Samstag, 25. Juni 2022

Was verbirgt sich hinter dem Fürstbischofssitz Ettenheim?

Ettenheim 1849

Das Erzbistum Straßburg wurde schon 343 n. Chr. erwähnt und umfasste das Oberelsaß und die Ortenau. Staufer Kaiser Friedrich II hat mit seinen Erlassen 1220 und 1232 die Rechte der geistlichen und weltlichen Großen erheblich erweitert und die Entstehung der Territorialhoheit entstehen lassen. Das Erzbistum Straßburg wurde nach und nach zum Hochstift Straßburg, der Bischof zum Fürstbischof und geriet im 17. Jahrhundert immer mehr unter französischen Einfluss.

 

Von 1704 bis 1790 residierten vier Fürstbischöfe aus dem Geschlecht der Rohan in Straßburg. Sie erhielten für die rechtsrheinischen Besitzungen die Rechte eines deutschen Reichsfürsten. Sie waren somit Untertanen des französischen Königs und des deutschen Kaisers. Der letzte der Fürstbischöfe war Ludwig Renatus Eduard Prinz von Rohan-Guémenée. Er ließ sich das Schloss Zabern und das Palais Rohan in Straßburg neu aufbauen und führte dort ein fürstliches Leben mit allen weltlichen Genüssen. Er war auch der Initiator der „Halsbandaffäre“, jenes phänomenalen Diamantencolliers, das der Königin Marie Antoinette zum Verhängnis wurde.

 

Am 14. Juli 1789 wurde in Paris die Bastille gestürmt, drei Tage später griff auch die Revolution auf Straßburg über. Über Zabern floh der Fürstbischof 1790 in seine rechtsrheinische Besitzungen, da er den Eid auf die Zivilverfassung verweigerte. Zu seinen Besitzungen gehörten die Städte Ettenheim, Oberkirch und Oppenau. Nachdem er selbst im Kloster Ettenheimmünster und sein Domkapitel im Kloster Allerheiligen untergebracht waren, wählte er Ettenheim zu seinem Wohnsitz und richtete im fürstbischöflichen Amtshaus seine Residenz ein. Die französische Nationalversammlung hatte 1791 alle linksrheinischen Besitzungen eingezogen und den Titel als Bischof von Straßburg entzogen. Geblieben war ihm der Titel eines Reichsfürsten und Kardinal seiner rechtsrheinischen Besitzungen wegen.

 

In kürzester Zeit entwickelte sich in dem idyllischen Städtchen Ettenheim ein buntes Leben und Gewimmel von Emigranten, eidverweigernder Priester aus dem Elsaß, vertriebenen elsässischen Adligen und übergetretenen Soldaten königlicher Regimenter. Daraus versuchte der Kardinal eine Armee zu formen, um so eine Gegenrevolution in Frankreich zu starten. Aber immer wenn französische Truppen den Rhein überquerten, um französische Interessen durchzusetzen, musste der Fürstbischof sich auf die Flucht begeben. So auch 1796 als er bis Regensburg vor General Moreau flüchten musste.

 

1802 musste der Kardinal  Rohan die weltliche Besitzungen an den badischen Markgrafen abtreten. Wenige Tage vor Eintritt der Säkularisierung 1803 des kirchlichen Besitzes im Deutschen Reich verstarb er am 16. Februar und wurde nicht in Straßburg sondern in der Pfarrkirche Ettenheim beigesetzt.

 

Nach der Säkularisierung hielten sich in Ettenheim noch viele Flüchtlinge auf. Unter ihnen auch 1801 der geflüchtete Duc d’Enghien als Erbprinz der königlichen Hochadelsfamilie der Condés. Er war verbunden mit Prinzessin Charlotte, einer Nichte des Kardinals Rohan und führte ein unpolitisches Leben. Napoleon verdächtigte in missverständlich eines Komplotts und ließ ihn in einem Kommandounternehmen französischer Dragoner und Gendarmerie mit seiner Begleitung nach Frankreich entführen. Geblieben ist die Anekdote, dass sein treuer Hund, Mohiloff, trotz seiner Verhaftung ihm über den Rhein bis Paris folgte und nach dem Todesurteil an seinem Grab wachte. Die Empörung über den Bruch des Völkerrechtes und den Justizmord war einhellig aber wirkungslos.


Erschießung von Duc Enghien in Paris 1804



Freitag, 17. Juni 2022

Was verbirgt sich hinter den Glashütten im Schwarzwald?




Seit über 800 Jahren wird auf dem Schwarzwald Glas geblasen. Dies war zu Beginn hauptsächlich den Klöstern zu verdanken. In einer Basler Urkunde wird der Weiler Glashütten 1257 in der Gemeinde Altenschwand bei Rickenbach erstmals erwähnt, 1303 folgt die Glashütte in Bergalingen heute ebenfalls ein Ortsteil von Rickenbach. 1296 wird Glashütte, das heute zu Bonndorf gehört, erwähnt, 1316 die „alte Glashütte“ bei Lenzkirch, 1424 hatte das Kloster St Blasien im Albtal und 1480 im Bernauer-Tal Glashütten gegründet. 1426 wurde der Zinken Glashöfe vom Kloster St Blasien nordwestlich von Waldau betrieben  und 1343 wird eine Glashütte auf dem Schöllhorn bei Freudenstadt erwähnt sowie 1425 in Moosbronn. Bezeichnungen wie Glasberg, Glashof oder Glashausen sind im Schwarzwald überall zu finden und weisen auf die Glasbläserei hin.

Unzugängliche Wälder, die sich nicht zum Flößen eigneten, gab es genügend im Schwarzwald. War noch ein Bächlein vorhanden und Quarzsand in der Nähe zu finden, eignete sich diese Stelle zum Bau einer Glashütte. Diese hinterließen gerodetes Land, das sich zum Ansiedeln von Bauern eignete.

Grundstoff für die Glasherstellung ist die Kieselsäure, die in Form von Quarzsand auftritt. Problem war nur der hohe Schmelzpunkt von 1500° C, der  durch Zugabe eines Flussmittels als Pottasche (Kaliumkarbonat) oder später nach seiner Erfindung als Soda (Natriumkarbonat) die Glasblase auf 850° C heruntergesetzt hatte. Häufig war Eisenoxyd im Quarzsand, der zur Grünfärbung des Glases führte (Waldglas).

 

Außer dem Naturprodukt Quarzsand und Pottasche ist Holz in großen Mengen Voraussetzung für die Glasherstellung. Für ein Kilo Glas verbrauchten die Glasbläsereien 2 cbm Holz. Der Schmelzvorgang benötigte die Glasbläser nur 3 % des Holzverbrauches. Die restlichen 97 % wurden für die Gewinnung der Pottasche benötigt. Das begehrte Salz wurde durch Auslaugung der Asche und anschließendes Eindämpfen gewonnen. Holz wurde nur deswegen verbrannt, um die Asche zu gewinnen. Einige Meister konnten in wenigen Jahren gewaltige Holzflächen kahlschlagen.

 

Die Glashütten waren  meist genossenschaftlich organsiert. Die Klöster oder die  weltliche Standesherrschaft hatten mit 5 bis 10 Glasbläsern und deren Familien zeitlich befristete Verträge abgeschlossen. Die Glasbläser beschäftigten jeweils wiederum Holzfäller, Fuhrleute, Heizer und Pottaschesieder. Die fertigen Produkte verkaufte jeder Glasbläser separat, so dass diese in einem Konkurrenzkampf sich befanden. Die Glashütte bezahlte für das Holz einen Hüttenzins und musste zumindest bei den Klöstern Naturalprodukte wie Glasscheiben, Gläser oder Kelche abliefern. Die Familien durften zumeist eine bescheidene Landwirtschaft betreiben. War das Holz aufgebraucht, wurde die Glashütte versetzt, die Glasbläserfamilien zogen weiter zu einer anderen Glashütte oder siedelten auf den gerodeten Flächen. Deswegen tauchten immer wieder die gleichen Familiennamen wie Sigwarth, Greiner oder Maler auf. Es war billiger die Glashütte zu versetzen, als die Holzmengen über eine größere Entfernung zu transportieren.

 

Der Vertrieb der Glaswaren erfolgte durch Glasträger, die als Hausierer mit Rückenkörben -  „Krätzen“- die Ware von Haus zu Haus anboten. Die Glasträger arbeiteten anfänglich in Abhängigkeit von den Glasmeistern, die sie aussuchten und den Holzfällern gleichstellten. Aber später kehrte sich das Verhältnis um, denn die Glasträger organisierten sich in Glasträgergesellschaften und suchten sich die Glashütten aus. Einzelne Glasträgergesellschaften übernahmen sogar Glashütten.

Das Ende der Glashütten war der zu Ende gehende Holzvorrat, die späte Umstellung auf Soda und die Umstellung der Holzfeuerung auf Kohle. Die Glashütten lagen zumeist in abgelegenen Gegenden, ein Eisenbahnanschluss zum Transport der Kohle oder der Abtransport der fertigen Ware war nicht möglich.

 

Die Glashütte Buhlbach wurde deswegen mit Erfolg von Buhlbach nach Achern verlegt und ist 2012 aus strategischen Gründen vom amerikanischen Konzern geschlossen worden. Ansonsten gibt es Schauglashütten in Alpirsbach, Todtmoos, Ballrechten-Dottingen und Altglashütten. Die Dorotheenhütte in Wolfach ist eine Neugründung nach dem 2. Weltkrieg, um Glasbläser aus Schlesien zu beschäftigen.

                                              Schnapsbuddel in Tierform Museum Triberg



Glasbläser am Ofen Drotheenhütte Wolfach



 


 

Freitag, 3. Juni 2022

Was verbirgt sich hinter dem ehemaligen Kurhaus Ruhestein?

 

Anna Ludwig Klumpp

Der Sattel an der Schwarzwaldhochstraße zwischen Ottenhöfen und Baiersbronn hieß ursprünglich „Ruhstein“. Auf ihm liegt ein tonnenschwerer Findling, auf dem die Händler ihre Warenkörbe abstellten bevor es abwärts ihrem Bestimmungsort entgegen ging.

 

1864 wurde der vielbenutzte Saumpfad zwischen Ottenhöfen und Baiersbronn zur Straße ausgebaut. Da errichtete Michael Glaser aus Baiersbronn, der mehrere Jahre in den USA gelebt hatte, eine Waldschenke. Aber schon 1869 konnte das Ehepaar Ludwig und Anna Klumpp geb. Nübel vom Waldhorn auf dem Kniebis für 7000 Gulden die Waldschenke erwerben.

 

Nun begann für die neuen Besitzer viel Arbeit. Wald wurde abgeholzt und eine Wiese angelegt, um Vieh halten zu können. Dank der neuen Straße nahm der Verkehr zu. Nahezu täglich fuhren die Lastwagen von der Flaschenfabrik Böhringer in Bulbach zur Flaschenfabrik nach Achern. Es zeigten sich auch die ersten Wanderer und nach einigen Jahren waren die ersten Übernachtungsgäste mit Professor Euting aus Straßburg zu Gast. Dieser machte den Ruhestein in seinen Kreisen bekannt und ermunterte gleichzeitig den Wirt, einen zweigeschossigen Anbau zu machen. So wurde das Anwesen wie auch die Familie jedes Jahr vergrößert, so dass schließlich 13 Kinder den Ruhestein bevölkerten.

 

1890 konnte erstmals der prächtige Winter touristisch genutzt werden. Es wurden vorwiegend Schneewanderungen durchgeführt. Da waren die vielen Kinder ein Segen für das Haus, denn mit zunehmendem Fremdenverkehr wurden viele fleißige Hände gebraucht. Vier Jahre später tauchten die ersten Schneeschuhe auf. Und ein Jahr später wurde der erste Ski-Club-Schwarzwald gegründet. 1897 fand das erste Rennen vom Ruhestein aus statt. 1901 verstarb Ludwig Klump völlig unerwartet.

 

Aber seine tüchtige Frau Anna führte das Haus weiter wie auch die stetigen Erweiterungen des Ruhesteins und Ausbesserungen. 1907 errichtete die Familie Klumpp unterhalb des Vogelkopfes die erste Sprungschanze und führte auf ihr die ersten Wettkämpfe statt.

 

1909 übernahmen die beiden Söhne Karl als Koch und Fritz als Hotelfachmann  das Hotel, firmierten unter Gebrüder Klumpp und trieben den Ausbau des Hotels voran. Gleich zum Kriegsbeginn 1914 wurde das Hotel zum Militärgenesungsheim umgewandelt. Karl als wichtige Stütze des Hotels verstarb in Belgien. Fritz gelang gleich nach dem Kriege das Hotel seiner eigentlichen Bestimmung wieder zu zuführen. 1939 stand das Hotel mit 140 Betten in seiner Blüte, als Kurhaus hatte es im ganzen Reich einen vorzüglichen Ruf.

 

Aber der Zweite Weltkrieg brachte wieder neues Leid über die Familie Klumpp und dem Kurhaus Ruhestein. Drei Söhne von vier fielen im Felde, 1942 wurde die Hotelanlage zur Kinderlandverschickung umfunktioniert. Nach dem Krieg wurde die Hotelanlage von der französischen Armee beschlagnahmt. 1949 nach der Freigabe war das Anwesen völlig heruntergewirtschaftet.

 

Junior Fritz Klumpp versuchte mit seinem Vater nach der Freigabe des Hotels wieder an alte Zeiten anzuknüpfen. Die Erneuerung des Ostflügels der Hotelanlage konnte nur begrenzt an die alten Erfolge anknüpfen. Auch die Eröffnung der Grenzschänke für junge Leute zum Après-Ski und eine Skischule brachte nicht den durschlagenden Erfolg. 1970 konnte die Familie Klumpp die Hotelanlage an die Baugesellschaft „Neue Heimat“ verkaufen. Nach 102 Jahren war damit dieses Kapitel geschlossen. Die „Neue Heimat“ ließ die Hotelanlageabreißen und wollte eine Hotelanlage mit 318 Betten bauen. Nach finanziellen Turbulenzen wurde das Projekt der "Neuen Heimat“ beerdigt. In der  damaligen Villa Klumpp residiert heute das Naturschutzzentrum Ruhestein.
Ruhestein 1864