Montag, 29. Februar 2016

Was verbirgt sich hinter dem Kleppern?



Auf den Palmsonntag folgt die „stille Woche“ –die Karwoche- nach dem altdeutschen Wort Kara genannt, das so viel wie Klage und Trauer bedeutet. Früher war es verboten, lärmende Arbeiten zu verrichten. Spätestens nach dem Gloria am „Gründonnerstag“ schweigen die Glocken. Sie unternehmen einen Ausflug nach Rom, um vom Papst gesegnet zu werden. Sie kämen erst wieder zurück, um das Fest der Auferstehung des Herren einzuläuten.



In dieser Zeit übernehmen Geräte das Geläut, die man je nach Region Rätschen, Därren und Klappern nennt. Die Funktion dieser Geräte besteht darin, dass Holzhämmer an federnden Stielen sich durch das Drehen einer Walze anheben und trommelnd gegen die Kastenwand schlagen und ein betäubendes Geräusch erzeugen.



In katholischen Gemeinden war und ist das Kleppern oder Rätschen weit verbreitet. In frühester Zeit war das Lärmzeichen wohl für die Verständigung oder die Warnung vor Gefahr benutzt. Dies vor allem bei weit auseinander liegenden Gehöften. Das Kleppern verkündete das Ausrufen der Tageszeit, zu der sonst die Glocken läuteten oder den Beginn des Gottesdienstes. Die Rätschen waren entweder auf den Kirchtürmen installiert oder wurden von den Burschen durch die Gassen getragen. Aber auch anstelle der Ministranten-Klingel, die bei der Messe und bei Erteilung des sakramentalen Segens erklangen, wurde die in der stillen Zeit kleine Rätschen oder dumpfe Klapper eingesetzt. Sie sollen auch an die Leiden und Schmerzen von Jesus erinnern, die er bis zu seinem Kreuztod erleiden musste.



Das Kleppern hat aber auch noch in das Fasnachtsbrauchtum Eingang gefunden. In den Fasnachtshochburgen Gengenbach, Haslach, Radolfzell und Waldkirch gibt es Klepperlesgarden, deren Mitglieder sich Klepperleswettbewerben stellen. Erstmals amtlich wurde das Kleppern in den Akten des stattgefundenen „Klepperleskrieges“ von 1881 erwähnt. Der Haslacher Bürgermeister, Caspar Bosch, hat in seinem Schreiben an den damaligen Großherzog festgestellt, dass der Brauch des Klepperns noch wesentlich älter sei – so Alois Krafcyk.


Ministrant mit Hand- und Großrätsche

Freitag, 26. Februar 2016

Was verbirgt sich hinter dem Vogt Andreas Harter?



Andreas Harter wurde am 22. Oktober 1791 geboren. Nach dem Anerbenrecht, nach dem der jüngste Sohn oder die älteste Tochter den elterlichen Besitz ungeteilt vererbt bekommt, bekam er als jüngster Sohn den elterlichen Hof in Kaltbrunn bei Schiltach. Er war nicht nur ein erfolgreicher Bauer, er erstritt sich auch das Recht als Schiffer- und Flossherr sein eigenes Holz nach Straßburg zu flößen.



Auf Grund seiner Tüchtigkeit wurde Andreas Harter zum Vogt der Bauerngemeinde gewählt. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit kaufte er Bauernhöfe auf, insgesamt waren es 5 Höfe. Schon bald konnte er die Fläche eines kleinen Fürstentums sein Eigen nennen. Er besaß auf seinem Bauernhof einen Ziegelei, eine Mühle, ein eigenes Hühner- und Geißenhaus. Fasanen und Pfauen stolzierten über den Hof. 36 Rassenziegen lieferten die Milch für seine eigene Käserei.



Der Überfluss lässt aber wie so oft den Blick für den Realitätssinn abhandenkommen. Die Tochter des Gallenbachers weigerte sich die neue Vögtin auf dem auf dem Hofe nach dem Tode seiner ersten Frau zu werden: „Ich heirate den Vogt nicht, der huset ab!“ Andreas sah aber die Gefahren nicht. Er  legte sich eine eigene Leibgarde mit bis zu 80 Mann zu, die er auf eigene Kosten mit Uniformen und Waffen ausstatten ließ. Da aber das beste und schönste Militär nichts taugt, musste auch noch eine 25 Mann Musikkapelle her. Er stand als berittener Major seiner eignen Garde vor.



Der Aufwand, der Reichtum, der zur Schau gestellt wurde und der Einfluss öffneten ihm die Türen beim Fürsten zu Fürstenberg, mit dem er regelmäßig zur Auerhahnjagd ging. Ja, selbst der badische Großherzog verkehrte mit ihm und überschüttete ihn mit Aufmerksamkeiten.



Im Hungerjahr 1847 und in den beiden Revolutionsjahren 1848/49 wurde der Vogtsbur ebenfalls in den Strudel gerissen. Revolutionäre Ideen mussten in seiner Garde ausradiert werden. Die Waffen mussten abgeliefert werden. Gläubiger wollten plötzlich ihr Geld zurück, das gesamte Kartenhaus fing an zusammenzubrechen. Seine Frau Getrud versuchte beim Badischen Hofe in Rastatt und beim Fürsten von Fürstenberg in Donaueschingen zu intervenieren. Doch die Bewunderer von gestern waren die Fremden von heute, die ihre eigenen Sorgen und Probleme hatten. Sein kleines Fürstentum kam unter den Hammer und wurde billigst vom Fürsten von Fürstenberg aufgekauft.



Das nicht abwendbare Schicksal lähmte den einstmals so mächtigen Bauernfürsten. Er durfte noch in seinem Hühnerhaus seines ehemaligen Bauernhofes wohnen und tippelte jeden Tag anderthalb Stunden auf das Rathaus von Wittichen. Dort diente er fast 20 Jahre noch als Ratsschreiber. Aber mit 80 Jahren ging es dann auch nicht mehr, da die Beschwerden und Schmerzen immer schlimmer wurden. Aus alter Anhänglichkeit überließen ihm seine Bauern sein bisheriges Gehalt von 60 Gulden als Pension, bis der Tod am Hühnerhäusle anklopfte, und der 81-jährige Greis sich endlich mittellos zum Sterben niederlegen konnte.
Vogtsbur Andreas Harter als Major
Vogtsbäuerin Gertrud Harter

Freitag, 19. Februar 2016

Was verbirgt sich hinter einem Eisgang?



Im Winter 1829/30 war ein sehr kalter Winter. Seit Martini war alles eingefroren. Als plötzlich vom 6. auf den 7. Februar ein warmer Regen kam, die Temperaturen  stiegen plötzlich an. Die Folge war, dass ein Eisgang die Kinzig hinunter jagte, der am Zusammenfluss der Wolf und Kinzig in Wolfach hängen blieb und dann wieder zusammenfror. Sehr schnell war die Kinzig ganz trocken und mit Eis ausgefüllt und suchte sich eben dann einen Weg durch die Vorstadt und Stadt. Vom 8. auf den 9. Februar kam ein kräftiger Eisgang die Wolf herunter und blieb im Eisgang der Kinzig hängen. Immer mehr nachkommendes Eis trieb die mächtigen Eisschollen durch die Straßen, so dass die großen Eisschollen bis zum zweiten Stock in der Vorstadt reichten. Das noch vorhandene Vieh musste ebenfalls in den 2. Stock gebracht werden. Die Bewohner konnten vom 2. Stock über die Eisschollen zu ihren Nachbarn klettern.



Johann Georg Straub, Gastwirt vom Roten Ochsen in der Vorstadt von Wolfach, überlieferte: „Mein verstorbener Vater flüchtete mit zwei Kühen in den 2. Stock in die Wirtsstube. Die Kühe nahmen vorhandenes Bier als Tränke und lieferten gesunde Milch dafür“.



Der Fürst zu Fürstenberg berichtete die schwere Lage von Wolfach an den König von Württemberg, welcher auf Bitten des Fürsten Pioniere und Kanoniere schickte.



Vom 15. bis 18. Februar wurden Sprengarbeiten durchgeführt und 300 kräftige Männer und Soldaten mussten täglich arbeiten, um die Kinzig und Wolf langsam frei zu bekommen. Die Schäden waren unübersehbar, so dass selbst der Fürst von Fürstenberg „seine milde Hand öffnete“ und half, wofür die Stadt und Bewohner sehr dankbar waren. 

Eisgang 1830 in Wolfach


Freitag, 12. Februar 2016

Was verbirgt sich hinter Meldung "Der Schwarzwald versinkt im Schnee?"



Auf dem Kniebis, so erzählt man, soll es in früheren Zeiten so geschneit haben, dass man gar nicht erst die Haustüren freigeschaufelt habe, sondern gleich zu den Fenstern im ersten Stock in die Häuser eingestiegen sei.



Die Freudenstädter Bürger schrieben 1615 an den Herzog von Württemberg, da sie zum Straßenräumen als Frondienst auf dem Kniebis verpflichtet waren: „…wann der Wald und Straßen verschnuen und verwehet wir mit ganzer Burgerschaft und großer Ungelegenheit die Straßen öffnen müssen.“



In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden, um die Zufahrtsstraßen zur Schwarzwaldhochstraße zu räumen, Bahnschlitten eingesetzt. Sie mussten von sechs kräftigen Pferden gezogen werden. Räumkolonnen mussten dann von Hand die Straße räumen, dass der Postbus wenigstens fahren konnte. Teils waren die Straßen schon wieder zugeschneit bevor die Räumkolonnen kamen. Um diesem Zustand abzuhelfen, kaufte die damalige Kraftpost 1931 einen Büsing-Raupenschlepper, der noch einen Pflug vorgesetzt bekam. Ein größerer Pflug wurde nachgezogen. Schon im Winter 1931/32 konnten die Höhenhäuser nur so versorgt werden.



1956/57 schneite es im Bereich Mummelsee so unaufhörlich, dass trotz Räumung rund um die Uhr die Straßenabschnitte nur einspurig befahrbar waren. Untersmatt war drei Tage völlig abgeschnitten.  Für die Kurgäste wurden in den Gängen der Hotels Notunterkünfte eingerichtet, da die Autos eingeschneit waren. Die Lebensmittel gingen zu Neige.



Am 5. Februar 1952 berichtete der Südkurier, dass täglich 150 Kubikmeter Schnee von den Hauptstraßen in und um Furtwangen abtransportiert werden musste. Und dennoch wurde die Stadt Anfang Februar von der Außenwelt abgeschnitten. Am 16. Februar waren die Schneeverwehungen auf der Escheck bis zu 7 m hoch. Sämtliche männliche Einwohner zwischen 14 und 65 Jahren –nämlich 1150- mussten mit Pickel und Schaufel antreten, um die Straßen frei zu schaufeln. Dies war auch in den Jahren 1942 und 1944 notwendig.



In Menzenschwand Vorderdorf mussten 1920 zwölf Pferde eingespannt werden, um den hölzernen Bahnschlitten zu ziehen. Nur so konnte die neue Straßen hoch nach Äule geräumt werden. Normalerweise genügten zwei Pferde und zwei Zugochsen, um den Bahnschlitten zu ziehen.



Ein Furtwanger Oberbürgermeister erklärte einst einem Fremden, dass man den Sommer an den Bewohnern  in Furtwangen daran erkenne: „Beim Wintermantel seien die beiden obersten Knöpfe offen.“





Kniebis 1905 Pension Lamm

Freitag, 5. Februar 2016

Was verbirgt sich hinter dem Titisee im Winter?





Am 13. Januar 1924 fand erstmals ein Eisfest auf dem Titisee statt, bei dem Eiskunstlauf, Eisschnelllauf und Eistanz geboten wurde. Ein Jahr später fanden sogar die deutschen Eisschnelllaufmeisterschaften statt. Ein weiteres Jahr später war dies sogar die Deutsche Winterolympiade.

Was die Natur aber nicht geglaubt hatte, über sich ergehen lassen zu müssen, schaffte die Technik. In den Jahren 1929, 1930, 1933, 1934 und 1935 fanden Auto- und Motorradrennen auf dem zugefrorenen See statt. Autos und Motorräder hatten Nagelreifen montiert, um auf dem zugefrorenen See ein Rennen zu liefern. Dies waren Veranstaltungen, die Zuschauer in bisher nicht gekannter Menge anzogen. Nicht nur Tagesgäste sondern Wochenendpauschalreisen waren üblich. Die Lufthansa bot Rundflüge über das Feldberggebiet mit Start und Landung auf dem zugefrorenen See an. Erst nach 1935 setzten sich langsam die ersten Umweltgedanken durch und ließen dem Treiben ein Ende setzen.
Flugzeuge der Lufthansa auf dem Titisee

Heute zieht der Titisee auch ohne winterliche Veranstaltungen im Sommer bis zu 1,5 Mio Besucher an, die sich über die Seepromenade ergießen, um dieses Idyll im südlichen Schwarzwald zu bewundern.


Autorennen auf dem zugefrorenen See