Freitag, 25. März 2022

Was verbirgt sich hinter Carl Ludwig von Lotzbeck?

von Lotzbeck 1754-1826

Die Entdeckung Amerikas brachte der „Alten Welt“ nicht nur Landgewinne, Reichtum sondern auch eine nicht zu entbehrende Kulturpflanze, die heute für die einzelnen Staaten eine wichtige Steuerquelle bietet, die Tabakpflanze.

 

Im ersten Jahrhundert der Einführung wurde der Tabak als Knaster in der Pfeife geraucht und erst viel später mit Essenzen vermengt, gemahlen und als Schnupftabak durch die Nase genossen. Wie weit verbreitet das Schnupfen war, mag eine Zahl von 1813 verdeutlichen. Pro Kopf eines Mannes kam in Lahr ein Quantum von jährlich bis zu 25-30 Pfund zusammen. 1718 gründete der Markgraf Karl Wilhelm von Baden die erste Schnupftabakfabrik in Pforzheim nachdem dies im Straßburg schon länger hoffähig war.

 

Cal Ludwig Lotzbeck (1754-1826) erhielt seine Berufsausbildung in Straßburg, konnte während der Berufsausbildung die Geheimnisse der französischen Schnupftabak-Herstellung in Erfahrung bringen. Denn diese wurden vom französischen Staate besonders streng geheim gehalten.

 

Zurück in seiner Vaterstadt Lahr gründete Carl Ludwig Lotzbeck 1774 eine Schnupftabak-Fabrik. Er nahm noch seinen älteren Bruder Christian als Teilhaber auf, firmierte unter „Lotzbeck Gebrüder“ und war das erste Unternehmen dieser Art in Oberbaden.  Den Tabak bezog Lotzbeck aus der Pfalz, bis dies durch die französische Revolution immer schwieriger wurde, und es ganz zum Erliegen kam. Deswegen beschloss Lotzbeck den Tabakanbau in Baden zumal in der Lahrer Gegend einzuführen.

 

Es kostete hingegen jedoch viel Mühe die Bauern, die bisher Hanf angepflanzt hatten, dazu zu überreden, den ihnen unbekannten Tabak anzupflanzen. Unentgeltlich verteilte er Tabaksamen, gab Setzlinge ab und kaufte zu hohen Preisen die  Ernte auf und ermunterte laufend, die Bauern weiter Tabak anzupflanzen. Anfänglich überließ man den Anbau der Tabakpflanze gegen Entgelt den Elsäßer Bauern. Nachdem Lotzbeck immer gut und sofort bezahlte, nahm der Hanfanbau immer mehr ab und wurde durch Tabak ersetzt. Der Markgraf unterstützte die Bemühungen von Lotzbeck, dass er den Anbau von Tabak von jeder Abgabe bis 1813 befreite. In jenem Jahr kamen von den Lotzbeck Gebrüder 1.113.000 Pfund Schnupftabak zum Versand.

 

Bayern führte 1811 ein neues Zollsystem ein, die den Tabakexport stark einschränkte. Deswegen gründete Lotzbeck 1822 eine Schnupftabakfabrik in Augsburg, in die er seinen Schwager Ludwig Sander als Teilhaber aufnahm. Die Lotzbecksche Tabakrezepte garantierten weiterhin den Erfolg des Unternehmens. Von den Gewinnen wurden in Lahr die Fabrikerweiterungen bezahlt. Insgesamt waren dies in Lahr und Dinglingen über 22 Gebäude. Denn mit der Tabakfabrik wurde der Grundstein für die hochentwickelte Industrie in Lahr gelegt. Vom Wohlstand zeugt heute noch das Rathaus von Lahr, das vormals die Lotzbecksche Villa war. In dieser verbrachte er seinen Lebensabend und verstarb hochgewürdigt 1826. Die Verdienste von Carl Ludwig Lotzbeck wurden vom bayerischen König Maximilian 1815 gewürdigt, indem er in den erblichen Adelsstand erhoben wurde. Und 1825 erhielt er vom Großherzog das Ritterkreuz des Zähringer Löwenorden verliehen.

 

Das Unternehmen Lotzbeck wurde von den Söhnen und der Familie weitergeführt. Jedoch der der rasante Vormarsch der Zigarette ließ die Produktion 1977 einstellen.

 

Freitag, 18. März 2022

Was verbirgt sich hinter dem Unternehmen SBS in Schonach?

Schonach 1910

Wie überall im Schwarzwald waren die Uhrenwerkstätten Manufakturbetriebe, die Uhren in Einzelfertigung als Unikate herstellten. Der Wechsel von Holzuhrwerken zu Metallzahnrädern war schon vollzogen. 1857 tauchten die ersten 1000.000 industriell gefertigten Uhren aus Amerika in Hamburg auf.

 

Josef Burger (1823-18888) aus Yach unter dem Rohrhardsberg stammend lernte er bei Josef Siedle in Schönwald die Technik der Weiterverarbeitung von Gussstücken zu Uhrenbestandteilen. 1856 baute Josef Burger in einem  gemieteten Haus eine Messinggießerei zur Herstellung von rohen Gussteilen. Diese wurden von den Uhrenfabriken und Uhrmacher zu Zahnrädern und Hebel weiterverarbeitet. Sie ersetzten die Holzteile in der Uhr. Der Erfolg seines Fleißes war die Gründung der „Fabrik für Uhrenbestandteile & Metallgießerei“.

 

1874 konnte Josef Burger im Untertal von Schonach ein erstes Fabrikgebäude errichten, denn er erkannte dass die Rohlinge weiterverarbeitet werden können und sich dadurch die Gießerei zur Fabrik verlängert werden kann. In den neuen Räumen fanden die dafür vorgesehenen wasserkraftgetriebenen Maschinen den notwendigen Platz. Ein Jahr später gesellte sich die erste Dampfmaschine der Region als Energiequelle hinzu. Die beiden Söhne Hermann und Hartmann unterstützten den Vater mit Tatkraft und neuen Ideen, so dass sie 1886 das Unternehmen als „Jos. Burger Söhne“ firmierten. In diesem Jahr wurde auf Grund der sozialen Einstellung des Ehepaars Burger die Betriebskrankenkasse für die Belegschaft gegründet, die erst 2003 in einer BKK aufging.

 

Um sich von der Uhrenproduktion etwas unabhängiger zu machen, erschlossen die Junioren die angrenzenden Geschäftsfelder mit Erfolg. Dies waren Zählwerke für Gas- und Wasserwerke, da überall die  kanalisierte Trinkwasserversorgung den Dorfbrunnen ablöste, das Gas zur Beleuchtung der Städte benötigt wurde. Mit dem Siegeszug der Schallplatte kamen die Laufwerke der Grammophone hinzu. Natürlich führte diese erfolgreiche Expansion zur Erweiterung der Gebäude und zur Automatenfertigung bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg.

 

Die Söhne, Ernst und Eugen, von Hartmann Burger übernahmen 1913 und 1927 als dritte Generation Verantwortung, um das Unternehmen gut durch die Folgen des Ersten Weltkrieges und die schwierigen 20er Jahre zu bringen. Auch den Zweiten Weltkrieg überstand das Unternehmen trotz Demontage durch die Franzosen erfolgreich. Amerikanische Soldaten und später die Besucher brauchten danach den ersehnten Aufschwung. Souvenirs in Form der Kuckucksuhr aus dem Schwarzwald waren gefragt wie nie. Was lag näher den Kuckucksuhrenhersteller ganze Uhrwerke und die nötigen Zubehörteile erfolgreich anzubieten und zu liefern.

 

1956 trat der Sohn von Ernst Burger, Rolf, als vierte Generation in das Unternehmen ein. 1958 wird das Unternehmen aus steuerlichen Überlegungen aufgrund der mittlerweile vielen Gesellschaftern aufgeteilt. Der Bereich Press-, Dreh- und Armaturenteile kommen zur neu gegründeten „Burger Industriewerk KG“ (BIW). Während der Bereich Uhren und Getriebe bei der „SBS Feintechnik“ angesiedelt wurde, die von Rolf Burger 1968 als Geschäftsführer geführt wurde.

 

Heute bedient die „SBS Feintechnik“ geführt in fünfte Generation unter Thomas Burger seit 1993 erfolgreich fünf Märkte: Automotive, Haushalts-, Gebäude- und Medizintechnik. Die „Burger Group“ umfasst neben der „SBS Feintechnik“ noch 6 weitere Firmen außer Deutschland in der Schweiz und Tschechien.

Freitag, 11. März 2022

Was verbirgt sich hinter dem Luchs im Schwarzwald?

 


Der Luchs -im Volksmund „Pinselohr“ genannt- gehört zur Familie der Kleinkatzen, obwohl er eine Kopf-Rumpflänge von 85 bis 110 cm und eine Schulterhöhe von 50 bis 75 cm erreicht. Unverkennbar ist sein Backenbart und die Spitzen der Ohren tragen schwarze Pinsel. Die Weibchen haben ein begrenzteres Revier während die Männchen Gebiete bis 250 km² durchstreifen. Zur Nahrung gehören Vögel, Hasen- und Nagetiere, sowie Huftiere bis zur Hirschgröße. Er verhält sich äußerst scheu und jagt in der Dämmerung oder Nacht.

 

Der letzte Luchs im Schwarzwald wurde 1770 im Weisenbach nahe Kaltenbronn geschossen, nachdem er Jahrzehnte lang systematisch verfolgt und ausgerottet wurde. In Winternächten war er leicht zu lokalisieren, wenn er seine Ranzschreie auf der Suche nach einem Weibchen tätigte. Am nächsten Morgen konnte der Jäger leicht seinen Spuren im Schnee zum Versteck folgen. Er galt als Konkurrent des Jägers und war bei den Bauern mit Schafherden nicht gerne gesehen, obwohl es im Schwarzwald größere Schafherden kaum gab und gibt.

 

Bisher gab es noch keine Initiative für eine Wiedereinbürgerung des Luchses wie in der Schweiz.  Bestrebungen der Landesforstverwaltung in den 70er Jahren wurde aber mit touristischen Argumenten verhindert. Vereinzelte Luchsbeobachtungen im Schwarzwald und ein überfahrener Luchs auf der Autobahn bei Bad Krotzingen 1988 zeugen davon, das große Verkehrs-, Siedlungsbarrieren und Flüsse wie der Rhein kein Hindernis darstellen.

 

Nachdem in Brüssel bei der EU bekannt wurde, dass wohl vereinzelt Luchse im Schwarzwald anzutreffen sind, wurden 15 Schwarzwälder FFH-Gebiete mit 34.000 ha ausgewiesen. Das bedeutet, dass bestandstützende Maßnahmen bzw Wiedereinbürgerungen erteilt werden muss.

 

Mittlerweile gilt es als gesichert, dass sich 5 Luchse im Schwarzwald aufhalten. 2015 wurde ein Luchs am Rohrhardsberg gefangen und mit einem Halsband versehen und wieder frei gelassen. Dabei wurde festgestellt, dass er eine Wanderung bis kurz vor Ulm und dann wieder zurück zur Oberen Donau unternommen hatte. Vergleiche mit Fotofallen ergaben, dass er aus den Schweizer Alpen zugewandert war. 2016 wurden zwei weitere Luchse im Belchengebiet und im zentralen Schwarzwald lokalisiert. Die lokalisierten Luchse sind wohl Kuder (männliche Tiere), die sich in der winterlichen Ranzzeit auf Brautschau begeben. Weibliche Luchsinnen neigen zur Sesshaftigkeit, so dass die Brautschau der Kuder wegen der stark befahrenen Verkehrswege eine große Gefahr für die Tiere dar stellen. So wurde 2009 auf der A 9 bei Merklingen ebenfalls ein Luchs überfahren.

 

Die Lösung wäre: Weibliche Luchse müssen her! Doch noch sträuben sich Jäger- und Bauernschaft gegen die künstliche Nachhilfe, wie sie in den nächsten 5 Jahren im Pfälzer Wald geschieht oder wie in Schweiz wo 1983 Wiedereinbürgerung betrieben wurde.

 

Freitag, 4. März 2022

Was verbirgt sich hinter dem Uhrmacherdorf Gütenbach?

Gütenbach 1850

Gütenbach an der heute wichtigen Verbindungsstraße L 173 vom Simonswäldertal zur B 500 lag früher völlig abseits der Verkehrsströme und dazu im Schatten von Furtwangen. Die Gemeinde weist einen Höhenunterschied von 600 m auf. Die Gegend wurde um 12. Jahrhundert besiedelt, 1360 wurde Gütenbach als Woutenbach (wütender Bach) erstmals urkundlich erwähnt. Grund- und Lehensherr der 30 Höfe war bis 1805 das Kloster St Margarethen in Waldkirch. Ab 1565 gehörte Gütenbach bis 1924 zur Herrschaft Triberg und damit bis 1805 zu Vorderösterreich. Kirchlich war Simonswald zuständig, so dass  immer die beschwerliche Kilpenstraße ins Tal benutzt werden musste. Erst 1518 wurde Gütenbach zur eigenen Pfarrei erhoben. 1857 schloss der Eisenbahnpionier, Robert Gerwig, mit dem Bau der L 173 von Simonswald zur B 500 Gütenbach an das moderne Straßennetz an.

 

Um 1667 tauchten nachweislich die ersten Holzuhren auf, die vom Glashof in Waldau stammten. Ein Glasträger soll die Waaguhr von Böhmen mitgebracht haben. Damit wurde eine neue Ära im Schwarzwald und damit auch in Gütenbach eingeläutet. Jakob Winterhalder (1698-1735) war wohl 1720 der erste Uhrenträger des Schwarzwaldes, der mit seiner Uhrenkrätze zum Uhrenverkauf auf Wanderschaft ging und sich später bis Sachsen aufmachte. Denn zuvor hatten die Verteilung die Glasträger übernommen.

 

Sehr schnell entwickelte sich die Uhrmacherei auf den Schwarzwaldhöfen. Mathias Löffler (1689-1724) vom Obergschwendhof  gehörte zu den Patriarchen der Uhrmacherei. Mit seinem Erfindergeist baute er nicht nur Holzuhren sondern auch vielfältiges Werkzeug zur Arbeitserleichterung darunter auch das erste Zahngeschirr. Die Gebrüder Grieshaber vom Untergrundhof betrieben allesamt die Uhrmacherei. Einer davon, Mathias (1735-1808), entwickelte eine Bilderpresse, um in großer Zahl Uhrenschilder zu produzieren. Mathias Faller (1707-1791) vom Oberfallengrundhof schnitzte zuerst Figuren für Spieluhren und wurde zu einem der bedeutendsten Bildhauer  Süddeutschlands. Wilhelm Fackler (1757-1834) erstellte 1780 eine für damalige Verhältnisse modernste Gießhütte für Uhrenräder.  Mathias Siedle (1770-1846) war einer der bedeutendsten Musikuhrenmacher des Schwarzwaldes. 1808 zählte die Statistik 96 Uhrmacher in Gütenbach.

 

Mit der Familie Faller entstand in Gütenbach die industrielle Uhrenfertigung. Leo Faller (1832-1886) errichtete 1884/85 einen großen Fabrikbau. Sein Sohn Friedrich ging mit der Zeit und fertigte „Amerikaner Uhren“. Der Erfolg gab ihm Recht, denn eine zweite Uhrenfabrik wurde gebaut. Die „Badischen Uhrenfabrik in Furtwangen“ (Baduf) mit gleichem Produktionsprogramm fusionierte 1889 mit den Fallerschen Fabriken, die 170 Personen beschäftigten. Friedrich Faller versuchte noch zweimal 1894 und 1904, eine Uhrenfabrikation in Gütenbach zu etablieren. Die erste Fabrik verkaufte er nach 2 Jahren an die „Baduf“, bei der zweiten musste er wegen Geldmanipulationen mit der Familie in die USA fliehen.

 

Der Erste Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre versetzten der Uhrenindustrie einen vernichtenden Schlag. In dieser Zeit wurden Zünder für Granaten und anschließend Radios produziert. Aber trotz aller Bemühungen der Gemeinde Gütenbach musste 1931 Konkurs der „Baduf“ angemeldet werden. 1934 eröffneten die Triberger Uhrenfabrik „C.H. Schatz“ und die Schwenninger Uhrenfabrik „Hanhart“ jeweils einen Zweigbetrieb in Gütenbach. Bis heute werden unter verschiedenen Eigentümer aber immer unter dem Namen „Hanhart“ hochwertige Stoppuhren produziert. Dagegen hatte die Uhrenfabrik „C.H. Schatz“ 1986 schließen müssen. Zum Glück kamen 1946 die Gebrüder Faller nach Gütenbach  zurück und gründeten die „Spielenwarenfabrik Faller“. Heute füllt das Hightechunternehmen“ RENA“ die hinterlassenen Lücken.

 

Gütenbach Schlucht um 1900