Freitag, 22. November 2019

Was verbirgt sich hinter der Schwarzwälder Taschenuhr?



Mathias Hummel aus Waldau schnitzte zwar schon 1750 eine Taschenuhr aus Buchsbaumholz, nur Spiral und Feder waren aus Metall. Ähnliches gelang auch Crispin Kern 1770 aus Schönwald. Michael Dorer aus Furtwangen fertigte eine aus Elfenbein. Das waren aber nur vereinzelte Tüftler mit einer reizvollen Lieblingsbeschäftigung.



Die Taschenuhrmacherei war in ihren Anfängen im Schwarzwald nur spärlich betrieben. Die hauptsächliche Herstellung wurde in der französischen Schweiz im Jura betrieben.



Die Not- und Revolutionsjahre 1847/49 zwangen die Schwarzwälder individuellen Uhrmacher zur Kooperation. Sie gründeten den „Gewerbeverein für den uhrmachenden Schwarzwald“ in Schönenbach,  und die Badische Staatsregierung gründete 1850 in Furtwangen die Uhrmacherschule. Um die Not zu lindern, die Kooperation zu fördern und die Qualität der Uhrmacher und deren Produktion zu verbessern, wurde sie gegründet. Erster Leiter wurde der junge Ingenieur Robert Gerwig, der Erbauer der Schwarzwaldbahn. Auch die Taschenuhrfertigung sollte mit einem Hauptlehrer aus dem Schweizer Jura ein eigenes Gewicht bekommen. Diese Sparte war mit 18  Besuchern sofort ausgelastet.



Neben der Schweiz entstand 1844 durch Adolf Lange im sächsischen Erzgebirge und 1852 im Riesengebirge durch Eduard Eppner jeweils erfolgreiche Taschenuhrenproduktionen. Warum sollte dies im Schwarzwald nicht gelingen, nachdem es eine Uhrmacherschule gab? So ergriff der Arzt Joseph Duffner in Furtwangen die Initiative und gründete 1853 die „Aktiengesellschaft für Taschenuhren Fabrikation in Furtwangen“. Im Laufe der Jahre entstanden in Triberg, Lenzkirch und St Georgen mehrere Werkstätten, die Taschenuhren herstellten. Firmen wie Georg Pfaff in St Georgen, Rombach in Triberg oder Kaiser & Kirner in Furtwangen, um nur einige zu nennen, stellten Taschenuhren in Kleinserien her.



Die Entwicklung war aber schon verschlafen. Denn 1851 wurde die erste Taschenuhr im Schwarzwald gebaut, so wie sie schon seit 150 Jahren in der französischen Schweiz gebaut wurden. Ab 1865 begann Erhard Junghans in Schramberg nach amerikanischem Vorbild Wecker, Taschen- und später Armbanduhren in Serie zu produzieren. Geheimnis war einfachste Konstruktionsweise und maschinelle Herstellung der Uhrenteile, die eine Austauschbarkeit der Teile gewährleisteten. Der Versuch der badischen Regierung, mit dem genossenschaftlichen Zusammenschluss der Schwarzwälder Hausuhrenindustrie diese zu retten, scheiterte kläglich. In Schramberg entstanden mit Junghans und der Amerikanischen Uhrenfabrik H.A.U., in Schwenningen mit Mauthe und Schlenker & Kienzle Großbetriebe, um nur einige zu nennen, die dem traditionellen Uhrenhersteller nach und nach jegliche Existenzberechtigung raubten.



Ab den 30er Jahren wurden nach amerikanischem Vorbild moderne Armbanduhren in Großserien gebaut. Sie entwickelten sich immer mehr zum Schmuckstück und verdrängten die als altmodisch angesehene Taschenuhr. Die Quarzuhr ab Mitte der 70er Jahre  machte der Taschenuhr endgültig den Garaus. Sie war mit ihrer Ganggenauigkeit überlegen wurde zusätzlich durch die Mengenproduktion zum Wegwerfartikel.  Die Taschenuhr blieb nur noch den wenigen Liebhabern übrig.

8 Tage Tasschenuhr



 

Freitag, 15. November 2019

Was verbirgt sich hinter den Schiltacher Flößer in Niederösterreich?


Schiltacher Flößer

Die Holzhändler André & Götz frère in Straßburg wollten die k.k. Domäne Waidhofen in Niederösterreich erwerben, um die riesigen Wälder zu verwerten. Die schlechten Straßen ließen nur die Möglichkeit zu, das Holz auf der Ybbs abzuflößen. Hier in der Region war nur das Flößen mit kurzen 15-30 m langen Einheiten bekannt.



Den Schiltacher Floßmeister Abraham Koch erreichte 1864 die Anfrage aus Straßburg, ob auf der Ypps nicht die Gestörflößerei mit einer Länge von 400-500 m wie im Kinzigtal möglich wäre. Koch ging die 130 km lange Ypps fünf Mal auf und ab, um zu einem positiven Ergebnis zu kommen.



Die Straßburger erwarben daraufhin die Domäne Waidhofen am Oberlauf der Ybbs, errichteten eine Sägewerk in Amstetten mit einem Gleisanschluss der Eisenbahn. Das Sägewerk zählte zu den modernsten in der Monarchie. Trotz des Widerstandes der Flussanrainer und Werksbesitzer erhielten sie eine Konzession über 12.000 Kubikklafter Holz für 10 Jahre zu flößen.



Infolge wurde die Infrastruktur auf der Ypps für die Flößerei hergestellt: Felsen wurden gesprengt, die Wehre erhielten Floßgassen, Einbindestätten  und Schwallweiher wurden angelegt. Und tatsächlich heuerte Koch 28 Flößer und Holzhauer aus dem Kinzig- und Wolftal an, die 1865 in Waidhofen eintrafen.



Tatsächlich fuhr Anfang März 1866 das erste Floß. Die Bewohner liefen herbei, um das für unmöglich Gehaltene zu bestaunen. Man empfand die Rückständigkeit, denn es mussten Elsässer und Schwaben kommen, um die Österreicher zu lehren, wie man flößt.



Natürlich wie immer in solchen Fällen kommt der Neid. Man gönnte den Ausländern nicht den Erfolg. Der Vorwurf der Waldausrottung stand im Raum. 1870 nahm ein Hochwasser ein Floß mit, das sich vor die Brücken legte und diese waren nach wenigen Stunden verschwunden. 10.000 Gulden Instandsetzung waren dafür fällig.



1873 verließen die letzten Schwarzwälder die Ypps. Das Unternehmen wurde mit angelernten Einheimischen weitergeführt. 1875 geriet das ganze Unternehmen in den Sog des Wiener Börsenkraches. Das Unternehmen wurde an den Bankier Albert von Rothschild verkauft. Für ihn lohnte sich das ausgebeutete Holzunternehmen nicht mehr, und er schloss 1880 die Sägewerke.
Floß auf der Ypps 1866



Freitag, 8. November 2019

Was verbirgt sich hinter dem ersten Flieger des Schwarzwaldes?


Am 6. März 1889 wurde in Nordrach Karl Josef Öhler auf dem Schrofen geboren. Der unternehmenslustige Schreinergeselle entdeckte, wie manch einer in jener Zeit, das Interesse an der aufkommenden Fliegerei. Er bastelte in der Freizeit Flugzeugmodelle und versuchte durch Selbststudium in die faszinierende Kunst des Fliegens einzudringen.



Mit viel Mühen konnte er in der Nähe von Berlin in der damaligen Provinz Brandenburg bei einem der ersten Fluglehrer sein theoretisches Wissen über die Fliegerei durch praktischen Unterricht ergänzen. Mit 24 Jahren –also 1913 zehn Jahre nachdem die Gebrüder Wright ihren ersten 37 m langen Hopser mit einem Flugzeug zurückgelegt hatten- hatte er sein Ziel erreicht und das Flugzeugführerpatent erworben. Die Fliegerei übte eine so starke  Faszination auf den Karl Josef Öhler aus, dass er mit geborgtem Geld ein Flugzeug kaufte. Mit Schau- und Kunstflügen warb er nicht nur für den Flugzeuggedanken sondern brachte  die Mittel für die Rückzahlung seiner Schulden auf, die er durch das Flugzeugpatenterwerb und Flugzeug aufgehäuft hatte.



Fasziniert beobachteten die Bewohner des Kinzig- und Harmersbachtales bis hinauf nach Freudenstadt die Flugkunst des Nordrachers auf seinen Flugtagen.



Mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 wurde er natürlich sofort Soldat der Luftwaffe und im Osten eingesetzt. Dem Idealisten war es zuwider, sein Können für die Zerstörung von Häusern, Fabriken oder zum Töten von Menschen einzusetzen. Am 20. August 1917 ereilte den Vizefeldwebel im Luftkampf über Flandern der Fliegertod.



Auf dem Dorffriedhof wurde der mit höchsten Orden ausgezeichnete Fliegerheld zur letzten Ruhe gebettet.



Viel zu früh, mit nur 28 Jahren, wurde der erste Flieger des Schwarzwaldes aus seinen hochtrabenden Fliegerträumen gerissen.


Samstag, 2. November 2019

Was verbirgt sich hinter dem Staatsbad Wildbad?


Wildbad 1890
Bad Wildbad liegt an der Großen Enz, die sich im eingemeindeten Calmbach mit der Kleinen Enz vereint und in Pforzheim in den Neckar mündet.



Vermutlich legten Hirsauer Mönche zu Anfang des 12. Jahrhunderts in der Nähe der heutigen Kuranlagen einen ersten Thermalwasserschacht. Er wurde 1904 entdeckt. 1367 wurde Wildbad vom Grafen Eberhard der Greiner befestigt und das damalige „Wiltpad“ wurde zur Stadt erhoben. 1612 gab es schon ein Fürsten-,  Herren-, Bürger-, Frauen- und Armenbad. Nach dem Abbruch der alten Badhäuser entstand 1840/47 das Graf-Eberhard-Bad und damit rückte Wildbad in die erste Reihe der deutschen Badeorte. Die Glanzzeit dauerte bis 1870, da damals der europäische Adel bis zum Zar von Rußland zur Kur weilte.



Zu allen Zeiten war Bad Wildbad das Bad der württembergischen Könige. In Brötzingen, heute ein Vorort von Pforzheim, wurde extra die Königskurve gebaut. So konnte der württembergische König mit der Nagold- und Enztalbahn sein Staatsbad erreichen, ohne badisches Gebiet benützen zu müssen. Noch heute ist es im Besitz des Landes Baden-Württemberg.



Palais Thermal
Das Graf-Eberhard-Bad ist heute nur noch die Fassade des „Palais Thermal“. Die Badelandschaft verbindet Fürstenbäder, Saunawelt mit Wellnessoase. Die Annehmlichkeiten des Orients in der Maurischen Halle wurden mit denen des Okzidents verbunden. Darüber hinaus kann das Thermalwasser und medizinische Bäder auch im Gesundheitszentrum „Vital Therme“ genossen werden. Im Forum des König-Karls-Bad –dem heutigen Haus des Gastes- steht ein Trinkbrunnen, an dem das gesundheitsfördernde Thermalwasser gekostet werden kann.



Das zu den verschiedenen Zeitpunkten gebohrte Thermalwasser strömt täglich mit 12 l/s mit einer Temperatur von 35 – 42 ° aus den Quellen. So können innerhalb eines Tages sämtliche Becken inhaltlich erneuert werden. Auch das Duschen wird mit Thermalwasser ermöglicht.



Schon 1699 wurde durch Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg mit einer Hainbuchenallee die Grundlage für den heutigen Kurpark gelegt. 1,5 km lang erstreckt sich heute der Naturpark über 35 ha beidseitig an der Enz entlang. Im Kurpark liegt das Königliche Kurtheater, es gehört zu den schönsten Theatergebäuden Süddeutschlands.



Ein lohnendes Ausflugsziel ist der Sommerberg. Seit über 100 Jahren verbindet die heute modernste Seilbahn Deutschlands Bad Wildbad mit dem Hochplateau des Sommerberges in 300 m Höhe. Ein wunderbarer Rundblick über den Schwarzwald entlohnt den Wanderer. Von hier aus sind es ca 3 bis 4 km zum Wildsee, dem größten naturbelassenen Hochmoorgebiet Deutschlands. Der anschließende Hohlohsee mit seinem Moorgebiet sind heute das Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn. 
Wildsee Moor