Freitag, 3. Juni 2022

Was verbirgt sich hinter dem ehemaligen Kurhaus Ruhestein?

 

Anna Ludwig Klumpp

Der Sattel an der Schwarzwaldhochstraße zwischen Ottenhöfen und Baiersbronn hieß ursprünglich „Ruhstein“. Auf ihm liegt ein tonnenschwerer Findling, auf dem die Händler ihre Warenkörbe abstellten bevor es abwärts ihrem Bestimmungsort entgegen ging.

 

1864 wurde der vielbenutzte Saumpfad zwischen Ottenhöfen und Baiersbronn zur Straße ausgebaut. Da errichtete Michael Glaser aus Baiersbronn, der mehrere Jahre in den USA gelebt hatte, eine Waldschenke. Aber schon 1869 konnte das Ehepaar Ludwig und Anna Klumpp geb. Nübel vom Waldhorn auf dem Kniebis für 7000 Gulden die Waldschenke erwerben.

 

Nun begann für die neuen Besitzer viel Arbeit. Wald wurde abgeholzt und eine Wiese angelegt, um Vieh halten zu können. Dank der neuen Straße nahm der Verkehr zu. Nahezu täglich fuhren die Lastwagen von der Flaschenfabrik Böhringer in Bulbach zur Flaschenfabrik nach Achern. Es zeigten sich auch die ersten Wanderer und nach einigen Jahren waren die ersten Übernachtungsgäste mit Professor Euting aus Straßburg zu Gast. Dieser machte den Ruhestein in seinen Kreisen bekannt und ermunterte gleichzeitig den Wirt, einen zweigeschossigen Anbau zu machen. So wurde das Anwesen wie auch die Familie jedes Jahr vergrößert, so dass schließlich 13 Kinder den Ruhestein bevölkerten.

 

1890 konnte erstmals der prächtige Winter touristisch genutzt werden. Es wurden vorwiegend Schneewanderungen durchgeführt. Da waren die vielen Kinder ein Segen für das Haus, denn mit zunehmendem Fremdenverkehr wurden viele fleißige Hände gebraucht. Vier Jahre später tauchten die ersten Schneeschuhe auf. Und ein Jahr später wurde der erste Ski-Club-Schwarzwald gegründet. 1897 fand das erste Rennen vom Ruhestein aus statt. 1901 verstarb Ludwig Klump völlig unerwartet.

 

Aber seine tüchtige Frau Anna führte das Haus weiter wie auch die stetigen Erweiterungen des Ruhesteins und Ausbesserungen. 1907 errichtete die Familie Klumpp unterhalb des Vogelkopfes die erste Sprungschanze und führte auf ihr die ersten Wettkämpfe statt.

 

1909 übernahmen die beiden Söhne Karl als Koch und Fritz als Hotelfachmann  das Hotel, firmierten unter Gebrüder Klumpp und trieben den Ausbau des Hotels voran. Gleich zum Kriegsbeginn 1914 wurde das Hotel zum Militärgenesungsheim umgewandelt. Karl als wichtige Stütze des Hotels verstarb in Belgien. Fritz gelang gleich nach dem Kriege das Hotel seiner eigentlichen Bestimmung wieder zu zuführen. 1939 stand das Hotel mit 140 Betten in seiner Blüte, als Kurhaus hatte es im ganzen Reich einen vorzüglichen Ruf.

 

Aber der Zweite Weltkrieg brachte wieder neues Leid über die Familie Klumpp und dem Kurhaus Ruhestein. Drei Söhne von vier fielen im Felde, 1942 wurde die Hotelanlage zur Kinderlandverschickung umfunktioniert. Nach dem Krieg wurde die Hotelanlage von der französischen Armee beschlagnahmt. 1949 nach der Freigabe war das Anwesen völlig heruntergewirtschaftet.

 

Junior Fritz Klumpp versuchte mit seinem Vater nach der Freigabe des Hotels wieder an alte Zeiten anzuknüpfen. Die Erneuerung des Ostflügels der Hotelanlage konnte nur begrenzt an die alten Erfolge anknüpfen. Auch die Eröffnung der Grenzschänke für junge Leute zum Après-Ski und eine Skischule brachte nicht den durschlagenden Erfolg. 1970 konnte die Familie Klumpp die Hotelanlage an die Baugesellschaft „Neue Heimat“ verkaufen. Nach 102 Jahren war damit dieses Kapitel geschlossen. Die „Neue Heimat“ ließ die Hotelanlageabreißen und wollte eine Hotelanlage mit 318 Betten bauen. Nach finanziellen Turbulenzen wurde das Projekt der "Neuen Heimat“ beerdigt. In der  damaligen Villa Klumpp residiert heute das Naturschutzzentrum Ruhestein.
Ruhestein 1864