Samstag, 30. Dezember 2023

Was verbirgt sich hinter den Wintern früherer Jahre?

Schneeräumen am Mummelsee

Früher war nur nicht alles besser aber der Klimawandel zeigt eben seine Folgen, denn die Winter waren strenger und die Schneemengen vor allem im Hochschwarzwald höher.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Personenbeförderung über den Schwarzwald von verschiedenen Postaltereien übernommen. Da die heutige B 33 von Hornberg, Triberg nach St Georgen erst 1839 gebaut wurde, musste die Postkutsche den Weg von Hornberg durch das Reichenbachtal über Krummschiltach nach St Georgen nehmen. In Krummschiltach gab es eine Posthalterei mit bis zu 40 Pferden für den notwendigen Vorspann. Der Posthalter von Gengenbach verriet eines Tages:“ Wer einmal die Strecke mitgefahren ist, kommt nie wieder“. Vor allem im Winter mit seinen Schneeverwehungen benötigte ein Postwagen für die 10 km von Hornberg nach Krummschiltach 8 Stunden.

Julius Müller vom ehemaligen Hotel Lamm auf dem Kniebis beschreibt, dass am 9. März 1905 vor dem Hotel ein Schneeberg bis zum oberen Stock sei. Dazwischen sei ein schmaler Gang durch 2 richtige Tunnels gewesen, um den Eingang ins Hotel zu finden. Ein achtspänniger Bahnschlitten hatte die Straße zur Alexanderschanze frei gehalten. Eine breite Gasse führte vom Hotel Lamm mit einer 3 bis 3,5 m hohen schroffen Mauer weg. Es soll die badische Landstraße nach Bad Rippoldsau gewesen sein.

1875 verfasste Pfarrer Theodor Kern ein Versetzungsgesuch, um von Hofsgrund am Schauinsland wegzukommen: In Hofsgrund ist neun Monate Winter und während des kurzen Sommers ergibt sich nicht selten die Notwendigkeit einzuheizen. Im Winter treibt der Sturm den Schnee durch die kleinsten Ritzen des Hauses.

Die junge Frau Mayer, die Gattin vom Feldbergwirt Carl Mayer kam im Winter 1880/81 ins Wochenbett. Kein Arzt kam zum Feldberg hoch, denn der Feldberg und die Wirtsleute waren im Schnee vergraben. Nachdem das Fieber beängstigt stieg, schickte Carl Mayer seine Knechte mit Schneereifen nach Menzenschwand, um den dringend benötigten Arzt zu holen. Zehn Mann wurden aufgeboten, um den Schnee zu stampfen. An einem Seil wurde der Arzt auf dem Schneereifen nachgezogen. Aber die Karawane kam zu spät. Es blieb nur das Schneegrab bis zum späten Frühling, um sie erst dann in geweihter Erde bestatten zu können. Aber auch im Jahre 1956 war der Feldberg nur drei Wochen völlig schneefrei.

In Schönwald mussten  um 1900 die Bauern des Tals mit 10 Gäulen und mehr zum Frondienst mit dem Schneepflug antreten, um die Straßen im Ort und den Seitentälern begehbar offen zu halten.

Im Februar 1942 und 1944 mussten sämtliche arbeitsfähigen männliche Mitglieder der Stadt Furtwangen zum Schneeschaufeln antreten, um die Straße zur Escheck auf 4 m Breite von 2 m hohen Schneeverwehungen zu räumen. Aber auch im Februar 1952 mussten 1150 Furtwänger zwischen 14 und 65 Jahren die Straße zur Escheck von bis zu 7 m hohen Schneeverwehungen mit Pickel und Schaufeln befahrbar zu machen.

1957 schneite es auf der Schwarzwaldhochstraße B 500 so sehr, dass manche Straßenabschnitte nur einspurig befahrbar waren. Das Hotel Untersmatt war schon seit drei Tagen vom Verkehr abgeschnitten. Die Nahrungsmittel gingen zur Neige. Am 4. Tag war dann endlich eine Schneefräse zum Hotel vorgestoßen. Die Hotelgäste konnten aber nicht abreisen, da die Autos völlig zugeschneit und unter Schneebergen begraben waren und erst frei geschaufelt werden mussten.

Hotel Lamm Kniebis 1905



Schönwald 1900






Schönwald 1930er Jahre

Freitag, 22. Dezember 2023

Was verbirgt sich hinter dem Forbachtal?

Bärenschlösschen von 1627

Christophstal, ein Stadtteil von Freudenstadt, bildet zusammen mit Friedrichstal, einem Stadtteil von Baiersbronn, im Forbachtal den „Ideengarten Forbachtal 2025“ ab. Im Rahmen dieser interkommunalen Gartenschau, das mit städtebaulichen, landschaftsplanerischen und lokalen Ideen die Romantik und den Charme des Forbachtals hervorhebt, wird das Forbachtal überregionale Aufmerksamkeit erlangen. Eine über Jahrhundert Kulturlandschaft geprägt von Bergbau, Waldwirtschaft, Handwerkskunst, Wasserkraft und frühindustrielle Aktivität wird für die Zukunft ausgerichtet. Das geschichtsträchtige, romantische Christophstal wird mit Friedrichtstal im Tal der Hämmer über 8 km mit der Gartenschau verbunden.

Seit 1287 wird urkundlich in Christophstal Bergbau betrieben. 1593 erhielt der Bergbau neue Impulse, denn es wurde Silbererz gefunden. 1599 wurde von Herzog Friedrich Freudenstadt gegründet und damit Christophstal im Forbachtal Freudenstadt zugeschlagen.

Anfang 17. Jahrhundert wurde das erste Eisenwerk gegründet, denn Holz und Wasserkraft waren genügend vorhanden, vom Bergbau kam das Erz. Da der Forbach aber nur geringes Gefälle aufwies, musste man bei jeder Werkserweiterung ein großes Stück abwärtsgehen in diesem engen Tal. In 1761 erreichte die Erweiterung erstmals Baiersbronner Gemarkung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Werke so erweitert, dass man sie nicht mehr unter einer Verwaltung lassen konnte. Deswegen wurde 1808 die unter Baiersbronner Verwaltung liegenden Werke abgetrennt. Zu Ehren des Königs von Württemberg, Friedrich, wurde der Ortsteil Friedrichtstal genannt.

1805/06 entschloss sich die württembergische Staatsverwaltung, eine eigene Gewehrfabrik zu bauen. Diese bestand aus seiner Rohrschmiede, einer Bohrmühle nebst Schleifwerk, eine Gewehrschloss-, Bajonett-, Ladstock-, und einer Klingenschmiede. Sie begannen mit der Herstellung von Einzelteile für Steinschlaggewehre. Alle hergestellten Einzelteile wurden nach Ludwigsburg gebracht und dort zusammengesetzt.

Im Jahr 1811 brannte die Gewehrfabrik ab und wurde anschließend nicht mehr aufgebaut, denn das Forbachtal im tiefen Shwarzwald war strategisch nicht sehr vorteilhaft. Das Gelände wurde verkauft, der Verkaufserlös wurde bei Erbauung der Gewehrfabrik in Oberndorf verwendet. Dort stand das Augustinerkloster leer und wartete auf gewerbliche Zwecke. Nur die geschulten Fachkräfte fehlten. Um Abhilfe zu schaffen, wurde deswegen die Fachkräfte von Christophstal und Ludwigsburg als Handwerkskompanien nach Oberndorf verlegt.

Im Jahr 1805 war es der einheimische Pulvermüller gewesen, dem es gelungen war, als Platzmeister in Friedrichtstal mit Hilfe der des Großhammerschmieds Christian Weber einen Qualitätsstahl zu erzeugen, der zu Sicheln und Sensen verarbeitet werden konnte. 1810 wurde das Hammerwerk von 1761 abgerissen und neu erbaut. Bis in die 1850er Jahre war damals das Stahlwerk, das durch seine Qualität bekannteste in Südwestdeutschland. 1965 wurde das Hammerwerk, bekannt als „Königshammer“ endgültig abgerissen. Bis dahin wurden Handgeräte für Land- und Forstwirschaft hergestellt. Heute erinnert nur noch das Museum „Königshammer“ an jene Zeit.

In den Revolutionsjahren 1848/49 wurde nochmals der Versuch unternommen, die Gewehrfabrik ins Forbchtal jetzt nach Friedrichtstal zu holen. Andererseits war Freudenstadt in jenen Jahren völlig verarmt und brauchte dringend neue Erwerbsquellen. Es herrschte große Arbeitslosigkeit und eine unbeschreibliche Hungersnot, die Ärmsten wurden nach Amerika geschickt. Das Finanzministerium lehnte es aber nach eingehender Prüfung ab. Vermutlich kam auch der damals fehlende Eisenbahnanschluss nach Freudenstadt hinzu.

Nach heutiger Sicht haben Freudenstadt und Baiersbronn wahrlich keine Ursache den damaligen Misserfolg zu bedauern, denn mit einer Großindustrie im Forbachtal wäre es den beiden Kommunen sicherlich nicht gelungen, weltberühmte Tourismus-Destinationen zu werden. Niemand wäre auf die Idee gekommen, in einem mit Industrie zugebauten Schwarzwald, eine interkommunale Gartenschau zu veranstalten.

Altes Bergwerk Silberhöhle


Museum Königshammer

Freitag, 15. Dezember 2023

Was verbirgt sich hinter dem Ingenieur Robert Gerwig?

Gerwig Denkmal Triberg

Robert Gerwig (1820-1895) wurde am 2.Mai als Sohn des großherzoglichen Ministerialrevisors in Karlsruhe geboren. 1834 kam er auf die junge Polytechnische Schule, der heutigen TH Fridericiana in Karlsruhe, und schloss 1841 mit ausgezeichneter Beurteilung ab.

 

Im Bereich der Oberdirektion beteiligte er sich an Flusskorrektionen, Fassung der Heilquellen von Baden-Baden und Badenweiler oder der Wasserversorgung von Karlsruhe und Radolfzell. Auf Grund seiner Universalausbildung wurde er zum Direktor der Uhrmacherschule als noch nicht 30Jähriger ernannt. Auf ihn geht die Entwicklung der Bahnhäusleuhr der späteren Kuckucksuhr zurück.

 

Mit dem Aufblühen der verschiedenen Industriezweige wie Uhren- und Metallindustrie, der Strohflechterei im Schwarzwald wuchs die Notwendigkeit der Verbesserung und Anlage neuer Straßen. So ging auf seine Arbeit der Bau der engen Albtalstraße von St Blasien nach Albruck zurück. Ebenso die Hauensteiner Murgtalstraße von Todtmoos nach Murg, die Dreiseeenstraße von Neustadt über Titisee und Aha zum Schluchsee sowie die Straßen von Vöhrenbach nach Villingen, von Neustadt nach Hammereisenbach und von Furtwangen nach Schönwald. Neu projektiert wurde von ihm auch die Strecke vom Simonswäldertal über Gütenbach nach Furtwangen, um die berüchtigte Kilpensteige zu umgehen, denn dort mussten bis zu 14 Vorspannpferde eingesetzt werden.

 

1856 übernahm er die Fertigstellung der Hochrheinbahn von Waldshut nach Konstanz. Sein Lebenswerk war jedoch von 1863 - 1873 die 150 km lange Schwarzwaldbahn. Sie überwindet 650 Höhenmeter und durchläuft 39 Tunnels. Die Steigung konnte durch seine Trassenführung unter 20 Promille gehalten werden und enthält damit keine Steilstrecke. Die zweigleisige Gebirgsbahn wurde zur wichtigsten Schwarzwaldverbindung. Die Besonderheiten sind die zwei Verkehrsschleifen bei Niederwasser und bei Triberg.

 

1871 schlug er ein lukratives finanzielles Angebot als Oberingenieur der Bötzberg-Bahn bei Basel aus. Das brachte ihm zwar eine 50ige Gehaltserhöhung und die Beförderung zum Baudirektor ein. 1872 bekam er das Angebot als Oberingenieur zum Bau der Gotthard-Bahn. Seine Kündigung wurde akzeptiert mit der Zusicherung nach Beendigung des Projektes in den Staatsdienst zurück zu kehren. Mit 249 Ingenieuren machte er sich ans Werk. Allerdings kündigte er 1875 nach Meinungsverschiedenheiten vorzeitig seine Stelle.

 

Auf Grund seiner überaus großen Popularität wurde er 1855 als Abgeordneter Triberg-Wolfach in die zweite Kammer der Landstände gewählt. 1863 bis 1871 wurde er ebenso in den Landtag gewählt. Von 1875 bis 1878 war er für Pforzheim in die Zweite Kammer der Landstände gewählt und 1881 in den Reichstag.

 

Seine letzten Eisenbahnprojekte waren die Verlängerung der Schwarzwaldbahn  in Richtung Wolfach und Schiltach Sein letztes größeres Projekt war der Bau der Höllentalbahn von Freiburg nach Neustadt mit dem Ravenna-Viadukt. Die Vollendung 1887 erlebte er nicht mehr, da er 1885 unerwartet an einem Hirnschlag starb.

Bau der Schwarzwaldbahn



Freitag, 8. Dezember 2023

Was verbirgt sich hinter der Steinkohleförderung im Schwarzwald?

Berghaupten

Mit der Erfindung der Dampfmaschine Anfang des 18. Jahrhunderts wurde eine industrielle Revolution eingeläutet. Denn die Dampfmaschine wandelt Feuer und Wasser in Arbeitskraft um. Man brauchte für den maschinellen Antrieb nicht mehr das Wasserrad am Fluss sondern Kohle und konnte überall eine maschinelle Produktion einrichten. Der Bau von riesigen Fabrikanlagen wurde möglich, ein neues Zeitalter brach an. Im Schwarzwald gab es zwar überall Bergbau, aber keine Kohlevorkommen.

1745 kam ein Wolkenbruch in Umwegen bei Baden-Baden zur Hilfe. Dieser Fund weckte nicht nur Hoffnung bei der Regierung sondern hauptsächlich bei der armen Bevölkerung auf Arbeit und Brot: Im Brunnengraben wurde ein Kohleflöz im Rebgelände freigelegt. So konnte ab 1748 im Brunnengraben Stollen Kohle gefördert werden. Mal waren es private Investoren, mal Staatsbetriebe, die ihr Glück versuchten. Im Laufe der Jahre kamen in der näheren Umgebung von Umweg verschiedene Stollen dazu: 1776 Demut-, 1788 Rettich-, 1807 Jesuiten-, 1816 Karlstollen.

Im Jahre 1792 wurde als Höchstfördermenge mit 17 Bergleuten 222,25 t Steinkohle gewonnen. Aber insgesamt war es ein mühsamer Abbau wegen den Verwerfungen im Berg mit geringen Mengen, da die Stollen jeweils nicht sehr ergiebig waren, das Wasser immer wieder Probleme bereitete. 1824 wurde die Kohleförderung nach 76 Jahren gänzlich eingestellt, da sie sich nicht mehr rechnete.

Ein anderer Zufall eröffnete ein weiteres Kohlerevier Berghaupten, Diersburg. Der Grundherr von Berghaupten Freiherr von Schleys sowie die Freiherren von Röder in Diersburg wollten Heilquellen ausfindig machen. Die angeheuerten Bergknappen fanden jedoch statt des  ersehnten Heilwassers Steinkohle. Gegraben wurde ab 1755 Kohle im Hagenbach, in Zunsweier, in Diersburg und Berghaupten, vor allem im Bereich der Heiligenreute und bei Bergkuppe Barack.

Mit einem Lehenbrief beauftragte von Schleys, Johann Bauer, Pflugwirt zu Kehl, „alle Gänge auf seine Kosten und Gefahren zu öffnen und die Unkosten an sich selbst zu haben“. An den Hängen wurden Dutzende von Stollen in den Berg getrieben und durch Schächte miteinander verbunden. Der Pflugwirt Bauer förderte 40 Jahre lang Kohle. Teilweise waren 100 Mann im Bergwerk tätig. Im Berghauptener Revier hatte man stets mit großen Wassermassen zu kämpfen, wobei letztlich 20 Zentimeter Wasser bewältigt werden mussten, um 1 Zentner Kohle zu fördern. Dieses Problem führte die damaligen Betreiber Derndinger Offenburg und Gebrüder Hecht, Straßburg, immer wieder in große wirtschaftliche Schwierigkeiten, wenn gleich ein Gutachten aus dem Jahr 1845 der Kohle bescheinigt, „die Vorzüglichkeit der Berghauptener Kohle ist unbestritten, sie übertrifft die Saarkohle und ist der besten Ruhrkohle gleich“.

Seit 1837 betrieben die „Offenburger Steinkohlebergwerkgesellschaft“ und seit 1853 die „Aktiengesellschaft Steinkohlegrube Berghaupten“ in Diersburg den Steinkohlebergbau. In den Jahren 1850 bis 1879 wurden pro Jahr  10.000 t Steinkohle gefördert. Nicht mehr rentabel wurden ab 1882 die beiden Betriebe zusammengelegt. 1910 waren noch 41 Arbeiter beschäftigt. 1911 musste der Betrieb wegen Unrentabilität eingestellt werden. Nach dem Ersten Weltkrieg (1918) wurde Kohleabbau im Stollen im Burggraben und in einem Stollen in Richtung Lahr versucht zu betreiben. 1926 wurde die Kohleförderung nach 200 Jahren erneut eingestellt. Heute zeugen noch der Bergwerkskamin und das Bergwerkdenkmal von der Zeit des Kohlereviers Berghaupten, Diersburg.

Markgraf Wilhelm ließ 1839 am Fuße des Schanzenbergs am Orteingang von Gaggenau nach Steinkohle bohren. Nachdem bei Umweg Steinkohlefelder zutage traten, wollte er au seinem Mustergut auch vom „schwarzen Gold“ profitieren. Doch anstatt Kohle kam klares farbloses Wasser 19° C warm. Der Markgraf ließ die Quelle fassen und gab ihr den Namen „Elisabethenquelle“ nach dem Namen seiner Gattin – heute Bad Rotenfels.

 

Berwerkstollen Berghaupten

Freitag, 1. Dezember 2023

Was verbirgt sich hinter den Pionieren der Schwarzwälder Uhrmacherei?

Waaguhr 1760

Die Uhrmacherei im Schwarzwald hat sich als Hausgewerbe bei den Häuslern und auf den Höfen gegen Ende 17. /Anfang 18. Jahrhundert etabliert. Es gab keine Vorlagen sondern die Uhrmacher tüftelten und erfuhren durch Reisen nach Frankreich 1730 wie von Friedrich Dilger  (1712-1773) Schollach oder von Uhrenträgern, was an Uhren auf dem Markt war. Das Wissen wurde von Lehrmeister zu den Gesellen und von Generation zu Generation weitergegeben, so dass die verschiedenen Entwicklungen zeitlich sehr fließend waren.

Die damaligen Waaguhren wurden erstmals von Mathäus Hummel (1720-?) Waldau –heute ein Ortsteil von Titisee-Neustadt- mit Schlagwerken und Glasglocken versehen. Er fertigt später die erste Glockenspieluhr und verzierte sie mit Figuren. Um 1750 schuf Mathäus Hummel eine Taschenuhr aus Buchsbaumholz, bei der nur die Zugfeder und  Unruhspirale aus Metall waren.

Die Waaguhren hatten bis Ende des 17. Jahrhunderts nur einen Zeiger, der die Stunde anzeigte. Ab dann ergänzte der Viertelstundenanzeiger mit einem zweiten kleinen Zifferblatt die Uhrzeit. 1730 kam durch Christian Wehrle Simonswald (1707-1789) der Wechsel von der Waag- zur genaueren Pendeluhr zustande.

1740 ließ Friedrich Dilger Schollach (1712-1773) die ersten Metallglocken in Solothurn/ Schweiz gießen,  um die Glasglocken nach und nach abzulösen. 1830 wurde die erste Tonfeder von Karl Dold Furtwangen gegossen.

Franz Ketterer Schönwald (1676-1753) -einer der sogenannten Stammväter der Uhrmacherei im Schwarzwald- fertigte 1730 die erste Kuckucksuhr, die als reine Schwarzwälder Erfindung gilt. Es war eine Uhr mit Papierschild ohne Türle und beweglichem Kuckuck. Der krähende Hahn der Straßburger Münsteruhr, der zu schwierig war nachzubauen, soll als Anregung gedient haben. Die heutige Bahnhäusleform der Kuckucksuhr geht auf eine Ausschreibung der Uhrmacherschule Furtwangen zurück, die Baurat Friedrich Eisenlohr (1805-1854) mit der Nachbildung der Bahnhäusle an der neu gebauten Eisenbahnlinie Mannheim – Heidelberg zurück. 1858 hat die Uhrmacherschule vergeblich versucht, den Kuckuck durch andere Tiere zu ersetzen: Meckernde Ziege, brüllende Kuh oder bellenden Hund.

Eine weitere Schwarzwälder Entwicklung war die Schottenuhr. Diese wurde erstmals von Johannes Dilger (1712-1780) dem zweiten Stammvater der Uhrmacherei auf dem Schottenhof im unteren Joostal –heute Titisee-Neustadt- gefertigt. Der Vorteil des Uhrentyps liegt in der Vielzahl der Variationsmöglichkeiten. Sie besteht aus einem Holzrahmen mit dem Uhrwerk und einem lackierten Holz-, Blech- oder Porzellanschild. Sie wird dadurch an die Zimmer der Reichen und Armen angepasst. Typisch für die Schilder waren die Blumen. Aber auch wurden die Schottuhren an ausländische Gegebenheiten angepasst: Mit türkischen Ziffern oder dem Viertelstunden-Schlag für Russland.

Die etwas kleinere Variation der Wanduhr, die Jockeleuhr, wurde von Jakob Herbstrieth (1763-1845) 1790 in Hinterzarten-Breitnau gebaut. Sie hatte die Maße: Höhe 8, Breite 6 und Tiefe von 3 cm als Schilduhr. Die noch kleinere Schilduhr wurde Franz Josef Sorg jun. (1807-1872) aus Neustadt im Jahr 1800 mit den Maßen Höhe 5, Breite 3 und Tiefe 2,5 cm gefertigt.

Salomon Scherzinger (1744-1815) aus Furtwangen, einer der bekanntesten Flötenuhrbauer, des Schwarzwalds hat 1770 eine der ersten brauchbaren Flötenuhren gebaut, die von Andreas Dilger Gütenbach verbessert wurde. Vermutlich wurden diese nach den französischen Vogelorgeln oder Serinetten nachgebaut, d.h. es war keine Schwarzwälder Erfindung.

Jakob Bäuerle aus Furtwangen baute 1858 die erste brauchbare Trompetenuhr, die ein zwar einfaches aber ein ganzes Stück spielte. Der Anstoß hierfür gab wahrscheinlich das damals bekannte Stück von Victor von Scheffel: „Der Trompeter von Säckingen“. Die Schwierigkeit war den sauberen Trompetenton zu treffen.

                                                 


Kuckucksuhr 1780


                                                                                          



Samstag, 25. November 2023

Was verbirgt sich hinter den Zeller Keramischen Fabriken?


Das Material zum „Häfeledrille“, Gruben mit bestem Ton, hatte der Herrgott den Zellern mit auf die Welt gegeben. Und die nutzen, was ihnen die Natur geschenkt hatte. Schon früh gab es im Reichsstädtle Hafner wie Sand am Meer. Aber sie blieben arme Schlucker, denn soviele Häfen und Schüsseln konnten gar nicht zerbrechen, wie die Zeller produzierten.

 

Josef Anton Burger, ein geschickter und begabter Hafner, hatte sich in der Fremde umgesehen, um feuerfestes Geschirr herstellen zu können. Nach anfänglichen Misserfolgen konnte er 1794 mit Erlaubnis des Rates eine Fayence Fabrik vor dem oberen Tor errichten. Der Erfolg gab Burger Recht, denn sein Material stand dem damals berühmten englischen und französischen Steingut in keinster Weise nach. Aber ihm fehlte für die schnell wachsende Betriebserweiterung das notwendige Kapital. Da wurde der begüterte Lahrer Handelsherr Jakob Ferdinand Lenz auf  Burgers Arbeiten aufmerksam und trat in das junge Unternehmen ein.

 

Die notwendige Weihe erhielt das Fayence-Geschirr vom Karlsruher Hofapotheker Baer, der nach eingehender Prüfung dem Geschirr englische Qualität attestierte. Selbst Markgraf Karl Friedrich besuchte die Steingut-Fabrik, da er die Konkurrenz für seine Frau fürchtete. Sie besaß in Rothenfels eine Steingutfabrik. Der Markgraf war aber so vom Unternehmen begeistert, dass er 1807 ein „Privilegium“ erstellte, das für 15 Jahre keine Konkurrenzunternehmen in einem bestimmten Umkreis zuließ, was aber trotzdem geschah. 1819 verkaufte der Gründer Burger seine Anteile an Lenz, da seine Töchter kein Interesse an dem Unternehmen hatten.

 

1828 starb Lenz und seine Neffen führten das erfolgreiche Unternehmen weiter. Schon 1849 wurde mit Pferdefuhrwerken die erste Porzellanerde von Limoges geholt und verarbeitet. Dies brachte dem Unternehmen zahlreiche Auszeichnungen ein. 1869 verkauften die Neffen von Lenz an einen Berlinder Kaufmann Pößel. Allerdings blieb mit dem 1871er Krieg die Porzellanerde aus, das ein schwerer Schlag für das Unternehmen war und 1874 Konkurs anmelden musste. Einem Kehler Kaufmann Carl Schaaf, der sich in Limoges ausbilden ließ, gelang mit Arbeiter von dort und versierten Porzellanmaler aus Böhmen ein neuer Höhenflug. 1907 verkaufte Schaaf die obere Steingut und Porzellanfabrik an den Fabrikanten Georg Schmieder, der schon unterhalb des Städtchens eine Steingutfabrik besaß.

 

Mit Georg Schmieder erreichten die Zeller Steingut- und Porzellanfabriken vor allem nach ihrer Vereinigungen 1907 ihre Blütezeit. In der unteren Steingut- und Porzellanfabrik waren unter ihm schon „Hahn und Henne“ 1898 und ein Jahr zuvor  das Dekor „Favorite“ entstanden. Das Unternehmen wurde weltbekannt und beschäftigte in den 20er Jahren bis zu 500 Beschäftigte. 1934 starb Georg Schmieder und ihm folgte sein Schwiegersohn Heinrich Haiss, der das Unternehmen mit Erfolg weiterführte. Zwischenzeitlich musste 1942 wegen Kohlenmangel die Fabrikation in der oberen Fabrik die Produktion eingestellt werden. Bis 1988 war das bekannte Unternehmen im Familienbesitz.

 

Billigimporte aus Fernasien machten zunehmen dem Keramikgewerbe zu schaffen, so dass das Unternehmen durch verschiedene Hände ging und umfirmiert wurde. 2006 übernahm  Ralf Müller und Martin Trenkle den Sanierungsfall. Sie führten die Handbemalung des Porzellans wieder ein und stellten 2007 auf Museumsbetrieb um. In einer Ausstellung über die Firmengeschichte können auch Produktion und Bemalung des Porzellans verfolgt werden. Die Gäste können nachverfolgen, wie die seit über 120 Jahren das Porzellan mit den Motiven „Hahn und Henne“, „Favorite“ und „Alt Straßburg“ entstehen.





Freitag, 17. November 2023

Was verbirgt sich hinter dem Ende der badischen Revolution 1949?

Gefangene in Festung Rastatt

Im Frühjahr 1849 hatte die Offenburger Volksversammlung das Signal für Bauern und Bürger gegeben; am gleichen Tag meuterten die Soldaten der Festung Rastatt. Die Einheit von Aufständischen und Soldaten erzwingt die Ausrufung der badischen Republik; der Großherzog flieht. Die Revolution kommt wieder ins Rollen.

70.000 Mann revoltierender badischer Truppen, Volkswehren und Freischäler sind als Revolutionsarmee bei Heidelberg bereit nach Norden vorzustoßen bzw den Süden abzuschirmen. Ihnen gegenüber stehen 100.000 Soldaten der Bundestruppen aus verschiedenen Bundesländern. Die Preußen hatten aber die Aufständischen in der Pfalz schon geschlagen, kamen über den Rhein und schlugen nach anfänglichen Verlusten vernichtend am 21. Juni 1849 bei Waghäusel die badischen Revolutionstruppen. Diese zogen sich an die Murg zurück und versuchten mit den noch verbliebenen 20.000 Mann eine zweite Front aufzubauen. Desertationen und Disziplinlosigkeit sowie schwache Kampfmoral waren allerdings kein Hindernis für 60.000 Mann Preußen Truppen. Die auflösenden Reste der Revolutionsarmee zogen sich über den Schwarzwald in die Schweiz zurück. Drei Wochen später am  23. Juli 1849 ergaben sich auch die aufständischen Truppen in der Festung Rastatt.

Die Murgverteidigungslinie, die die Aufständischen errichtet hatten, zog sich mit Bastionen, Gräben und Befestigungen vom Rhein bis nach Gernsbach hin. Der Preußen General von Peuker rückte aber über Herrenalb ins Murgtal. Beim Einmarsch in Gernsbach fiel auch der Wagen mit dem befreiten Revolutionär Struve, der zuvor in der Festung Rastatt einsaß, in die Hände der Preußen. Er hatte Pläne über die Revolutionierung Württembergs bei sich. Die Schwaben hatten aber gar nicht die Absicht, sich gegen ihre Obrigkeit aufzulehnen.

Von Gernsbach zog General von Peukert über das Gebirge und besetzte Baden-Baden und säuberte das Oostal von Freischälern, um dann trotz mehrerer Gefechte nach Rastatt vorzudringen und die Festung einzuschließen. Und das war kein Pappenstiel, denn die Festung war mit 5.000 Mann ausgebildeter Besatzung, jede Menge Freischäler und 225 Kanonen bestückt. Man hoffte auf Ersatz der Festung, denn ein Ausbruchsversuch war schon fehlgeschlagen.

Otto von Corwin, der Chef des Generalstabs der „Deutschen Demokratischen Legion“ war in Gefangenschaft der Preußen geraten. Er wurde von den Befreiern durch das Land geführt, um ihm zu zeigen, was in Rastatt keiner glauben wollte. In die Festung zurückgekehrt, erklärte er, dass jeder Widerstand nutzlos sei: Es gibt keine revolutionäre Macht in Deutschland, auch nicht am Oberrhein. Weder von der Schweiz her, noch von Frankreich und seinen deutschen Emigranten ist irgendwelche Hilfe zu erwarten.

Der letzte Kriegsrat der Revolutionsarmee beschloss die Festung bedingungslos zu übergeben und auf Gnade zu hoffen. Am 23. Juli 1849 öffnete sich das Niederbühler Tor der Festung. Etwa 5.000 Mann marschierten, die Infanterie mit klingendem Spiel heraus, bis ein junger preußischer Hauptmann heranreitet und dem unwürdigen Spiel ein Ende bereitet: „Sie haben hier einen Dreck zu spielen, hier befehle ich!“ Nun kamen die die Dragoner, die Artillerie, die Volkswehren, zuletzt die Freischäler. Sie legten ihre Waffen nieder. Daraufhin wurden sie als Gefangene in die Kasematten ihrer verlorenen Festung zurückgeführt.

Freitag, 10. November 2023

Was verbirgt sich hinter dem Eisenbahnanschluss von Schramberg?


Als in Baden 1862 die Planungen für den Bau der Schwarzwaldbahn von Offenburg nach Singen aufgenommen wurden, versuchten die Schramberger eine Streckenführung über Hausach-Schiltach-Schramberg-Horgen-Villingen anstatt der Linienführung Triberg-Sommerau zu erreichen. Die vielen angeschlossenen württembergischen Gemeinden würden zur Rentabilität der Bahn unendlich viel beitragen. Aber die Planungen konzentrierten sich auf die Sommeraulinie d.h. über Triberg, denn die Würfel waren für diese Strecke gefallen.

Nachdem die Würfel der „großen Lösung“ gegen Schramberg gefallen waren, ging das Gescharre wegen einer Sekundärbahn los, denn die Industrie in Schramberg hatte noch keinen Eisenbahnschluss. Bittschriften, Gutachten und Befindlichkeiten der badischen und württembergischen Verwaltungen lösten sich ab, nur Schramberg bekam keinen Eisenbahnanschluss. Nur durch dem beharrlichen Einsatz des Abgeordneten Regierungsdirektor Leibbrand, der Bereitschaft eines Finanzierungsbeitrags der Gemeinde Schramberg sowie der Industriebetriebe von Schramberg war es möglich, dass die Planungen der Eisenbahn Schiltach-Schramberg 1887 begonnen werden konnten. Der Bahnhof Schiltach war leider schon so angelegt, dass ein Anschluss der Schramberger Eisenbahn nur durch einen weiteren Tunnel der Württemberger auf badischen Gebiet möglich war. Die Vorstellung einer Schmalspurbahn konnte aus Rentabilitätsgründen abgewehrt werden. Trotz der hohen Kosten des Kirchbergtunnels konnte durch Verwendung gebrauchter Schienen, nur zweiachsige Lokomotiven Kapital eingespart werden. Auch fiel die Bahnüberwachung weg, da die Höchstgeschwindigkeit der Züge nur 15 km/h betrug. 1892 konnte endlich die Einweihung der lang begehrten Eisenbahnstrecke gefeiert werden.

Was aber schon wenige Jahre nach dem Jahrhundertereignis sich abklärte, war das Provisorische dieser Stichbahn, denn die erste Begeisterung war gewichen: Eine Stichbahn, die noch von einer Nebenstrecke abzweigte, war bestenfalls eine „Tertiärbahn“. Dazu kamen kleine Lokomotiven und Wagen, geringe Geschwindigkeit während auf anderen Strecken schon riesige „Dampfrösser“ daher brausten. Diesmal war es Rudolf Linkenheil, der immer und immer wieder darauf hinwies, dass im zukünftigen und vorhandenen Eisenbahnschienennetz der Anschluss der schwergewichtigen Industriestadt Schramberg fehlte. Es gab zwei wichtige Schienenachsen nach Süden: Die Gäubahn (Stuttgart-Rottweil-Villingen) und die badische Schwarzwaldbahn (Offenburg-Triberg-Villingen), die dann gemeinsam zur Schweizer Grenze weiterführen. Hier bot sich eine Spange an, die von Loßburg (Kinzigtalbahn) über Dornhan-Seedorf nach Dunningen und von dort nach Rottweil (Gäubahn) führt. Damit wären auch der württembergische Schwarzwald und Schramberg an das Schienennetz der Bahn angeschlossen, und die „Tertiärbahn“ wäre als Durchgangsstrecke aufgewertet. Problem war nur die Tallage von Schramberg umgeben vom höheren Umland.

Der Linkenheil-Plan von 1908 sah deswegen folgende Trassenführung vor: Vom Bahnhof Schramberg gegen den Schlossberg und dessen 1 km langen Untertunnelung, Haltestelle zwischen den Vereinigten Uhrenfabriken und der Straße nach Lauterbach mit Haltestelle, dem Tösberg entlang ins Bernecktal mit einer Haltestelle Bernecktal-Teufelsküche, 1 km Tunnel unter dem Tischneck ins Kirnbachtal mit einer Haltestelle Kirnbach, obere Göttelbach, Kreuzung der Alten Steige, Bahnhof Sulgen-Sulgau, entlang dem Lienberg nach Hinteraichhalden mit Bahnhof. Von da ging es abwärts ins Eschachtal, Kloster Heiligenbronn in Richtung Seedorf mit Verbindung der Bahnlinie Loßburg-Dunningen.

Der sich abzeichnende Erste Weltkrieg hat die Pläne in der Versenkung verschwinden lassen. 1959 war das Ende des Personenverkehrs auf der Strecke Schiltach-Schramberg, 1990 nach einem Erdrutsch wurde auch der Güterverkehr eingestellt, ein Radweg gebaut und die Strecke wurde entwidmet. Auch eine Reaktivierung der Bahnstrecke 2023 ist mittlerweile vom Tisch.


Umfahrung v on Schramberg

                                                                           Eisenbahnlinie im Schwarzwald

Freitag, 3. November 2023

Was verbirgt sich hinter den Renchtal- und Kniebisbäder?

Bad Peterstal 1850

Gemeinsam ist den Renchtal- oder Kniebisbädern ihre idyllische Lage in den westlichen Tälern des mittleren Schwarzwaldes. Dabei sind sie mit ihren Quellen, trotz des nahen Ursprunges, in ihrer Zusammensetzung und Wirkung ziemlich verschieden. Sie sind alle ziemlich kühl mit ihren 8 bis 12 ° C. bis auf Bad Sulzbach, in einem Seitental der Rench, mit 22° C. Die Bäder –Antogast, Peterstal,  Freiersbach, Griesbach und Rippoldsau im Kinzigtal sind kochsalzhaltig und haben eine Beimischung von allerlei mineralischen und chemischen Stoffen, darunter Lithion, Radium, besonders Eisen und Kohlensäure und kommen damit zum Versand als Mineralwasser.

 

Bad Sulzbach wurde 1571 erstmals als Bad mit seinen Quellen erwähnt und war ab dem 18. Jahrhundert als „Fressbädle“ in aller Munde. 1929 wurde es vom Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter erworben und war bis 1968 in gewerkschaftlichen Händen. Die Gebäude wurden abgerissen und übrig blieb nur die Laurentiuskapelle. Die Heilquelle mit 21,3° C. kommt über einen Brunnen der Allgemeinheit  zu Gute.  

 

Bad Antogast, der Gesundheitsbrunnen im Tannenwald, wurde schon 1337 schriftlich erwähnt und hatte seine Blütezeit zwischen 1870 und 1914. Ab dann ging es durch mehrere Hände verfiel in den 80er Jahren und ist heute Ayurvedazentrum einer indischen Sekte mit seiner Antoniusquelle. 

 

Die Bäder Griesbach, Freiersbach, Griesbach waren schon ab dem 13. Jahrhundert für ihre Sauerbrunnen bekannt. Der Erfolg dieser beschrieb Mathias Merian im 17. Jahrhundert: „…komm zu Hülff dem Zipperlein und der Gliedsucht, machen Lust zum Essen, verzehren all Fäulniß und reinigen das Geblüt“.

 

Bad Peterstal wurde 1584 als Heilbad anerkannt und veröffentliche 1598 die erste Badeordnung. Die talaufwärts liegenden Quellen von Bad Griesbach wurden schon immer mit den Peterstaler Quellen erwähnt. Man unterschied nur die oberen und unteren Quellen oder sprach vom oberen und unteren Bad. Die „Goldene Zeit“ beider Bäder war im 19. und 20. Jahrhundert als sich der Adel bis hin zu Kaiser Wilhelm I und Geistlichkeit die Klinge in die Hand gaben.  Allerdings schränkte die Gesundheitsreform in den 90er Jahren wie in allen Bädern das Anrecht auf eine Kur für die meisten Menschen sehr stark ein. Der Kurbetrieb brach drastisch ein. Die Kurkliniken wurden durch die Krankenkassen finanziert. Aus der Kurklinik wurde ein Altenpflegeheim, das Bewegungsbad steht leer. Noch heute zeugt der Gesundheitsbrunnen der Sophienquelle von jener Zeit. Als Besonderheit galt im Ortsteil von Bad Peterstal, Bad Freiersbach, neben dem Sauerbrunnen: Die 1762 durch den Straßburger Arzt Dr Böckler durch Zufall entdeckte Schwefelquelle, die vor sich hin sprudelte und die mit der Zeit den Badebetrieb zusätzlich steigerte.

 

Die Benediktiner kannten schon im 12. Jahrhundert die Quellen von Bad Rippoldsau. Die Fürsten von Fürstenberg erließen 1579 die erste Badordnung.  Durch diese kam auch der Adel nach Bad Rippoldsau. Dies war die Zeit der „Badenfahrten“ wie in den anderen Bädern. Straßburger Bräute ließen sich im Ehevertrag pro Jahr einen Badeaufenthalt zusichern. Die Blütezeit von Bad Rippoldsau war von 1824 bis 1922 unter der Familie Göringer. Aber auch hier stehen heute Kurklinik und Bad seit Jahren leer.


Die Trinkkuren wurden aber auch zu Hause gepflegt. Schon 1657 ließ der Markgraf Wilhelm von Baden Sauerbrunnenwasser in seine Residenz bringen. Aus allen Bädern wurde das Heilwasser in Flaschen und Krügen oder Fässern abgefüllt. Dementsprechend ließ der Badbesuch nach. Industriell wurde erst der Verkauf des Mineralwassers in Bad Peterstal mit Erwin Huber, der 1926 Peterstaler Mineralwasser gründete. Erwin Winkels gründete 1935 Griesbacher Mineralwasser. 1950 folgte Schwarzwaldsprudel in Bad Griesbach. Das 1917 gegründete Freiersbacher Mineralwasser stellte 2014 den Betrieb ein. 1941 kaufte Peterstaler Mineralquellen die Kollegen aus Bad Rippoldsau. Beide Betriebe sind durch eine 16 km lange Wasserleitung miteinander verbunden.

Bad Rippoldsau 1850

Bad Griesbach 1840


                                                                                         


 

 

  

Freitag, 27. Oktober 2023

Was verbirgt sich hinter der Nikolauskapelle in Calw?


Die alte, kleine und elegante Nikolauskapelle auf der Nikolausbrücke in Calw ist das Wahrzeichen von Calw und in der ganzen Welt bekannt. Calw mit seinen rund 25.000 Einwohnern im Nagoldtal wurde 1075 als „Chalawa“ erstmals urkundlich erwähnt. Es war immer schon eine Handelsstadt mit einer  Furt durch die Nagold. Später wurde Calw reich durch den Tuch- und Lederhandel. Im 17. Jahrhundert wurde von Calwer Bürger eine Färberstiftung für die Armen gegründet, die bis 1923 Bestand hatte. Im 18. Jahrhundert kam es durch die Flößerei auf der Nagold zu einer weiteren wirtschaftlichen Blütezeit.

Die Grafen von Calw errichteten im 11. Jahrhundert eine Holzbrücke über die Nagold mit einer kleinen Kapelle, die den Fuhrleuten ein kurzes Gebet für einen guten Übergang über den reißenden Fluss ermöglichte. Abt Trithemius aus Speyer (1462-1516) berichtet in seiner Klostergeschichte des Klosters Hirsaus, dass die die Brückenkapelle von Papst Leo IX bei seinem Besuch im Kloster Hirsau 1049 geweiht worden sein soll.

Die Sandsteine der jetzigen Kapelle verraten uns, dass sie um 1400 erbaut wurde. 1435 wurde sie urkundlich erwähnt. Im 15. Jahrhundert wurde sie St Nikolaus, dem ältesten Brücken- und Wasserpatron geweiht und der Dachreiter wohl hundert Jahre später aufgesetzt. Die Nikolauskapelle hat über 6 Jahrhunderte der Geschichte der Stadt Calw miterlebt mit all ihrem reichen Erleben an Blüte und Niedergang, an Krieg, Brand und Hochwasser.

Graf Wilhelm von Württemberg, der Vorstand des württembergischen Altertumsvereins weilte 1841 zur Kur in Bad Teinach und sah bei seinem Besuch in Calw den schlechten Zustand des Bauwerks. Mit seiner Initiativen gelang es ihm, Sponsoren für die Erneuerung des Kleinods zu mobilisieren. Die katholische Kirche in Calw wurde gebeten, sie für den Gottesdienst einzubeziehen, was aber wegen der räumlichen Enge abgelehnt wurde. Wenigsten wurde das schmucklose Giebeltürmchen 1863 abgebaut und durch ein neues ersetzt. Schon 1926 musste es nach nur 60 Jahren  durch ein gotisches Ziertürmchen ersetzt werden, so sehr haben Kohle- und Schwefelgase von Industrie und Eisenbahn die Steine zersetzt. Zur gleichen Zeit wurde auch die Renovierung des Inneren der Kapelle angegangen. Die fünf Fenster sind mit Glasmalereien versehen. Das Mittelfenster zeigt die Brückenheiligen St Nikolaus und St Christophorus, während die anderen fünf Fenster 55 Wappen von Calwer Familien enthalten. Anstelle des Altars steht ein Gedenkstein.

Außen in den beiden Stirnwandnischen stehen zwei für die Stadt charakteristische Gestalten, einen derb vierschrötigen Flößer (rechts) und einen fein anmutigen Tuchmacher (links). Beide stehen für die prägenden Gewerbe dieser Stadt. Die Calwer Tücher und Zeuge waren wegen ihres feinen Gewerbes, ihrer Appretur (Zurichtung), ihres Glanzes und schönen dauerhaften Farben hochgeschätzt. In der Zeit von 1650-1797 beherrschte die „Färber- und Zeughandelscompanie“ das wirtschaftliche Geschehen dieser Stadt.

Ab 1809 beherrschte die gebildete Calwer Holzhandelsgesellschaft die Scheitholz- sowie die Langholzflößerei aus den waldreichen Gebieten des nördlichen Schwarzwalds auf dem Wasserweg über Nagold und Enz, den Neckar und den Rhein abwärts. Um 1850 erreichte die Flößerei im Calwer Gebiet ihren Höhepunkt. Mannheim, Köln und Holland waren Bestimmungsorte für das Holz der Nagold-Enz-Flößerei. In Holland, England wurde das Calwer Schwarzwaldholz für Hafenanlagen und Seglern verwendet, bis es von dem billigeren norwegischen und amerikanischen Holz abgelöst wurde. Die Eisenbahn war auch hier der Totengräber der Flößerei, so dass 1911 das letzte Floß auf der Fahrt von Wildberg nach Pforzheim über die Stellfallen vom Calwer Wehre fuhr.

Tuchhändler

Flößer



Freitag, 20. Oktober 2023

Was verbirgt sich hinter dem Freiheitswillen der Simonswälder Bauern?

Das langgezogene Simonswälder Tal war vor und nach dem 30jährigen Krieg ein wichtiger Verbindungsweg zwischen Villingen, Vöhrenbach, Furtwangen und dem Breisgau. Herzstück dieser Verbindung war die steile Kilpenstraße, die beim Gasthaus Engel den Aufstieg auf den Hohen Wald ermöglichte. Wie überall während den vielen kriegerischen Auseinandersetzungen und vor allem während des 30jährigen Kriegs waren die Bauern die Opfer. Entweder wurden sie mit Kontributionen für durchziehende Truppen belegt, oder es wurde gleich geplündert und gebrandschatzt.


Das Ringen um die Vormacht zwischen den Kaiserlichen –katholische Truppen- und den Schweden mit den Verbündeten evangelischen Truppen hatte sich im Winter 1633/34 mit voller Schärfe auf die vorderösterreichischen Lande des Schwarzwalds und Breisgau verlagert. Freiburg, die Hochburg bei Emmendingen, das Elztal mit der Kastelburg über Waldkirch und das Simonswälder Tal waren die Streitpunkte zwischen den Kaiserlichen und den Schweden, denn der Zugang zum Simonswälder Tal mit seinen Passhöhen waren Türöffner für den Schwarzwald. Aber die bewaffneten Bauern, die zu den Kaiserlichen hielten, riegelten immer geschickt das Tal ab. Nächtens eroberten sie sogar die Kastelburg für die Kaiserlichen, dafür brandschatzten die Schweden aus dem Kinzigtal kommend Elzach.

Das gegenseitige Hinundher wurde erst bedrohlich als es 1634 den Schweden gelang, Freiburg zu erobern. Schwedische Truppen erschienen wieder im Tal um zur „Fouragerg“ und Plünderung. So überfielen auch am 15. April 200 Mann und mehrere Kompanien Reiter das Simonswälder Tal, um Beute zu machen. Die Bauern durch Kundschafter vorgewarnt, ließen den Trupp ins Tal, riegelt dieses ab, kesselten den Trupp ab und schossen und schlugen alles erbarmungslos in der Enge des Tals zusammen. Mehre Male machten marodierende schwedische Truppen sich auf den Weg, um „ihr Glück zu versuchen“. Aber das immer gleiche Ergebnis war die „blutige Nase“, die sich die Schweden holten. So entschloss sich die schwedische Garnison in Freiburg mit den Talleuten ein Übereinkommen zu schließen. Gegen die Ergebung unter die schwedische Fahne und einer Schutzzahlung würden die Bauern einen Schutzbrief erhalten. Die Simonswälder, die schon auf die Parlamentäre geschossen hatten, schickten sie unter Schimpf und Schande nach Hause: Wir sind uns Feind nicht Freund!

Die Folgen der Halsstarrigkeit erzählen die Memoiren des Abtes von St Georgen: „Da sind die unvernübftigen schwäbischen und groben markgräflichen Pflegel in aller Furie daher geloffen, und allenthalben in die Höf und Häuser gefallen, indem ein jeder vermeint, die beste Beute zu machen. Da sie aber in etlichen Häusern wenig oder gar nichts gefunden, und die armen Leut entloffen waren, haben sie die übrigen, so noch vorhanden und nicht davon kommen, Weiber und Kinder, auch Alte und Kranke, ins Bluetbad geführt und unbarmherzlich wie die Hund niedergehauen. Wo noch etwas gefunden, das haben sie aufgeladen und hinweg gefüehrt. Das übrige was sie nit können tragen oder füehren wurde mit Fueßen getreten oder ins Feuer geworfen. Alle Häuser, Scheuern und Stallungen mit Feuer angesteckt und vom Boden hinweg gebrannt“.

Die Chronik des Abts berichtet weiter, dass der Kampfesmut der Bauern ungebrochen war, und sie ihr Tal wieder verrammelten. Die Schweden und ihre markgräflichen badischen und württembergischen Verbündeten rüsteten sich wieder zu einer Strafaktion. Den Wälder kam aber diesmal nicht das Kriegsglück sondern die Schlacht bei Nördlingen zur Hilfe. In dieser zweitätigen Schlacht 1634 wurden die Schweden und ihre Verbündeten verheerend geschlagen. Daraufhin wurde Südwestdeutschland und damit der Schwarzwald von den Schweden und Verbündeten (vor allem Schwaben) geräumt.

  

Freitag, 13. Oktober 2023

Was verbirgt sich hinter der "Schächtele-Stadt" Lahr?

Erste Preisliste Dreyspring 1868

Zu den Kartonagen aus dem französischen „carton“ stammend zählen Umhüllungen oder Behälter, Schachteln, Dosen usw aus Karton und Pappe. Dabei wird unterschieden zwischen Rohkartonage –eine feste Schachtel- und Feinkaronage –auch Faltschachtel. Die Feinkartonagen werden zumeist gefüttert d.h. die Seiten werden mit Papier beklebt, der Boden ebenso aber auch mit Samt oder Papierspitzen.

Der Lahrer C. F. Dreyspring ging als Buchbindergeselle auf die Wanderschaft, um wie sein Vater die Buchbinderei zu erlernen, landete in Valéras in Südfrankreich und erlernte dort die Herstellung von Schachteln. Zurückgekehrt begann er 1816 handwerksmäßig Schachteln herzustellen. Vor allem runde Schachteln hatten es den Apothekern für die Aufbewahrung von  Medikamenten angetan. Diese wurden bisher in Holzspanschachteln aufbewahrt, die vom Schwarzwald runter kamen. Schon nach einigen Jahren wandelte er die Buchdruckerei seines Vaters in eine Kartonagenfabrik um, und nach 10 Jahren beschäftigte er 40 bis 50 Mitarbeiter. Denn aus der Apothekerschachtel bildete sich die Herstellung von feineren Kartonagen für kosmetische und Juwelierwaren oder für Konditoreiartikel heraus.

Wie immer bilden in solchen Fällen sich Unternehmen im gleichen Ort von tüchtigen Mitarbeiter heraus, die sich im Laufe der Zeit eigene Unternehmen aufbauen. So auch in Lahr die Firmen Liddi 1825, Zentgraf & Franck 1852, Markwardt & Dahlinger 1871, die sich 10 Jahre später in Marckwardt und C H Dahlinger trennten oder Otto Gabelmann 1890, um nur einige zu nennen, denn es gab noch viele im Laufe der Jahre.

Zu Beginn der Kartonagenfertigung stand wie schon ausgeführt die Apothekerschachtel zur Aufbewahrung von Medikamenten, die zuvor aus Holzspan gefertigt werden mussten. Die Apothekerschachtel zog ein weiteres Gewerbe, den Etikettensteindruck als Grundlage für das Druckgewerbe nach. Dieser folgte dann der Prägedruck, um den Kartonnagen ein wertvolleres Aussehen zu geben.

Im Laufe der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts entwickelte sich aus der Kartonagenfertigung die Etuisfabrikation. Bei dieser Form der Verpackung war der Rohkörper des Etuis aus Holz –später aus Kunststoff- und die Beschläge aus Messing oder Holz. Meist wurden diese Etuis für die Kleinbijouterie hergestellt: Uhren, Gold- und Silberwaren. Die Firmen entwickelten aber auch Besteckkästen bis hin zu den Schaufenstereinrichtungen aber auch Behälter für medizinische, sanitäre, chirurgische und technische Artikel. Zwischen den Kartonagen und Etuisfabrikationen entwickelte sich noch die Halbetuis d.h. Schachteln aus Pappe, innen aber mit Stoff, Seide oder Samt ausgestattet. Gerade diese waren eine Spezialität der Lahrer Unternehmen, die mittlerweile in die ganze Welt exportierte.

Mit Gründung des Deutschen Zollvereins 1834 und der Gründung des Deutschen Reichs 1871 war die Grundlage einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung gelegt, die erst mit dem Ersten Weltkrieg einen heftigen Rückschlag erlitt, da die gesamten ausländischen Verbindungen zusammengebrochen waren. Nach der inflationären Entwicklung der 20er Jahre kam die Aufschwungsphase der 30er Jahre. Auch hier entstanden wiederum Neugründungen wie die Firma Fritz Leser 1937. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Zweiten Weltkriegs setzte sich die mühsame Aufbauarbeit im Wirtschaftswunder fort. Aus der Handarbeit mit dem Leimbrett, um den Karton mit Papier oder Folie zu bekleben, hat Anfang der 1980er Jahre der Kunststoff Einzug gehalten. In den Etuifabriken wurden nach und nach Spritzgussmaschinen aufgestellt. Im gleichen Verhältnis hat die Heimarbeit ihre Bedeutung dadurch eingebüßt. Produkte aus China und Fernost mit Lahrer Know how überschwemmten den Markt.

Was ist nun von den Pionieren der Anfangszeit übrig geblieben? Dreyspring (1816) ging durch verschieden Hände, stellte 1963 die Kartonagenproduktion ein und lebt heute als Druckerei C.F. Dreyspring weiter. Zentgraf & Frank hat 2014 die Produktion eingestellt. C H Dahlinger 1871 vertreibt heute in 5. Generation Etuis. Otto Gabelmann (1890) wurde Mitte der 1980er Jahre liquidiert. Leser (1937) als Nachfolger der liquidierten Fa Markwart (1871) heute in 4. Generation als Leser Packing & More Verpackungen.




Freitag, 6. Oktober 2023

Was verbirgt sich hinter dem Revolutionär Friedrich Hecker?


Geboren 1811 in Eichtersheim im nördlichen Kraichgau, zog mit seinen Eltern nach Mannheim –der Vater war Staatsbeamter- und fiel dort als nachlässiger Schüler auf, der erst allmählich die Anerkennung der Lehrer gewann. Anschließend schrieb er sich an der Universität Heidelberg ein, studierte Rechtswissenschaft, promovierte anschließend und dennoch wurde bekannt, dass er sich mehrfach duellierte. Seinem Unabhängigkeitsbestreben entsprach auch, dass er nicht die Beamtenlaufbahn einschlagen wollte. Er ließ sich unter Schwierigkeiten lieber als Rechtsanwalt nieder.

Der junge Rechtsanwalt wurde schon 1842 für den Wahlkreis Weinheim-Ladenburg in die Zweite Kammer der badischen Landstände gewählt, tauchte in kürzester Zeit in die Welt der Oppositionspartei ein und vertrat radikal liberales Gedankengut. Als die Auseinandersetzungen mit der Regierung sich zuspitzten, berief Hecker mit seinem Freund Struve 1847 zur „Offenburger Versammlung“ ein. Ein frei gewähltes deutsches Parlament, Pressefreiheit und Abschaffung der Vorrechte waren die Hauptforderungen. Zusätzlich stellten Hecker und Struve im sogenannten Vorparlament in Frankfurt die Forderung nach einer konstituierenden deutschen Nationalversammlung und Abschaffung der Monarchie auf. Bevor nun die Verhaftung wegen Hochverrat drohte, entschloss man sich 1848 in Konstanz zur Revolution.

Der Aufruf an alle waffenfähigen Männer Badens, sich in Donaueschingen für den Kampf zu stellen, war sehr verhalten. Unzulänglich ausgerüstete und verproviantierte Freischaren zogen vom See Richtung Schwarzwald, Konstanz und Offenburg erklärten sich zur Republik. Ca 800  Freischäler stellten sich an der Scheidegg bei Kandern den badischen Truppen unter dem Befehl des Generalleutnants von Gagern. Um unnötiges Blutvergießen zu verhindern, verhandelten von Gagern mit Hecker die Waffen niederzulegen und in ihre Dörfer heimzukehren. Aber während der Verhandlung wurde der General meuchlings von einem Freischäler erschossen. Es kam wie es kommen musste, die Freischäler wurden blutig von den Truppen zusammengeschossen und in die Flucht getrieben, Hecker flüchtete in Bauernkleider über die Grenze in die Schweiz. Er musste von der sicheren Schweiz zusehen, wie in Baden seine Gefolgsleute in Haft und Verfolgung gerieten.

Im gleichen Jahr schiffte er sich mit einigen Gesinnungsgenossen nach New York ein, wo er von der deutschen Gemeinde feierlich empfangen wurde. Wie es Hecker gelang, soviel Vermögen mitzunehmen, dass er dort sein Auskommen hatte und sich eine Farm kaufen konnte, ist nicht sicher verbürgt. Denn die badischen Finanzbehörden waren mit ruinösen Ersatzforderungen gegen ihn vorgegangen. Hecker betätigte sich als Farmer, aber seine Welt war das nicht. 1849 baten verschiedene badische Mitglieder des revolutionären Landesausschuss darum, dass Hecker dort mit arbeiten sollte. Er hoffte, dass viele Gleichgesinnte mit ihm nach Deutschland reisen würden. Tatsächlich waren es nur wenige, die im Sommer 1849 in Straßburg ankamen. Aber dort erfuhren sie, dass preußische Truppen die Bewegung niedergeschlagen hatten. Nachdem ein Monat auch noch die Festung Rastatt fiel, kehrte Hecker mit seiner Familie zurück in die USA.

Schon 1861 stellte sich der Rastlose mit seinem Sohn und dem einstigen Kampfgenossen Franz Sigel als Kriegsfreiwilliger zur Verfügung als der Bundesstaat Missouri sich auf die Seite der Konföderierten schlug, sie aber Sklavenhaltergesellschaft verurteilten. 1962 wurde Hecker dann als Oberst eines Freiwilligen-Regiments aktiv ins Kampfgeschehen eingebunden. Und schon ein halbes Jahr später schwer verwundet. Eine Blechbüchse in seiner Hosentasche hatte die Gewehrkugel abgelenkt.

Trotzdem griff er ein weiteres halbes Jahr später in das Kampfgeschehen im Bundesstaat Tennessee ein. Aber hier zeigte sich, dass Hecker zwar Mut hatte aber wohl kein militärisches Talent. Nur mit Hilfe seines Freundes Carl Schurz entging er einem Schuldspruch des Militärgerichts. 1873 unternahm Hecker als amerikanischer Staatsbürger eine Deutschlandreise, die teils ein großartiger Erfolg wurde. Die Zeiten hatten sich aber geändert: Hecker wollte nicht das Volk aufwiegeln sondern das Grab des Vaters besuchen. 1881 starb Hecker hoch geachtet auf seiner Farm in Summerfield.