Freitag, 24. Februar 2017

Was verbirgt sich hinter dem Stockacher Narrengericht?



Die Entstehung des hohen Grobgünstigen Narrengerichtes zu Stocken geht auf den Unabhängigkeitskampf der Schweizer Eidgenossenschaft im frühen 14. Jahrhundert mit den Habsburgern zurück. Die Schlacht am Morgarten 1315 in der Nähe von Luzern war nicht nur die Geburtsstunde der Schweiz sondern auch die des Stockacher Narrengerichtes.



Herzog Leopold I von Österreich führte im November 1315 eine Strafaktion gegen aufmüpfige Hirten und Bauern in der Innerschweiz durch, die er in der Schlacht von Morgarten aber verlor. Im Verlaufe der Vorbereitung der Schlacht hatte Leopold im Kriegsrat auch seinen Hofnarren Kuony von Stocken um einen Ratschlag gebeten. Der Rat des Narren war: “Ihr ratet alle, wie Ihr wollt in das Land Schwyz hineinkommen. Euer keiner aber hat geraten, wie Ihr wollet wieder herauskommen.“ Nach verlorener Schlacht durfte der Narr für seinen nicht befolgten aber weisen Rat einen Wunsch äußern. Er bat, dass in seiner Geburtsstadt Stocken zwischen Lichtmess und Lätare von den Einwohnern Gericht abgehalten werden durfte. Dieser Wunsche wurde ihm vom Bruder Leopolds, Herzog Albrecht II, 1351 gewährt.



Die Abhaltung des Narrengerichtes wurde im Laufe der Zeit immer wieder verboten und ausgesetzt. Doch bis heute hat sich der Brauch erhalten. Alle dummen und närrischen Streiche, menschliche Schwächen und Torheiten wurden über das Jahr gesammelt, aufgeschrieben, ohne Rücksicht abgehandelt und öffentlich verlesen. Der Brauch artete in manchen Jahren allerdings unbotmäßig aus, was zu Sanktionen führte.

Seit 1687 sind die Narrenbücher vorhanden. 1827 schrieb der Apotheker Dr Hubmann: “Schöne Mädchen sind geschaffen, für Apotheker und nicht für die Pfaffen – drum wählt ich diesen Orden, sonst wär ich Pfaff geworden.“ Oder vier Narren hatten eingetragen: "Heil, heil, heil der Furz ist kein Pfeil, so hätt so manch Kuonys Genosse des Nachts sein Weib im Bett erschosse".



Seit 1960 tagt das Narrengericht als närrisch-juristische Institution und urteilt über prominente Politiker. Die Verhandlungen finden am „Schmotzige Dunschtig“ statt und die Strafe ist in Eimer (60 l) Wein zu entrichten. Damit sind die Angeklagten als Laufnarren in die hohe grobgünstige Narrenzunft zu Stockach aufgenommen. Alexander Dobrindt hatte 2016 drei Eimer Wein und eine Einladung zum Oktoberfest aufgebrummt bekommen.

Wolfacher Narrenbrunnen


Freitag, 17. Februar 2017

Was verbirgt sich hinter dem Anerbenrecht?



Der bekannte und typische Schwarzwaldhof des Mittleren Badischen Schwarzwaldes vereint alles unter seinem riesigen Stroh- oder heute Ziegeldach. Die gesamten Stallungen für Pferde, Kühe und Schweine sowie Hühner oder Ziegen, die Wohn- und Schlafräume der Bauernfamilie und des Gesindes sowie die riesigen Futtervorräte für den gesamten Winter sind unter einem Dach vereint. Ausgenommen war stets ein Leibgedinghaus, in dem der alte Bauer wohnt. Mit ihm wurde vertraglich bei der Hofübergabe bis in alle Einzelheiten festgelegt, was ihm für seinen Lebensunterhalt zusteht. Separat steht jeweils ein Speicher, in dem die Essens- und Saatvorräte gelagert werden, dass sie im Brandfalle nicht in Mitleidenschaft gezogen werden konnten.



Möglich war das Erhalten dieser großen und mächtigen Bauernhöfe seit dem Mittelalter bis zum heutigen Tag nur durch das Erbrecht. Seit 1450 wird bis zum heutigen Tag per Gesetz das Anerbenrecht angewendet. Der Bauer oder die Bäuerin darf ihren gesamten  landwirtschaftlichen Besitz nur einem Kind ungeteilt vererben. Normalerweise der jüngste Sohn oder die älteste Tochter. Alle anderen Kinder sind weichende Erben und werden mit dem „kindlichen Handschlag“ abgefunden. Er ist ein Bruchteil vom wirklichen Anspruch. Dieses Erbrecht treibt die restlichen Geschwister vom Hof, entweder in einen anderen Hof einzuheiraten, sich als Gütler durchzuschlagen oder notfalls unter dem Bauer  als Knecht oder Magd zu arbeiten. Die Gütler waren oftmals Waldarbeiter, Handwerker wie  Harzer, Köhler oder Flößer.  Gleichzeitig waren die Menschen das Potential  für die Glasbläser, Uhrmacher, Orchestrionbauer  und deren entstehenden Manufakturen. In schlechten Zeiten blieb nur die Auswanderung nach Polen, Rußland, Banat oder später dann nach Amerika.



Im Gegensatz dazu wird in allen anderen Gebieten des Schwarzwaldes bis zum heutigen Tag die Realteilung praktiziert. Der vorhandene Besitz wird unter den Geschwistern geteilt. Der bäuerliche Besitz wird zerstückelt und gelangt über die Generationen in viele Hände.



Die Landwirtschaftskammern im Mittleren Schwarzwald achten streng bis zum heutigen Tag, dass das gültige Anerbenrecht nicht aufgeweicht wird. Ein nicht praktizierender Bauer darf kein landwirtschaftlich genutztes Gelände erwerben.



Das Anerbenrecht ermöglichte den Erhalt dieser großen mächtigen Bauernhöfe, die aber im Laufe der Jahre ihre Funktionen geändert haben. Zuerst verschwand nach dem Zweiten Weltkrieg die Feldwirtschaft und teilweise die Milch- und Weidewirtschaft, so dass die Waldwirtschaft übrig blieb. Gleichzeitig entstandene neue Zweige wie die Touristik. Die großen nicht mehr benötigten Speicher und Bühnen wurden zu Ferienwohnungen mit allem Komfort ausgebaut. Es entstanden Käser-und Brennereien sowie Stallungen wurden für Vesperstuben ausgebaut. Der Hofladen mit seinen bäuerlichen Spezialitäten setzt sich durch.  Gleichzeitig verhindern die Subventionen des Mähgelds , dass die Weiden nicht mit Wald angepflanzt, um die Täler offen zu halten.



Andererseits ist es schwierig Gelände für Industrieansiedlung, Freizeitanlagen wie Schwimmbäder, Tennis- oder Golfplätze zu erwerben.

Vogtsbauernhof mit Leibgedinghaus



Freitag, 10. Februar 2017

Was verbirgt sich hinter der Wallfahrtskirche Maria in der Tanne?



Von Triberg führt die B 500 auf den Schwarzwald hinauf. Kurz vor der Abzweigung nach Schonach liegt linker Hand die stolze Wallfahrtskirche Maria in der Tanne von Triberg. Der Zugangsweg zum Westweg über Schonach führt an der Wallfahrtskirche vorbei.



An einer mächtigen Tanne mit einer erquickenden Quelle oberhalb Triberg war ein Pergamentbildchen, die unbefleckte Jungfrau darstellend, angebracht. Mit der Zeit weichte das Bildchen auf, so dass es eines Tages herabfiel. Ein siebenjähriges Kind, Barbara Franz, fand das Bildchen und hob es auf. Daheim heftete sie das Bildchen unter dem Kreuz in der Wohnstube fest. Nach drei Tagen bekam die kleinen Babara ein schmerzliches Augenleiden, das sich verschlimmerte. Im Traum sprach eine Stimme zu ihr: Wirst du das  Pergamentbildlein wieder zur Tanne tragen an seinen Ort, so wird die Krankheit völlig von deinen Augen weichen“. Gleich am nächsten Tag  gingen die Eltern mit der Tochter zur Tanne und setzten das Bildchen wieder an seinen ursprünglichen Ort. Nach zwei Tagen hörten die Augenschmerzen auf, so dass Barbara auch nicht die Spur davon merkte. Dieses Ereignis erregte überall großes Aufsehen, und die Verehrung des Marienbildes nahm allgemein zu.



Barbara Franz war am 21. Februar 1637 geboren. Später heiratete sie den Amtsschreiber Johann Ketterer und lebte mit ihm 54 Jahre lang in glücklicher Ehe. 1717 starb sie, ohne dass sie jemals wieder von einem Augenübel befallen worden wäre, was eidlich beurkundet wurde.



Auch der Triberger Schneidermeister Friedrich Schwab war mit 68 Jahren an Aussatz erkrankt und sollte ins Siechenhaus. Auch er ging zum Marienbild an der Tanne und gelobte eine Marienfigur zu stiften, wenn er wieder gesund werde. Er wusch die kranken Stellen seines Körpers mit dem Quellwasser. Und siehe da, er wurde wieder gesund, ließ eine Marienfigur schnitzen und stellte sie anstatt des Bildchens in die Höhlung der Tanne.



Die Zahl der Pilger nahm mit der Zeit ab und niemand kümmerte sich um die Pflege der Marienfigur. Deswegen wucherte die Höhlung, in der die Muttergottes Statue stand, zu.



1692 hörten durchziehende Tiroler Soldaten, die dem Quartier auf dem Rohrhardsberg zustrebten, einen seltsamen himmlischen Lobgesang. Im Lager angekommen hörten sie von einem Alten, der ihnen von der wundersamen, früher oft besuchten Bildtanne, erzählte. Tatsächlich fanden sie am nächsten Tag eine große Tanne, die ein beinahe mit Baumrinde und Spinnweben zugewachsenes Loch aufwies. Nach Reinigung des Loches erblickten sie das Bild der Himmelskönigin mit dem Kinde. Ehrfurchtsvoll fielen sie auf die Knie und beteten.



Tage später sammelten sie Geld von ihrem Sold, richteten den Platz um die Tanne her und ließen für das Gnadenbild ein rotes Röcklein machen. Dazu kam ein gläsernes Vorfenster ebenso ein Sturzdach und eine Inschrift: Sancta Maria, Patrona, ora pro nobis (Heilige Maria, Patronen der Soldaten, bitte für uns). Das war der Ursprung der Wallfahrt.

Von 1699-1705 wurde die erste Wallfahrtskirche gebaut. Trotz des Verbotes der Wallfahrten von Kaiser Joseph II erließ er für Triberg eine Sonderregelung und ließ sogar eine Straße zur Wallfahrtskirche bauen. 1846 und 1891 wurde die Wallfahrtskirche renoviert und 1911 grundlegend erneuert. Da die Wallfahrt unvermindert bis zum heutigen Tage anhält, wurde sie von 1983-87 mehrmals renoviert.


Die Wallfahrtskirche ist Maria Himmelfahrt geweiht (15.8.) Hauptfeste sind alle Marienfeste im Kirchenjahr.



Am Hochaltar steht das Gnadenbild von 1645 im Mittelpunkt. Hinter dem Gnadenbild ist unterhalb der Krone der Tannenstamm zu sehen, in den 1645 die Marienfigur damals gestellt wurde. Der rechte Altar ist der heiligen Anna und der linke dem heiligen Joseph geweiht. Sie stammen von 1703.

Wallfahrtskirche Maria in der Tanne

Hochaltar der Wallfahrtskirche

Gnadenbild der Wallfahrtskirche

















Samstag, 4. Februar 2017

Was verbirgt sich hinter dem Isteiner Klotz?



Der Isteiner Klotz -150 m hoch über dem Rhein- ist ein Kalkstein Bergrücken des auslaufenden Schwarzwaldes, der sich nördlich von Binzen im Markgräflerland zum Rhein vorschiebt. Er wurde 1139 erstmals urkundlich erwähnt. Anhand gefundener Werkzeuge muss er schon 12.000 v. Chr. besiedelt gewesen sein. Wissenschaftler prägten hier für den Begriff der „Istein-Kultur“.



Beim Bau der Rheintalstrecke 1844/48 wurde der Isteiner Klotz teils kurvenreich umfahren und teilweise durchtunnelt. Die 15 km lange Strecke darf heute nur mit 75 km Geschwindigkeit befahren werden. Wegen zu hoher Geschwindigkeit gab es 1971 einen Eisenbahnunfall mit 25 Toten. Heute wird das Gebiet mit dem Katzenberg-Tunnel -9385 m lang- unterfahren, der Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h zulässt.



Der nächste Eingriff erfolgte 1840/70 von Oberst Tulla mit der Rheinkorrektur. Das neue Bett des Rheines wurde vom Felsen weg verlegt.



1902/1907 wurden Festungsanlagen zum Schutze gegen Frankreich gebaut, die auf Grund des Versailler Vertrage 1921 geschleift werden mussten. 1936 wurden mit dem Ausbau des Westwalles 113 Militärbunker in den Felsen gebaut. 2 km Hohlgänge, Treppen und Fahrstühle verbanden die Bunkersysteme. Eine 105 t schwere Panzerkuppel wurde auf den Isteiner Klotz als Artelleriebeobachtungsstelle gesetzt.



18 t Dynamit konnten 1947 nur einen Teil der Bunker und Hohlgänge im Isteiner Klotz vernichten. Zerstört wurde dabei auch die Vitus-Kapelle -1185 erstmals erwähnt. Sie wurde in den 80iger Jahren durch Spenden wieder an den verbliebenen Felsen neu angebaut.



Zwischen den Weltkriegen hat die staatliche Rheinbehörde die Rückseite des Isteiner Klotzes als Steinbruch benutzt, um die Rheinufer neu zu befestigen. Nach all den Eingriffen blieb nur 10% des Isteiner Klotzes übrig.



Landschaftsschutzgebiet Isteiner Klotz wurde 1937 schon 35 ha. Gegen die militärischen Eingriffe nützte dies nur wenig. 1986 wurden dann wenigstens 25 ha zum Naturschutzgebiet erklärt.



1980 wurden die gesamten Stolleneingänge zubetoniert, ein 3 km langer Rundweg für Wanderer und Erholungssuchenden errichtet und 2009 eine Besucherplattform auf dem Isteiner Klotz eröffnet.





 
Isteiner Klotz