Freitag, 8. Mai 2020

Was verbirgt sich hinter dem Leben der Hirtenbuben?


Raitenbuch

Das Dasein der Hirtenbuben erstreckte sich in der Zeit der großen Waldrodungen vom 12. Jahrhundert bis zur Einführung des elektrischen Weidezaunes Anfang der 50er Jahre. Vordringliche Aufgabe der zumeist 8-14jährigen Buben war es von Mitte Mai bis Ende Oktober Vieh auf der Weide zu hüten. Zumeist waren es die Kühe, Schafe und Ziegen, die der Bauer den Hof-, Taglöhnerkinder oder den Kindern aus kinderreichen Familien aus nah und fern in Obhut gab. Bekannt waren die Kindermärkte in Oberschwaben, bei denen die Bewohner der Alpenländer ihre hungrigen Kindermäuler unterbrachten.



Zumeist waren die Hirtenbuben in der Weideperiode oder gar das ganze Jahr beschäftigt. Sie erhielten Kost und Unterkunft –zumeist war dies ein Strohsack auch nur für zu Zweit- und ein geringer Lohn.



Schon morgens früh ging es mit der Herde los auf die Sommerweide. Über Mittag während der Hitze kehrte das Vieh in die Stallungen zurück, um spätnachmittags nochmals auszurücken. Die Schwierigkeit war es, die Herde auf der vorgegebenen Weide zusammen zu halten, um das Ausbrechen auf Felder oder zum Nachbarn zu vermeiden und dies vor allem bei Gewitter. So wurde das Zahnkäppele auf dem Rappeneck bei Oberried 1750 auf Grund eines Gelöbnisses gebaut. Bei einem Gewitter hatte sich die Herde panikartig verlaufen. Sollte die Herde gefunden werden, würde dort eine Kapelle gebaut. Am nächsten Tag wurde sie unversehrt auf dem Rappeneck gefunden.




Die Hirtenbuben hatten nur ein Hemd und eine kurze Hose und gingen barfuß. Bei Regen kam noch ein Filzhut und ein Umhang aus einem Kartoffelsack oder einem Strohumhang hinzu. Im Herbst, wenn auf der Höhe schon die Kälte sich zurück meldete, blieb als einzige Möglichkeit der frische Kuhfladen zum Aufwärmen der Füße.



Der anstrengende 15 Stundentag wurde durch den Weg zur Hirtenschule und dem Schulunterricht von 3 bis 4 Stunden über Mittag unterbrochen. Zumeist gab es zwei Klassen – die 6 bis 9 Jährigen und die 10 bis 14 Jährigen wurden zusammengefasst. In den Heu-, Getreide-, und Kartoffelferien gab es schulfrei. Aber gerade da wurden die Hirtenbuben zusätzlich zu diesen Arbeiten gebraucht.





Schellenmarkt auf dem Biereck
Es blieb ihnen kaum Zeit zum Lernen, die harte Arbeit nagte an ihren Kräften und das Heimweh nach Geschwister und Mutter zeichnete den harten Lebensweg der Hirtenbuben. Das große Elend dieser Kinder lässt sich in heutiger Zeit kaum vorstellen. Da waren die Freuden an Pfingsten beim geschmückten ersten Viehauftrieb, auf den Schellenmärkten wie heute noch auf dem Biereck bei Hofstetten und dem Fohrenbühl, dem Viehauftrieb zum Laurenzifest wie heute noch auf dem Feldberg, eine kleine Freude im Jahr. Noch heute stammt der Spruch „geschmückt wie ein Pfingstochse“ aus der Zeit des geschmückten ersten Viehauftriebes.