Freitag, 5. Juni 2020

Was verbirgt sich hinter den Waldkolonien Hundsbach und Herrenwies?


Herrenwies Forsthaus vor 1939

Hundsbach und Herrenwies liegen in den Seitentälern der oberen Murg bei Raumünzach: Herrenwies im Schwarzenbach- und Hundsbach im Raumünzachtal. Sie sind heute Ortsteile von Forbach mit seiner bekannten Holzbrücke über die Murg.



Das große nahezu ununterbrochene Waldgebiet von Baden-Baden bis nahe Offenburg und von der Vorbergzone bis zum Murg- sowie Nagoldtal eignet sich nicht wegen der Buntsandsteinflächen mit ihrer Steilheit, Blockmeeren und der Armut an Quellen zur landwirtschaftlichen Nutzung. Daher keine Besiedlung des Gebietes möglich. Im Waldgebiet von der Badener Höhe zur Hornisgrinde war eine Nutzung der enormen Holzvorräte nur durch Köhler, Harzer, Pottaschebrenner oder 40 Jahre durch eine Glashütte möglich.



Aber 1758 kam es zum Zusammenschluss der Murgtäler, Pforzheimer und Württemberger Holzhändler zur „Murgkompanie“. Ziel war es, die Murg mit ihren Nebenflüssen zur Langholzflößerei floßbar zu machen, um die enormen Holzvorräte zu erschließen. Die großen Städte brauchten Holz für die Dachstühle ihrer Kirchen und Häuser, Amsterdam brauchte Holz für den Hafen- und Flottenausbau.



Für den Holznachschub der vielen Sägewerke und Flöße wurden Holzfäller in den riesigen Waldungen benötigt. Aus den Alpentälern zog die überschüssige Bevölkerung Richtung Schwarzwald sowie auch Freudenstadt von Glaubensflüchtlingen aus den Alpenländern gegründet wurde. Aber auch aus den engen Schwarzwaltälern zogen die Menschen hierher, um als Kolonisten und Holzfäller zu arbeiten. Deswegen entstanden überall Waldkolonien.



Die Landesherren waren der Meinung, dass die Waldkolonien mit ihrer Arbeit mit wandern. Deswegen konnten die Kolonisten kein Grundeigentum für ihre Behausung und für etwas Anbaufläche  erwerben. Sie zahlten nur einen Bodenzins und durften eine Kuh pro Familie halten. Alles wurde von der zuständigen Forstverwaltung überwacht. Auch die Heiratserlaubnis war von ihr zu genehmigen. So konnte nur ein Sohn der Familie die Behausung mit dem Bodenzins erwerben, es sei denn ein Bodenzinsgut wurde frei. Die Lehensherren wollten unter allen Umständen eine Vergrößerung der Waldkolonien verhindern. Sie sollten nur vorläufig sei, die Familienanzahl blieb ziemlich konstant. Die Beschränkung der Eheschließungen führte aber zu unhaltbaren Zuständen, da die Zahl der unehelichen Kinder sprunghaft anstieg.



Die Waldkolonien galten nicht als Gemeinden und die Bewohner nicht als Gemeindebürger. Daher griff auch nicht das Armenrecht einer Gemeinde, wenn Kolonisten in Not und Armut gerieten. Sondern das Forstamt war zuständig und sah dies nicht als Verpflichtung sondern eher als Last an. So griff die Armut in den Hungerjahren 1847/48 rasant um sich. In ihrer Not und Arbeitslosigkeit blieb die Auswanderung nach Amerika als Ventil, wobei die Forstverwaltung nur Interesse an der Auswanderung armer, kranker und unverheirateter Kolonisten hatte. Die anderen wurden als Arbeitskräfte benötigt.



Erst 1870 fiel die Beschränkung der Eheschließung der Kolonisten. Nur die Forstverwaltung konnte sich schwer mit diesen „demokratischen Bestimmungen“ anfreunden. Die abgesonderten Gemarkungen der Waldkolonien wurden erst 1930 aufgehoben, so dass die Waldkolonien Herrenwies und Hundsbach nach Forbach eingemeindet wurden. Der Bodenzins wurde erst 1970 abgeschafft. Erst jetzt konnte Grund und Boden erworben werden. Dies so spät, da die Forstverwaltung der Kauf von Ferienhäuser verhindern wollte. Ab 1970 waren die früheren Kolonisten den anderen Staatsbürgern gleichgestellt.

Forbach 1820