Freitag, 22. März 2024

Was verbirgt sich hinter dem Eisenbahnanschluss von Lahr ins Kinzigtal?

Anfang 1950er Jahre in Lahr

Der Warenverkehr aus dem Kinzig- und Harmersbachtal wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts nicht über Offenburg sondern über den Schönberg nach Lahr, der Industrie-, Verwaltungs- und Garnisonsstadt, abgewickelt. Als die Planungsphase für den Bau der Schwarzwaldbahn in den 1850/60er Jahre langsam öffentlich wurden, bemühte sich der frühere Bürgermeister und Landtagsabgeordnete von Lahr, Wilhelm Flüge, dass der Bahnhof in Biberach auf das linke Kinzigufer gelegt werde. Sein Hintergedanke war, eine Bahnverbindung von Lahr, vorderes Schuttertal über den Schönberg nach Biberach. Tatsächlich beschäftigte sich die Stadt Anfang der 1880er Jahre ernsthaft mit diesen Plänen. Mit der angestrebten Eisenbahnverbindung Lahr – Dinglingen an die Rheintalbahn könnte eine Querverbindung durch das vordere Schuttertal zur Schwarzwaldbahn hergestellt werden. Diese bis Erstein im Elsaß oder Straßburg weitergeführt, könnte sogar als strategische Verbindung den Generalstab in Berlin interessieren.

Freiburger Ingenieure legten dann ihre Planungen vor:

 

Projekt 1 führte über Kuhbach-Reichenbach, den 200 m höheren Schönberg nach Biberach mit 14,1 km.  Allerdings hätte dies für den Aufstieg auf den Schönberg eine Zahnstange für die Lokomotive bedeutet und Gesamtkosten von 1,6 Mio Mark bedeutet. Eine Strecke ohne Zahnstange war vom Langeck am Westausgang von Reichenbach ins Gereut bis zur Poche und dann über das Tal um den Eichberg herum auf die Höhe des Schönberg geplant. Allerding wären die Kosten auf 2,7 Mio Mark gestiegen.

 

Projekt 2 Hier wurde eine Eisenbahntrasse Lahr-Steinach von Reichenbach über Steinbach-Seelbach-Wittelbach durch das Kambachtal mit einem 250 m langen Tunnel unter der Schwedenschanze in Welschsteinachtal abwärts bis Steinach geplant. Allerdings wären hier die Kosten auf 3,9 Mio Mark gestiegen.

 

Projekt 3 Hier sollte die Strecke ebenfalls von Lahr – Steinach führen. Allerdings führte die Strecke nochmals weiter nach Osten, in dem vom Kambach- ins Grangertal mit einem Tunnel von 320 m Länge als Durchstich des Gebirges in der Nähe des Neuhäuserhofes.  Hier wären die Baukosten auf 3,2 Mio Mark gesunken.

 

Die Militärs waren an einer strategischen Vollbahn Erstein-Lahr überhaupt nicht interessiert und haben  gleich abgewunken und das Ministerium hatte gleich mitgeteilt, dass dafür keine Mittel bereit stehen würden. Alternativ wurde wie in damaliger Zeit üblich, eine Straßenbahnverbindung Rheingrenze, Lahr bis Reichenbach ins Spiel gebracht. Das Badische Finanzministerium signalisierte eine Genehmigung, wenn ein Zuschuss aus der Staatskasse nicht beansprucht würde. 1890 wurde der Konzession zum Bau der Straßenbahn von der Regierung erteilt. 1892 bot Seelbach an, wenn die Straßenbahn bis Schuttertal verlängert werden würde, das Gelände kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ende 1894 konnte die Strecke als Straßenbahn eingeweiht werden, wobei wegen der schmalen Straße die Gleise außerhalb der Ortschaften neben der Straße verlegt wurden.

 

Der Eisenbahnbau ins Kinzigtal hatte sich mit dem Ersten Weltkrieg endgültig erledigt, denn durch den Bau der Schwarzwaldbahn orientierte sich der Verkehr immer mehr das Kinzigtal abwärts und Offenburg entwickelte sich zur aufstrebenden Industriestadt vor allem als noch  der „Burda Verlag“ nicht nach Lahr sondern nach Offenburg siedelte.

 

Dagegen hat das Straßenbähnle Lahr  - Seelbach bis 1952 treu seinen Dienst erfüllt und wurde dann abgebaut, da der Personen und Gütertransport sich schon lange auf die Straße orientierte.

Bähnle in Reichenbach 1952