Freitag, 29. September 2023

Was verbirgt sich hinter der Textilindustrie im Wiesental?


Das obere Wiesental gehörte zu Vorderösterreich, das untere war markgräflich badisches Gebiet angrenzend an die Eidgenossenschaft mit dem Groß-Basler-Gebiet. Das Wiesental war ein unterentwickeltes Gebiet, das obere Wiesental nur spärlich besiedelt ohne direkte Verkehrsanbindung an das Handelsstraßennetz, selbst Lörrach war ein unbedeutender Flecken. Die Bevölkerung durch kriegerische Auseinandersetzungen wie dem 30ig jährigen Krieg verarmt, lebte von der Landwirtschaft. Bis in vorindustrielle Zeit des 18. Jahrhunderts erzeugte ein Großteil der Bevölkerung bis Todtnau in Heimarbeit Spinn- und Webwaren für auswärtige Geldgeber vor allem für Basler Handels- und Kaufleute.

Der junge Markgraf Carl Friedrich von Baden hörte auf den Rat seines Landvogts Magnus von Wallbrunn und beschäftigte sich mit der Entwicklung des unteren Wiesentals. Billige Arbeitskräfte waren genügend vorhanden, die Wiese hatte für die Textilbetriebe die notwendige gute Wasserqualität und vor allem ein starkes Gefälle zum Antrieb von Wasserrädern. Die Zölle zwischen der Markgrafschaft und der Schweiz waren gering und zu Vorderösterreich mit niederen Sonderkonditionen belegt. Ausländische aber auch inländische Gewerbetreibende sollten sich im Lörracher Raum ansiedeln. Zuschüsse, Steuererleichterungen, Zunftunabhängigkeit und Glaubensfreiheit wurden von der Obrigkeit zugesagt. Mitte der 1750er Jahre siedelten die ersten Textilfabriken an. Begünstigt wurde dies durch den Siegeszug der mechanischen Spinnmaschine Anfang 1800. Diese produzierten so viel Baumwollgarn wie 100 Personen in Heimarbeit bewältigten konnte.  Anfänglich wurde der Vertrieb der Spinnmaschinen von der Regierung verboten, da im oberen Wiesental ein Drittel der Bevölkerung vom Spinnen lebte.

Für die bäuerliche Bevölkerung bedeutete die Textilfabriken eine weitreichende Umstellung, die dank größtenteils durch Schweizer Kapital entstanden waren. Aus Heimarbeiter wurden Fabrikarbeiter, die im Nebenerwerb die Landwirtschaft betrieben. Ein weiterer Schub in der Entwicklung der Textilindustrie im Wiesental war der Beitritt der Markgrafschaft in den Deutschen Zollverein 1834, der die Zölle um 80%  anheben ließ. Dadurch wurde gerade das Schweizer Kapital gezwungen, die Waren in der Markgrafschaft zu produzieren, wenn sie auf dem deutschen Markt bestehen wollten. Und schon entstand 1835 die Spinnerei Haagen für Baumwollgarne bei Lörrach, um nur eine zu nennen. Wie beim Ausbau eines Spinnnetzes entstanden in den Folgejahren vorwiegend für Basler Handels- und Kaufleute die Wiese talaufwärts Tuchfabriken, Spinner- und Webereien, Garn- und Fadenfabriken sowie Tuchdruckereien.

Was staatliche Stellen nicht geschafft hatten, nämlich die Produktionsstandorte im Wiesental mit den Umschlagsplätzen in Basel zu verbinden, gelang privaten Initiativen. Mit Hilfe der Schweizer Industriellen wurde eine private Eisenbahngesellschaft 1860 gegründet, nämlich die Wiesental-Eisenbahn-Gesellschaft AG. 1862 wurde das erste Teilstück bis Schopfheim  eingeweiht. 1887 kaufte dann die badische Regierung des Großherzogtums diese auf, um  das  Wiesental weiter bis Zell i. W. zu erschließen. Welche Bedeutung die badische Regierung an der Wiesentalbahn hatte, zeigt die Elektrifizierung der Strecke noch vor dem 1. Weltkrieg.

 

Anfang des 20. Jahrhunderts war der Höhenpunkt des Textilgewerbes im Wiesental erreicht. Der 1. Weltkrieg, die Weltwirtschaftskriese und der 2. Weltkrieg waren schwere Belastungen vor allem für die ausländischen Textilfabriken. Nach 1945 erfolgte das Wirtschaftswunderwachstum. Aber Ende 1960er Jahre zeigte sich eine verheerende Strukturkriese, die durch Konkurrenzprodukte aus Billiglohnländern hervorgerufen wurde. Viele Textilfabriken mussten schließen und Produktionshallen wurden abgerissen. Übrig geblieben sind nur wenige Großbetriebe.


Aber auch da ging das Sterben der Textilbetrieb weiter. Selbst ein so bekanntes und renommiertes Unternehmen wie die Brennet AG, gründet 1881, konvertierte  ab 2012 vom Textil- zum Immobilienunternehmen. Übrig geblieben ist ein Textilmuseum in Zell i.W. Es erinnert an glanzvolle aber auch vergangene Zeit: Unzählige Webstühle, vom einfachen Handwebstuhl bis zum modernen mechanischen Webstühlen sind zu besichtigen und werden in Betrieb gesetzt.


Freitag, 22. September 2023

 


Im Nordschwarzwald gab es Saumpfade, die man heute aber nicht als Verbindungswege bezeichnet würde, außer der Strecke Paris – Wien durch das Renchtal, Oppenauer Steige, Kniebis, Freudenstadt sowie die „alte Weinstraße“ rechts der Murg von Gernsbach, Loffenau, Besenfeld nach Freudenstadt. Die Bäche außer Murg und Enz auf denen Scheitholzflößerei betrieben wurde, eignet sich kaum zum Langholzflößen. Um aber das „Grüne Gold“ des Waldes nutzen zu können, wurden im 19. Jahrhundert Holzabfuhrwege gebaut, um das Holz abtransportieren zu können.

1815 wurden Holzabfuhrwege zum Ruhestein einmal von Baiersbronn, 1817/18 im Achertal von Seebach gebaut. 1839 wurden Verbindungen durch das Hundsbachtal zum Hundseck, durch das Bühlertal zum Sand, von dort 1853 nach Herrenwies und 10 Jahre später nach Raumünzach gebaut. An den Passhöhen der Wasserscheide zwischen Murg und Rhein am Sand, Hundseck, Untersmatt, Ruhestein und Kniebis entstanden Schutzhütten, die sich zu einfachen Buschwirtschaften, dann zu Gasthäusern entwickelten.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden damals die einzelnen Häuser verbindenden Forstwege ausgebaut. Teilweise trieben die Kurhäuser mit eigenen Finanzmitteln den Ausbau der Straße voran. So führte der sogenannte „Chaisenweg“ von Baden-Baden über den Plättig zum Sand, um den Adel und regierenden Fürstenhäuser auf die Höhengebiete zu kutschieren. Das Vordringen des Automobils auf den weiteren Holzabfuhrwegen versuchten die Gemeinden zu verhindern, in dem die Waldarbeiter Gräben ziehen mussten, um die Weiterfahrt zu behindern. Aber der Sog der Höhenhäuser, die sich zu Kurhäuser weiter entwickeltet hatten, war zu stark, die Motorisierung durch die Omnibusse zu weit fortgeschritten. Um 1930 wurde der Wanderweg zum Mummelsee für Personenfahrzeuge als Schotterstraße ausgebaut, die dann bis zum Ruhestein weitergeführt wurde. Zwischen 1934 und 1937 war die Strecke von Baden-Baden bis zum Ruhestein geteert, damit winterfest gemacht und überall auf 6 m verbreitert worden.

 

Bereits in den 20er Jahren versuchten die Hoteliers, eine Fortsetzung der Straße über den Schliffkopf zum Kniebis durchzusetzen, um eine Anbindung an die Verbindungsstraße Freudenstadt – Oberkirch zu bekommen. Die 1933 vorgenommene Planung einer Straßenverbindung zwischen Ruhestein und Alexanderschanze stieß auf vehementen Widerstand wegen des 1938 erklärten Naturschutzgebietes um den Schliffkopf, der ebenfalls nur auf einem Wanderweg zu erreichen war. Wenige Wochen später am 1.10.1038 wurde Dipl Ing Autenrieth mit dem Ausbau einer Straße für militärische und touristische Zwecke entlang des Schwarzwaldhauptkammes beauftragt. Nur unter größten Schwierigkeiten war es möglich, die Trassierung der Straße direkt über den Schliffkopf auf der badischen Seite zu verhindern sondern der Landschaft angepasst auf der Rückseite über württembergisches Gebiet zu führen. Das war nur der Organisation Todt im 3. Reich möglich, sich über alle Gesetze und Widerstände hinwegzusetzen und die geschotterte Straße vom Kniebis her bis 1942 fertigzustellen. In jenem Naturschutzgebiet entstand dann das Führerhauptquartier für den Frankreichfeldzug.

 

Die Schwarzwaldhochstraße wurde erst ab 1950 geteert, verbreitert und in der derzeitigen Form ausgebaut. Leider haben von den Hotels Bühler Höhe, Plättig, Sand, Hundseck, Untersmatt, Ruhestein, Zuflucht, Alexanderschanze und Lamm auf dem Kniebis bis auf Berghotel Mummelsee und Schliffkopfhotel alle ihre Geschichte ausgeschrieben.


Der Zuspruch des Fremdenverkehrs auf die berühmteste Straße des Schwarzwaldes, Schwarzwaldhochstraße, ist so stark, dass im Sommer teilweise der Motorradverkehr ganz gesperrt und vom PKW-Verkehr nur eine bestimmte Anzahl von PKWs und Bussen pro Tag die Zufahrt erlaubt wird. 

Schliffkopf Hotel


 

 

Freitag, 15. September 2023

Was verbirgt sich hinter Bad Ettenheimmünster, das kein Bad war?


Die Benediktinerabtei Ettenheimmünster lag 500 m östlich der heutigen Pfarrkirche St Landelin in Ettenheimmünster. Sie war niemals Klosterkirche, da 1804 erbaut. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden sämtliche Klostergebäude nach und nach abgerissen.

Die Gründung des Klosters liegt im Legendenbereich. Der irische Mönch Landelin soll 640 an Stelle der heutigen Landelinsquelle von einem heimischen Jäger ermordet worden sein. An jener Stelle sprudelten daraufhin 4 Quellen aus dem Boden. Ein blindes Mädchen, das mit dem Blut von Landelin in Berührung kam, war sehend geworden, als es mit dem Blut des Märtyrers die Augen berührte. Seither wurde dem Wasser des Landelinsbrunnen wunderbare Heilkraft zugesprochen. Angeblich soll Bischof Etto aus Straßburg 763 das Kloster gegründet haben. Aber auch das ist nicht urkundlich gesichert. Urkundengemäß berichtet die erste nicht gefälschte Urkunde vom Kloster Ettenheimmünster im 12. Jahrhundert.

Die Heilkraft der Landelinsquellen führte bald zu Wallfahrten, denn die Mönche hatten bei der Quelle im 9. Jahrhundert eine Wallfahrtskirche errichtet. Die vielen frommen Wallfahrer folgten den beschriebenen Wunder und suchten Heilung oder Linderung von ihren Leiden. Selbst Markgräfin Franziska Sibylla Augusta von Baden wurde 1711 von schwerem Leiden geheilt. Das Kloster bot den vielen Pilgern von allen Zeiten her Beherbergung und Bewirtung in einem Meierhof und zwei weiteren Häusern an. Um das Wasser der Landelinsquelle als Bädern benutzen zu können, erbaute das Kloster 1684 ein Badhaus in der Nähe der Quellen, das 12 Badekämmerlein besaß, in dem Fremde von Stand das Wasser der Landelinquelle erwärmt wurde. Der arme Mann musste wie seit eh und je mit der originalen Gebirgsfrische vorliebnehmen. 1718 wurde von Abt Johann Baptist von Eck (1710-1740) ein Neubau der Klosteranlage mit einem neuen Badhaus veranlasst. Es umfasste 49 Fremdenzimmer, 17 Badkabinen mit 30 Badbütten, Speise- und Tanzsaal. Abt Landolin Flum (1774-1793) erbaute auch das „Physikat“(Ärztehaus und Apotheke), das jetzige Pfarrhaus. Wenn man bedenkt das Ganze wegen eines Wassers, das kein Mineralien besaß, kein Thermalwasser war sondern nur einfaches Gebirgswasser war.

Das Kloster wurde 1802/3 säkularisiert, die Beamten der Domänenverwaltung störte die Verquickung des Badebetriebs mit dem Landelinkult. Das Bad blieb aber nur wegen des Vorteils in dieser armen Gegen erhalten. Es wurde sogar die Straße über den Streitberg geplant, um zu einer Verkehrsachse Oberrhein-Schwaben anzuschließen. Das Bad ging durch verschieden Hände nach der Säkularisierung. 1838 und 1860 wehrte sich der damalige Badwirt, Reinbold, gegen die Beschneidung der Tanzveranstaltungen. Tanzfreiheit stehe jedem größeren Bad zu, und St Landolin sei ein großes Bad. Im Hintergrund stand für die staatliche Verwaltung wohl die Vergangenheit des Bads als Kloster. Alleine die Elsässer machten damals ein Viertel aller Gäste aus.

Einen neuen Schub für das Bad gelang mit dem Erwerb des Bads durch Leopold Geiser. Er machte sehr viel Werbung mit dem Großherzoglichen Medizinalrates Dr Offinger. Gästebringend war die Eröffnung Schmalspurbahn 1893 von Ettenheimmünster an den Rhein wegen der Elsässer Gäste. Leopold Geiser pries die 60 schön ausgestatteten Zimmer, Parkanlagen und Spazierwege neben dem reinen Quellwasser in seiner Werbung an. Mit dem Ersten Weltkrieg  fiel das Elsaß an Frankreich zurück und damit ein Viertel der zahlungskräftigen Gäste, so dass das Bad 1919 verkauft werden musste. Kurzfristig gehörte das Anwesen den Gengenbacher Franziskanerinnen. 1920 wurde oberhalb der Wallfahrtskirche ein neues Kurhaus erbaut, das aber keinen Bezug mehr zur Quelle hatte. Heute ist dies ein Alten- und Pflegeheim des Kreises Offenburg. Die Landelinsquelle sprudelt aber heute noch in der Brunnenkapelle an der Westfassade der Wallfahrtskirche St Landelin.


Ettenheimmünster, Landelinquelle




Freitag, 8. September 2023

Was verbirgt sich hinter der Holzbrücke von Bad Säckingen?


Bad Säckingen ist nicht nur bekannt durch das Fridolinsmünster, die Badquellen oder durch den „Trompeter von Säckingen“ von Joseph Victor von Scheffel. Es war durch die Lage am am Hotzenwald, dem südlichen Teil des Schwarzwalds, und dem gegenüberliegenden damaligen habsburgischen Fricktal, in dem das Chorfrauenstift St Fridolin große Besitzungen hatte, ein wichtiger Handelsplatz, von dem heute noch die längste überdachte Holzbrücke erzählt. Diese Brücke ist mit 204 m immerhin 1 m länger als die Luzerner Kapellbrücke.

Die Holzbrücke wurde 1272 erstmals in den Colmarer Annalen erstmalig urkundlich erwähnt. Sie überquerte auf 12 Holzpfeilern den Rhein und verbindet heute Bad Säckingen mit dem schweizerischen Stein am Rhein. Da mit dem großen Stadtbrand 1272 sämtliche Urkunden verbrannten, konnte eine frühere Erbauung der Brücke nicht nachgewiesen werden.

Anfänglich war die Brücke offen und verursachte der Stadt Säckingen riesige Unterhaltungskosten. Mehrfach wurde sie durch Kriege oder Hochwasser des Rheins zerstört und musste immer wieder aufgebaut werden. 1567 wurde sogar eine Trinkwasserleitung von Stein nach Säckingen auf der Brücke verlegt. Nach einem verheerenden Hochwasser wurde mit der Fertigstellung der Brücke 1590 sogar eine Brückenkapelle eingebaut. Im 30jährigen Krieg wurde sie 1633 wiederum zerstört. Nahezu 20 Jahre musste eine Rheinfähre Transport von Ware und Mensch übernehmen. Jahrelang waren eichene Pfähle im Rhein gelagert worden, um diese recht widerstandsfähig zu machen, da eine Imprägnierung unbekannt noch war .Der Neubau hielt gerade mal gut 25 Jahre  und wurde im Holländischen Krieg von französischen Truppen 1678 wieder zerstört.

Im Jahr  1799 besetzte Frankreich das linksrheinische Gebiet, 1802 wurde der Kanton Fricktal gegründet und 1803 wurde dieser von Napoleon dem Kanton Aargau zugeschlagen. Damit waren dem Kloster St Fridolin die wirtschaftliche Basis entzogen, der Stadt das Hinterland über dem Rhein entzogen. 1805 kamen ebenfalls durch Napoleons Verfügung Kloster und die Stadt Säckingen zum späteren Großherzogtum Baden.

Mitte 1920 sollte die Holzbrücke wegen ihres baulichen Zustands abgerissen werden und eine neue verkehrsgerechte Brücke entstehen. Aber 1926 wurde aus Kostengründen nur das schadhafte erste Joch saniert. Erst ab 1979 wurde die westlich gebaute Fridolinsbrücke zur Entlastung der Holzbrücke eingesetzt. Bis dahin war die Holzbrücke Bestandteil der Bundesstraße 34. Da die Hälfte der Holzbrücke auf Schweizer Gebiet liegt, ist sie trotzdem seit 1869 im deutschen Eigentum. Nur ein weißer Strich in der Mitte der Brück weist auf die Grenze hin.

Zwischen 1960 und 1963 wurden die Stützpfeiler der Brücke tiefer gegründet und durch Betonpfeiler ersetzt, da durch den Kraftwerksbau im Rhein der Wasserspiegel und Fahrrinne um 3 m abgesenkt wurde. Im Jahre 2014 wurde durch Zufall bekannt, dass die Pfeiler der Brücke mit TNT-Sprengstoff bestückt waren. Im Kriegsfall hätte die Schweizer Armee nur Zünder einsetzen müssen, um die Brücke zu sprengen.

Freitag, 1. September 2023

Was verbirgt sich hinter der Flößerei im Nordrach- und Harmerbacherstal?

Flößerei im Nordrachtal

Das Kinzigtal mit seinen Zuflüssen Wolf und Schiltach gehörte sicherlich zu den wichtigsten Floßstraßen neben Murg, Enz und Nagold im Schwarzwald. Unendlich viele Flöße versorgten den immensen Holzbedarf der Großstädte für die Dachstühle ihrer Häuser und Kirchen entlang des Rheins an Bau- und Brennholz, Amsterdam brauchte Holz für den Hafen- und Flottenausbau.

 

Was lag da näher, die riesigen Wälder des Mooswaldes und des Löcherberges für die Flößerei zu nutzen? Nachteilig erwies sich, dass es im Nordrach- und Harmersbachtal keine Schifferzünfte und Floßgilden wie in Wolfach oder Schiltach gebildet hatten und auch kein der Murgschifferschaft ähnlicher Zusammenschluss der Holzbauern hier zustande kam. Das war sicherlich deswegen nicht möglich, da große Teile des Mooswaldes und des Nordrachtales bis 1803 zum Kloster Gengenbach gehört hatten. Die Bewohner der Höfe und Glasbläser, Holzhauer und Glasträger waren Leibeigenen des Klosters. Hier die Abhängigen des Klosters im Nordrachtal dort im Harmersbachtal die freien Reichstalbauern.

 

Seit 1695 gab es eine Glashütte und 1750 eine Blaufarbenfabrik im Dörrenbach des Klosters Gengenbach. Zwar versuchte der Abt des Klosters auch an der Flößerei auf der Nordrach mit Erfolg teilzunehmen, wie es die freien Reichstalbauern auf dem Harmersbach schon lange taten. Aber in den Wäldern „der Moos“ gerieten sehr schnell zwei Konkurrenten aneinander. Die Holzhacker der Glashütte wehrten sich gegen die neue Konkurrenz der Flößer. Glashütte und Blaufarbenfabrik und später ab 1807 die Steingutfabrik in Zell hatten einen enormen Holzbedarf. Noch um das Jahr 1800  wird geklagt, dass die Nordracher Talstraße so schlecht war, dass sie nicht ohne Gefahr für Vieh und Fuhrmann befahren werden konnte und dass Kisten und Fässer derart gegeneinander gestoßen werden, dass sie zerbrechen und der Inhalt verloren geht. Dies war auch nicht verwunderlich, da ab Bräunlinsberg das Tal zur freien Reichsstadt Zell gehörte und der Rest des Tales zum Kloster Gengenbach. Für den Holztransport kam deshalb fast nur der Wasserweg in Betracht; dadurch wurde die Flößerei begünstigt.

 

Im Jahre 1848 wurde für Nordrach eine allgemein geltende Floßordnung vom Großherzoglichen Obervogteiamte der Grafschaft Gengenbach erlassen. In ihr wurde versucht die aufkommenden Gegensätze zwischen Flößer und an den ebenfalls auf Wasser angewiesenen Sägewerke und Mühlen zu lösen. Die Flößerei benötigte Schwallungen, um das notwendige Wasser für die Flöße zu bekommen, dagegen wehrten sich die Sägewerke und Mühlen, weil ihnen das Wasser zum Antrieb der Mühlräder fehlte. Die Stempel der Flöße seit dem 17. Jahrhundert zum Verlangsamen oder Anhalten der Flöße üblich, zerstörten Furteinrichtungen und schädigte die Fischerei. Die Kinzigfloßordnung schrieb aber seit 1867 mindestens drei Sperren für Flöße von 1600 Fuß Länge vor. Die Nordracher Flöße waren natürlicher viel kürzer und wurden erst in Biberach zu größeren Einheiten zusammengebunden. Spätestens in Willstätt mussten die Flöße an die Kinzigschiffer übergeben und zu größeren Einheiten zusammengebunden werden.

 

Transportiert wurde auf den Flößen als Oblast: Bretter, Balken, Latten, Schindeln, Eichenrinde, Terpentin, Holzasche, Hopfenstangen, Rebstecken, Kobaltfarbe, Pottasche. 1806 setzte die Forstwirtschaft dem Raubbau der Flößer ein Ende, da das zu schlagende Holz von der Forstbehörde angewiesen wurde. 1868 erwuchs der Flößerei dem Nordrach- und Harmersbachtal ein unwiderstehlicher Feind- die Eisenbahn. 1868 wurde das letzte Floß eingebunden. Geblieben ist beiden Tälern eine Vielzahl von Sägewerken, die an die verflossene Zeit der Flößerei erinnern.

Flößer 1868 auf dem Harmersbach