Donnerstag, 24. Oktober 2019

Was verbirgt sich hinter der Glashütte Äule?


Glashütte Äule

1597 schloss Abt Martin I vom Kloster St Blasien mit zwei Glasmachern aus Kandern –Ulrich Maler und Debus Siegwart- einen zwanzigjährigen Pachtvertrag zum Betreiben einer Glashütte. Für 50 Schilling war ihnen Ausbeuten eines Waldstückes neben dem Habsmoos (Blasiwald) zum Betreiben einer Glashütte genehmigt.



Grundstoff für die Glasherstellung  war die Kieselsäure, die in Form von Quarzsand an und in Bächen vorkommt. Problem war nur der hohe Schmelzpunkt von 1500° C, der  durch Zugabe von Flussmittel als Pottasche (Kaliumkarbonat) oder später nach seiner Erfindung Ende des 18. Jahrhunderts –Soda (Natriumkarbonat) auf 850° C heruntergesetzt werden konnte.



Für ein Kilo Glas verbrauchten die Glasbläsereien 1 m³ Holz. Für den Schmelzvorgang benötigte die Glasbläser nur 3% des Holzverbrauches. Die restlichen 97 % wurden für die Gewinnung der Pottasche benötigt. Einige Meister konnten in wenigen Jahren gewaltige Holzflächen kahlschlagen.



Aus diesem Grund mussten die Glashütten nach einer Anzahl von Jahren zum Holz wandern. Das Holz zur Glashütte zu transportieren war zu teuer und oftmals mangels Wege unmöglich. So war die Glashütte im Blasiwald von 1597 – 1622 in Muchenland, 1622 – 1684 in Althütte, 1684 – 1716 im oberen Wildbergbächle gewandert. Bis sie dann aus dem Blasiwald nach Äule (kleine Au) verlegt wurde.



Wie die St Blasianischen Glashüttern so produzierte auch Äule hochwertiges Glas. Nicht das dickwandige Waldglas sondern die feine Glaswaren der venezianischen Glasbläser war das Ziel. Das Kloster achtete darauf, dass aus anderen Gegenden Glasbläser angesiedelt wurden, die neue Techniken mitbrachten. Allerdings wurden die Glasbläser vom Kloster beauftragt, der Gewinn ihrer Arbeit lag nicht bei ihnen sondern im Kloster. Die Glasmacher durften nur kleine Flaschen, die Guttere, ab der Hütte vertreiben. Die Glashütte wurde wie eine Unternehmerglashütte betrieben: Das Kloster mit den Glasmachern als Leibeigene. Nach der Abschaffung der Leibeigenschaft Mitte des 17. Jahrhundert bezahlten die Glasmacher  100 Gulden und mussten 1.500 Glasscheiben abliefern.



Geblasen wurden nicht nur Gefäße, Gläser, Humpen, medizinische Geräte oder Glasglocken. Es wurden sogar ringförmige Glasführungen für Glockenseile geblasen, die zur Schonung dieser im Kirchendach eingelassen wurden. Die Glaswaren wurden soweit sie nicht für das Kloster bestimmt waren durch die Glasträgerkompanien vertrieben.



Die Siegwarts waren eng mit der Glashütte Äule verbunden. Fünf der sieben Gründerväter der in Äule ansässigen Glasmacherfamilien trugen den Namen Siegwart.



Mit der Säkularisierung fiel die Glashütte Äule 1807 an das Großherzogtum Baden. Zuerst versuchten die Glasmacher 1825 sich zu einer Companie zusammen zu schließen. Aber die Einfuhrzölle der Nachbarstaaten erschwerten den Absatz. Das Brennmaterial Holz ging den Glasbläser buchstäblich aus.  Äule lag zu weit ab von einem Eisenbahnanschluss, um den Brennstoff Kohle geliefert zu bekommen. Auch der Kauf der Glashütte und des Umlandes durch die Glasbläser 1860 konnte den Niedergang der bedeutendsten Glashütte des Südschwarzwaldes nicht aufhalten. 1878 wurde der Betrieb eingestellt und 1892 wurden Gebäude eingerissen. Einzig erinnert die Johanneskapelle der Glasbläsersiedlung an diese.


Freitag, 18. Oktober 2019

Was verbirgt sich hinter einer der ältesten Handelsstraßen des Südschwarzwaldes?


Villingen 1643

Im Jahre 999 wurde Villingen das Markt-, Münz- und Zollrecht verliehen. 1120 folgte das Stadtrecht

für Freiburg. Beide Städte entwickelten unter dem gleichen politischen Hintergrund erfolgreiche Handelsbeziehungen. Beide Städte waren Zährimger Städte und gehörten gemeinsam zu den Fürstenbergern und vor allem 400 Jahre zu Vorderösterreich. Problem war nur, dass der unwirtliche Schwarzwald dazwischen lag.



Schon 1310 wird der „nuwe weg“ urkundlich durch Graf Egon von Fürstenberg erwähnt, der es ermöglichte, unter seinem Schutz gegen einen Wegezoll mit unverletztem Leib und Gut von Villingen nach Freiburg und umgekehrt zu reisen.



Die Straße wurde von Villingen nicht über Vöhrenbach gebaut sondern über Herzogenweiler hinauf auf die 904 m hohe Fischerhöhe hinab nach Fischerhof im Bregtal, Bregenbach, Urach wieder hinauf zur Kalten Herberge. Von dort führte die Straße durch den Hohlen Graben, Thurner, Wagensteigtal, Burg und schließlich nach Freiburg. Den Nachteil dieser Verbindung hatten die Falkensteiner im Höllental zu tragen, da der Zoll durch das Höllental entfiel. Das Zollgebiet erstreckte sich zwar bis nach Ebnet, aber die Zollerhebung nach altem Recht war an die Zollstelle unter der Falkensteiner Burg gebunden, so dass sie leer ausgingen.



Die Handelsstraße wurde von Villingen über die Höhenzüge bis nach Zarten im Dreisamtal von den Villingern unterhalten. Der Rest der Unterhaltung musste von Freiburg getragen werden. Nach heutigen Vorstellungen dürfte eigentlich nicht von einer Straße sondern von einem unbefestigten Feldweg gesprochen werden. Immer wieder gab es Stellen, an denen zwei Wagen aneinander durchfahren konnten. Schwierigkeiten für die Straße brachte die Art der Anspannung: Beim Gabelfahrzeug werden die Zugtiere hintereinander eingespannt und zwar von einem bis zu zwölf oder mehr Tieren. Das führte dazu, dass der Weg mittig stark ausgetreten war. Bei Regen oder Schnee schoss das Wasser durch die Rinne, so dass der Weg dann oft unpassierbar war. Mit dem Verbot der Gabelfahrzeuge versuchte die Obrigkeit die Benutzung der Deichselfahrzeuge durchzusetzen.



Transportiert  wurden Gewänder, Felle, Wolle und Wein. Für Nicht-Freiburger und –Villinger war der Wegezoll doppelt so hoch.



Nach dem Dreißigjährigen Krieg konnte die Wagensteigtalstraße aber nicht mehr an die alte Bedeutung anknüpfen. Die Handelswege durch das Höllental und das Simonswäldertal von Waldkirch, Kilpenstraße nach Furtwangen gewannen an Bedeutung. Das waren die neuen Verbindungen, die die Städte Freiburg und Villingen mit Waffengewalt verhindert hatten.



Die heutige Wagensteigtalstraße wurde mit neuer Trasse in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaut.
Freiburg von Süden 1550










Freitag, 11. Oktober 2019

Was verbirgt sich hinter der Papierindustrie im Murgtal?


Erhard Kapelle
Die Murgschifferschaft gab sich 1486 die erste Zunftordnung und betrieb nicht nur die Flößerei sondern auch schon sehr früh unzählige Sägewerke. 1505 waren es in der Grafschaft Eberstein schon 25 Stück. Die ausgedehnten Wälder und die Wasserkraft durch das starke Gefälle der Murg luden geradezu zur Flößerei und vor allem zu den vielen Sägewerken ein. Durch sie gab es reichliches Angebot von schwachem Fichtenholz, das wertlos war.


1844 hatte Friedrich Gottlob  Keller ein Verfahren entdeckt, um aus Fichtenholz durch Schleifen am Schleifstein mit Wasser ein Holzschliff herzustellen, der zur Herstellung von relativ gutem Papier sich eignete. Dieser ersetzte als Rohstoff für die Papierindustrie  die Lumpen und Hadern (Abfälle von Baumwolle), die sehr begehrt waren. 1874 fand Alexander Mitscherlich das „Sulfitzellstoff-Verfahren“, mit dem Holz chemisch aufgeteilt werden konnte. Es konnte so der hochwertige Zellstoff gewonnen werden. Die Erfindung führte in den Jahren 1881/82 zur Murgtäler Papier- und Pappenindustrie.



Casimir Otto Katz errichtete 1882 die erste Holzschleiferei, die als erste die Abfälle der Sägewerke zu Holzschliff verarbeitete und diesen an die Papierfabriken verkaufte.  Er stanzte ab 1904 die später bedruckten Bierglasuntersetzer –bekannt als Bierfilzdeckel. Heute noch ist sie als „The Katz Group“ in Weisenbach als Weltmarktführer in dieser Branche tätig. Der Ursprung liegt im 1716 gegründeten Sägewerk von Johann Georg Katz in Gernsbach.



Auch die 1904 von Adolf Kast in Gernsbach errichtete Holzschleiferei ist heute als „Casimir Kast“ ein auf Verpackung und Displays aus kaschierter Wellpappe und Vollkarton spezialisiertes Unternehmen. Es ist ein konzernunabhängiges Familienunternehmen in der 13. Generation in Gernsbach Obertsroter Straße.



Die 1887 wegen Abfallprobleme errichtet Holzschleiferei des Sägebetriebes Wieland & Weber, wurde dann ein als Gruber & Weber bekanntes Unternehmen. Seit 2001 gehört es in Gernsbach Obertsrot zur „Mayr-Melnhof Kartongesellschaft m.b.H“ Wien. Das Werk produziert bis heute alles was mit Kartonagen zusammenhängt. Auch hier liegt der Ursprung im 1869 gegründeten Sägewerk. Die Erhard Kapelle liegt heute noch vor der Firmeneinfahrt. (Bild)



Die bekannte E. Holtzmann Gruppe Cie AG in Etllingen, heute bekannt als größter Zeitungspapierhersteller der Bundesrepublik, hatte seinen Ursprung ebenfalls im Murgtal. Der Karlsruher Eugen Holzmann gründete 1883 die E. Holzmann & Cie OHG und begann 1886 mit der Produktion des Holzschliffs. Das weitläufige Areal der Murgtalpapierfabriken erstreckte sich über vier Gemeinden. Deswegen hatte es die damalige Anschrift "7566 Weisenbachfabrik". Der Konzern wurde 1997 an den finnischen Konzern Enso Oy verkauft. Die Werke wurden früher oder später abgewickelt.



Felix Heinrich Schoeller und Georg Schultz gründeten 1881 auf dem Gelände einer Schleifenmühle eine Zellulosefabrik. Diese wurde 1902 wegen Geruchsbelästigung der Anwohner  eingestellt und gleichzeitig 1904 mit der Seiden und Zigarettenproduktion als Schoeller und Hoesch GmbH begonnen. 1998 wurde das Unternehmen von dem amerikanischen „Glattfelder“ Unternehmen übernommen. Die Glattfelder GmbH in Gernsbach ist heute Weltmarktführer bei Teebeutel und Overlaypapieren.


Freitag, 4. Oktober 2019

Was verbirgt sich hinter dem Löffeltal bei Hinterzarten?



Das Löffeltal führt von Hinterzarten 3 km am Rotbach entlang abwärts bis zur ersten großen Kehre der B 31 bei Höllsteig. Es wurde im 12. Jahrhundert als Abschnitt der Verbindung von Freiburg nach Donaueschingen als Falkensteig im Falkensteiner Tal, dem heutigen Höllental, erbaut. Der Name Löffeltal geht auf die Löffelschmieden zurück, die der Rotbach mit seiner Wasserkraft angetrieben hat.



Seit dem 15. Jahrhundert wurden im Erzgebirge Blechlöffel hergestellt. Sie wurden aus einem Stück geschmiedet und mit einer Feile verbessert. Im Schwarzwald wurden um diese Zeit die Löffel aus Holz oder Horn hergestellt.



Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die  ersten Blechlöffel im Schwarzwald hergestellt. Um
1740  kam Johann Ketterer aus Triberg durch Zufall darauf, die Löffel zu verzinnen und damit sehr viel haltbarer zu machen. Die rationelle Fertigung der Löffelschmieden erlaubte die Eisenlöffel billig herzustellen und das übliche Holzgeschirr zu verdrängen.



Nach Hinterzarten kam die Löffelmacherei durch den Zuzug von Matthäus Feser aus Nessellachen (westlich von Breitnau). Er tauschte  sein Gütlein mit dem Michelshof in der Steig. Er war nicht nur Bauer sondern stellte auch Eisenlöffel her. Vor allem seine Söhne revolutionierten das Gewerbe. Die Wasserkraft ermöglichte mit dem Hammerwerk zum Schlagen und Aushöhlen der glühenden Eisenstäbe unter lautem Getöse die Herstellung der Löffel und damit konnte kräftig die Leistungsfähigkeit gesteigert werden. Gleichzeitig war ein reicher Kindersegen Voraussetzung für billige Arbeitskräfte. Die Löffel mussten nachgeschliffen werden und wurden dann wegen Brandgefahr in einem getrennten „Zinnhäusle“ verzinnt.



In Hinterzarten war die Dynastie der Fesers über Generationen als Löffelschmiede tätig. Mit Andreas Feser verkaufte 1793 erstmals ein Bauer seinen Hof und betrieb die Löffelschmiede mit Erfolg im Vollerwerb. Er produzierte  7800 Dutzend (93.600) Löffel pro Jahr. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Hinterzarten 150.000 Dutzend (1,8 Mio) Löffel produziert.



Das Löffelschmiedgewerbe begann Mitte des 19. Jahrhundert zu kümmern. Verschärfter Wettbewerb, Zollpolitik anderer Staaten und die beginnende Industrialisierung durch die aufkommende Uhrenindustrie verschärften die Krise. Die Familienmitglieder der Löffelschmiede mussten sich anderen Berufen zuwenden. 1908 verstarb der letzte Löffelschmied hochbetagt in Hinterzarten.



Aber auch Sägewerke nutzten die Wasserkraft des Löffeltales. Noch erhalten ist die Kinghofsäge, die 1979-1982 vom Schwarzwaldverein Hinterzarten restauriert wurde. Auch eine Hochgangsäge wurde erhalten.

Kingenhofsäge im Löffeltal