Andreas Harter wurde am 22. Oktober 1791
geboren. Nach dem Anerbenrecht, nach dem der jüngste Sohn oder die älteste
Tochter den elterlichen Besitz ungeteilt vererbt bekommt, bekam er als jüngster
Sohn den elterlichen Hof in Kaltbrunn bei Schiltach. Er war nicht nur ein
erfolgreicher Bauer, er erstritt sich auch das Recht als Schiffer- und
Flossherr sein eigenes Holz nach Straßburg zu flößen.
Auf Grund seiner Tüchtigkeit wurde
Andreas Harter zum Vogt der Bauerngemeinde gewählt. Bei jeder sich bietenden
Gelegenheit kaufte er Bauernhöfe auf, insgesamt waren es 5 Höfe. Schon bald
konnte er die Fläche eines kleinen Fürstentums sein Eigen nennen. Er besaß auf
seinem Bauernhof einen Ziegelei, eine Mühle, ein eigenes Hühner- und Geißenhaus.
Fasanen und Pfauen stolzierten über den Hof. 36 Rassenziegen lieferten die
Milch für seine eigene Käserei.
Der Überfluss lässt aber wie so oft den
Blick für den Realitätssinn abhandenkommen. Die Tochter des Gallenbachers
weigerte sich die neue Vögtin auf dem auf dem Hofe nach dem Tode seiner ersten
Frau zu werden: „Ich heirate den Vogt nicht, der huset ab!“ Andreas sah aber
die Gefahren nicht. Er legte sich eine
eigene Leibgarde mit bis zu 80 Mann zu, die er auf eigene Kosten mit Uniformen
und Waffen ausstatten ließ. Da aber das beste und schönste Militär nichts
taugt, musste auch noch eine 25 Mann Musikkapelle her. Er stand als berittener
Major seiner eignen Garde vor.
Der Aufwand, der Reichtum, der zur Schau
gestellt wurde und der Einfluss öffneten ihm die Türen beim Fürsten zu Fürstenberg,
mit dem er regelmäßig zur Auerhahnjagd ging. Ja, selbst der badische Großherzog
verkehrte mit ihm und überschüttete ihn mit Aufmerksamkeiten.
Im Hungerjahr 1847 und in den beiden
Revolutionsjahren 1848/49 wurde der Vogtsbur ebenfalls in den Strudel gerissen.
Revolutionäre Ideen mussten in seiner Garde ausradiert werden. Die Waffen
mussten abgeliefert werden. Gläubiger wollten plötzlich ihr Geld zurück, das
gesamte Kartenhaus fing an zusammenzubrechen. Seine Frau Getrud versuchte beim
Badischen Hofe in Rastatt und beim Fürsten von Fürstenberg in Donaueschingen zu
intervenieren. Doch die Bewunderer von gestern waren die Fremden von heute, die
ihre eigenen Sorgen und Probleme hatten. Sein kleines Fürstentum kam unter den
Hammer und wurde billigst vom Fürsten von Fürstenberg aufgekauft.
Das nicht abwendbare Schicksal lähmte
den einstmals so mächtigen Bauernfürsten. Er durfte noch in seinem Hühnerhaus
seines ehemaligen Bauernhofes wohnen und tippelte jeden Tag anderthalb Stunden
auf das Rathaus von Wittichen. Dort diente er fast 20 Jahre noch als
Ratsschreiber. Aber mit 80 Jahren ging es dann auch nicht mehr, da die
Beschwerden und Schmerzen immer schlimmer wurden. Aus alter Anhänglichkeit
überließen ihm seine Bauern sein bisheriges Gehalt von 60 Gulden als Pension,
bis der Tod am Hühnerhäusle anklopfte, und der 81-jährige Greis sich endlich
mittellos zum Sterben niederlegen konnte.
Vogtsbur Andreas Harter als Major |
Vogtsbäuerin Gertrud Harter |