Freitag, 25. Februar 2022

Was verbirgt sich hinter dem Wolfacher Wohlauf?

 

Wolfacher Wohlauf 20er Jahre

Ein wichtiger Bestandteil der alemannischen Fasnacht ist das „Taganrufen“ im Städtle. So werden die „Mucker“ und „Spieße“ geweckt und auf die 5. Jahreszeit eingeschworen. Traditionell findet das Taganrufen am Fasnetsmendig statt.

 

Das Taganrufen wird auf altheidnische Winter- und Dämonsaustreiben zurückgehen und sich in einfachster Form mit Lichtern und Radau durch Verbotszeiten erhalten haben. Bekannt ist das Taganrufen in Freiburg, Rottweil, vor allem in Elzach und auch Wolfach, wo es sich „Wohlauf“ nennt.

 

Typisch ist beim Wohlauf das weiße Nachthemd von früher sowie die weiße Zipfelmütze. Die alte Stalllaterne ist wegen der verdunkelten Stadt notwendig. Ein Instrument ist wichtig, mit dem man  einen fürchterlichen Krach machen kann, um die Schläfer zu wecken. Früher geschah das in Begleitung mit einer Katzenmusik. Davon wurde der Wohlauf-Umzug 1934 befreit.

 

Typisch für Wohlauf ist das mitgeführte Bett auf einem beleuchteten Wagen, das früher sogar getragen worden war. Und dieser Zug zieht um 5.30 Uhr lärmend durch die abgedunkelte Stadt. Im Bett liegt der Wohlaufsänger, der an bestimmten Stellen –nachdem Ruhe eingekehrt ist- ein Lied in die stille, dunkle Nacht singt:

 

Wohlauf, im Namen des Herrn Entechrist

Der Narrotag entstanden ist.

Der Tag fängt an zu leuchten

Den Narren wie den Gescheiten.

Der Narrotag, der nie versagt

Wünscht allen Narro e‘ guete Tag

 

Das Lied ist eine Parodie auf ein altes Nachtwächterlied, das noch um 1800 in der Adventszeit beim Stundenruf gesungen wurde. Ein Nachtwächter soll damals verschlafen haben, deswegen entstand die Parodie auf den Nahtwächter.

 

1976 intervenierte die evangelische Kirche wegen des Wohlauflieds: „Im Namen des Herrn Entechrist…“ sei die Begrüßung des neuen Narrentags im Namen des „Herrn Antichristen“. Der evangelische Pfarrer nötigte seine Gläubigen unter diesen Umständen nicht zur Fasnet zu gehen. Während das jeweilige jährliche Wohlaufpreissingen zur Vorbereitung des Wohlaufs in Anwesentheit des katholischen Pfarrers stattfand. Auch die fasnachtliche Erklärung, der „Entechrist“ sei ein Bauer aus dem Ortsteil Kirnbach, half wenig. Das Lied musste umgedichtet werden:

 

Wohlauf, wohlauf, Ihr Narren hört und wisst

Vernehmt und wisst,

der Narrotag erstanden ist

….

 

Erst danach ist Ruhe in der evangelischen Gemeinde in  eingekehrt, die Narren konnten sich anschließend zum traditionellen Kuttelessen begeben. Die einen, um sich nach frischer Nacht aufzuwärmen, die anderen um mit den Kutteln den Alkoholspiegel zu senken. Viele kamen direkt im Nachthemd und Zipfelmütze vom Feiern und wussten, dass noch ein langer Schellenmendig vor ihnen liegen wird.

Freitag, 18. Februar 2022

Was verbirgt sich hinter den Frauenklöster des Schwarzwaldes?

 


Bekannt, da noch baulich erhalten, sind die Benediktinerklöster St Peter, St Blasien und St Tudpert im Münstertal. Als Ruine liegt im Nagoldtal Kloster Hirsau, das 1084 das heute nicht mehr vorhandene Benediktinerkloster St Georgen gegründet hat. Beide waren bahnbrechend für die Besiedlung des Schwarzwaldes.

 

Was dabei wegen der Dominanz der Männerklöster übersehen wird, sind die Frauenklöster und ihre Bedeutung. Während die Männerklöstern als Orte der Kunst und Wissenschaften überregional ausgestrahlt haben, war den Frauen in ihren Klöstern ein kontemplatives Leben in Klausur zugewiesen. Von Predigt und Seelsorge ausgeschlossen, war ihr Kontakt zur Bevölkerung auf die alltäglichen Notwendigkeiten zur Existenzsicherung beschränkt.

 

Auf der einen Seite gab es die Adelsstifte als Frauenklöster, um die weiblichen Mitglieder der Adelsfamilien standesgemäß unterzubringen. Beispiele waren die Klöster Frauenalb im Albtal (1138 als Freiadelsstift gegründet), St Margarethen in Waldkirch im Elztal (926 als Adelsstift gegründet, 994 als Benediktinerkloster und 1431 als Chorherrenstift weitergeführt), Kloster Lichtental ( 1245 als Zisterzienser von Irmengard von Baden gegründet), Fridolinsstift Säckingen (im 6. oder 7. Jahrhundert als königliches Eigenkloster gegründet, wurde 1307 sogar in den Reichsfürstenstand erhoben).

 

Auf der anderen Seite waren die Frauenklöster, die von Männerorden gegründet wurden und hatten dann später einen Vater-Abt zugewiesen. Beispiele waren hierfür Kloster St Lioba in Günterstal bei Freiburg (1224 im Zisterzienserorden aufgenommen, Vater-Abt war der Abt von Tennenbach, der auch dem Zisterzienserinnenkloster Wonnetal bei Kenzingen betreute (gegründet 1242), die Klöster Friedenweiler wurde von St Georgen gegründet (1570 übernahmen die Zisterzienserinnen aus Lichtental das leerstehende Kloster) und das Frauenkloster Berau wurde 1112 von St Blasien nach Berau verlegt.

 

Wie bei den Männerorden entwickelte sich auch bei den Frauenklöstern im Schwarzwald durch Erbschaften, Stiftungen und Mitgift der Nonnen zu Wirtschaftsunternehmen, die einen nicht unerheblichen Anteil an der Besiedlung des Schwarzwaldes und auf das Leben der dort lebenden Bevölkerung hatten. Pacht und Zehntabgaben sicherten den Lebensunterhalt der Nonnen.

 

Ausnahme war das Klarissenkloster Wittichen als Bettelorden in einem Seitental der Kleinen Kinzig (gegründet 1324). Dieses war ein Bettelorden wie die Dominikanerinnen und Ursulinen in Freiburg und Villingen.

 

Im Dienst an Gott und zur Vermeidung von „Müßiggang“ widmeten sich die  Nonnen frauentypischen hauptsächlich textilen Arbeiten, die bis heute vor allem in den Messgewändern der Priester und der Kleidung von Heiligen- und Krippenfiguren sichtbar werden, aber auch in den Tüchern und Behängen von Altären, Lesepulten und Gestühlen. Dazu gehörte auch das Fassen Reliquien mit Draht- und Stickarbeiten sowie Goldstickereien und exquisite Durchstichbilder. Sie sind bis heute teilweise in den ehemaligen Klosterkirchen oder Wallfahrtskirchen zu sehen.

 

Was ist von den Frauenklöstern übrig geblieben? Einzig und alleine das Zisterzienserkloster Lichtental in Baden-Baden überstand die Säkularisierung als Grablege der Markgrafen von Baden ohne weltliche Macht. Heute widmet es der Erziehung und dem Kunsthandwerk.

Kloster Lichtental Abteikirche

Kloster Lichtental Fürstenkapelle

 

 

Freitag, 11. Februar 2022

Was verbirgt sich hinter dem Wolf im Schwarzwald?

 


Unruhe macht sich unter der Bevölkerung des Schwarzwalds breit. Der Wolf kommt, muss das sein? Früher gehörte der Wolf zum heimischen Wild im Schwarzwald wie viele Gewannbezeichnungen bezeugen „Wolfgrube, Wolfshalde“ oder Ortsbezeichnungen wie „Wolfach“. Ab dem 15. Jahrhundert wurde er systematisch verfolgt und getötet. 1805 wurde der letzte Wolf bei Donaueschingen erlegt.

 

Der Wolf gehört zur Familie der Hunde, lebt meist in Rudeln und ähnelt unserem großen Haushund. Der Rumpf ist etwas länger,  der Schädel langgezogener und der Brustkorb höher aber schmaler als beim Haushund.

 

Baden-Württemberg und damit vor allem der Schwarzwald ist schon länger Wolfserwartungsland. Seit dem Washingtoner Artenschutzabkommen 1973, die FFH Richtlinie der EU 1992 und dem Bundesnaturschutzgesetz ist der Wolf bis auf wenige Ausnahmen streng geschützt. Heute ist der Schwarzwald sogar Wolfsfördergebiet. Im Schwarzwald ist der Tisch reichlich gedeckt, denn Hirsch, Reh, Füchse, Hasen ja selbst Mäuse gehören zu seiner Beute und von den gelegentlichen Übergriffen auf Nutztiere  ganz zu schweigen.

 

Wenn der Wolf auch sehr scheu ist, ist er im Schwarzwald doch da. Insgesamt wurden er unzählige Male in Fotofallen dokumentiert. Wenn Jungwölfe nach ein bis zwei Jahren ihr Stammrudel verlassen müssen, wandern sie nach der Suche eines neuen Reviers oder einer Wölfin über sehr große Entfernungen. Wanderungen durch halb Europa sind keine Seltenheit, denn sie benötigen ein Revier von 200 – 350 km².

 

So wurde bei Lahr 2015 auf der Autobahn A 5 ein Wolf überfahren. 2016 wurde auf der Baar ein wohl verletzter Wolf  fotografiert.  Im gleichen Jahr wurde ein Wolf in Breitnau fotografiert, der kurz darauf erschossen in den Schluchsee geworfen wurde. Ein Zuwanderer aus dem Alpenraum hat 2019 im Münstertal zwei Ziegen gerissen. Ende Oktober 2020 wurde ein Wolf mit der Nr 1896 bei München nachgewiesen. Dieser hat am 21. November bei Waldshut drei Schafe gerissen und drei Tage später nochmal eines bei Merzhausen vor den Toren Freiburgs, wie an Hand genetischer Fingerabdrücke nachgewiesen werden konnte.

 

Wenn ein Wolf ein halbes Jahr im Gebiet nachgewiesen ist, gilt er als heimisch. Dann gilt das Gebiet als „Fördergebiet Wolfsprävention“. Landwirte, die „wolfsabweisenden Grundschutz“ einhalten –d.h. Elektrozäune oder das Halten von Herdenschutzhunden-  erhalten Kostenerstattung für die Elektrozäune, Herdehundehaltung, zusätzlicher Aufwand und gerissene Tiere.

 

Seit 2017 hält sich im Nordschwarzwald ein Einzelwolf mit der Nummer GW852m auf, der aus Niedersachsen zugewandert ist.  Im Jahr 2018 hat er bei Wildbad eine Schafherde angegriffen, wobei 44 Schafe getötet wurden. Er gilt als erster heimischer Wolf im Schwarzwald. Am Schluchsee ist seit 2020 wieder ein Rüde GW1129m heimisch und gilt als zweiter Wolf. Auch im Gebiet Hinterzarten /Feldberg wurde 2021 GW2103m als  dritter Wolf nachgewiesen, der  auch in Wieden (Landkreis Lörrach) ein Reh gerissen hat. Alle anderen sind weiter gezogen oder verunglückt. Alle drei heimischen Wölfe sind Rüden und haben mangels Gelegenheit noch keine Rudel bilden können.

 

Sollte einem ein Wolf begegnen, was sehr selten der Fall sein dürfte, nicht weg laufen, in die Hände klatschen oder laut rufen, auf keinen Fall anfassen!

Freitag, 4. Februar 2022

Was verbirgt sich hinter dem Lahrer Stadtpark?

 


An der Kaiserstraße in Lahr liegt ein außergewöhnliches Kleinod: Der Stadtpark Lahr, eine Idylle aus Narzissen und Tulpen im Frühjahr, Rhododendron und Azaleen im Mai, Rosen im Juni, im Sommer bunte Blumentracht und südliche Atmosphäre unter Palmen, Dahlien und Hortensien im Herbst. Der 4,5 ha große Park bietet auch ein geometrisch durch Buchsbaumhecken gegliederte Rosengarten mit 250 Sorten Rosen. Bereichert wird der Garten durch eine große Villa, die für Ausstellungen genutzt wird. Im Sommer stolzieren Pfauen über die Rasenflächen und in ihren Volieren und Freihegen erfreuen Vögel, Affen, Bergziegen Hirsche und Lamas die Familien.

 

Ursprünglich waren dieser Park der private Garten und die Villa das Wohnhaus des Lahrer Bürgers Christian Wilhelm Jamm, der dieses Kleinod der Stadt Lahr testamentarisch vermachte mit der Auflage, die Villa nicht zu verkaufen, den Park zu erweitern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

 

Am 30. Juni 1809 wurde Christian Wilhelm Jamm Sohn des Schlossermeisters Christian Jamm geboren. Nach der Elementarschule besuchte der begabte Schuler das Pädagogium und absolvierte eine kaufmännische Lehre. Wie üblich in jener Zeit machte er sich auf die Wanderschaft. In Lyon fand Jamm in einem Seidenversandhaus eine Anstellung. Für das Unternehmen musste er ausgedehnte Geschäftsreisen unternehmen, die ihn bis Havanna auf Kuba führten. In jenen Jahren machte er sich wohl selbstständig und gründete als 41 Jähriger die Firma C.W. Jamm. Der sprachbegabte Jamm war Dank seiner robusten Gesundheit ein erfolgreicher Geschäftsmann, beteiligte mehrere Teilhaber, so dass er seine Geschäftsbeziehungen nach Paris, Lyon, London und Manchester pflegen konnte. Als 49 Jähriger konnte er sich aus dem aktiven Geschäft zurückziehen und konnte vom Ersparten und von seinen Geschäftsanteilen ein sehr erträgliches Leben in Europa sich leisten.

 

Sein Leben spielte sich zwischen Lahr und Paris ab. Eine Pariser Dame, Amélie de Cantillon, hatte es ihm angetan, die all die Jahre in Paris mit ihm zusammen war aber nicht den Weg nach Lahr fand. In Lahr konnte Jamm in der damaligen Dinglinger Vorstadt umfangreiche Ländereien kaufen, legte den Park an, baute sich die Villa, umgab das Ganze mit einer Mauer und lebte zurückgezogen.

 

Da aus den geschilderten Umständen Jamm nicht verheiratete war, verteilte er testamentarisch sein Vermögen mit seinem Tode am 7. Mai 1875. Nach heutigem Wert gerechnet betrug sein Vermögen über 100 Mio €. Nicht nur die Verwandtschaft sondern auch seine Lebensgefährtin erhielten jeweils Zeit Lebens Renten, die Stadt Lahr die Villa und den Stadtpark nebst Zinsen für die Unterhaltung des Parks. Dazu kamen noch Immobilien und Grundstücke für die Stadt Lahr sowie für die evangelische Kirchengemeinde Lahr soviel Geld, dass sie die Christuskirche nebst Pfarrhaus bauen konnte. Im Falle einer Verheiratung mit seiner Lebensgefährtin hatte er ein weiteres Testament  mit ihr als Alleinerbin aufgesetzt. Aber so hatte die Stadt Lahr das Glück, auf diese Weise zum Haupterben zu werden. Dank sei Christian Wilhelm Jamm.