Sonntag, 29. November 2020

Was verbirgt sich hinter dem Glaswaldsee?


 „Es ist wohl der kleinste, aber nach meinem Geschmack der feinste Bergsee des ganzen Schwarzwaldes und zwar deshalb, weil er der düsterste ist und voll von Melancholie, die einem antut, in seinen Wassern zu sterben“. Soweit ein Kenner des Schwarzwaldes: Heinrich Hansjakob.

 

Er ist lange nicht der kleinste der Karseen im Schwarzwald sondern dies dürfte der Elbachsee sein, er ist auch nicht der südlichste, denn dies trifft auf den Nonnenmattweiher im Belchengebiet zu, er heißt ursprünglich Wildsee,  aber er ist sicherlich der einsamste.

Glaswaldsee Trautwein

Er liegt in einem Seitental der Wolf, dem Seebach, auf dem Gemeindegebiet von Bad Rippoldsau-Schapbach. Von „Vor Seebach“ die Talstraße 2 km bis zum Waldparkplatz und dann 500 m aufwärts bis zum Glaswaldsee (blaue Raute). Der Westweg führt von der Alexanderschanze über die Seeebene ins Kinzigtal. Von dort ist ein herrlicher Blick hinunter zu dem geheimnisvollen See. Wie bei allen Karseen umschließt auf der einen Seite die Karwand, bei ihm 120 m hoch, und auf der anderen Seite verhindert eine Staumauer den teilweisen Abfluss.

 

Bei dieser Abgelegenheit ist es verwunderlich, dass schon 1650 der berühmte Gelehrte  Johann Jakob Mentzinger aus Basel vom damaligen Landesfürsten, Graf Friedrich Rudolf von Fürstenberg, beauftragt wurde, das Gebiet zu vermessen und karthographisch zu erfassen. Ihm fiel auf, dass er wohl einen Abfluss aber keinen sichtbaren Zufluss hat. Ihm war das Prinzip der Karseen damals noch nicht bekannt. Erst Prof. Halbfaß hat den See mit einem Floß der Fürstenberger exakt ausgesenkelt: 17,4 m an der tiefsten Stelle, 7,4 m tief im Durchschnitt, einen Durchmesser von 200 m und eine Wasserfläche von 2,8 ha.

 

Der ursprüngliche Name „Wildsee“ mag seinen Ursprung in den verheerenden Überschwemmungen haben, die er jeweils bei einem Dammbruch hinterlassen hat. So auch im 17. Jahrhundert als die Zerstörungen bis Kehl sichtbar gewesen sein sollen. Oder auch 1743 als das Wolftal in Mitleidenschaft gezogen worden war.

 

Die weiten, riesigen Waldungen um den See werden als Glaswald bezeichnet ebenso die kleine Ansiedlung im Seebachtal. Dieser Name stammt wohl von der Glashütte, die die Fürstenberger 1681 errichten ließen, um die großen Holzmengen zu nutzen. Benötigt wurden die „Botteln“ und „Gutteren“ für das Sauerwasser von Bad Rippoldsau. Es gab jedoch ständig Streit und Reibereien, die Bücher sprechen vom „kalten Krieg“, der nirgends so zäh geführt wurde wie hier,  mit den anderen Waldgewerben –den Harzern, Köhlern, Aschesiedern und den Flößern. Des Ärgers müde wurde die Glasbäserei um 1700 eingestellt, denn die Glaswaren kamen billiger von den Glasbläsereien St Peter und St Blasien. Die Glasbläser, die teilweise vom Feldberg kamen, da die Fürstenberger dort ebenfalls eine Glashütte betrieben, verschwanden wieder plötzlich nach Gengenbach. Der Abt des Klosters hatte um diese Zeit dort eine Glashütte in Nordrach gegründet. Geblieben ist der Name „Glaswaldsee“ anstatt „Wildsee“.

 

Entfalten konnten sich die Flößer nachdem die Glasbläser verschwunden waren. Sie ließen oben am See die Staumauer errichten, um das Wasser des Glaswaldsees im Seebach als Schwellwasser für die Flöße zu nutzen. Wohlstand brachte die Flößerei ins Tälchen. Ehemals mächtige Bauernhöfe, wie der Seeebenhof in Hansjakob „Erzbauern“ beschrieben, berichten davon. Bis 1887 das letze Floß durch das Wolftal fuhr.

Seit 1960 sind 124 ha als Naturschutzgebiet Glaswaldsee eingetragen.


 

 

 

Freitag, 13. November 2020

Was verbirgt sich hinter der untergegangenen Schwarzwälder Zigarrenindustrie?

 


Das Rauchen hatte den Europäern Christoph Columbus 1492 gebracht, denn die Tabakpflanze war auf dem  amerikanischen Kontinent bekannt. 1620 wurde erstmals in Straßburg Tabak angepflanzt. Wahrscheinlich verbreitet sich das Rauchen durch schwedische Soldaten im Dreißigjährigen Krieg, da sie regelmäßig Tabak zugeteilt bekamen.

Tabakspinnerei 1792

1774 gründete Carl Ludwig Lotzbeck in Lahr eine Schnupftabakfabrik und legte damit den Grundstein für den Tabakanbau im Rheintal. Das Schnupfen von Tabak, das von Frankreich aus sich verbreitete, fand immer mehr Anhänger. In der fruchtbaren Rheinebene wurde verstärkt Tabak angepflanzt, dessen Blätter unter den noch heute sichtbar weit vorspringenden Dächern über den Winter getrocknet wurden. Bühl und Lahr wurden für die Tabakindustrie führende Städte im Großherzogtum.

 

Um 1850 tauchte die Zigarre auf, die den Schnupftabak und die Pfeife ablöste, denn das Großherzogtum Baden war führend im Anbau von Zigarrentabak. Was lag näher als in die Schwarzwaldtäler zu gehen, um die nach arbeitsuchende Bevölkerung –vor allem Frauen- mit dem Zigarrenrollen sowie mit dem Erstellen der Zigarre zu beschäftigen. Adolf Friedrich Bader aus Karlsruhe gründete 1840 in Lahr die erste Zigarrenfabrik. Schon in den 50er Jahre waren in Lahr 200 Zigarrenarbeiter beschäftigt. Schnell verbreiteten sich in die Schwarzwaldtäler Filialen, die zu Keimzellen vieler neuer selbstständiger Betriebe wurden.  1860 wurde durch Wilhelm Leser aus Freiburg die erste Zigarrenfabrik in Seelbach im Schuttertal gegründet. So kaufte Franz Josef Krämer aus Seelbach dort schon Besitzer einer Zigarrenfabrik 1890 das alte Amtsgebäude in Haslach, um auch dort eine Zigarrenfabrik zu gründen. Selbst in Oberwolfach beschäftigte er die billigen Arbeitskräfte in einem Filialbetrieb.

 

Wie schnell die Expansion der Zigarrenfabriken sich entwickelte, zeigte sich von Franz Sales Geiger aus Oberweier, der mit Michael Mühlhäusler 1889 eine Zigarrenfabrik in Friesenheim gründete. 25 Jahre später waren nahezu 2.000 Arbeiter in seinen Filialen am Schwarzwaldrand entlang beschäftigt.

 

Auch in Bühlertal entstand durch August Schweitzer aus Karlsruhe 1906 eine Zigarrenfabrik, die 1916 in Kappelwindeck ein Filialbetrieb erstellte. Auch Kaiser und Fackler, ein namhafter späterer Zigarrenhersteller, ließ sich in Bühlertal nieder.

 

In den 20er Jahren setzte sich mit der Inflation von der Schweiz kommend der Stumpen durch. Er konnte im Strang hergestellt werden, wurde einfach geteilt und kam günstiger auf den Markt. Aber auch die maschinelle Entwicklung setzte der Zigarrenindustrie zu, denn durch sie waren tausende Arbeitsplätze in Gefahr. Dem versuchte die Reichsregierung 1933 durch ein „Maschinenverbotsgesetz“ entgegen zu wirken. Die Atempause war aber nur kurz, denn Tabak wurde in Kriegszeiten bald zum begehrten Tauschobjekt und bis zur Währungsreform zur Schwarzwährung.

 

In den Aufbaujahren nach dem Kriege setzte sich die schnell gerauchte Zigarette immer mehr durch, als die in Ruhe zu rauchende Zigarre. Die überall aufgestellten Zigarettenautomaten läuteten in den 60er Jahren den Niedergang der Zigarre ein. In den 70er Jahren setzte das Sterben der Zigarrenindustrie ein. Die Betriebe kümmerten und meldeten Konkurs an. Der Verband der Oberbadischen Zigarrenhersteller hat sich 1976 aufgelöst, da es keine Mitglieder mehr gab. Zur selben Zeit zeigt sich am Wachstum der Zigarettenmarke Roth-Händle in Lahr wo die Zukunft liegen wird. Nach 125 Jahren war die Zigarre ein Fall fürs Museum in Mahlberg.

Freitag, 6. November 2020

Was verbirgt sich hinter dem Schwarzwälder Unternehmen "S. Siedle & Söhne"?

Salomon Siedle 1830-1890

In Neukirch, heute ein Ortsteil von Furtwangen, liegt im Zinken Bregenbach der Oberbregenbach Hof, der 1805 vom Bregenbach Hof abgetrennt wurde. Matthäus Siedle Bauer und Uhrmacher nutzte 1750 die Arbeitsteilung und Spezialisierung in der Uhrenherstellung und gründete eine Gießerei. Er goss auf seinem Hof Uhrenglocken, Räder und Gewichte.

 

1861 verkaufte Salomon Siedle (1830-1890), der Urenkel von Matthias Siedle, den Hof, erwarb 1868 die Bühlsäge in Furtwangen wegen der dazu gehörenden Wasserkraft und zog ein Jahr später nach Furtwangen, denn er hatte die“ S. Siedle & Söhne“ gegründet. Neben seinem bisherigen Sortiment kamen Kettenrädern und Uhrenketten hinzu. Der große Verdienst von Salomon Siedle war, dass er 1884 die Bedeutung der Schwachstromtechnik erkannte und die „S. Siedle & Söhne OHG Telefon- und Telegrafenwerk“ gründete. Damit war die Grundlage für den heutige Weltmarkführer in der Gebäudekommunikation gelegt.

 

Die Firma Siedle kann als Pionier der Telefonie und Telegrafie bezeichnet werden. 1866 wurden die ersten elektrischen Glocken und Tablos für Hoteltelegrafen produziert. Erweitert wurde das Fabrikationsprogramm um Türöffner und Messgeräte, 1902 wurde die Fertigung der Fernsprechapparate für Postanschluss um die Haustelefone erweitert. 1905 kamen noch automatische Druckknopflinienwähler und Fernsprechzentralen hinzu.

 

Die sich abzeichnete Erfolgsserie der Firma Siedle wäre beinahe schon frühzeitig beendet gewesen. Wie viele Schwarzwälder Heißsporne war auch der 19 jährige Salomon Siedle 1849 als Schütze beim badischen Revolutionsheer dabei und musste sich lange Zeit in den Bergen und Wälder verstecken, bis er unter die offizielle Begnadigung fiel.

 

Doch die Firma konnte über die Jahre den Besitz und Leitung in der Familie von Generation zu Generation weiter reichen. Im 20. Jahrhundert spezialisierte sich das Unternehmen auf Haus- und Türtelefonie, und dies ist bis heute das hauptsächliche Geschäftsfeld.

 

1941 schien die Stunde des Unternehmens geschlagen zu haben, denn ein Großbrand vernichtete innerhalb weniger Stunden die über Generationen geschaffenen Fertigungs- und Verwaltungsgebäude. Aber in der Nachkriegszeit wurden ab 1953 Gebäude um Gebäude wiederum in Furtwangen erstellt.

 

Das Unternehmen wird heute in der siebten Generation nach dem Tode von Horst Siedle im Jahre 2019 von seiner Ehefrau Gabriele geführt. Die Wurzeln waren in Furtwangen und Furtwangen ist bis heute der Firmensitz des weltumspannenden Unternehmens geblieben. Es beschäftigt heute 600 Mitarbeiter, davon sind alleine 10% in der Entwicklung beschäftigt. Der Umsatz erreicht die 100 Mio Grenze. Der Marktanteil von 50% zeigt die dominierende Rolle des Unternehmens. Die ganze Welt kennt den Firmenschriftzug „SSS Siedle“. Dabei kommt die Ware aus einer abgelegenen Stadt im Hochschwarzwald, in der laut ihrem Bürgermeister die Bewohner im Sommer nur den obersten Knopf ihres Wintermantels aufmachen.