet sich hinter dem Besenbindergewerbe?


Der Böhler Marti aus Harpolingen über der Hauensteiner Murg war in den 1850er Jahren einer der letzten Besenbinder, die diesem Gewerbe noch nachgegangen ist. Während in anderen Teilen des Schwarzwaldes schon sehr früh die Industrie heimisch wurde und Leute durch die Uhrmacherei mit allen Herren Ländern in Berührung kamen, saß der Hauensteiner fest auf seinen heimatlichen Höhen und vermochte dank seiner Anspruchslosigkeit auch wacker darauf auszudauern.

 

Die Bewohner des Hotzenwaldes waren sehr genügsam, denn die Natur hatte sie in keinster Weise verwöhnt. Der südliche Schwarzwald ist eine typische Gletscherlandschaft mit tiefen Trogtälern und trockenen Hochebenen, aus denen das Wasser rasch abstürzt. Mit Hilfe von künstlichen Wasserläufen (Wuhren) wurden aus den Hochebenen von 700 bis 800 m Höhe mit wasserreichen Gletschermulden Wasser in trockene, tiefer liegende Gebiete mit wenig Wasservorkommen geleitet, um die kargen Böden für die landwirtschaftliche Erzeugung nutzbar gemacht.

 

Selbst diejenigen Bewohner, die weder Haus noch Hof oder sonstigen Besitztum hatten, wanderten keineswegs oder nur sehr vereinzelt in die Fremde. Sie waren zu bodenständig. Der Sommer brachte stets Arbeit ums tägliche Brot bei irgendeinem mit irdischen Gütern mehr oder minder gesegneten Nachbar. Nebenher, hauptsächlich im Winter, verdiente sich manch einer seinen Kreuzer mit dem ehrsamen Gewerbe des Besenbindens.

 

Die Betriebskosten des Besenbindergewerbes waren nicht hoch. Ein scharfgeschliffenes Hackmesser und ein genaues Wissen, wo das schönste und beste Besenreis wächst. Je nach Jahreszeit und Anspruch der Käufer wurden drei verschiedene Sorten Besen hergestellt.

 

Der Bauer brauchte für Hof und Scheune zur Säuberung einen biegsamen, elastischen Kehrbesen aus der Weißbirke. Für die Stallsäuberung würde dieser sich aber zu schnell abnutzen. Es muss schon etwas Zäheres sein. Ein Besen aus dem strapazierfähigen Material der Grauweide eignet sich dafür. Für die Hausfrau in Stube und Kammer, auch zum Kehren des Ofenbodens beim Backen benötigte sie einen Besen aus feinem und damit kostbarem Material. Hier wurde der Besen aus dem grünen Besenginster hergestellt.

 

Mit einem zweirädrigen Karren ging es dann beladen mit der Besenware von Dorf zu Dorf, um die Ware zu hausieren. Nachtlager und eine Mahlzeit gab es zumeist um Gotteslohn, denn man war in bestimmten Häusern seit Jahren bekannt. Draußen im Rheintal gab es auch schon Besenhändler, die die Besen schon oben auf dem Wald aufkauften, um sie dann fuhrenweise ins Baselgebiet brachten. Auf dem Rückweg brachten sie auf ihrem Karren dann Alteisen, das sie an die Hammerschmiede der Murg verkaufen konnten.

 

 

Freitag, 3. September 2021

Was verbirgt sich hinter dem einstmal bekannten Neubulach?

 

Neubulach 1643


Neubulach über dem Nagoldtal im Kreis Calw mit seinen knapp 6.000 Einwohnern umfasst neben Neubulach die Ortsteile Altbulach, Liebesberg über dem Teinach Tal, Oberhaugstett und das abgelegenen Martinsmoos.

 

Das Dorf Altbulach dürfte um 800 entstanden sein, denn die Besiedlung der Gegend ging vom Kloster Hirsau aus. Der Bergbau dürfte um 1100 in der Zeit der Staufer und der Pfalzgrafen von Tübingen vorangetrieben worden sein. Hohe Erträge versprach der Tagebau von Silbererzen, der erst im 13. Jahrhundert  dem technisch schwierigeren und aufwendigeren Abbau untertage weichen musste. Leider sind nur wenige Informationen über die Glanzzeit des mittelalterlichen Bergbaues erhalten, da Bulbach, so der frühere Name von Neubulach, 1326 mitsamt seinen Archivalien abbrannte.

 

Verschieden Urkunden verweisen im 13. Jahrhundert auf die befestigt Stadt Bulach hin. 1281 bezeichneten sich die Einwohner als Bürger von Bulach und aus 1286 datiert die Erwähnung des Bergbaues. Erstmals 1300 taucht eine Urkunde mit dem Siegel von Bulach auf, aus der hervorgeht, dass Bulach als Stadt erwähnt wurde. Der Reichtum der Stadt drückte sich durch die befestigte mit einer Burg versehenen Stadt aus. Zu jener Zeit beherbergte Bulbach eine namhafte Anzahl von Juden, die man zweifellos im Zusammenhang mit dem Bergbau Finanztransaktionen für bestimmte Kreditgeschäfte benötigte, die Christen verboten waren. Das kanonische Recht sah damals Zins als Raub an. Sie waren wohl schon mit der Gründung der Stadt angesiedelt worden, denn es gab längs der Stadtmauer eine Judengasse.

 

1440 war die Glanzzeit des mittelalterlichen Bergbaues vorbei. Trotz neuer Stollen und Erlass von Abgaben kam der Bergbau nicht mehr an die ertragsreichen Zeiten der früheren Jahre heran. Der Bauernkrieg 1525 verheerte die Stadt, und die Grubenlagen lagen wieder still. Auch die zahlreichen Bergbauversuche seit dem 16. Jahrhundert erbrachten keinen Gewinn. Anfang der 20er Jahren wurden die alten Gruben und die Abraumhalten wegen der Gewinnung von Wismut aufbereitet. Aber es war nur ein kurzer Gewinn, bis die Stollen wieder ins Freie fielen.

 

1953 wurde die Ergiebigkeit der Gruben nach dem Umfang der vor dem 2. Weltkrieg noch vorhandenen Abraumhalden mit 250.000 m³ Haldenerzen geschätzt. Da diese mit dem mittelalterlichen Bergbau vor 1380 entstanden waren, wurde errechnet, dass die Lagerstätten mindestens 7.500 t Kupfer und 35,5 t Silber geliefert hatten. Für den mittelalterlichen Bergbau eine beachtliche Menge.

 

Mehre Stollen führten vom Ziegelbach aus bis unter das heutige Neubulach. Aber auch südlich des Ziegelbachs und westlich von Liebesberg am Abhang zur Teinach waren gegen Neubbulach hin Stollen aufgetrieben worden. Ganz abgesehen von vielen kleineren Stollen in der näheren Umgebung. Zahlreiche Einstiege führten zu den jeweiligen Stollen und hinterließen zahlreiche Schächten. Noch heute muss in Neubulach beim Aushub von Neubauten befürchtet werden, dass nicht auf alte unbekannte Stollen gestoßen wird. Denn sonst hängt das Fundament im Freien.

 

Die größeren Stollen führen vom Ziegelbach aus und sind als ältester der „Hella-Glück-Stollen“, der darunter liegende „Maria-Stollen“ der als wichtigster und mit 1.150 m Länge bis unter die Kirche von Neubulach reicht. Wiederum darunter der Wasserstollen, der obwohl zugemauert bis heute der Entwässerung dient. Sowie der „Himmelsfahrtssollen“, der aber später auf den „Maria-Stollen“ stößt.

 

Der „Hella-Glück-Stollen“ ist seit 1970 auf 400 m als Schaubergwerk begehbar. Seit 1973 mit einer Therapiestation mit gleichbleibenden 9° Temperatur und 98 % Luftfeuchtigkeit gegen Atemnotbeschwerden. Seit 2004 werden Erlebnisführungen über 2 km im „Unteren Stollen“ mit Fahrt (Leiter) zum „Maria-Stollen“ und Fahrt zum „Oberen Stollen“ angeboten.