Freitag, 29. Mai 2020

Was verbirgt sich hinter dem Titisee?


Titisee vom Hochfirst aus

Der Titisee ist ein Überbleibsel des 16 km langen Bärentalgletschers von vor 40.000 Jahren aus der Würmzeit. Der Rückzug des Gletschers legte die Ausschürfungen des Titisee-Zungenbeckens frei. Der spätere weitere Rückzug des Bärentalgletschers schüttete durch Geröll- und Schlammzufuhr die halbe Länge des Titsees am Seebacheinlauf zu. So dass der See heute eine Fläche von 107 ha hat, bei einer Länge von 1.950 m, 780 m Breite und maximal 40 m Tiefe. Der Seebach speist den See und verlässt als Gutach diesen wieder, um sich später mit der Haslach als Wutach durch die Wutachschlucht zu ergießen.



Der Titisee wurde 1111 urkundlich erstmals erwähnt, da der Seehof auf der Gemeinde Saig stehend mit anteiligem See vermacht wurde. Weiterhin gehörte der See zur Gemeinde Hinterzarten und der Rest war Fürstlich Fürstenbergisch. Nach einem Vertrag von 1978 gehören heute 95 ha des Sees zu den Gemeinden Titisee und 12 ha zu Hinterzarten.



Jahrhundertelang war der Titisee verkehrsabgelegen von dunklen Tannenwäldern umsäumt, den Anwohnern oft unheimlich, daher ein sagenumwobenes Gewässer. Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte der Titsee ins Blickfeld der Reisenden. 1885 war eine Trasse von Titisee auf den Feldberg fertiggestellt, die 1932 geteert wurde. 1887 wurde die Höllentalbahn eingeweiht und 1926 die Dreiseenbahn, die um den Titisee führt. Daher war es für Reisende viel leichter, den Titisee zu erreichen. 1867 wurde eine Blockhütte am See für Fremde errichtet. 1873 wurde das erste Hotel, Hotel Titisee, am See gebaut. Damit begann der kometenhafte Aufschwung des Fremdenverkehrs. Bis dahin gab es nur Bauernhäuser, die um den See gelegen waren. 


1866 wurde mit bezirkspolizeilichen Vorschriften das Baden im See reglementiert. 1889  wurde  in einer Kurortbeschreibung auf das freie Baden im See und auf gefahrlose Schifffahrt  hingewiesen. Eine Anzeige brachte 1911 das Rudern mit nacktem Oberkörper ein und ein Jahr später das Nacktbaden von Studenten. Aber schon damals konnte man im Getümmel der Gäste die Namen der Sünder nicht mehr feststellen.  Ab 1914 war das Baden nur an bestimmten Stellen in bekleidetem Zustand erlaubt.1924 fand auf dem See das erste Eisfest statt. Ein Jahr später wurden Eiskunstlauf, Eisschnelllauf und Eistanz geboten. 1929 bis 1935 fanden auf dem zugefrorenen Titisee Motorrad- und Autorennen mit Nagelreifen statt. Die Lufthansa bot vom See aus Rundflüge über den Schwarzwald an. Das waren Großveranstaltungen, die tausende Besucher anzogen.



1887 waren es wenige hundert Gäste pro Jahr, die 10 bis 25 Tage blieben. Dem gestiegenen Fremdenverkehr geschuldet war die Umbenennung der Gemeinde Viertäler in Titisee. Bis dahin bestand Viertäler aus den Gemeinden Altenweg, Spriegelsbach, Schildwende und Jostal. Heute gilt die Seestraße in Titisee als schönste Flaniermeile des Schwarzwaldes. Chinesen, Araber und Inder  mischen sich unter die vielen Tagesgäste und gehören mittlerweile zum Straßenbild. Denn für denjenigen, der den Schwarzwald besucht, ist ein Besuch am Titisee ein Muss. Pro Jahr werden bis zu 2 Millionen Zuschauer an diesem idyllischen Fleckchen Erde gezählt



Bei den Planungen der Schluchseewerk AG wurde der Titisee in die Planungen mit einbezogen und sollte als Pumpwasserspeicher dienen, das wurde Gott sei Dank verhindert.


Freitag, 15. Mai 2020

Was verbirgt sich hinter der B 33 nach Triberg?


Hohler Felsen 1964

Zur Zeit der Römer gab es zwei Straßen durch den Schwarzwald: Von Straßburg durch Kinzigtal nach Rottweil und von Waldshut, Hüfingen nach Rottweil. Nach der Besiedelung des Schwarzwaldes nach 1000 wurden im Mittelalter Karrenwege gebaut, um Städte wie Villingen und Freiburg zu verbinden. Aber auch der Güterverkehr der Dörfer im Schwarzwald musste gewährleistet werden. So entstand auch die Schwarzwälder Post- und Handelsstraße von Offenburg, Hausach, Hornberg, Krummenschiltach, Peterzell und Villingen.



Triberg war vom Durchgangsverkehr völlig abgeschnitten. Der einzige Vorteil war, dass Triberg von Militärdurchzügen verschont blieb. Aber die Dienstleistungen wie Vorspann, Übernachtung, Handwerkleistungen als Verdienstmöglichkeiten blieben aus. Die steilen Verbindungswege über Nußbach nach St Georgen, Geutsche zum Galgen und Schonach nach Schönwald waren in einem miserablem Zustand. Bei Regen und Winter waren sie unpassierbar und ausgespült. Nach Hornberg war der Weg wegen der Felsen mühsam und oft  wegen Überschwemmungen unpassierbar. Von einem Fahrweg konnte keine Rede sein. Dazu kam die politische Lage: Hornberg gehörte zu Württemberg und Triberg zu Vorderösterreich. Eine Besserung der Situation trat durch Napoleon ein, Triberg wurde 1807 und Hornberg 1810 Baden zugeschlagen.



Die schwierige Lage von Triberg ließ Obervogt Huber von Triberg den Plan einer Querverbindung vom Kinzigtal zum Bregtal vorlegen: Einen Fahrweg durch das Mühlenbachtal zum Landwassereck, als Höhenweg beim Hauenstein über Niederwasser vorbei, Wilhelmshöhe, Katzensteig, Bregtal und Furtwangen.



Nach dem badischen Landesstraßennetz sollten die neuen Teile des Großherzogtums mit der Landeshauptstadt Karlsruhe verbunden werden. Die bisherige Verbindung über Krummenschiltach mit dem Reichenbachtal wurde zwar 1810 badisch, lag den Militärstrategen aber zu nahe an Württemberg. Insofern kamen die strategischen Interessen mit den Wünschen Tribergs und St Georgens nach einer ganzjährigen Straßenverbindung zusammen.



Alle Bitten und Eingabe der Hornberger wegen des wirtschaftlichen Niedergangs blieben ungehört. 1836 begannen die Arbeiten an der Verbindungsstraße Hornberg, Triberg, St Georgen. Die felsige Enge des oberen Gutachtals erforderten zahlreiche Felssprengungen, um eine ausreichende Straßenbreite zu erzielen. Am „Hohlen Fels“ musste die Straße  durch einen Felsbogen geführt werden. Neben dem Bach war kein Platz für eine Straße. 1838 war Triberg erreicht und 1839 St Georgen. Allein der Straßenausbau Hornberg/ Triberg kostete 419.905 Gulden, wobei alleine die Felssprengungen, Stützmauern und Erdarbeiten 180.000 Gulden verschlangen.



Der Ausbau der Strecke trug zu einem gewaltigen Schub der Industrialisierung der Region bei und in Verbindung mit der Schwarzwaldbahn zu einem boomenden Tourismus. Die ausgebaute Straße durch das Gutachtal genügt bald nicht mehr den Anforderungen des heutigen und vor allem dem LKW Verkehr. 1991 wurde die Engstellen des oberen Gutachtals von Gremmelbach nach Triberg mit 3 Tunnels für 72,2 Mio DM und teilweise dreispuriger Straße den Erfordernissen des heutigen Verkehrs angepasst. 2006 erhielt Hornberg einen 1,9 km langen Umgehungstunnel für 50 Mio €, um die enge Stadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten.
Triberg 1840
 

Was verbirgt sich hinter dem Mercedes-Benz Werk Gaggenau?


Unimog Museum Gaggenau

Mit dem Bau eines Eisenwerkes 1680 durch die markgräfliche Regierung wurde in Gaggenau an der Murg die Entwicklung zur Industriestadt eingeläutet. Es wurde 1683 an den Hauptmann Adam Ernst von der Decken verpachtet. Die Pacht beinhaltete Eisenerz zu graben und zu verhütten



Im Bestandsbrief für den neuen Pächter Anton Mössner 1758 wurde auch bestimmt, dass solche Leute anzustellen sind, welche möglichst „von catholischer Religion“ sind, wenn andere gleicher Qualität nicht zu haben sind. Aber nur solche, die im römischen Reich geduldet sind, nämlich lutherische und reformierte Arbeiter. Denen wurde auch freie Religionsausübung zugesagt. Das war in damalige Zeit die Grundlage qualifiziertes Personal zu bekommen.



Produktionsprogramm des Eisenwerkes waren damals: Hufeisen, Nägel, Pflugscharen, eiserne Radreifen, Arbeitsgeräte sowie eiserne Pfannen.



Ein weitere Einschnitt ergab sich, als 1801 das Eisenwerk durch Louis Goerger von der Herrschaft  zum Eigentum erworben werden konnte. Für die Weiterentwicklung des Werkes war die Beteiligung von Theodor Bergmann 1879 wichtig. Denn nun wurde das Eisenwerk zu einer Eisengießerei und Maschinenfabrik ausgebaut. Produziert wurden Herde, Fahr- und Motorräder, Motoren und Schusswaffen.



Theodor Bergmann, der später das Eisenwerk alleine übernahm,  gründete 1894 eine Automobilfabrik in Ergänzung zum Eisenwerk aus. In letzteren wurde dann später Öfen, Kochgeräte und Großküchenanlagen produziert. Im Automobilwerk, das mittlerweile in Süddeutsche Automobil Fabrik (SAF) umbenannt wurde, Kleinlastwagen und Omnibusse sowie Militärfahrzeuge. 1910 ging die SAF an die Mannheimer Benz & Cie über, und es wurden Lastkraftwagen und Omnibusse der Marke Benz-Gaggenau produziert. Dafür wurden die PKWs aus der Palette genommen. Zusätzlich wurden Getriebe und Achsen für andere Werke und Modelle des Konzerns produziert.



1944 wurde das Werk durch Bombenangriffe der Alleierten nahezu völlig zerstört. Nach dem Aufbau erfolgte zusätzlich die Montage des legendären Unimogs. Dieser wurde ab 1948 bei der Göppinger Maschinenfabrik Boehringer als „motorengetriebenes Universalgerät für die Landwirtschaft“ gebaut. 1951 wurde der Unimog an  Daimler-Benz verkauft, da die Motoren sowieso schon von dieser Firma kamen. 



Mitte der 60er Jahre  wurde die LKW-Fertigung ins Daimler Werk Wörth bei Karlsruhe verlagert. Dafür wurde Getriebe für PKW und LKW im Werk Gaggenau hergestellt. Zum Unimog gesellte sich die Produktion des MB-Trac.



Seit 2001 ist das Werk Gaggenau das Kompetenzzentrum für manuelle und automatisierte Getriebe innerhalb des Produktionsverbundes der Daimler Benz AG. 2002 erfolgte damit die Verlagerung der Montage des Unimogs in das Werk Wörth. 51 Jahre wurde der Unimog im Werk Gaggenau gebaut, ein Erfolgsmodell, das seinesgleichen sucht.



Die heute noch mit Erfolg produzierte „eierlegende Wollmilchsau“ wird in drei Baugruppen produziert. Der Kunde aus Kommunen, Behörden, Feuerwehr, Energie- und Bauwirtschaft, Transportwesen und Dienstleistungsbereich kann nach seinem Bedarf auswählen. So erfolgreich ist der Unimog für Daimler-Benz, dass ihm 2005 ein Museum in Gaggenau eingerichtet wurde.

Gaggenau von der Teufelskanzel aus

Freitag, 8. Mai 2020

Was verbirgt sich hinter dem Leben der Hirtenbuben?


Raitenbuch

Das Dasein der Hirtenbuben erstreckte sich in der Zeit der großen Waldrodungen vom 12. Jahrhundert bis zur Einführung des elektrischen Weidezaunes Anfang der 50er Jahre. Vordringliche Aufgabe der zumeist 8-14jährigen Buben war es von Mitte Mai bis Ende Oktober Vieh auf der Weide zu hüten. Zumeist waren es die Kühe, Schafe und Ziegen, die der Bauer den Hof-, Taglöhnerkinder oder den Kindern aus kinderreichen Familien aus nah und fern in Obhut gab. Bekannt waren die Kindermärkte in Oberschwaben, bei denen die Bewohner der Alpenländer ihre hungrigen Kindermäuler unterbrachten.



Zumeist waren die Hirtenbuben in der Weideperiode oder gar das ganze Jahr beschäftigt. Sie erhielten Kost und Unterkunft –zumeist war dies ein Strohsack auch nur für zu Zweit- und ein geringer Lohn.



Schon morgens früh ging es mit der Herde los auf die Sommerweide. Über Mittag während der Hitze kehrte das Vieh in die Stallungen zurück, um spätnachmittags nochmals auszurücken. Die Schwierigkeit war es, die Herde auf der vorgegebenen Weide zusammen zu halten, um das Ausbrechen auf Felder oder zum Nachbarn zu vermeiden und dies vor allem bei Gewitter. So wurde das Zahnkäppele auf dem Rappeneck bei Oberried 1750 auf Grund eines Gelöbnisses gebaut. Bei einem Gewitter hatte sich die Herde panikartig verlaufen. Sollte die Herde gefunden werden, würde dort eine Kapelle gebaut. Am nächsten Tag wurde sie unversehrt auf dem Rappeneck gefunden.




Die Hirtenbuben hatten nur ein Hemd und eine kurze Hose und gingen barfuß. Bei Regen kam noch ein Filzhut und ein Umhang aus einem Kartoffelsack oder einem Strohumhang hinzu. Im Herbst, wenn auf der Höhe schon die Kälte sich zurück meldete, blieb als einzige Möglichkeit der frische Kuhfladen zum Aufwärmen der Füße.



Der anstrengende 15 Stundentag wurde durch den Weg zur Hirtenschule und dem Schulunterricht von 3 bis 4 Stunden über Mittag unterbrochen. Zumeist gab es zwei Klassen – die 6 bis 9 Jährigen und die 10 bis 14 Jährigen wurden zusammengefasst. In den Heu-, Getreide-, und Kartoffelferien gab es schulfrei. Aber gerade da wurden die Hirtenbuben zusätzlich zu diesen Arbeiten gebraucht.





Schellenmarkt auf dem Biereck
Es blieb ihnen kaum Zeit zum Lernen, die harte Arbeit nagte an ihren Kräften und das Heimweh nach Geschwister und Mutter zeichnete den harten Lebensweg der Hirtenbuben. Das große Elend dieser Kinder lässt sich in heutiger Zeit kaum vorstellen. Da waren die Freuden an Pfingsten beim geschmückten ersten Viehauftrieb, auf den Schellenmärkten wie heute noch auf dem Biereck bei Hofstetten und dem Fohrenbühl, dem Viehauftrieb zum Laurenzifest wie heute noch auf dem Feldberg, eine kleine Freude im Jahr. Noch heute stammt der Spruch „geschmückt wie ein Pfingstochse“ aus der Zeit des geschmückten ersten Viehauftriebes.