Tabakspinnerei 1792
1774 gründete Carl Ludwig Lotzbeck in Lahr eine Schnupftabakfabrik und legte damit den Grundstein für den Tabakanbau im Rheintal. Das Schnupfen von Tabak, das von Frankreich aus sich verbreitete, fand immer mehr Anhänger. In der fruchtbaren Rheinebene wurde verstärkt Tabak angepflanzt, dessen Blätter unter den noch heute sichtbar weit vorspringenden Dächern über den Winter getrocknet wurden. Bühl und Lahr wurden für die Tabakindustrie führende Städte im Großherzogtum.
Um 1850 tauchte die Zigarre auf, die den Schnupftabak und die Pfeife ablöste, denn das Großherzogtum Baden war führend im Anbau von Zigarrentabak. Was lag näher als in die Schwarzwaldtäler zu gehen, um die nach arbeitsuchende Bevölkerung –vor allem Frauen- mit dem Zigarrenrollen sowie mit dem Erstellen der Zigarre zu beschäftigen. Adolf Friedrich Bader aus Karlsruhe gründete 1840 in Lahr die erste Zigarrenfabrik. Schon in den 50er Jahre waren in Lahr 200 Zigarrenarbeiter beschäftigt. Schnell verbreiteten sich in die Schwarzwaldtäler Filialen, die zu Keimzellen vieler neuer selbstständiger Betriebe wurden. 1860 wurde durch Wilhelm Leser aus Freiburg die erste Zigarrenfabrik in Seelbach im Schuttertal gegründet. So kaufte Franz Josef Krämer aus Seelbach dort schon Besitzer einer Zigarrenfabrik 1890 das alte Amtsgebäude in Haslach, um auch dort eine Zigarrenfabrik zu gründen. Selbst in Oberwolfach beschäftigte er die billigen Arbeitskräfte in einem Filialbetrieb.
Wie schnell die Expansion der Zigarrenfabriken sich entwickelte, zeigte sich von Franz Sales Geiger aus Oberweier, der mit Michael Mühlhäusler 1889 eine Zigarrenfabrik in Friesenheim gründete. 25 Jahre später waren nahezu 2.000 Arbeiter in seinen Filialen am Schwarzwaldrand entlang beschäftigt.
Auch in Bühlertal entstand durch August Schweitzer aus Karlsruhe 1906 eine Zigarrenfabrik, die 1916 in Kappelwindeck ein Filialbetrieb erstellte. Auch Kaiser und Fackler, ein namhafter späterer Zigarrenhersteller, ließ sich in Bühlertal nieder.
In den 20er Jahren setzte sich mit der Inflation von der Schweiz kommend der Stumpen durch. Er konnte im Strang hergestellt werden, wurde einfach geteilt und kam günstiger auf den Markt. Aber auch die maschinelle Entwicklung setzte der Zigarrenindustrie zu, denn durch sie waren tausende Arbeitsplätze in Gefahr. Dem versuchte die Reichsregierung 1933 durch ein „Maschinenverbotsgesetz“ entgegen zu wirken. Die Atempause war aber nur kurz, denn Tabak wurde in Kriegszeiten bald zum begehrten Tauschobjekt und bis zur Währungsreform zur Schwarzwährung.
In den Aufbaujahren nach dem Kriege setzte sich die schnell gerauchte Zigarette immer mehr durch, als die in Ruhe zu rauchende Zigarre. Die überall aufgestellten Zigarettenautomaten läuteten in den 60er Jahren den Niedergang der Zigarre ein. In den 70er Jahren setzte das Sterben der Zigarrenindustrie ein. Die Betriebe kümmerten und meldeten Konkurs an. Der Verband der Oberbadischen Zigarrenhersteller hat sich 1976 aufgelöst, da es keine Mitglieder mehr gab. Zur selben Zeit zeigt sich am Wachstum der Zigarettenmarke Roth-Händle in Lahr wo die Zukunft liegen wird. Nach 125 Jahren war die Zigarre ein Fall fürs Museum in Mahlberg.