Freitag, 1. September 2023

Was verbirgt sich hinter der Flößerei im Nordrach- und Harmerbacherstal?

Flößerei im Nordrachtal

Das Kinzigtal mit seinen Zuflüssen Wolf und Schiltach gehörte sicherlich zu den wichtigsten Floßstraßen neben Murg, Enz und Nagold im Schwarzwald. Unendlich viele Flöße versorgten den immensen Holzbedarf der Großstädte für die Dachstühle ihrer Häuser und Kirchen entlang des Rheins an Bau- und Brennholz, Amsterdam brauchte Holz für den Hafen- und Flottenausbau.

 

Was lag da näher, die riesigen Wälder des Mooswaldes und des Löcherberges für die Flößerei zu nutzen? Nachteilig erwies sich, dass es im Nordrach- und Harmersbachtal keine Schifferzünfte und Floßgilden wie in Wolfach oder Schiltach gebildet hatten und auch kein der Murgschifferschaft ähnlicher Zusammenschluss der Holzbauern hier zustande kam. Das war sicherlich deswegen nicht möglich, da große Teile des Mooswaldes und des Nordrachtales bis 1803 zum Kloster Gengenbach gehört hatten. Die Bewohner der Höfe und Glasbläser, Holzhauer und Glasträger waren Leibeigenen des Klosters. Hier die Abhängigen des Klosters im Nordrachtal dort im Harmersbachtal die freien Reichstalbauern.

 

Seit 1695 gab es eine Glashütte und 1750 eine Blaufarbenfabrik im Dörrenbach des Klosters Gengenbach. Zwar versuchte der Abt des Klosters auch an der Flößerei auf der Nordrach mit Erfolg teilzunehmen, wie es die freien Reichstalbauern auf dem Harmersbach schon lange taten. Aber in den Wäldern „der Moos“ gerieten sehr schnell zwei Konkurrenten aneinander. Die Holzhacker der Glashütte wehrten sich gegen die neue Konkurrenz der Flößer. Glashütte und Blaufarbenfabrik und später ab 1807 die Steingutfabrik in Zell hatten einen enormen Holzbedarf. Noch um das Jahr 1800  wird geklagt, dass die Nordracher Talstraße so schlecht war, dass sie nicht ohne Gefahr für Vieh und Fuhrmann befahren werden konnte und dass Kisten und Fässer derart gegeneinander gestoßen werden, dass sie zerbrechen und der Inhalt verloren geht. Dies war auch nicht verwunderlich, da ab Bräunlinsberg das Tal zur freien Reichsstadt Zell gehörte und der Rest des Tales zum Kloster Gengenbach. Für den Holztransport kam deshalb fast nur der Wasserweg in Betracht; dadurch wurde die Flößerei begünstigt.

 

Im Jahre 1848 wurde für Nordrach eine allgemein geltende Floßordnung vom Großherzoglichen Obervogteiamte der Grafschaft Gengenbach erlassen. In ihr wurde versucht die aufkommenden Gegensätze zwischen Flößer und an den ebenfalls auf Wasser angewiesenen Sägewerke und Mühlen zu lösen. Die Flößerei benötigte Schwallungen, um das notwendige Wasser für die Flöße zu bekommen, dagegen wehrten sich die Sägewerke und Mühlen, weil ihnen das Wasser zum Antrieb der Mühlräder fehlte. Die Stempel der Flöße seit dem 17. Jahrhundert zum Verlangsamen oder Anhalten der Flöße üblich, zerstörten Furteinrichtungen und schädigte die Fischerei. Die Kinzigfloßordnung schrieb aber seit 1867 mindestens drei Sperren für Flöße von 1600 Fuß Länge vor. Die Nordracher Flöße waren natürlicher viel kürzer und wurden erst in Biberach zu größeren Einheiten zusammengebunden. Spätestens in Willstätt mussten die Flöße an die Kinzigschiffer übergeben und zu größeren Einheiten zusammengebunden werden.

 

Transportiert wurde auf den Flößen als Oblast: Bretter, Balken, Latten, Schindeln, Eichenrinde, Terpentin, Holzasche, Hopfenstangen, Rebstecken, Kobaltfarbe, Pottasche. 1806 setzte die Forstwirtschaft dem Raubbau der Flößer ein Ende, da das zu schlagende Holz von der Forstbehörde angewiesen wurde. 1868 erwuchs der Flößerei dem Nordrach- und Harmersbachtal ein unwiderstehlicher Feind- die Eisenbahn. 1868 wurde das letzte Floß eingebunden. Geblieben ist beiden Tälern eine Vielzahl von Sägewerken, die an die verflossene Zeit der Flößerei erinnern.

Flößer 1868 auf dem Harmersbach