Freitag, 5. August 2022

Was verbirgt sich hinter den Glasträgern?


Der Vertrieb der Glaswaren der frühen Glashütten erfolgte durch Glasträger. Sie waren als Hausierer mit eigens konstruierten Rückenkörben –Krätzen- unterwegs, um die zerbrechlichen  Glaswaren von den Glashütten im Schwarzwald und den angrenzenden Gebieten auf Märkten oder von Hof zu Hof anzubieten. Kein Hof war zu weit, wenn sich ein Gläserverkauf möglich schien.

Anfänglich waren dies die Glasbläser, die mit ihren Verwandten als Glasverkäufer gingen. Sie waren oft Tage und Wochen unterwegs bis der Inhalt ihrer Krätze verkauft war. Bald kamen sie aber zur Einsicht, dass es rentabler war, nicht mehr selber auf Wanderschaft zu gehen, sondern die ganze Zeit am Glasofen zu verbringen und für Nachschub zu sorgen. So konnten die Glasöfen das ganze Jahr bis auf April bis Mai brennen. In dieser Zeit wurden die Öfen ausgebessert oder erneuert.

Die Familie blieb auf dem Schwarzwald zurück. Sie arbeiteten anfänglich in Abhängigkeit von den jeweiligen Glasmeistern, die allein die Privilegien von Seiten der Herrschaft genossen. Sie suchten die Glasträger aus, beschäftigten diese und stellten sie den Holzfällern gleich. Namentlich bekannt sind zwei Glasträger: Sebastian Reiner (1644) und Christian Baumgartner (1660). Aber bald kehrten sich die Verhältnisse um.

Bei der Vertragserneuerung der Fürstenberger Rotwasser-Glashütte am Feldberg waren 1686 unter den Teilhabern schon zwei Glasträger, die stellvertretend für sich zwei kundige Glasmeister am Ofen einsetzten und die Produktion der Glasmeister bestimmten.

Der Schriftsteller Peter Stühlen hat die Geschichte in seinem Roman „Aus den schwarzen Wäldern“ nacherzählt: „Glaubst du“, fragte der Meister, „dass wir dir unsere Ware auf Kredit geben?“ – „Nein“, antwortete Johann der Anführer der Glasträger, „wir werden sie bezahlen“. Nun zeigt sich, dass er seine Familie hatte darben lassen, Tag für Tag und Jahr für Jahr, weil er sorgsam und geduldig auf das Ziel hingearbeitet hatte. Eine wohlgefüllte Geldkatze, mühsam erarbeitetes Silber, erspart, erhungert hatte er zur heutigen Abrechnung mitgebracht. Die Meister sahen ein, dass sie in Johannes Händen waren. Nun stand plötzlich die Kundschaft unmittelbar vor den Öfen der Meister. Männer, die die Märkte kannten, über Mittel verfügten und vernünftige Preise boten. Die Glasträger verließen als freie und selbstständige Handelsmänner die Glashütte, die sie als Knechte betreten hatten.

Durch die Glasträger kamen allerlei Waren wie böhmischen Uhren, Kanarienvögel, geflochtene Körbe und Strohhüte aus Italien auf den Schwarzwald. Ihnen ist zu verdanken, dass die Uhrenherstellung und Strohflechterei auf dem Schwarzwald angestoßen wurde.

1720 schlossen sich die Glasträger in Lenzkirch zu Glasträgergesellschaften zusammen ähnlich wie die Uhrenträger in  Triberg. Mit ihnen wurden die Betriebsbedingungen intern festgelegt, jährlich abgerechnet und gleichzeitig die Verkaufsgebiete festgelegt. Es entstanden die Elsaß-, Schwaben-, Württemberg-, Pfalz-und Schweizerträgercompanie.

Siehe, „Was verbirgt sich hinter den Glasträgercompanien?“.