Freitag, 26. Februar 2016

Was verbirgt sich hinter dem Vogt Andreas Harter?



Andreas Harter wurde am 22. Oktober 1791 geboren. Nach dem Anerbenrecht, nach dem der jüngste Sohn oder die älteste Tochter den elterlichen Besitz ungeteilt vererbt bekommt, bekam er als jüngster Sohn den elterlichen Hof in Kaltbrunn bei Schiltach. Er war nicht nur ein erfolgreicher Bauer, er erstritt sich auch das Recht als Schiffer- und Flossherr sein eigenes Holz nach Straßburg zu flößen.



Auf Grund seiner Tüchtigkeit wurde Andreas Harter zum Vogt der Bauerngemeinde gewählt. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit kaufte er Bauernhöfe auf, insgesamt waren es 5 Höfe. Schon bald konnte er die Fläche eines kleinen Fürstentums sein Eigen nennen. Er besaß auf seinem Bauernhof einen Ziegelei, eine Mühle, ein eigenes Hühner- und Geißenhaus. Fasanen und Pfauen stolzierten über den Hof. 36 Rassenziegen lieferten die Milch für seine eigene Käserei.



Der Überfluss lässt aber wie so oft den Blick für den Realitätssinn abhandenkommen. Die Tochter des Gallenbachers weigerte sich die neue Vögtin auf dem auf dem Hofe nach dem Tode seiner ersten Frau zu werden: „Ich heirate den Vogt nicht, der huset ab!“ Andreas sah aber die Gefahren nicht. Er  legte sich eine eigene Leibgarde mit bis zu 80 Mann zu, die er auf eigene Kosten mit Uniformen und Waffen ausstatten ließ. Da aber das beste und schönste Militär nichts taugt, musste auch noch eine 25 Mann Musikkapelle her. Er stand als berittener Major seiner eignen Garde vor.



Der Aufwand, der Reichtum, der zur Schau gestellt wurde und der Einfluss öffneten ihm die Türen beim Fürsten zu Fürstenberg, mit dem er regelmäßig zur Auerhahnjagd ging. Ja, selbst der badische Großherzog verkehrte mit ihm und überschüttete ihn mit Aufmerksamkeiten.



Im Hungerjahr 1847 und in den beiden Revolutionsjahren 1848/49 wurde der Vogtsbur ebenfalls in den Strudel gerissen. Revolutionäre Ideen mussten in seiner Garde ausradiert werden. Die Waffen mussten abgeliefert werden. Gläubiger wollten plötzlich ihr Geld zurück, das gesamte Kartenhaus fing an zusammenzubrechen. Seine Frau Getrud versuchte beim Badischen Hofe in Rastatt und beim Fürsten von Fürstenberg in Donaueschingen zu intervenieren. Doch die Bewunderer von gestern waren die Fremden von heute, die ihre eigenen Sorgen und Probleme hatten. Sein kleines Fürstentum kam unter den Hammer und wurde billigst vom Fürsten von Fürstenberg aufgekauft.



Das nicht abwendbare Schicksal lähmte den einstmals so mächtigen Bauernfürsten. Er durfte noch in seinem Hühnerhaus seines ehemaligen Bauernhofes wohnen und tippelte jeden Tag anderthalb Stunden auf das Rathaus von Wittichen. Dort diente er fast 20 Jahre noch als Ratsschreiber. Aber mit 80 Jahren ging es dann auch nicht mehr, da die Beschwerden und Schmerzen immer schlimmer wurden. Aus alter Anhänglichkeit überließen ihm seine Bauern sein bisheriges Gehalt von 60 Gulden als Pension, bis der Tod am Hühnerhäusle anklopfte, und der 81-jährige Greis sich endlich mittellos zum Sterben niederlegen konnte.
Vogtsbur Andreas Harter als Major
Vogtsbäuerin Gertrud Harter