Montag, 8. Januar 2024

Was verbirgt sich hinter der Strohhuthandelsgesellschaft Faller, Tritscheller & Co?

Franz Josef Faller 1820-1887

Die Strohhuthandelsgesellschaft kann als Tochterunternehmen der in den 1740er Jahren von der großen Companie der Glasträger gegliederten Trägergesellschaften wie Elsaß-, Pfälzer-, Württemberger-, Schwaben- und Schweizerträger angesehen werden. Denn 1774 zog es
  den mal gerade 17 jährigen Alois Faller vom Felgenhof in Saig zum Uhrenhanel nach Lothringen Er konnte nicht in die Elsaßerträgercompanie eintreten, da die schon von den älteren Brüdern besetzt war. Und er hatte Erfolg mit seinem Uhrenhandel. Im folgenden Jahr nahm er auf seiner Tour den Nachbar Mathäus Tritscheller vom Josenhof mit. Der Handel blühte nur im Winter während im Sommer sie sich als Bauernknechte verdingten. Das war natürlich nicht der Lebensweg, den sich die unternehmungslustigen, jungen Bauernsöhne sich vorstellten.

Mit offenen Augen sahen sie, dass die Lothringer Frauen im Sommer Strohhüte trugen, die zur Tracht gehörten. Bald erfuhren sie, dass die Strohhüte aus Oberitalien von bayerischen Kaufleuten im Elsaß vertrieben wurden. Was lag da näher, sich selber um die Quelle zu kümmern. Sie schlossen sich den Bruggers, eine Lenzkirche Uhrenträger Familie an, die bis Südtirol kamen. Gegen Lothringer Spitzen und Vogelorgeln konnten die zwei Lenzkircher in der Gegend von Trient die gesuchten Strohhüte eintauschen. Was mit der Zeit fehlte war das Kapital.

Aber hier zeigte sich der wichtige Familienzusammenhalt der Trägerfamilien: Der ältere Bruder Johann und dessen Schwager Lorenz Füderer konnten zur Gründung 1780 einer Handelsgesellschaft gewonnen werden- der „Faller, Tritscheller & Co.“ Auch Bruder Kaspar war mit dabei.   Lorenz Füderer verantwortete den Einkauf in Italien, sein jüngerer Bruder Philipp eröffnete ein Geschäft in Florenz. 1785 wurde in Neustadt eine Zentrale gegründet, da zum Einkauf in Italien die Belieferung der alten Handelsgesellschaften auch Artikel wie Glaswaren und nun immer mehr „Venezianische Waren“ neben den einfachen Produkten des Schwarzwalds sich wünschten.

Johann Faller ging Anfang 1800 mit seinem Sohn Nikolaus zu Fuß über die Alpen, um die Geschäfte in Florenz zu kontrollieren. Denn die Geschäfte haben sich immer weiter ausgebreitet und führte zur weiteren Beitritten von Familienmitgliedern: Von Rom, Genf bis Paris, Hessen und Thüringen  seit 1820 sogar bis in die USA erstreckte sich das Verkaufsgebiet. Um die Jahrhundertwende hatte die nächste Generation das Ruder in die Hand genommen- Nikolaus Faller und Johann Georg Tritscheller. Sie gründeten eine Niederlassung in Vallonora zwischen Venedig und Trient. Ein wichtiges Anliegen war aber auch die italienische Strohflechterei auf dem Hochschwarzwald einzuführen, denn die Nachfrage nach feineren italienischen Produkten stieg stetig. Das heimische Roggenstroh eignete sich wohl, gelernt musste nur die italienische Methode zu bearbeiten und zu bleichen.

Die Schwester von Johann Georgs Frau Marianne unterrichtete die Mädchen im Flechten und Nähen der Hüte. Es entstand die „Strohhutfabrik“ und das gesamte Warenlager von Neustadt wurde hierher verlegt. Mehr als 600 Strohflechterinnen wurden mit der Zeit beschäftigt und bekamen dadurch Lohn und Brot.

In der dritten Generation übernahmen Franz Josef Faller und Paul Tritscheller die Führung des Unternehmens. Beide bereisten geschäftlich ganz Europa und die USA. Beide engagierten sich im politischen Leben wurde Abgeordnete des Reichs- und Landtags, deren Interesse sich verlagerte: Beide wurden Mitbegründer der Uhrenfabrik Lenzkirch, der Draht- und Schraubenfabrik Falkau sowie der Baumwollspinnerei Kollnau. 1880 wurde die Strohhuthandelsgesellschaft Faller, Tritscheller & Co aufgelöst, Nachdem schon 1866 die Niederlassung Vallonara in die Hände der Familie Faller, Lenzkirch in die der Familie Tritscheller übergegangen war.

Tritscheller Paul 1822-1892