Freitag, 31. Mai 2019

Was verbirgt sich hinter der Schwarzwälder Handels- und Poststraße?


Diese führte von Frankfurt und Straßburg über Offenburg, Hausach, Hornberg, Villingen und Donaueschingen nach Schaffhausen, München und Konstanz und ist heute als B 33 über Triberg und St Georgen eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen über den Schwarzwald.



Der frühere Straßenbau vermied alle engen schluchtenartigen Täler mit reißenden Gebirgsbächen, weil diese bei jedem Hochwasser die Straße aufrissen. Deswegen wurden damals die Straßen möglichst gerade auf und ab über Berg und Tal gebaut. So führte die damalige Straßenführung über Hornberg (358 m), das offene Reichenbachtal mit bis zu 15% Steigung zur Benzebene (900 m), fällt mit 10% Gefälle hinab nach Krummschiltach (775 m), mit 15% Steigung zum Brogen (895 m) hinauf nach Peterzell und Villingen. Zusätzlich wurden auf dem Weg von Offenburg bis Villingen 6 verschieden Territorien durchfahren: die freien Reichstädte Offenburg, Gengenbach und Zell, das fürstlich fürstenbergische Gebiet von Hausach, von Hornberg bis Peterzell königlich württembergisches Gebiet und danach Vorderösterreich. Schon alleine deswegen war die Straße bis Ende des 18. Jahrhunderts in einem erbärmlichen Zustand.



Die Personenbeförderung über den Schwarzwald wurde ab 1700 vom Kronenwirt in Schaffhausen übernommen. Er fuhr alle 10 Tage mit der Kutsche über den Schwarzwald nach Frankfurt. Die Ordinaripost fuhr ab 1755 zweimal wöchentlich über den Schwarzwald. Thurn und Taxis schloss sich ebenfalls ab 1760 regelmäßig von Kehl nach München und zurück an.



Die damaligen Postwagen waren nicht sonderlich bequem. Sie hatten keine Federn sondern die Bänke hingen in Lederriemen. Wegen der enormen Steigungen im Reichenbachbachtal gab es in Krummschiltach eine Posthalterei, die bis zu 40 Pferden für den notwendigen Vorspann bereithielt. Der Posthalter von Gengenbach verriet: „Wer einmal die Strecke mitgefahren ist, kommt nie wieder.“ Vor allem im Winter mit seinen Schneeverwehungen benötigte ein Postwagen für die wenigen Kilometer von Hornberg nach Krummschiltach 8 Stunden.



Erst 1836 wurde die wichtige Poststraße aufgegeben und 1836 bis 1839 die neue Trasse, der heutigen B 33 über Triberg und St Georgen, gebaut. Dies insbesondere da Triberg und St Georgen als Uhrenzentren nur über Karrenwege zu erreichen waren.



Mit dem Bau der neuen Straße war die alte Straße im Reichenbachtal leer und tot. Der letzte Posthalter in Krummschiltach verkaufte seine Posthalterei und kaufte in St Georgen die Post. Hier hielten wiederum die Postkutschen, um nach dem Aufstieg die Pferde zu wechseln.    

Freitag, 24. Mai 2019

Was verbirgt sich hinter den Wuhren im Südschwarzwald?




Einer der Speicher der Heidenwuhr

Der südliche Schwarzwald ist eine typische Gletscherlandschaft mit tiefen Trogtälern und trockenen Hochebenen, aus denen das Wasser rasch abstürzt. Die Wuhren waren künstlich angelegte Wasserläufe mit geringem Gefälle, die das verhinderten. Aus den Hochebenen von 700 bis 800 m Höhe mit wasserreichen Gletschermulden wurden entwässert und trockene, tiefer liegende Gebiete mit wenig Wasservorkommen versorgt und für landwirtschaftliche Erzeugung nutzbar gemacht. Mühlen aller Art, Sägen, Hammerwerke, Dorfbrunnen oder später Gewerbe- und Industriebetriebe und deren Turbinen mussten  mit Wasser versorgt werden.

Es gibt 3 größere Wuhrensysteme



Heidenwuhr: beginnt in einer Wiese bei Atdorf als „Schneckenbach“. Der größte Teil des Baches wird unterhalb von Atdorf bei der „Hasnrütti“ gefasst und fließt in vielen Windungen zwischen Bergalingen und Willaringen durch, Jungholz und am Kühmoos vorbei. Schließlich in den Bergsee,  zog sich bis nach Bad Säckingen und als „Gießen“ zum Rhein hinunter.



Hännerwuhr: 11,5 km lang. Entnimmt nördlich von Hottingen aus der Murg Wasser (Parkplatz), führt es beim Dreispitz über die Wasserscheide, bei Hänner –dort lief es sogar über Dämme und Brücken über die Straßen- und führt es bei Laufenburg in den Rhein.



Hochsaler Wuhr: 27 km lang. Sie beginnt im Quellgebiet der Murg südlich von Herrischried, Hogschier, bei Oberwihl wird sogar die Wasserscheide überwunden, Hochsal, Grunholz, Luttingen und führt dann in den Rhein.



Hännerwuhr und Hochsaler Wuhr bestehen noch heute als öffentlich-rechtliche Körperschaften.



Zu den drei genannten größeren Wuhrensystemen kommen neben anderen kleinen Wuhren noch das Rüsswihler Wuhr, eine technische Meisterleistung war sicher das Berauer Wuhr, das auf der Höhe mit Wasser aus der Schlücht die Klostermühle trieb.



Das Wassersystem der Wuhren ist schon sehr alt. 1207 bestätigt eine Urkunde einen Vergleich  zwischen dem Kloster Säckingen und dem Grafen Habsburg-Laufenburg über den Wasserverbrauch aus dem Heidenwuhr. Die älteste Urkunde vom Hännerwuhr stammt von 1477 vom Hochsaler Wuhr von 1453.



Für die Verteilung des Wassers bestanden genaue Absprachen, die auf Holztafeln geschrieben waren und später als Wässerungsbriefe wichtige Dokumente der Eigentümer waren.

Entnahmestelle der Hännerwuhr aus der Murg
 

Freitag, 17. Mai 2019

Was verbirgt sich hinter dem englischen Fishing Club im Schwarzwald?





Bad Boll 1875
Die Gutach („Gute Ach“) verlässt den Titisee. Mit dem Wasser der Haslach verstärkt war die damals weiterführende Gutach durch ihr Hochwasser und Überschwemmungen so gefürchtet, dass von ihr als der „wütenden Gutach“ gesprochen wurde. Daraus wurde ihm Laufe der Jahrzehnte der Name „Wutach“. Im mittleren Abschnitt zwischen der Schatten- und Wutachmühle mit der Wutachversickerung lag Bad Boll.



Bis 1609 waren die Einwohner von Boll Leibeigene. Nach dem Kauf durch das Kloster St Blasien wurde der Hof Bad Boll zum „befreiten Gut“ erklärt. Schon damals wurde die Mineralquelle von Bad Boll sowohl zum Trinken als auch zum Baden genutzt. Seine größte Blüte erreichte das heute verfallene Bad Boll in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ursächlich waren dies nicht nur die Mineralwasser führende Badquelle, die landschaftliche Schönheit des Tales sondern auch der Fischreichtum der Wutach. Für längere Zeit galt die Wutach als das beste Forellenwasser Europas und gehörte auch für einige Zeit dem englischen Fishing Club. Die Gasthöfe und Hotels entlang der Wutach verdankten ihre Existenz den schweizerischen aber vor allem den englischen Fischgästen. Allein der englische Fishing Club betrieb damals ein Hotel mit 12.000 Übernachtungen pro Jahr.



Die Abwässer der Zellstoff- und Papierfabrik in Neustadt führten ab 1905 zu einem raschen Rückgang des Fischbestandes der Wutach. Durch die sinkenden Erträge der Wutachfischrei blieben nach und nach die zahlenden Angler aus. Damit wurde der Niedergang von Bad Boll eingeläutet. Die Anlagen verfielen langsam. Das Land Baden-Württemberg trug die Reste nach und nach ab. 1975 zerstörte ein Feuer die vorhandenen Anlagen. Heute erinnert nur noch die stark beschädigte Kapelle im Wutachtal an Bad Boll und an jene blühende Zeit.



Erst nach erheblichen Anstrengungen zur Reinigung der Abwässer durch die Zellstoff- und Papierfabrik verbesserten sich die Verhältnisse ab 1954. Bis heute ist zwecks Schonung des Fischbestandes nur das Fischen mit der Fliege erlaubt.



Das Land Baden-Württemberg wollte 2014 die Kapelle abreißen lassen. Eine Resolution des Schwarzwaldvereins konnte den Abriss des Zeitzeugens verhindern. Das Problem war, dass die Kapelle am falschen Platz ohne Fundamente an einem Schiebehang steht. So versperrte 2016 ein gewaltiger Erdrutsch den einzigen Zufahrtsweg. So musste alles von der gegenseitigen Flussseite bewerkstelligt werden. Schließlich kostete die Notsicherung der Kapelle 240.000 €. Durch weitere Spenden sollen noch die Originalfenster eingesetzt und eine Glocke in das Türmchen gehängt werden.



1977 weckte Bad Boll die Aufmerksamkeit des BKAs, nach dem Hans Martin Schleyer von der RAF entführt und ermordet wurde. Da die Terroristen Christian Klar, Adelheid Schulz und Knut Volkerts aus Südbaden stammten, wurde das Gelände von Bad Boll als möglicher Unterschlupf untersucht.