Freitag, 25. November 2016

Was verbirgt sich hinter den Spinnabenden?



Die Tage werden kürzer, früh bricht die Nacht herein. Die Zeit des Spinnens ist gekommen. Das Spinnen ist uns aus vielen Erzählungen und Überlieferungen bekannt.



Die Geschichte des Spinnens lässt sich bis zu den Römern und den Phönizier zurückverfolgen. Schon die Ägypter kannten eine feingewebte Leinenbinde, mit der die Mumien umwickelt wurden.



Im Spätsommer zeigen die Felder mit ihren hellblauen Blüten, dass der Flachs in seiner Reife steht. Die trockenen Flachsstengel werden ins Wasserbad gelegt. Die Rinde wird mit der Zeit faulig, um dann getrocknet zu werden. Durch das Brechen der Stängel in der Brache werden die Fasern frei. Diese werden aber noch in der Hechel, einem Art Nagelbrett, von den letzten harten Stängelresten gesäubert. So werden die Flachsfasern gewonnen, die nun noch gebleicht werden müssen. Die Flachsfasern werden auf einem Rocken, einem Holzstab, gewickelt und mit einem roten Band festgehalten.



Die Kunst des Spinnens besteht darin, die Fasern vom Rocken so gleichmäßig abzuziehen, dass ein feiner Faden entsteht. Je dünner und gleichmäßiger er ist, desto schöner wird später das Leinen sein. Die Arbeit der Spinnstuben war auf den Höfen des Schwarzwaldes mit der früh einsetzenden Dunkelheit ab  Oktober üblich. Die Bäuerinnen und die Mägde saßen mit brennenden Lichtspan bei der Arbeit, um den Flachs zu Leinen zu spinnen. Die Spinnräder surrten. Nach und nach gesellten sich auch männliche Gäste am Kachelofen ein und  beteiligten sich an diesem geselligen Zusammensein.



Für die Landjugend war es oftmals die schönste Zeit des Jahres. Die schwere Tagesarbeit war getan. Da es damals noch keine Tageszeitungen gab, unterhielt man sich mit den Tagesneuigkeiten. Die Männer unterhielten sich über den Viehbestand, die Frauen über den Haushalt. Sie hechelten die Nachbarschaft durch, die Mädchen flüsterten über ihre Herzensangelegenheiten miteinander.



Die Spinnstuben wurden zum Inbegriff der Geselligkeit. Sie ersetzten Buch, Zeitungen oder gar das Telefon. Den Spinnstuben haben wir es mit zu verdanken, dass so viele Volkslieder, Märchen und Sagen erhalten blieben.



Rückte der Uhrzeiger gegen zehn, war es Zeit für einen Gastkaffee und Kuchen. Da auch das Kirschwasser und der Most nicht fehlen durften, arteten mancher Abend bis weit nach Mitternacht aus. Dabei versuchten die Dorfburschen durch allerhand Ungereimtes und Gruselgeschichten sich als nächtlicher Heimbegleiter der Spinnerinnen unentbehrlich zu machen. 


Nicht die Klagen  über manche Ausschreitungen und sogar Verbote der Spinnabende im 18. Jahrhundert beendeten die Spinnabende. Es war der technische Fortschritt im 19. Jahrhundert
 
Abend in der bäuerlichen Spinnstube

Freitag, 18. November 2016

Was verbirgt sich hinter dem Mummelsee?



1850 wurde die erste Schutzhütte am Mummelsee errichtet. 1891 entstand das erste Berghotel. Nach dem Krieg beschlagnahmte 1945 die französische Besatzungsmacht das ganze Areal. Die Besatzer wollten den See zuschütten, um einen Truppenübungsplatz zu erhalten. Proteste aus der Bevölkerung konnten dies verhindern. 1955 wurden das Berghotel und das Seegelände an die Waldgenossenschaft Seebach zurückgegeben. Die Straße wurde verbreitert und durch den Abriss der Kasernengebäude entstand 1960 der großzügige Parkplatz neben dem Hotel.  2008 zerstörte ein Brand das damalige Berghotel. Die Waldgenossenschaft Seebach baute das Hotel wieder auf, das am 26. März 2010 als Erlebniswelt Mummelsee eingeweiht wurde.



Der Mummelsee ist der größte Karsee  an der B 500 unterhalb der Hornisgrinde auf 1029 Höhe m liegend und ist 17 m tief. Herr Trenkle beschrieb 1886 den Mummelsee „die Einsamkeit und Stille dieser Gegend hat etwas Schauererregendes“. Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Der Mummelsee gehört zu den beliebtesten Ausflugszielen des Nordschwarzwaldes und wird an sonnigen Tagen zum Rummelsee.



Früher wurde er als Schwallweiher für die Flößer auf der Acher verwendet. Im Winter war er Eislieferant für die Brauereien im Achtertal. Das aus dem See gesägte Eis wurde mit der Achertalbahn abtransportiert.



Um den Mummelsee hat sich ein umfangreicher Sagenkreis im Laufe der Jahrhunderte gebildet. Der Seekönig residiert mit seinen Nixen in den Tiefen des Sees. Zu wohltätigen Hilfen kamen die Nixen in die Umgebung. Nur sie mussten um Mitternacht jeweils zurück sein. Eines Tages hatte ein verliebter Bauernbursche die Uhr um eine Stunde zurückgestellt. Er wollte etwas mehr Zeit mit seiner Nixe gewinnen. Da die Nixen nach Mitternacht im Mummelsee eintrafen, grollte der Seekönig schwer. Seit dieser Zeit waren die Nixen nie wieder gesehen.



Über dem Mummelsee liegt die Hornisgrinde, der höchste Gipfel des Nordschwarzwaldes. Der Westweg führt vom Mummelsee hoch zum Gipfel, der seit 1999 wieder frei zugänglich ist. Er war zuvor militärisches Sperrgebiet. 
Mummelsee mit Erlebniswelt Mummelsee



Freitag, 11. November 2016

Was verbirgt sich hinter der Martinsgans?



Der heilige Martin (Gedenktag 11.11.) hatte seinem früheren Offiziersleben entsagt und ließ sich taufen. Als Einsiedler zog er sich südlich von Poitiers in eine Einsiedlerzelle zurück. Ein Jahrzehnt später wurde er zum Bischof von Tours gewählt.



Nach der Legende habe sich Martin bei der Berufung zum Bischof von Tours in seiner Bescheidenheit im Gänsestall versteckt. Aber durch das Gänsegeschnatter sei er verraten worden. Und deswegen würden diese zur Strafe verspeist.



Eine weitere Legende besagt, dass eine schnatternde Gänseschar in den Kirchenraum gewatschelt sei und habe dabei Bischof Martin bei seiner Predigt unterbrochen. Sie sei gefangen genommen und zu einer Mahlzeit verarbeitet worden.



Heute vergessen, es gab eine 40tätige Fastenzeit vor Epiphanias, die begann am 12. November und dauerte bis zum 6. Januar. Die Samstage und Sonntage wurden nicht gezählt. So bot der Tag des heiligen Martin Gelegenheit, nochmals aus Herzenslust zu föllen, um die magere Zeit gut überbrücken zu können. Dies geschah vorzugsweise mit einer fetten Gans.



Eine bäuerliche Erklärung ist, dass sich der heutige Martinibrauch aus einem Abschiedsessen auf dem Bauernhof entwickelt hat: Der Martinstag als Rechtstermin und Lostag spielte auf dem Land noch vor Jahrzehnten eine große Rolle. Bei den Bauern war Martini Zahltag für das Gesinde: Die Mägde und Knechte bekamen ihren Lohn und konnten sich weiter verdingen. Bauern, die es sich leisten konnten, schlachteten Gänse oder Enten für das Essen. Zu dem haben sich noch einmal alle versammelt, die den Sommer über zusammen gearbeitet hatten. Daher der Brauch, an diesem Tag eine Gans zu braten.



Eine historische Erklärung geht davon aus, dass in Zeiten des Lehnswesens eine am Martinstag fällige Lehenspflicht häufig aus einer Gans bestand. Mit der Zeit bildete sich die Bezeichnung Martinsgans heraus. Und weil der Martinstag traditionell mit einer Kirmes oder einem Tanzmusikabend gefeiert wurde, bot es sich an, die Gans zum Festessen zu machen. Und an diesem Abend wurde sie festlich verspeist.



Zum Schluss noch einige surreale Erklärungen: Der Heilkraft der wachsamen Vögeln  wurde es zugeschrieben, dass das Fett der Gans gut gegen Gichtleiden sei, ihr Blut senke Fieber. An Hexerei erinnert der Brauch, eine Feder des linken Flügels zu verbrennen, mit Wein zu vermischen und anschließend zu trinken, um Krampfanfällen vorzubeugen. Ebenso kurios der Glaube, aus dem gemeinsamen Zerbrechen der Gänse-Brustknochen die Zukunft zu lesen: Wer das größere Stück in den Händen hielt, durfte sich nach damaliger Auffassung auf die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches freuen.








Martinsgans wird dem Lehrer überbracht


Samstag, 5. November 2016

Was verbirgt sich hinter der Gäubahn?



Seit 1999 setzt die Deutsche Bundesbahn auf der Strecke Stuttgart – Zürich, der Gäubahn , wie auch auf den Strecken Nürnberg – Berlin oder Nürnberg – Dresden, den ICET mit Neigetechnik ein. Damit wird die Geschwindigkeit auf den kurvenreichen Strecken erhöht, um die Fahrzeit verkürzen.



Die Königreiche Württemberg und Bayern wollten die Eisenbahnstrecke von Würzburg, Osterburken, Stuttgart, Singen und Zürich als Schnellzugstrecke auszubauen. Dies sollte im Gegensatz zur geplanten Rheintalstrecke des badischen Großherzogtums geschehen. Sicherlich hatte diese kurvenreiche Strecke einen entscheidenden Nachteil zur bolzengeraden Strecke im Rheintal. Zusätzlich rächte sich das Großherzogtum an seinen Konkurrenten, dass es die Schnellzüge auf badischen Gebiet von Villingen bis zur Schweizer Grenze möglichst in jedem Dorf halten ließ. Dies erhöhte wunschgemäß die Reisezeit. So wurde der unliebsame Konkurrent zusätzlich behindert, bis die Rheintalstrecke fertig gebaut war.



Kuriosum in der Geschichte der Gäubahn war im Jahre 1923, dass die Rheintalbahn von Amsterdam nach Basel nicht befahren werden konnte. Die französische Armee hatte Offenburg und Appenweier besetzt.  So musste der Umweg ab Karlsruhe über Pforzheim, Horb, Villingen und dann wieder durch das Höllental nach Freiburg geleitet werden. So gab es in jener Zeit einen Schlafwagen Frankfurt – Hinterzarten.



Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf der Gäubahn das Doppelgleis durch die Franzosen abgebaut und als Reparationszahlung nach Frankreich geliefert. Aber nicht nur deswegen, sondern auch durch den Bau des Gotthard-Basis- und des Lötschbergtunnels war die Zukunft vorgezeichnet. Dies bedeutete den sechsspurigen Ausbau der Rheintalstrecke, die Untertunnelung von Offenburg und die Verlegung der Strecke in Tröge, um die lärmgeplagte Bevölkerung vor dem Lärm der durchrasenden Güterzügen zu schützen.

Die Anforderungen an moderne und schnelle Infrastruktur haben ihr Urteil über die Gäubahn gesprochen.

Höllentalbahn mit dem Hirschsprung