Raitenbuch |
Das Dasein der Hirtenbuben
erstreckte sich in der Zeit der großen Waldrodungen vom 12. Jahrhundert bis zur
Einführung des elektrischen Weidezaunes Anfang der 50er Jahre. Vordringliche
Aufgabe der zumeist 8-14jährigen Buben war es von Mitte Mai bis Ende Oktober
Vieh auf der Weide zu hüten. Zumeist waren es die Kühe, Schafe und Ziegen, die
der Bauer den Hof-, Taglöhnerkinder oder den Kindern aus kinderreichen Familien
aus nah und fern in Obhut gab. Bekannt waren die Kindermärkte in Oberschwaben,
bei denen die Bewohner der Alpenländer ihre hungrigen Kindermäuler
unterbrachten.
Zumeist waren die Hirtenbuben in
der Weideperiode oder gar das ganze Jahr beschäftigt. Sie erhielten Kost und
Unterkunft –zumeist war dies ein Strohsack auch nur für zu Zweit- und ein
geringer Lohn.
Schon morgens früh ging es mit
der Herde los auf die Sommerweide. Über Mittag während der Hitze kehrte das
Vieh in die Stallungen zurück, um spätnachmittags nochmals auszurücken. Die
Schwierigkeit war es, die Herde auf der vorgegebenen Weide zusammen zu halten,
um das Ausbrechen auf Felder oder zum Nachbarn zu vermeiden und dies vor allem
bei Gewitter. So wurde das Zahnkäppele auf dem Rappeneck bei Oberried 1750 auf
Grund eines Gelöbnisses gebaut. Bei einem Gewitter hatte sich die Herde
panikartig verlaufen. Sollte die Herde gefunden werden, würde dort eine Kapelle
gebaut. Am nächsten Tag wurde sie unversehrt auf dem Rappeneck gefunden.
Die Hirtenbuben hatten nur ein
Hemd und eine kurze Hose und gingen barfuß. Bei Regen kam noch ein Filzhut und
ein Umhang aus einem Kartoffelsack oder einem Strohumhang hinzu. Im Herbst,
wenn auf der Höhe schon die Kälte sich zurück meldete, blieb als einzige
Möglichkeit der frische Kuhfladen zum Aufwärmen der Füße.
Der anstrengende 15 Stundentag
wurde durch den Weg zur Hirtenschule und dem Schulunterricht von 3 bis 4
Stunden über Mittag unterbrochen. Zumeist gab es zwei Klassen – die 6 bis 9
Jährigen und die 10 bis 14 Jährigen wurden zusammengefasst. In den Heu-,
Getreide-, und Kartoffelferien gab es schulfrei. Aber gerade da wurden die
Hirtenbuben zusätzlich zu diesen Arbeiten gebraucht.
Schellenmarkt auf dem Biereck |
Es blieb ihnen kaum Zeit zum
Lernen, die harte Arbeit nagte an ihren Kräften und das Heimweh nach
Geschwister und Mutter zeichnete den harten Lebensweg der Hirtenbuben. Das
große Elend dieser Kinder lässt sich in heutiger Zeit kaum vorstellen. Da waren
die Freuden an Pfingsten beim geschmückten ersten Viehauftrieb, auf den
Schellenmärkten wie heute noch auf dem Biereck bei Hofstetten und dem
Fohrenbühl, dem Viehauftrieb zum Laurenzifest wie heute noch auf dem Feldberg,
eine kleine Freude im Jahr. Noch heute stammt der Spruch „geschmückt wie ein
Pfingstochse“ aus der Zeit des geschmückten ersten Viehauftriebes.