Freitag, 17. Mai 2019

Was verbirgt sich hinter dem englischen Fishing Club im Schwarzwald?





Bad Boll 1875
Die Gutach („Gute Ach“) verlässt den Titisee. Mit dem Wasser der Haslach verstärkt war die damals weiterführende Gutach durch ihr Hochwasser und Überschwemmungen so gefürchtet, dass von ihr als der „wütenden Gutach“ gesprochen wurde. Daraus wurde ihm Laufe der Jahrzehnte der Name „Wutach“. Im mittleren Abschnitt zwischen der Schatten- und Wutachmühle mit der Wutachversickerung lag Bad Boll.



Bis 1609 waren die Einwohner von Boll Leibeigene. Nach dem Kauf durch das Kloster St Blasien wurde der Hof Bad Boll zum „befreiten Gut“ erklärt. Schon damals wurde die Mineralquelle von Bad Boll sowohl zum Trinken als auch zum Baden genutzt. Seine größte Blüte erreichte das heute verfallene Bad Boll in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ursächlich waren dies nicht nur die Mineralwasser führende Badquelle, die landschaftliche Schönheit des Tales sondern auch der Fischreichtum der Wutach. Für längere Zeit galt die Wutach als das beste Forellenwasser Europas und gehörte auch für einige Zeit dem englischen Fishing Club. Die Gasthöfe und Hotels entlang der Wutach verdankten ihre Existenz den schweizerischen aber vor allem den englischen Fischgästen. Allein der englische Fishing Club betrieb damals ein Hotel mit 12.000 Übernachtungen pro Jahr.



Die Abwässer der Zellstoff- und Papierfabrik in Neustadt führten ab 1905 zu einem raschen Rückgang des Fischbestandes der Wutach. Durch die sinkenden Erträge der Wutachfischrei blieben nach und nach die zahlenden Angler aus. Damit wurde der Niedergang von Bad Boll eingeläutet. Die Anlagen verfielen langsam. Das Land Baden-Württemberg trug die Reste nach und nach ab. 1975 zerstörte ein Feuer die vorhandenen Anlagen. Heute erinnert nur noch die stark beschädigte Kapelle im Wutachtal an Bad Boll und an jene blühende Zeit.



Erst nach erheblichen Anstrengungen zur Reinigung der Abwässer durch die Zellstoff- und Papierfabrik verbesserten sich die Verhältnisse ab 1954. Bis heute ist zwecks Schonung des Fischbestandes nur das Fischen mit der Fliege erlaubt.



Das Land Baden-Württemberg wollte 2014 die Kapelle abreißen lassen. Eine Resolution des Schwarzwaldvereins konnte den Abriss des Zeitzeugens verhindern. Das Problem war, dass die Kapelle am falschen Platz ohne Fundamente an einem Schiebehang steht. So versperrte 2016 ein gewaltiger Erdrutsch den einzigen Zufahrtsweg. So musste alles von der gegenseitigen Flussseite bewerkstelligt werden. Schließlich kostete die Notsicherung der Kapelle 240.000 €. Durch weitere Spenden sollen noch die Originalfenster eingesetzt und eine Glocke in das Türmchen gehängt werden.



1977 weckte Bad Boll die Aufmerksamkeit des BKAs, nach dem Hans Martin Schleyer von der RAF entführt und ermordet wurde. Da die Terroristen Christian Klar, Adelheid Schulz und Knut Volkerts aus Südbaden stammten, wurde das Gelände von Bad Boll als möglicher Unterschlupf untersucht.