Freitag, 11. November 2016

Was verbirgt sich hinter der Martinsgans?



Der heilige Martin (Gedenktag 11.11.) hatte seinem früheren Offiziersleben entsagt und ließ sich taufen. Als Einsiedler zog er sich südlich von Poitiers in eine Einsiedlerzelle zurück. Ein Jahrzehnt später wurde er zum Bischof von Tours gewählt.



Nach der Legende habe sich Martin bei der Berufung zum Bischof von Tours in seiner Bescheidenheit im Gänsestall versteckt. Aber durch das Gänsegeschnatter sei er verraten worden. Und deswegen würden diese zur Strafe verspeist.



Eine weitere Legende besagt, dass eine schnatternde Gänseschar in den Kirchenraum gewatschelt sei und habe dabei Bischof Martin bei seiner Predigt unterbrochen. Sie sei gefangen genommen und zu einer Mahlzeit verarbeitet worden.



Heute vergessen, es gab eine 40tätige Fastenzeit vor Epiphanias, die begann am 12. November und dauerte bis zum 6. Januar. Die Samstage und Sonntage wurden nicht gezählt. So bot der Tag des heiligen Martin Gelegenheit, nochmals aus Herzenslust zu föllen, um die magere Zeit gut überbrücken zu können. Dies geschah vorzugsweise mit einer fetten Gans.



Eine bäuerliche Erklärung ist, dass sich der heutige Martinibrauch aus einem Abschiedsessen auf dem Bauernhof entwickelt hat: Der Martinstag als Rechtstermin und Lostag spielte auf dem Land noch vor Jahrzehnten eine große Rolle. Bei den Bauern war Martini Zahltag für das Gesinde: Die Mägde und Knechte bekamen ihren Lohn und konnten sich weiter verdingen. Bauern, die es sich leisten konnten, schlachteten Gänse oder Enten für das Essen. Zu dem haben sich noch einmal alle versammelt, die den Sommer über zusammen gearbeitet hatten. Daher der Brauch, an diesem Tag eine Gans zu braten.



Eine historische Erklärung geht davon aus, dass in Zeiten des Lehnswesens eine am Martinstag fällige Lehenspflicht häufig aus einer Gans bestand. Mit der Zeit bildete sich die Bezeichnung Martinsgans heraus. Und weil der Martinstag traditionell mit einer Kirmes oder einem Tanzmusikabend gefeiert wurde, bot es sich an, die Gans zum Festessen zu machen. Und an diesem Abend wurde sie festlich verspeist.



Zum Schluss noch einige surreale Erklärungen: Der Heilkraft der wachsamen Vögeln  wurde es zugeschrieben, dass das Fett der Gans gut gegen Gichtleiden sei, ihr Blut senke Fieber. An Hexerei erinnert der Brauch, eine Feder des linken Flügels zu verbrennen, mit Wein zu vermischen und anschließend zu trinken, um Krampfanfällen vorzubeugen. Ebenso kurios der Glaube, aus dem gemeinsamen Zerbrechen der Gänse-Brustknochen die Zukunft zu lesen: Wer das größere Stück in den Händen hielt, durfte sich nach damaliger Auffassung auf die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches freuen.








Martinsgans wird dem Lehrer überbracht