Freitag, 26. Februar 2021

Was verbirgt sich hinter der Unternehmerglasfabrik in Wolterdingen?

 

Wolterdingen Glasfabrik 1850

Dort wo der Schwarzwald endet und sich das Bregtal zur Baar öffnet, liegt die beschauliche Gemeinde Wolterdingen –heute ein Ortsteil von Donaueschingen.

 

123 Jahre nach der Gründung der Glashütte in Herzogenweiler gelang im 11 km entfernten Wolterdingen ein Überraschungscoup. Das Großherzogliche Ministerium des Inneren gab nach Geheimverhandlungen bekannt, dass Hermann Maggi die Konzession zum Bau einer Glasfabrik erhielt. Eine Glasfabrik außerhalb des Waldes machte eigentlich keinen Sinn.  Jedoch erhielt er auch gleich das Floßrecht auf der Breg, um den Holznachschub zu garantieren. Dies unter der Bedingung, dass entstandenen Schäden ersetzt werden.

 

Der Aufschrei der Glasmeister von Herzogenweiler, die um ihre Existenz in den letzten Jahren kämpfen mussten, blieb nicht aus. Sie verlangten bei der Großherzoglichen Regierung, dass die Konzession zurückgezogen werden sollte. Die Glasmacher mussten schon unter dem billigeren bayerischen Glas und dem feinen hochwertigen böhmischen Glas leiden. Trotz der Klagen und des Einspruches des Fürsten zu Fürstenberg wurde die Konzession nicht zurückgezogen sondern mit der Auflage versehen, feines böhmisches Glas herzustellen.

 

Um diese Auflage zu erfüllen, holte sich Hermann Maggi von der bayerischen-böhmischen Grenze den Hüttenmeister Conrad Bodenmüller als Teilhaber nach Wolterdingen. So konnte 1846 die Produktion des Glases starten. Was befürchtet wurde trat auch bald ein, Hermann Maggi wollte die ganze Glaspalette bedienen und die Auflagen abschütteln. Der Bedarf nach qualitativem Glas war gestiegen und konnte von den Schwarzwälder Glashütten nur zum Teil befriedigt werden, so dass der Import dieser Gläser stetig stieg. Daher wurde die Auflage schnell vergessen.

 

Als die Glashütte in finanzielle Schwierigkeiten kam ging sie durch mehrere Hände. 1874 erwarb Matthä Josef Böhringer aus der Branche die Glashütte. Sein großer Verdienst war die Umstellung 1880 von Holz- auf Kohlegasfeuerung, denn die 1873 fertiggestellte Schwarzwaldbahn ermöglichte den Transport der Saarkohle ins nahe Donaueschingen. Im Monat wurden 13-14 Waggon Saarkohle benötigt. Das entsprach 30.000 Zentner Kohle.

 

Da das künstliche Soda erfunden war, erübrigte sich die Pottasche zum Senken des Siedepunktes des Glases. Mit Kohle und Soda war die Unabhängigkeit vom Wald mit seinem Holz gewährleistet. Die Schmelzöfen standen von nun an das ganze Jahr unter Feuer und ermöglichten den zweischichtigen Betrieb. Die Glashütte konnte mit der Kohlegasfeuerung die achtfache Glasmenge herstellen. So konnten auch Glasmacher von der 1880 eingegangenen Glashütte Herzogenweiler beschäftigt werden.

 

Die Abgeschiedenheit am Rande des Schwarzwaldes war kein Vorteil mehr. Das Holz wurde nicht mehr benötigt, die Kohle kam von weit her, die Absatzmärkte des Glases waren weit weg. So musste Matthä Josef Böhringer 1896 nach Verlusten Konkurs anmelden. Noch zwei Mitglieder der Familie Böhringer führten die Glashütte noch bis 1902 weiter, bis sie dann endgültig still gelegt wurde. 1918 wurde die Glashütte an die Metallfabrik Reiner GmbH verkauft.

Samstag, 20. Februar 2021

Was verbirgt sich hinter Theodor Karl Huber, "Obervogt von Triberg"?

 


Theodor Karl Huber, geboren 1758 in Nendingen -heute einem Ortsteil von Tuttlingen- starb als pensionierter Obervogt von Triberg 1816. 1795 wurde er Regierungsadvokat und im gleichen Jahr Obervogt für den vorderösterreichischen Bezirk Triberg und nach der Mediatisierung 1806 bis 1814 für das Großherzogtum Baden.

 

Die karge Landwirtschaft und das im Gebiet ansässige Uhrengewerbe waren um die Jahrhundertwende von einer starken Rezession betroffen, so dass die Bevölkerung Hunger leiden musste. Der Obervogt suchte nach Möglichkeiten die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.

 

Für das Uhrengewerbe versuchte er neue Absatzgebiete zu erschließen. Als neue Erwerbsquelle förderte und verbesserte er die Strohflechterei. Er ließ sich mit seiner Frau in der Technik des  italienischen Strohflechtens unterrichten und ging ihr auf die Dörfer, um die widerspenstige Landbevölkerung  mit feinerem Werkzeug zu unterrichten. Anfänglich kaufte er die Strohware der Landbevölkerung ab, um sie von der italienischen Art des Strohflechtens zu überzeugen, bis sie selbst in der Lage waren, die Strohflechtprodukte auf den heimischen Märkten zu verkaufen. Kinder ab sechs Jahren und Frauen hatten plötzlich eine zusätzliche Erwerbsquelle.

 

Den Bauern half er die kärglichen Erträge der Landwirtschaft zu verbessern. Um diese zu überzeugen, ließ er auf den Wiesen in Triberg, die ihm unterstanden, das Felsgestein entfernen, Erde aufschütten und die Bewässerung verbessern. Durch den Erfolg der besseren Erträge machten sich die Bauern ebenfalls daran, die Verbesserungen zu übernehmen. Auch die Obstbaumzucht in dieser kargen Gegend war ihm ein Anliegen, um die Erträge der Obstbäume in der Höhenlage zu verbessern. In Triberg legte er eine Baumschule an, um die Bauern mit den jungen Bäumen zu überzeugen.

 

Ein großes Anliegen war dem Obervogt der Wegebau. Ohne Wege war das Holz nicht abzutransportieren und konnte nicht vermarktet werden. Er ließ zwei Bergstraßen nach Villingen und zum Landwasser Eck anlegen. Noch heute heißt der letztere Weg „Huberweg“. Dieser führt auch am Huberfelsen vorbei. Ihm zu Gedenken wurde der Spitzberg am Westweg liegend in Huberfelsen umgetauft und mit einer Gedenkplatte versehen. Auch die Straße Gutachtal abwärts wurde angelegt, um das Holz besser zu den Floßstätten transportieren zu können. Von dort wurde es dann Kinzig abwärts geflößt. Auch die ersten Wege zum Wasserfall ließ er anlegen.

 

1804 legte er eine großangelegte Denkschrift an die Vorderösterreichische Regierung zu Standorten neuer Kirchen vor. Beispielweise setzte er sich für den Neubau der Kirche in Gremmelsbach ein, um den Katholiken von Niederwasser einen kürzeren Weg zur Kirche zu ermöglichen. Bis dahin mussten sie nach Schonach gehen. Aber auch der Schulhausbau lag im Argen. Die Schulpflicht war noch nicht eingeführt. Entweder waren keine Schulen vorhanden, zu klein oder in der Wohnung eines Lehrers wurde Unterricht gehalten wie in Triberg. Ansonsten gab es nur die Hirtenschulen. In Nußbach wollte er die Kirche zum Schulhaus machen, scheiterte aber am Abt Speckle von St Peter.

 

1810 schließlich leitete er als Mitglied der Grenzkommission noch die Übergabeverhandlungen zwischen dem Königreich Württemberg und dem Großherzogtum Baden. Hornberg, Gutach, Reichenbach, Kirnbach, Schiltach sowie St Georgen kamen nach Baden in diesem Bereich.

Freitag, 12. Februar 2021

Was verbirgt sich hinter dem "Schwabentor" bei Neuenbürg-Dennach?

 

Schwabentor 1920

Die Stadt Neuenbürg im Enztal kurz vor Pforzheim war im Mittelalter eine bekannte Bergwerkstadt, an die heute noch das Besucherbergwerk „Grube Frischglück“ erinnert. Der heutige Ortsteil Dennach (620 m) lag dreihundert Meter höher über der Enz und war bekannt durch seine Zollstation, dem „Schwabentor“.

 

Die heutige Landesstraße L 340 vom Enztal über Dobel ins Alb- und Pfinztal wurde erst 1879 gebaut. Bis dahin ging der Verkehr aus dem Raum Calw, Wilbad in Alb- und Pfinztal über den Schwabenstich über Dennach, Schwann, also vom württembergischen, schwäbischen Land ins markgräfliche, badische.

 

In der oberen Hälfte des sehr steilen Schwabenstiches vom württembergischen Enztal zum badischen Dennach lag die Zollstation „Schwabentor“. Entsprechend war im Eyachtal -einem Nebenfluss der  Enz-  zwischen der Eyachmühle und Eyachbrücke ein „Maut-Turm“, der die Flöße aus den badischen Gebieten kontrollierte und mit Gebühren belegte. Beides waren Zollstellen, die durch das steile Gelände vom Enz- und Eyachtal nicht umgehen ließen.

 

Das „Schwabentor“ war kein Tor im eigentlichen Sinne sondern eine Zollstation mit zwei mächtigen Pfeilern aus Quadersteinen beidseitig des Weges. Die Pfeiler sind 2 m hoch und 1,10 m breit. Am talseitigen Pfeiler ist noch deutlich das Lager und am bergseitigen Pfeiler die Auflage für den Schlagbaum zu erkennen.

 

Das „Schwabentor“ als Zollstation war wichtig, da dies die Haupteinnahmequelle für den Staatshaushalt der Kleinstaaten war. Mit immer neuen Zollordnungen fanden richtige Wirtschaftskriege zwischen Baden und Württemberg statt. Hier spielte eine Rolle der Salz- und vor allem der Weinhandel aber auch die Produkte des Neuenbürger Erzbaus waren zu schützen.

 

Die Zollstationen verloren in der Napoleonischen Zeit ihre Bedeutung, als die neuen Mittelstaaten Baden und Württemberg im Rheinbund vereint waren. Mit dem Deutschen Zollverein 1828 fielen die Zollgrenzen zwischen Baden und Württemberg. Man kann davon ausgehen, dass das „Schwabentor“ als Zollstation von ungefähr 1600-1800 betrieben wurde.

 

Der Grund der Zerstörung des „Schwabentors“ ist unbekannt. 1930 wurden die schweren Quader vom Dennacher Maurermeister Merkel wieder aufgerichtet und damit das „Schwabentor“ der Nachwelt erhalten.

 

Schwabentor heute

 

Freitag, 5. Februar 2021

Was verbirgt sich hinter den Ketterers in Furtwangen?

 


In Hinterlangenbach, einem Seitental bei Vöhrenbach, liegt in einem kleinen Seitental mit Grenze im Westen an die Gemarkung Rohrbach der mächtige Philippenhof. Bauer und Vogt Johann Ketterer (1766-1822) und seine Frau Maria vom Donishof in Vorderlangenbach haben fünf Kinder, von denen zwei, Benedikt und Martin dem Uhrenhandel nachgingen.

 

Benedikt Ketterer (1805-1871) mit 27 und sein Bruder Martin mit 21 Jahren nahmen ihren Pflichtteil vom Philippenhof als sog. „Existenzgründungskredit“, um zahlreiche Uhren zu kaufen und ihre Reise nach Portsmouth in England zu finanzieren.

 

Benedikt Ketterer kam 1842 als wohlhabender Mann nach Langenbach zurück und eröffnete in Furtwangen eine mechanische Werkstatt zur Herstellung von Uhren – die „Benedikt Ketterer & Söhne“. 1856 kam sein Bruder von England zurück und stieg als Teilhaber ins Unternehmen mit ein. Benedikt realisierte bald, dass der Uhrenmarkt immer schwieriger wurde. 1873 wurde die Uhrenproduktion mit anderen Uhrenfabriken zur „Badischen Uhrenfabrik“ (Baduf) ausgegliedert.  Als Alternative bot sich ihm mit steigendem Bedarf für die aufkommende Gasbeleuchtung in den Städten 1851 der Bau von Gasuhren. Zwanzig Jahre später öffnete sich unter der Leitung seines Sohnes Felix (184 –1911) ein neuer Markt – die Trinkwasserversorgung über das Leitungsnetz in den Städten – die Wasseruhr zum Messen des Verbrauches. Als Ergebnis der Expansion entstand 1898 das heute noch existierende und vorbildlich sanierte Fabrikgebäude in Furtwangen.

 


Unter Felix Ketterers Sohn Oskar (1881-1946) wurden neue Tätigkeitsgebiete erschlossen- der Markt der Elektrizitätszähler. Der Erfolg dieser Produkte führte zur Gründung der „Deutschen Zählergesellschaft“ in Furtwangen und später in Vöhrenbach 1924. Als weitere Ausgründung erfolgte von Oskar die „Ketterer Druckguss“ 1936 in Furtwangen.

 

In den 1920er Jahren betätigte sich Oskar auch mit dem Bau von Radiogeräten unter Hilfe seines Schwagers Emil Jäger, Leiter der Uhrmacherschule in Furtwangen. Mit diesen Bausätzen wurde es ermöglicht, für jedermann einen Radio-Selberbau zu ermöglichen.

 

Der Sohn von Emil Jäger, Felix, führte das Unternehmen „Ketterer Getriebe“ wie es auch genannt wurde im Familienbund in den 1950er Jahren wieder zurück zum Getriebebau: Bau der Antriebe von Jalousien, Markisen und Rolladen. Sein Sohn, Odan Jäger, eröffnet vom Getriebebau her 1982 den Markt der höhenverstellbaren Tischen. Das Know-how des Getriebebaues von „Ketterer Getriebe“ ist in der Operationsmikroskopie, Augenchirurgie, im Druckgewerbe, Photovoltaikanlagen, ja selbst in Bustüren zu finden.

 

Die Söhne von Oskar Ketterer übernahmen 1944 die „Oskar Ketterer OHG Spitz- und Pressgießerei“. Nach dem frühen Tod von Siegfried führen die beiden Brüder Lothar und Herbert das Unternehmen erfolgreich aus der Nachkriegszeit heraus. Mit dem Sohn von Lothar, Bernhard, tritt 1974 der nächsten Generation in das Familienunternehmen ein und leitet ab 1982 das Unternehmen. „Ketterer Druckguß“ wird im Laufe der Jahre zu einem der führenden Druckgießereien in Europa entwickelt. In zwei Werken in Furtwangen werden auf Kaltkammer- und Warmkammergussmaschinen mit allen Metallen für alle möglichen Gebiete die Produkte erarbeitet. Im Werk in Hausach im Kinzigtal erfolgt eine eventuelle Nachbearbeitung der Druckgußteile.