Freitag, 26. August 2022

Was verbirgt sich hinter den Klöstern als Glashüttenbetreiber?

Kloster St Blasien 1734
Die großen und auch bedeutenden Klöster waren nicht nur Orte des Glaubens, der Wissenschaft sondern ihre Äbte waren auch Landesherren und Unternehmer, um ihren Wohlstand zu mehreren. Über all die Jahrhunderte und Jahrzehnte waren dies sicherlich die Glashütten. Sie waren genossenschaftlich organisiert. Die Glashütte bezahlte für das Holz einen Hüttenzins, die Glasbläser arbeiteten jeweils auf eigene  Rechnung.

Abt Paul des Klosters St Peter hat 1683 im Knobelwald, eine Schlucht vom Thurner bis zur Wildgutach, eine Glashütte errichten lassen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 50 Jahren, jedoch war das Holz nach 42 Jahren aufgebraucht. 1725 zogen die Glaserfamilien nach Bubenbach weiter, eine Glashütte von Bräunlingen, die 1872 aufgelöst wurde. Geblieben ist der Ort Glashütte auf der heutigen Gemarkung von St Märgen. Gegenüber der Kapelle stand die Glashütte.

Aber auch schon früher hatte das Kloster St Peter eine Glashütte nordwestlich von Waldau 1426 bis 1660 betrieben, wie der Zinken Glashöfe uns bestätigt.

Das wohl bedeutendste Kloster St Blasien hatte schon im Albtal 1424 und in Bernauer-Tal 1480 Glashütten gegründet. Aber mit Ende des 30jährigen Krieges setzte wiederum eine Gründungswelle ein. Abt Martin von St Blasien gründete im Muchenland im Blasiwald südlich des heutigen Schluchsees die erste Glashütte mit einer Laufzeit von 20 Jahren. 1622 als der Waldbestand aufgebraucht war, zogen die Glaserfamilien weiter nach Süden im Blasiwald in die Althütte. Nach 42 Jahren zogen die Familien weiter ins Windbergtal bis 1716. Ab dann erfolgte der Sprung nach Äule am Schluchsee. 1806 ging mit der Säkularisierung des Klosters die Glashütte an den badischen Staat über. 1892 wurde die Glashütte wegen Unrentabilität geschlossen. Die Johanneskapelle erinnert heute noch an die Glashütte.

Auch der Ort Glashütte westlich von Bonndorf, eine Wiedergründung des Klosters St Blasien zeugt davon, dass Abt Franciscus I eine klösterliche Glashütte von 1645 bis 1705 betreiben ließ. Nördlich davon wurde im Glaserloch bei Grünwald unweit von Kappel ab 1611 von Abt Martinus I veranlasst bis 1715 Glas geblasen, dann war das Holz aufgebraucht.

Auch im Wehratal in Todtmoos Glashütte gab es seit 1560 eine Glashütte, die 1662 unter Abt Francicus I mit dem Gebiet zum Kloster St Blasien kam und bis 1790 betrieben wurde. Dann war der Holzbestand aufgebraucht.

Aber auch im Kinzigtal betrieb das Kloster Gengenbach unter Abt Placidus ab 1695 bis 1708 im Quellgebiet des Dörrenbachs (Altglashütte) einen Glashüttenbetrieb, der zumindest lange Zeit eine Unternehmerglashütte war. Die Glasbläser waren Leibeigne.  Die Glashütte wurde von Abt Augustinus 1708 auf die westliche Seite des Moosgebiets bis 1748 zur Neuglashütte auf dem Mitteleck verlegt. Ab 1750 konnte er das begehrte Kobaltglas blasen lassen. 1776 verlegte Abt Jakob die Glashütte in den Ortsteil Nordrach Fabrik, die klösterlich war bis zur Säkularisierung des Klosters 1803/1807. Anschließen kam sie in fremde Hände und konnte sich bis 1848 unter verschiedenen Besitzer recht und schlecht selbstständig halten.

Auch das Kloster Tennenbach 1160 gegründet, hatte in Glashausen bei Reichenbach im Breitenbachtal schon 1218 und 1291 unter den Äbten Berchildus und Meinhardus von Munzingen Glashütten entstehen lassen.

Das Kloster Frauenalb betrieb mit Hilfe der Glashütte auf dem Mittelberg ab 1707 Äbtissin Maria Salome eine Glashütte Albtal an der Einmündung der Moosalb. Dort wurde beidseitig im Albtal talaufwärts die Glashütte in die jeweiligen Gebiete mit Holz verlegt. Das Moosalb-Tal war tabu, um die markgräfliche Jagd nicht zu gefährden. 1743 waren die Holzvorräte erschöpft.

Auch das Damenstift in Säckingen, deren Äbtissin Elisabeth von Bussnang 1307 in den Reichsfürstenstand erhoben, ließ 1257 in Rickenbach und 1303 in Bergalingen, heute einem Ortsteil von Rickenbach, Glashütten errichten.

Freitag, 19. August 2022

Was verbirgt sich hinter dem erfolgreichen "Furtwanger Modell"?

Joseph Koepfer 1895

Das „Furtwanger Modell“ ist ein Beispiel für eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte von tüchtigen Schwarzwälder Unternehmer in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Verbunden ist dies mit drei Unternehmerpersönlichkeiten, deren Unternehmen heute noch in Furtwangen produzieren und in der ganzen Welt zu Hause sind: Benedikt Ketterer (1805-1871), Salomon Siedle (1830-1890) und Joseph Koepfer (…) Alle drei begannen Werkzeuge, Metallteile, Zahnräder und Uhrenketten für die aufstrebende Uhrenmanufakturen in Furtwangen zu produzieren. Benedikt Ketterer 1842 kam als wohlhabender junger Mann von England zurück und eröffnete eine mechanische Werkstatt in Furtwangen. (siehe: Was verbirgt sich hinter den Ketteres in Furtwangen?). Salomon Siedle 1868 kaufte die Bühlsäge und gründete 1868 die „S. Siedle & Söhne“. (siehe: Was verbirgt sich hinter dem Schwarzwälder Unternehmen „S. Siedle & Söhne“. Joseph Koepfer baute nach 10 Jahren 1877 eine Fabrik in Furtwangen und gründete mit Eintritt seiner 4 Söhne um die Jahrhundertwende die „Joseph Koepfer & Söhne“.

 

Joseph Koepfer begann 1867 im Häuschen seiner Schwiegereltern am Rößleplatz im 2. Stock der „Stube“ mit drei Schraubstöcken,  zwei Drehbänken und einer Feldschmiede in der Küche präzises Uhrmacherwerkzeug herzustellen. 1877 baute er dann auf der Dorfmatte eine Fabrik samt Wasserkraftanlage und produzierte Fräser, Werkzeug für die Uhrenproduktion und die dazu gehörenden Maschinen.

 

Mit 1910 begann aber der Niedergang der Uhrenindustrie in Furtwangen. Ketterer wich aus auf Gas- und Wasseruhren und später auf Getriebe, Siedle erkannte die Bedeutung der Schwachstromtechnik und legte für später die Grundlage für die Gebäudekommunikation. Koepfer hatte rechtzeitig sich von der Uhrenfertigung  gelöst und schon 1890 Zahnräder für die Musik- und Feinwerktechnik ins Programm hinzugenommen. Neben den Fräser- und Verzahnungsmaschinen wurde mit diesen die Lohnfertigung für Zahnräder und Getriebe begonnen.

 

In den zwanziger Jahren kamen zum bisherigen Programm Wälzfräsmaschinen hinzu, die Gebäude mussten immer wieder erweitert werden, denn die Mitarbeiterzahl war 1939 auf 200 angestiegen. Das Kerngeschäft aus Verzahnungsmaschinen, Verzahnungswerkzeugen und Zahnräder mit Sondergetrieben ermöglichte diesen Erfolg.  Im Gegensatz dazu richtete die traditionelle Uhrenindustrie wie „Fürtwängler & Söhne“ oder  die „Badische Uhrenfabrik“ viel zu spät ihre Sortimente neu aus und verschwanden somit vom Markt. Die erfolgreiche Expansion in die Absatzmärkte  in West- und Osteuropa und den USA wurde durch den 2. Weltkrieg jäh unterbrochen. Nachdem die Firma „Joseph Koepfer & Söhne“ schon vor dem Weltkrieg immer wieder von der Partei vergeblich bedrängt wurde, sich auf Parteilinie zu bewegen, kamen mit dem Krieg der Verlust von gut ausgebildeten Fachkräften hinzu sowie nach dem Kriege  die Demontage durch die Franzosen. 203 Werkzeugmaschinen im Wert von über 800.000 RM musste das Unternehmen abliefern.

 

Mit der Wirtschaftswunderzeit und dem noch vorhandenen erfahrenen Mitarbeiterstamm begann der erfolgreiche Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg, der zwangsläufig zu Erweiterungen und 1963 zu einem weiteren Neubau führte, um die auf über 300 Arbeitnehmer angestiegenen Belegschaft unterzubringen. 1998 wurde aus den drei Geschäftsbereichen der „Josef Koepfer & Söhne GmbH“ die drei eigenständigen Unternehmungen „KOEPFER Verzahnungsmaschinen“, „KOEPFER Verzahnungswerkzeuge“ und die „KOEPFER Zahnrad und Getriebetechnik“ aufgespalten, um eine strategische bessere Marktbearbeitung zu ermöglichen. Kooperation mit strategischen Partnern ermöglichten nicht nur die Produktionen in Furtwangen, Ludwigsburg, sondern auch 2013 Changzhou in China und  2019 Smederevo in Serbien wie einer der Geschäftsführer Dr Alexander Koepfer in 4. Generation, mitteilte.

Furtwangen Dorfmatte 1890


Samstag, 13. August 2022

Was verbirgt sich hinter der Geigenbauer Dynastie Straub auf dem Hohen Wald?

Geige von Johann Straub 1760-1847

F
riedenweiler mit seinem Ortsteil Rötenbach gelten als Elderado des Schwarzwälder Geigenbaus. Nicht nur der Stammvater der Straubdynastie, Franz Straub, war dort geboren aber nie sesshaft. Er und auch einige weitere Nachkommen nutzten die unzutreffende Ortsangabe von Friedenweiler für Ihre gebauten Geigen. In Wirklichkeit wurden sie in Langenordnach, Rudenberg oder Neustadt gebaut. Sicherlich war der Bekanntheitsgrad des Klosterortes Friedenweiler gegenüber den reinen Bauernorten bei kirchlichen Institutionen als Hauptabnehmer höherwertigen Instrumente Anlass für die falsche Ortsangabe.

Der Stammvater der Geigenbauer, Franz Straub (1640-1696/1707), ging 1658-1662 beim Geigenbauer Joseph Meyer in Geroldshofstetten bei Grafenhausen in die Lehre. 1688 erwarb er den Lehenhof, die spätere „Untere Wirtschaft oder Löwen“, in Langenordnach später  ein Ortsteil von Titisee-Neustadt. Von ihm sind neben seiner Tätigkeit als Bauer nachweislich Geigen aus den Jahren 1684, -85, -95, -96 in zahlreichen Museen in ganz Europa erhalten – allerdings immer unter Friedenweiler obwohl in Langenordnach produziert.

Zwei seiner Söhne Simon (1662-1730) und Johann (1668-1742) gingen bei ihm in die Gegenbauerlehre und trugen mit ihrem Vater die nach der „alemannische Schule“ gebauten Geigen in die Welt hinaus allerdings immer unter Friedenweiler.

Johann verlässt mit der Heirat 1691 Langenordnach und übernimmt in Friedenweiler die Klosterschänke. Nach dem Klosterbrand 1725 kehrt er nach Langenordnach zurück, übernimmt den elterlichen Hof und betreibt ihn als „Untere Wirtschaft“.

Der begabte Geigenbauer Simon (1662-1730) -auch als „berühmtester Geigenmacher“ bezeichnet- zog in der Zeit von 1709 und 1713 nach Rudenberg später ebenfals ein Ortsteil von Titsee Neustadt. Auch er produzierte seine Geigen unter der Bezeichnung Friedenweiler. Drei seiner Söhne Franz jun. (1702-1745), Markus (1693-1761) und Mathias (1688-1765) erlernten und betrieben das Geigenbauhandwerk. Mathias erwarb 1728 den Hochberghof in Schollach später einem Ortsteil von Eisenbach. Auch er veröffentliche seine Geigen unter Friedenweiler. Markus verblieb in Rudenberg, Franz jun. verschlug es durch Heirat nach Neustadt. Auch von ihm betrieb ein Sohn, Mathäus (1728-1792) den Geigenbau in Neustadt und verkaufte seine Geigen unter Friedenweiler.

Auch die anderen Brüder setzten die Tradition fort:  der Sohn von Markus Simon jun. (1736-1812) hinterließ jeweils einen Geigenbauer aus seinen zwei Ehen in Rötenbach Johann (1764-1847) und Joseph (1768-1830). Der Sohn von Johann Georg (1798-1883) war nicht nur als Geigenbauer bekannt sondern wurde als „Geigenhannes“ bekannt, weil er viel lieber zur Tanzmusik aufspielte, als Geigen zu bauen.

Der Sohn von Mathias hinterließ gleich fünf Söhne Johann Georg, Johann, Joseph, Markus und Simon als Geigenbauer verteilet auf Langenordnach, Neustadt, Eisenbach, Rötenbach und Schollach. Nur der letzte Sohn, Simon, in Schollach hatte einen Sohn noch als Geigenbauer ausgebildet, Martin (1744-1844).

Der Urvater Franz hinterließ über den „Hohen Wald“ verstreut 6 Generationen oder nahezu 250 Jahre von erfolgreichen Geigenbauern der Familie Straub. Allerdings war die Zeit auch abgelaufen. Das aktuelle Klangideal war nicht abgebildet. Denn ab 1790 trug ein neuzeitlicher Baustil der Geige den musikalischen Innovationen des italienischen Barock Rechnung.

 

Freitag, 5. August 2022

Was verbirgt sich hinter den Glasträgern?


Der Vertrieb der Glaswaren der frühen Glashütten erfolgte durch Glasträger. Sie waren als Hausierer mit eigens konstruierten Rückenkörben –Krätzen- unterwegs, um die zerbrechlichen  Glaswaren von den Glashütten im Schwarzwald und den angrenzenden Gebieten auf Märkten oder von Hof zu Hof anzubieten. Kein Hof war zu weit, wenn sich ein Gläserverkauf möglich schien.

Anfänglich waren dies die Glasbläser, die mit ihren Verwandten als Glasverkäufer gingen. Sie waren oft Tage und Wochen unterwegs bis der Inhalt ihrer Krätze verkauft war. Bald kamen sie aber zur Einsicht, dass es rentabler war, nicht mehr selber auf Wanderschaft zu gehen, sondern die ganze Zeit am Glasofen zu verbringen und für Nachschub zu sorgen. So konnten die Glasöfen das ganze Jahr bis auf April bis Mai brennen. In dieser Zeit wurden die Öfen ausgebessert oder erneuert.

Die Familie blieb auf dem Schwarzwald zurück. Sie arbeiteten anfänglich in Abhängigkeit von den jeweiligen Glasmeistern, die allein die Privilegien von Seiten der Herrschaft genossen. Sie suchten die Glasträger aus, beschäftigten diese und stellten sie den Holzfällern gleich. Namentlich bekannt sind zwei Glasträger: Sebastian Reiner (1644) und Christian Baumgartner (1660). Aber bald kehrten sich die Verhältnisse um.

Bei der Vertragserneuerung der Fürstenberger Rotwasser-Glashütte am Feldberg waren 1686 unter den Teilhabern schon zwei Glasträger, die stellvertretend für sich zwei kundige Glasmeister am Ofen einsetzten und die Produktion der Glasmeister bestimmten.

Der Schriftsteller Peter Stühlen hat die Geschichte in seinem Roman „Aus den schwarzen Wäldern“ nacherzählt: „Glaubst du“, fragte der Meister, „dass wir dir unsere Ware auf Kredit geben?“ – „Nein“, antwortete Johann der Anführer der Glasträger, „wir werden sie bezahlen“. Nun zeigt sich, dass er seine Familie hatte darben lassen, Tag für Tag und Jahr für Jahr, weil er sorgsam und geduldig auf das Ziel hingearbeitet hatte. Eine wohlgefüllte Geldkatze, mühsam erarbeitetes Silber, erspart, erhungert hatte er zur heutigen Abrechnung mitgebracht. Die Meister sahen ein, dass sie in Johannes Händen waren. Nun stand plötzlich die Kundschaft unmittelbar vor den Öfen der Meister. Männer, die die Märkte kannten, über Mittel verfügten und vernünftige Preise boten. Die Glasträger verließen als freie und selbstständige Handelsmänner die Glashütte, die sie als Knechte betreten hatten.

Durch die Glasträger kamen allerlei Waren wie böhmischen Uhren, Kanarienvögel, geflochtene Körbe und Strohhüte aus Italien auf den Schwarzwald. Ihnen ist zu verdanken, dass die Uhrenherstellung und Strohflechterei auf dem Schwarzwald angestoßen wurde.

1720 schlossen sich die Glasträger in Lenzkirch zu Glasträgergesellschaften zusammen ähnlich wie die Uhrenträger in  Triberg. Mit ihnen wurden die Betriebsbedingungen intern festgelegt, jährlich abgerechnet und gleichzeitig die Verkaufsgebiete festgelegt. Es entstanden die Elsaß-, Schwaben-, Württemberg-, Pfalz-und Schweizerträgercompanie.

Siehe, „Was verbirgt sich hinter den Glasträgercompanien?“.