Freitag, 1. Mai 2020

Was verbirgt sich hinter der Bahnhäusleuhr?


Bahnhäusleuhr 1880

Die Jahre 1846/47 waren durch witterungsbedingte Missernten geprägt, die Kartoffelfäule ließ die Vorräte ungenießbar werden. Hunger und eine daniederliegende Uhrenproduktion ließen die Not in den Schwarzwaldhöfen groß werden. Der „Gewerbeverein auf dem Uhren machenden Schwarzwald“ forderte 1847 eine „Musterwerkstatt“, um das Qualitätsniveau für Uhrmacher zu erhöhen. Die Schwarzwälder Uhr konnte bei den gestiegenen Qualitätsansprüchen des Marktes nicht mehr mithalten. Wegen der Revolution 48/49 konnte die frisch gegründete Uhrmacherschule in Furtwangen von Robert Gerwig die Arbeit noch nicht aufnehmen. Die Lehrer gingen entweder wieder zurück in die sichere Schweiz oder waren „politisch nicht verlässlich“ in damaliger Zeit.



So rief der Leiter der Uhrmacherschule erst 1850 einen Wettbewerb die „Vaterländischen Künstler und Kunstfreunde“ auf, die Schwarzwälder Uhrmacher mit neuen Entwürfen zu unterstützen. Die Aktion war erfolgreich, da eine Vielzahl von Entwürfen bekannter und unbekannter Künstlern einging. Professor Friedrich Eisenlohr Leiter des Polytechnikums in Karlsruhe war als Architekt auch für Bauten entlang der neu gebauten Rheintalstrecke verantwortlich. Egal ob Bahnhof, Bahnwärterhäuschen oder Schuppen für alles war er verantwortlich.



Der wieder gefundene Entwurf von Eisenlohr zeigte das einfache hölzerne Bahnwärterhäusle der Rheintalstrecke mit Reblaubumrandung. Er hatte schon damals das Türchen für den Kuckuck eingezeichnet. Aber Gerwig änderte den prämierten Entwurf ab, in dem er ein zu bemalendes Blechschild vorsah sowie ein Emailzifferblatt.



1855 stellte die Uhrmacherschule auf der Pariser Weltausstellung mit Erfolg die Bahnhäusleuhr aus. Schon drei Jahr später wurde auf der Gewerbeausstellung in Villingen eine Bahnhäusleruhr mit einem Kuckuck ausgestellt, wie ursprünglich von Eisenlohr vorgeschlagen.



Johann  Babtist Beha aus Eisenbach stellt 1862 eine Bahnhäusleuhr mit Kuckuck, geschnitzter Vorderseite, weißen römischen Ziffern und Zeiger und Tannenzapfengewichten aus und her.



Alle Versuche die Form, das Aussehen der Bahnhäusleuhr zu garnieren, verändern oder zu variieren sind gescheitert. Weder die Entwürfe der Schnitzerschule in Furtwangen noch die Weltfirma Junghans in Schramberg sind mit ihren Neuerungen auf dem Markt nicht durchgedrungen. Übrig blieben nur zwei Varianten: Eine schlichte Bahnhäusleuhr mit Weinlaubornamenten und eine Bahnhäusleuhr mit Schnitzwerk überladenen Variante. Und das wurde später die weltbekannte Kuckucksuhr.

Bahnhäusleuhr 1860 mit Kuckuck