Die alte, kleine und elegante Nikolauskapelle auf der Nikolausbrücke in Calw ist das Wahrzeichen von Calw und in der ganzen Welt bekannt. Calw mit seinen rund 25.000 Einwohnern im Nagoldtal wurde 1075 als „Chalawa“ erstmals urkundlich erwähnt. Es war immer schon eine Handelsstadt mit einer Furt durch die Nagold. Später wurde Calw reich durch den Tuch- und Lederhandel. Im 17. Jahrhundert wurde von Calwer Bürger eine Färberstiftung für die Armen gegründet, die bis 1923 Bestand hatte. Im 18. Jahrhundert kam es durch die Flößerei auf der Nagold zu einer weiteren wirtschaftlichen Blütezeit.
Die Grafen von
Calw errichteten im 11. Jahrhundert eine Holzbrücke über die Nagold mit einer
kleinen Kapelle, die den Fuhrleuten ein kurzes Gebet für einen guten Übergang
über den reißenden Fluss ermöglichte. Abt Trithemius aus Speyer (1462-1516) berichtet
in seiner Klostergeschichte des Klosters Hirsaus, dass die die Brückenkapelle
von Papst Leo IX bei seinem Besuch im Kloster Hirsau 1049 geweiht worden sein
soll.
Die Sandsteine
der jetzigen Kapelle verraten uns, dass sie um 1400 erbaut wurde. 1435 wurde
sie urkundlich erwähnt. Im 15. Jahrhundert wurde sie St Nikolaus, dem ältesten
Brücken- und Wasserpatron geweiht und der Dachreiter wohl hundert Jahre später
aufgesetzt. Die Nikolauskapelle hat über 6 Jahrhunderte der Geschichte der
Stadt Calw miterlebt mit all ihrem reichen Erleben an Blüte und Niedergang, an
Krieg, Brand und Hochwasser.
Graf Wilhelm von
Württemberg, der Vorstand des württembergischen Altertumsvereins weilte 1841
zur Kur in Bad Teinach und sah bei seinem Besuch in Calw den schlechten Zustand
des Bauwerks. Mit seiner Initiativen gelang es ihm, Sponsoren für die Erneuerung
des Kleinods zu mobilisieren. Die katholische Kirche in Calw wurde gebeten, sie
für den Gottesdienst einzubeziehen, was aber wegen der räumlichen Enge
abgelehnt wurde. Wenigsten wurde das schmucklose Giebeltürmchen 1863 abgebaut
und durch ein neues ersetzt. Schon 1926 musste es nach nur 60 Jahren durch ein gotisches Ziertürmchen ersetzt
werden, so sehr haben Kohle- und Schwefelgase von Industrie und Eisenbahn die
Steine zersetzt. Zur gleichen Zeit wurde auch die Renovierung des Inneren der
Kapelle angegangen. Die fünf Fenster sind mit Glasmalereien versehen. Das Mittelfenster
zeigt die Brückenheiligen St Nikolaus und St Christophorus, während die anderen
fünf Fenster 55 Wappen von Calwer Familien enthalten. Anstelle des Altars steht
ein Gedenkstein.
Außen in den
beiden Stirnwandnischen stehen zwei für die Stadt charakteristische Gestalten,
einen derb vierschrötigen Flößer (rechts) und einen fein anmutigen Tuchmacher
(links). Beide stehen für die prägenden Gewerbe dieser Stadt. Die Calwer Tücher
und Zeuge waren wegen ihres feinen Gewerbes, ihrer Appretur (Zurichtung), ihres
Glanzes und schönen dauerhaften Farben hochgeschätzt. In der Zeit von 1650-1797
beherrschte die „Färber- und Zeughandelscompanie“ das wirtschaftliche Geschehen
dieser Stadt.
Ab 1809 beherrschte die gebildete Calwer Holzhandelsgesellschaft die Scheitholz- sowie die Langholzflößerei aus den waldreichen Gebieten des nördlichen Schwarzwalds auf dem Wasserweg über Nagold und Enz, den Neckar und den Rhein abwärts. Um 1850 erreichte die Flößerei im Calwer Gebiet ihren Höhepunkt. Mannheim, Köln und Holland waren Bestimmungsorte für das Holz der Nagold-Enz-Flößerei. In Holland, England wurde das Calwer Schwarzwaldholz für Hafenanlagen und Seglern verwendet, bis es von dem billigeren norwegischen und amerikanischen Holz abgelöst wurde. Die Eisenbahn war auch hier der Totengräber der Flößerei, so dass 1911 das letzte Floß auf der Fahrt von Wildberg nach Pforzheim über die Stellfallen vom Calwer Wehre fuhr.
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