Freitag, 11. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem "Vaterunserloch"?


„Vaterunserloch“, der Spitzname des bekannten Wallfahrtsort „Todtmoos“ im oberen Wehratal, hat mit seinen 13 Ortsteilen und 2.000 Einwohnern 500.000 Übernachtungen zu verzeichnen. Eine Erfolgsgeschichte, die sicherlich mit der Abgelegenheit im tiefen Hotzenwald auf 700 m Höhe zusammenhängt. Denn bekannt war der Wallfahrtsort bei den Pilgern schon lange, aber er war  für die wohlhabenden Bevölkerungen der wachsenden Großstädte nur schwer zu erreichen.

Aber der Holzabfuhrweg im Wehratal wurde ab 1849 als Landstraße ausgebaut und für den allgemeinen Verkehr freigegeben – Höchstgeschwindigkeit 25 km/h. Auch eine Eisenbahnverbindung von Wehr nach Todtmoos war 1914 nur durch den Ersten Weltkrieg gestoppt worden. Sie sollte die Wiesen-/Wehratalbahn nach Norden verbinden, ebenso wie eine später geplante elektrische Straßenbahn. Denn 1856 war die Hochrheinbahn von Basel bis Bad Säckingen fertiggestellt worden.

Somit war Todtmoos an die Welt nach draußen angebunden, denn schon 1877 waren die ersten Kurgäste angemeldet. Aber nicht nur diese sondern auch Lungenkranke nutzten die frische Waldluft zur Kur. Gaststätten, Pensionen, Lungensanatorien und prunkvolle Hotels wurden gebaut und waren bald bezogen. Die Krönung dieser Entwicklung war 1901 die Eröffnung des privaten Sanatoriums Wehrawald. In dieses hochmoderne, luxuriöse Sanatorium kamen die Tbc-Kranken aus ganz Europa, vor allem aus Russland an. Es war nicht vermessen, aber Todtmoos konnte sich mit Davos hinsichtlich Kurmöglichkeiten, Publikum und Geldadel vergleichen.

Aber der rasante Aufschwung wurde durch den Ersten Weltkrieg gestoppt. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Familien aus den großen Städten, die dem Bombenhagel entflohen waren, bis das Wirtschaftswunder langsam anlief. Der Rückgang von Tbc-Kranken und die Heilung mit Antibiotika verminderten die Kuraufenthalte mehr und mehr. 1983 verließ der letzte Tbc-Kranke das Sanatorium. Glücklicherweise erfolgte eine Indikationsanpassung auf Krankheiten des Atmungs- und Kreislaufsystems. In kurzer Zeit kamen noch die verschiedenen Krebspatienten hinzu. Parallel  beschloss die Deutsche Rentenversicherung ihr Haus „Sanatorium Wehrawald“ neu zu errichten, um sie den Erfordernissen der heutigen Technik und medizinischen Möglichkeiten anzupassen. Mit 200 Patientenzimmer und zusätzlichen Indikationen ist der Wehrawald der größte Arbeitgeber in Todtmoos.

Manches Kurheim fand auch in der Möglichkeit als Kinderheim Erholungsstätte,  das Überleben bis weit in die 70iger Jahre hinein zu verlängern.

In Todtmoos-Rütte konnte sich ebenfalls eine bleibende Institution etablieren. 1950 begann Graf Dürckheim mit seiner späteren Frau, Maria Hippius,  eine Existentialistische Bildung- und Begegnungsstätte aufzubauen, die exquisite Besucher aus der ganzen Welt anlockte.  Neben Bischöfen, Äbten, Minister, berühmten Patres, Professoren, verschiedene japanische Großmeister und Psychologen, Kinder sehr reichen Industrieller weilten teilweise mehrere Jahre und versuchten durch Meditation und spezielle Therapien, Sinn für das  Leben zu finden. Graf Dürckheim  hat in Deutschland den Zen Buddhismus eingeführt.

Ebenso existieren in Todtmoos-Au das Kama Kagyu Chö Khor Ling e.V., ein Verein für Studium & Praxis des Tibetischen Buddhismus. In Todtmoos selber in der Hochkopfstraße hat sich das Unity-Lehrzentrum Lichtquell, ein überkonfessionelles Seminarzentrum etabliert. Nicht zu vergessen, im katholischen Pfarrhaus hat der Paulinerorden  ein Kloster gegründet.

Freitag, 4. April 2025

Was verbirgt sich hinter den Rennwochen von Baden-Baden?


Die Spielbank in Baden-Baden wurde nach dem Vorbild französischer Schlösser erbaut und 1855 mit viel Pomp eingeweiht. Gleichzeitig übernahm ein unternehmungslustiger Mann von Welt, Edouard Bénazet, als Pächter die Spielbank. Er machte sich Gedanken, wie er verstärkt reiche und illustre Gäste in das Weltbad Baden-Baden bringe könne: Pferderennen nach englischem und französischem Muster sollten ein extravagantes Vergnügen für die erlauchte Gesellschaft sein.

 

Ein geeigneter Platz wurde im Dorf Iffezheim gefunden, und Eduard Bénazet stellte 300.000 Francs zur Verfügung. Nach zwei Jahren war es soweit, Gelände war mühevoll planiert und an der Westseite drei Pavillons erbaut. Einer war für die fürstlichen Familien, einer für geeignete Personen wie geladene Gäste, Clubmitglieder, Pferdebesitzer Reiter und Presse und der dritte für die Zuschauer höheren Ranges gedacht.

 

1858 wurde die Pferderennbahn mit dem „Preis von Schloß Favorite“ eröffnet. Am zweiten Tag erfolgte das mit 14.000 Goldfrancs dotierte Hauptrennen „Großer Preis von Baden-Baden“. Sieben französische und ein deutschen Pferd waren am Start. Das zeigte deutlich, wer in Baden-Baden das Sagen hatte. Die bedeutendste französische Gesellschaftsschicht beherrschte damals Rennen, Spielbank sowie die ganze Stadt. Baden-Baden wurde damals als Vorort von Paris bezeichnet.

 

Die Glanzzeit der Franzosen in Baden-Baden war mit dem 1870/71er Krieg vorbei. Sie schickten keine Pferde mehr nach Iffezheim. Die Zeit wurde durch Armeerennen überbrückt. Zu allem Leidwesen verbot Bismarck das Glücksspiel, so dass die erheblichen Mittel der Spielbank fehlten. Die Iffezheimer Pferderennen wurden aber durch den „Internationalen Club“ –Reitsport begeisterte Adelige aus ganz Deutschland- gerettet und ein glänzender Aufstieg begann, der nur durch zwei Weltkriege unterbrochen wurde.

 

Ab 1921 wurden die Iffezheimer Rennen bürgerlicher und internationaler. Selbst die Franzosen kamen wieder. Selbst 1941, 42, 43 und 44 fanden Pferderennen statt. Die französische Besatzungsmacht beschlagnahmte die Bahn bis 1949 und führte Rennen für französische Offiziere und Unteroffiziere durch. Erst Ende des Jahres wurde die Pferderennbahn freigegeben.

 

Nach der Instandsetzung von Gebäude, Anlage und Gelände wurde 1951 die Pferderennbahn wieder eröffnet und 1958 das 100jährige Jubiläum trotz eines vernichtenden Unwetters mit vielen Schäden an Gebäude und Anlage gefeiert. Die Renntage in Iffezheim überstrahlten mittlerweile die anderen Rennveranstaltungen – selbst das Hamburger Derby hatte ein Nachsehen.

 

Von drei Tribünen: Der Bénazet-Tribüne erbaut 2014, Große Sattelplatz- und die Iffezheimer Tribüne erbaut 1890- können die Rennen verfolgt werden.

 

Mittlerweile veranstaltet die Galopprennbahn Baden-Baden in Iffezheim: Ein Frühjahrsmeeting im Mai/Juni, die Große Woche August September und das Sales & Racing Festival im Oktober. Diese Turniere machen Baden-Baden zum Internationalen Turfsport-Zentrum. Dreimal im Jahr fallen mehrere 10.000 Besucher über Iffezheimher. Nach den Rennen kehrt der Alltag wieder in das Dorf und bis auf  einige Open-Air-Konzerte verfällt die Rennbahn wieder in einen Dornröschenschlaf bis zum nächsten Event.

 

Freitag, 28. März 2025

Was verbirgt sich hinter der Bruderwallfahrt bei Lahr-Kuhbach?


Im Wald 2 km von Kuhbach, einem Ortsteil von Lahr, und 3 km von Heiligenzell, einem Ortsteil von Friesenheim, entfernt, liegt an der Brudertalstraße die Kapelle „Zur Schmerzhaften Muttergottes im Brudertal“.

Da das Kloster St Gallen die Christianisierung auch weit nach Norden vorantrieb, waren die ältesten Kirchen und Kapelle dem hl Gallus (Patrozinium 16.10.) geweiht. So wurde auch die erste Kapelle im Brudertal dem hl Gallus geweiht. Die Jahreszahl 1024 unter dem Christuskopf, eingemeißelt in den an der Hinterfront eingemauerten Stein, gibt die mutmaßliche Entstehung des Kirchleins an. Vom Bischof in Straßburg, kam die Reliquie des „heiligsten Blutes Christi“ und anderer Reliquien. Der Bischof erteilte Ablässe und Papst Clemens XI  ein besonderes Privileg für den Altar des Heiligen Kreuzes und Blutes.

Das alljährlich am Freitag nach dem Weißen Sonntag abgehaltene Fest vom „kostbaren Blute“ wurde von zahlreichen Wallfahrern besucht. Die Reliquie des „hl Schweißtuches“ wurde der Wallfahrtskapelle im Brudertal zur Verehrung übertragen. 1490 heißt die Kapelle „Zum Schweißtuche Christi“.  Zahlreiche Wallfahrer aus dem Schutter- und Kinzigtal kamen am kostbaren Blutfeste dorthin. An der Decke des damals restaurierten Kirchleins war das Hauptgemälde das „hl Schweißtuch Christi“. Wegen der zunehmenden Bedeutung der Wallfahrten zur Brudertalkapelle entstand am Standort der Kapelle ein Bruderhaus, in dem Mönche lebten und eine kleine Landwirtschaft betrieben.

Die Bauernkriege um 1525 setzten der Kapelle und dem Bruderhaus zu. Noch härter traf diese die Reformation, die durch Markgraf Bernhard III eingeführt wurde. Die dem Kloster inkorporierten Pfarreien des Kloster Schuttern wurden mit protestantischen Pfarrern besetzt: 1562 Oberschopfheim, 1564 Friesenheim, 1570 Oberweier. So wurde von diesen Pfarreien die Wallfahrt lahm gelegt. Die Kapelle zerfiel langsam vor sich hin.

Erst nach dem 30jährigen Krieg erlebten die Wallfahrten 1648 erneut einen Aufschwung, denn die Rekatholisierung der inkorporierten Gemeinden des Kloster Schuttern wurde nach und nach durchgeführt. Das Kirchlein wurde wieder aufgebaut, der „Schmerzhaften Mutter Gottes“ geweiht und eine Pieta gestiftet. Die Wallfahrer strömten. Denn zusätzlich entsprang unweit der Kapelle eine Quelle, die Augenkrankheiten heilte.  Ein katholischer Knecht aus Lahr, so die Sage, hörte davon und fragte seinen lutherischen Herrn, ob er nicht wegen seinem Augenleiden zur Bruderkapelle gehen dürfte. Dieser spottete: „Gehe nur zu, du Tor und nimm gleich auch meinen blinden Schimmel mit!“ Gesagt getan, am Gnadenort zeigt ihm eine arme Frau die Quelle. Mit dem Wasser wusch er seine Augen und die des Schimmels aus, jeweils unter Anrufung der barmherzigen Fürbitte Marias bei Gott. Der armen Frau gab er den Auftrag noch drei Ave Maria für ihn zu beten. Unterwegs wurde der Schimmel sehend. Nachdem das dritte Ave Maria gebetet war, wurde er ebenfalls sehen. Als er dies freudig seinem Herren meldete, sprach dieser: „Ihr seid sehend, aber ich bin dafür blind“. Er hatte für seinen Spott für immer das Augenlicht verloren.

1787 jedoch, als Schuttern österreichisch wurde, verbot Kaiser Joseph II die Wallfahrt erneut. 1805 wurde die Mutter-Gottes-Figur nach Kuhbach gebracht, wo sie auf dem Speicher lagerte. Zwei Bauern aus Mühlenbach kauften die Statue und stellten diese 1891 in der Kirche zu Mühlenbach auf. Zwischenzeitlich zerfiel die Kapelle mehr und mehr und dämmerte 80 Jahre vor sich hin. Erst 1887 wurde sie dank der Initiative des Oberweier Joseph Himmelsbach neu aufgebaut. Und siehe da, die Wallfahrt kam sogleich wieder in Schwung.


2009 wurde die Brudertalkapelle generalsaniert. Eine Pieta sowie der Stein mit dem Schweißtuch schmücken die Kapelle.





Brunnen der Brudertalkapelle


Freitag, 21. März 2025

Was verbirgt sich hinter der Sintflut in der Fünftälerstadt?


Am 21. Mai 1959 brach am Spätnachmittag gegen 16.00 Uhr eine Sintflut über die Fünftälerstadt Schramberg herein. Ein ungewöhnlich starkes Gewitter ging eine 3/4 Stunde lang nach sommerlicher Wärme mit taubeneiergroßen Hagelkörnern auf die Stadt nieder. Zusätzlich prasselte ab 18.00 Uhr ein immer stärker werdender Wolkenbruch auf die leidgeprüfte Stadt nieder. Zusätzlich wurde der Wolkenbruch durch die verschiedenen, engen Tälern, die wie Trichter die Wassermengen sammelten, verstärkt und weitergeleitet.

Der sonst harmlose Kirnbach schob Bäume und Wurzeln zu Tal und die Berneck vom Bernecktal ergoss sich ein schnell ständig verstärkender Wolkenbruch durch die Hauptstraße und wälzte sich in die Schiltach. Der Göttelbach bahnte sich einen neuen Weg und riss Gartenhäuser, Baracken, Stämme und jede Menge Geröll mit sich. Ganze Hausecken, der Kassenschrank des Notariats wurden mitgerissen. In kurzer Zeit waren im Zentrum der Schloss- und der Doblerplatz ein See. Die Steig verwandelte sich in einen herabstürzenden Gebirgsfluss. Dieser hatte die Straße bis auf die Kanalisationsrohre aufgerissen und freigespült. Die Keller liefen in Minuten mit Dreckwasser voll, die Autos standen bis zum Dach im Schlammwasser oder schwammen langsam davon, die Geschäfte in der Innenstadt liefen voll. Familien wussten nicht, wo sie die Nacht verbringen sollten. Der Notstand wurde gegen Mitternacht ausgerufen, denn zusätzlich waren die Stromversorgung und Telefonverbindungen zusammengebrochen. Das Trinkwasser konnte nur noch abgekocht verwendet werden. 10.000 Einwohner mussten ihr Trinkwasser von der Feuerwehr bekommen.

Auch das Umland von Schramberg erlitt schwere Schäden: Das Holzlager eines Sägewerks in Hinterlehengericht wurde bis zu 30 km weit weggeschwemmt. Selbst in Wolfach wurde eine Baustelle der Kinzigregulierung überflutet, die Baumaschinen vernichtet. Die Straße Richtung Sulgen unterhalb der Grünen-Baum-Kehre gab es nicht mehr, ebenso die Straße Richtung Rötenberg und Alpirsbach.

Langsam lief das Wasser ab. Übrig blieben Schlamm, Sand und Dreck, Wurzeln und Baumstämme. Beschädigte Häuser, demolierte Geschäfte vollgelaufene Keller. In manchen Keller oder Geschäfte konnten sogar Forellen gefangen werden, die sich verirrt hatten und mit geschwemmt worden waren. Die Schäden gingen in die Millionen. Vorsichtige Schätzungen sprachen von über 15 Millionen DM. Die Feuerwehren aus Schramberg und den Nachbarstädten, das THW aus Karlsruhe und Freiburg sowie die Bereitschaftspolizei aus Göppingen beseitigten die ersten Schäden. Die Bundeswehr, französisches Militäreinheiten aus Villingen und amerikanischer Sanitätshilfsdienst organisierte die erste Wasserversorgung. Die deutschen, französischen und amerikanischen Soldaten mit schwerem Gerät erbrachten Arbeitsleistungen von über 2 Mio DM an Arbeitslöhnen.

Doblerplatz 1959


 

 

 

 

 

 

Freitag, 14. März 2025

Was verbirgt sich hinter dem Kniebis?


Im 13. Jahrhundert war der Schwarzwald kaum besiedelt. Durch diesen urwaldähnlichen, dunklen und unbesiedelten Gebirgszug führte ein Saumpfad als einzige Querverbindung im Nordschwarzwald auf seinem Weg von Paris nach Wien. Sie führte von Straßburg, Oppenau, „Alte Steige“, Zuflucht, Kniebis (971 m), heutige „Alte Straße“, Finkenberg, St Christophstal wurde der Forbach überquert, das spätere Freudenstadt, Aach und Dornstetten. Es war ein Weg mit viel Pein und Mühe, auf dem „Steighof“ war eine Vorspannstation und auf der Gegenseite beim „Talwirtshaus“ in Chritophstal ebenfalls eine wegen des Finkenbergs. Nicht auszudenken waren die Strapazen im Winter. Noch 1838 berichtet ein Reisender: „Nur hie und da ragt eine Stange empor, dem Reisenden die Richtung zeigend, die er zu nehmen hat, wenn tiefer Schnee jede Spur des Weges unkenntlich macht“.

 

Die Pfarrkirche Dornstetten erstellte zum Schutz der Reisenden eine Kapelle. Diese wurde in einer Urkunde 1267 erstmals erwähnt. 1277 stiftete Graf Heinrich I den Franziskanern ein Kloster auf dem Kniebis. Dieses wurde auch 1287 eingeweiht. Da das Kloster sich freiwillig 1341 dem Benediktinerorden im Kloster Alpirsbach unterstellte, wurde es im Zuge der Reformation 1558 aufgelöst. Dies führte zur Umwandlung des Hospizes in eine Gastherberge.

Durch die Gründung von Freudenstadt 1599 wurde wegen des ansteigenden Reiseverkehrs eine württembergische Zollstation in der Vorhalle des Klosters eingerichtet. 1799 versuchten französische Soldaten einen Ochsen am Spieß zu braten. Durch den Funkenflug fing das Kirchendach Feuer, das Kloster brannte bis auf die Grundmauern nieder.

 

Der Übergang aus dem Renchtal über den Kniebis als höchster Punkt war auch ein wichtiger militärischer Übergang. Noch heute zeigen verschiedene erhaltene Schanzen die militärische Bedeutung: Alexanderschanze, die seit dem 30 jährigen Krieg schon vorhanden war, aber 1734 von Herzog Karl Alexander neu befestigt wurde. Die Schwedenschanze auf der Zuflucht von 1632, die von den Ämtern Dornstetten und Freudenstadt wegen fortwährender Durchzüge fremder Truppen gebaut wurde. Wie alte Karten zeigen, existierte noch nahe der Abzweigung der Wolftalstraße beidseitig der Kniebisstraße die „Kleine Schanz“ (Schwabenschanz). Die Chronik vom Kloster St Georgen berichtete 1632 davon.

 

Ab 1708 kamen die ersten Siedler auf den Kniebis, so dass hundert Jahre später schon eine Siedlung aus 12 Häusern auf den Gemarkungen von Baiersbronn und Freudenstadt entstanden war. Um 1780 gründete die „Fürstlich Fürstenbergische Verwaltung“ eine Holzhauersiedlung im südlichen Teil des Kniebisgebietes. Im Zuge der Gründung des Großherzogtums Baden wurde das fürstenbergische Gebiet 1806 Baden zugesprochen. Neben der mühsamen Holzfällerei war die Harzerei die einzige Erwerbsquelle der armen Bevölkerung in diesem kargen Gebiet. Heinrich Hansjakob beschrieb dies auch nach dem Verbot der Harzerei durch die Obrigkeit in seinem Buch Waldleute. Das Leben in dieser kargen Gegend war so mühsam, dass zwischen 1851/57 insgesamt 145 Kniebiser auf Kosten des Fürsten von Fürstenberg und dem badischen Staat nach Amerika ausreisen konnten.

 

1938 kam der südliche Kniebis zur Gemeinde Bad Rippoldsau. Und 1975 schließlich wurde der dreigeteilte Kniebis vereint. Die Bürgermeister von Baiersbronn, Freudenstadt und Bad Rippoldsau setzen Ihre Unterschrift unter den Einigungsvertrag, der bestimmte, dass Schulen vereinheitlicht werden und der Kniebis mit einem eigenen Ortschaftsrat nach Freudenstadt eingegliedert wurde.

 

Auf dem Kniebis Alexanderschanze steht auch der Dreifürstenstein: Württemberg, Hochstift Straßburg und Fürstenberg stoßen hier zusammen.

Dreifürstenstein Alexanderschanze Kniebis

Der Kniebis erlebte auch die goldenen Zeit der Kurhäuser: Kurhaus Zuflucht 1808 als Schutzhütte für Waldarbeiter erbaut, 1980 Jugendherberge, seit 2006 ein Übernachtungshotel. Kurhaus Alexanderschanze 1868 als Forstwarthäuschen erbaut, 2015 an das Land Baden-Württemberg verkauft, da es jahrelang leer stand. Kurhaus Lamm  war schon im 19. Jahrhundert als eine Raststätte für Fuhrleute gebaut, 1985 mangels Rendite abgebrochen.

Kloster Kniebis heute


 


Freitag, 7. März 2025

Was verbirgt sich hinter dem Aufbegehren der Hotzen?

Hotzen Tracht 1752

Der Hotzenwald ist ein Teil des südlichen Schwarzwalds, der sich zum Rhein hin abflacht. Er erstreckt sich von der Wehra im Westen bis hin zur Schlücht im Osten. Die Hotzen, die bäuerlichen Bewohner der Gegend, habe ihren Namen von der Tracht. Die weit gefältete Pluderhose besteht aus einem grauen aber auch schwarzen oder braunen Tuch, dem Hotzen.

Die Besiedelung dieser kargen und unfruchtbaren Gegend wurde durch die Klöster Allerheiligen in Schaffhausen, dem Damenstift Säckingen, dem Kloster St Blasien oder Landesherren wie die Freiherren von Krenkingen vorangetrieben. Als Zentrum des Hotzenwald gilt die Grafschaft Hauenstein. Die ersten Siedlungen auf den Hochflächen der Berge, die sich ab dem 9. Jahrhundert bildeten, waren von den verkehrsfeindlichen, unwegsamen Schluchten getrennt. So entstanden zwischen 1326 und 1333 die sogenannten Einungen als weitgehend selbstständigen Verwaltungseinheiten mit einem Einungsmeister, der für Verteilung der Steuerlasten und deren Einzug zuständig war. Die Einungsmeister wurden immer am Samstag vor Mattheus (19.9.) von den verheirateten Männer gewählt. Die Grafschaft Hauenstein setzte sich aus 8 Einungen zusammen: Je 4 Einungen ob der Alb –Görwihl, Rickenbach (1433 kamen noch die Täler Todtnau und Schönau hinzu), Hochsal und Murg mit je einem Vogt und nid der Alb –Höchenschwand, Dogern, Birndorf und Wolpadingen wobei die ersten und die letzten beiden jeweils einen gemeinsamen Vogt hatten. Diese waren die Ausführorgane des Waldvogts als höchster kaiserlicher Beamte im Hotzenwald.

Die habsburgischen Herzöge haben dem Waldvogt Rechte verliehen, um zu verhindern, sich an sprach- und stammesverwandlten Alemannen der Eidgenossenschaft anzugliedern. Durch die eingeräumten Rechte blieb die Grafschaft bis ins 18. Jahrhundert ein selbstverwaltetes Gemeinesen mit eigener Fahne und Siegel, eigener Gerichtsbarkeit und Steuerhoheit.

Ein habsburgischer Trost- und Versicherungsbrief bestätigte 1370 das Bestehen der Einung auf dem Wald. König Wenzel nahm 1379 die Grafschaft Hauenstein von jeder fremden Gerichtsbarkeit aus und bestimmte, dass nur österreichisches Recht gelten soll. In einer Waldamtsöffnung von 1383, die die Rechte und Pflichten der Waldleute umreißt, ist auf die Hochgerichtsbarkeit des Waldvogts hingewiesen.

Der Freiheitsdrang der Bauern in der Grafschaft Hauenstein äußerte sich in ihrer Jagdleidenschaft. Die freie Jagd im Eigenwald wie auf den Allmenden betrachtete man als altererbtes Privilig. Im 15. Jahrhundert hatten die Hauensteiner das Recht neben dem kleinen auch das Hohe Wiltprät zue fellen vndt zu ihrem aigenen Nutzen zu verwenden. Strittig war nur die Jagd auf Bären und Wildschweine. So ist von 1371 verbürgt, dass die Bauern auf dem Wald um erstenmal das Kloster St Blasien besetzten, weile es Ihnen vor allem das Jagdrecht streitig machten und sein Gebiet auf Kosten der Bauern auszudehnen suchte.

Die Reformation brachte Umwälzungen, wenn der Hotzenwald auch beim alten Glauben blieb. Dazu kamen aber die drückenden Lasten, die die Bauern zu tragen hatten. Zu den vielfältigen Fronen kamen die Naturalbgaben, dazu waren Dienste für die Leibeigenen zu zahlen. Nicht alle Bauern waren frei sondern waren großteils auch Leibeigen. Die Forderungen der Bauern waren in 12 Artikel zusammengefasst. Nach mehreren Scharmützel entlud sich 1525 die ganze Wut. Über 600 Bauern überfielen das Kloster St Blasien, verjagten die Mönche, zerstörten die Bibliothek und Archiv und machten sich über Wein- und Lebensmittelvorräte her. Die Plünderungen dauerten 6 Tage. Nach einigen Monaten wurden die Aufständischen zurückgeschlagen, wurden grausam bestraft und mussten Schadensersatz leisten, der grausam eingetrieben wurde. Wer  von den Anführer nicht in die Schweiz fliehen konnte, wurde verhaftet.

So auch Kunz Jehle, der trotz Fürbitte des Abts von St Blasien gehängt wurde. Die Bauern schnitten dem Toten die rechte Hand ab und nagelten diese  an die Klosterpforte. „Diese Hand wird sich rächen“ stand auf einem Zettel. Tatsächlich hatten die Anhänger von Kunz Jehle Feuer ans Kloster gelegt, Pulver gestreut, so dass das Kloster in wenigen Stunden niederbrannte.

Die nachfolgenden Aufstände entluden sich in den Salpeteraufständen: Siehe - Was verbirgt sich hinter den Salpeteraufständen?

Freitag, 28. Februar 2025

Was verbirgt sich hinter der Lenzkircher Uhrenfabrik?

Uhrenfabrik Lenzkirch

Das älteste Unternehmen unter den Produktionsstätten des Hochschwarzwaldes war die „Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch.“ Der Ursprung dieses Unternehmens lag in der kleinen Firma Schöpperle& Hauser in Lenzkirch. Eduard Hauser 1825-1900 Uhrmacher und konstruktiver Kopf führte mit dem Musikwerkmacher Ignaz Schöpperle 1810-1882 eine kleine Rohwerkfabrik und produzierten mit 14 Arbeitern maschinell hergestellte Uhrenteile und Rohwerke. Aber schnell wurde die Kapitaldecke zu kurz, und Eduard Hauser wandte sich an die Regierung wegen eines zinslosen Darlehens von 10.000 Gulden. Außer anerkennenden Worten und einer kleinen Geldprämie war nichts zu erwarten.

Was lag da näher als sich an die aufstrebende und große Strohhuthandelsgesellschaft „Faller, Tritscheller & Co“zu wenden. 1851 war es soweit, dass die die Firma Schöpperle & Hauser in eine „Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch“ umgewandelt wurde. Aktionäre waren Franz Josef Faller, Eduard Hauser, Nikolaus Rog, Ignaz Schöpperle, Paul Tritscheller, Nikolaus Tritscheller und Josef Wiest. Als Direktion wurde Nikolaus und Tritscheller sowie Eduard  Hauser als technischer Leiter bestimmt. 1856 wurde die Direktion um Albert Tritscheller ergänzt, der seine Auslandserfahrung der Uhrenfabrikation einbrachte.

In der Anfangszeit beschäftigte sich das Unternehmen mit dem Finieren von Rohwerken aus Frankreich, die vergoldeten Zink-Pedulen als Imitationen der französischen Bronze-Pedulen kamen in großen Mengen auf den Markt. Eine weitere Spezialität waren die runden und faconnierten Tafeluhren „Oeils de boeuf“ (Ochsenaugen). Ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts kamen Saitenzug-Regulatoren hinzu, die zu den Spitzenerzeugnissen der Schwarzwälder Präzisions-Gebrauchsuhren zählte. Zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen bestätigten den Erfolgskurs. Die Gesellschaft beschäftigte um die 100 Mitarbeiter wovon ein Drittel zu Hause für das Unternehmen arbeitete. Es führte 1885 eine Krankenkasse für die Mitarbeiter sowie eine Witwen-, Waisen- und Alterskasse ein und räumte die Möglichkeit ein, dass die Beschäftigten ihre Ersparnisse zinsbringend in der Gesellschaft anlegen konnten.

In den folgenden Jahren wurde das Produktionsprogramm ständig erweitert. Um die Jahrhundertwende konnten das Unternehmen mit 160 verschiedenen Werksorten und eine Kollektion von mehreren hundert Gehäusemustern aufwarten. Mehrere Sonderabteilungen ergänzten die Uhrenfertigung: Sägewerk, Walzwerk, Gießerei, Vergolderei, Metallätzerei und eine Werkstatt für den Sondermaschinenbau. Dazu machten 480 Mitarbeiter die Gesellschaft zur größten und leistungsfähigen Herstellerfirma für Massivuhren im badischen Schwarzwald. In dieser Zeit schied auch der technische Leiter Eduard Hauser altershalber aus.

Aber auch ein schwerer Schicksalsschlag traf das Unternehmen. Ein Großbrand vernichtete 1900 das gesamte Uhrenmagazin mit allen Lagervorräten. Einige Jahre zuvor hatte die Eröffnung der Höllentalbahn 1887 für starke Impulse gesorgt. Mit der 1907 eröffneten Bahnstrecke Neustadt-Lenzkirch-Bonndorf war die Uhrenfabrik plötzlich mit der Welt verbunden. Beim Bau der Höllentalbahn hatten die politischen und wirtschaftlichen Einflüsse von Franz Josef Faller und Paul Tritscheller wesentlichen Anteil. Dies so sehr, dass der damalige Landesherr, Großherzog Friedrich I, beide mit dem Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen und Ernennung zu Kommerzienräten auszeichnete. Franz Josef Faller, der die Eröffnungsrede der Höllentalbahn halten sollte, bekam kurz vor seiner Rede einen Herzschlag und starb.

Eduard Hauser und die anderen Mitbegründer konnten sich nicht entschließen, die bisherigen hochwertigen Uhren zugunsten der billigen „Amerikaneruhren“ aufzugeben. Die Söhne von Eduard Hauser sahen dies anders und wechselten 1900 zum Konkurrenzunternehmen HAU Schramberg. Die Weltwirtschaftskrise in den 20iger Jahre verschärfte die Probleme so sehr, dass 1927 die Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation den Betrieb einstellte. Die Schramberger Konkurrenz Gebrüder Junghans übernahm die Lenzkircher Uhrenfabrik bis 1932 als Nebenbetrieb. Seit 1933 war das Werk im Besitz des Dauerwellenherstellers Kadus-Werk Ludwig Kegel KG. Das Unternehmen ging im Wella Konzern auf, der sich 2004 vom Werk in Lenzkirch trennte.  

Faller Franz Josef 1820-1897

Tritscheller Paul 1822-1892

                                                                              

Freitag, 14. Februar 2025

Was verbirgt sich hinter Rudolf Archibald Reiß aus Sulzbach?

Reiß 1875-1929

Aus den Tälern des Adler- und Sulzbachs, dem Hechtsberg und dem Martinshof rechts der Kinzig wurde aus Einbach heraus im frühen 19. Jahrhundert die Zwerggemeinde Sulzbach mit gerade mal 340 ha gebildet. Sie wurde 1921 nach Einbach eingemeindet und ist seit 1971 ein Ortsteil von Hausach. Heute sind auf dem ehemaligen Gelände von Sulzbach einige Bauernhöfe und der Landgasthof Hechtsberg, seit 1928 der Steinbruch Keller und seit einigen Jahren das Sägewerk Streit.

Der Landgasthof Hechtsberg war ursprünglich ein Landgut, das Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Freiherr Otto von Dahmen aus abgewirtschafteten Hofgütern zusammengeführt wurde. 1860 verkaufte dieser das Landgut an die Familie Reiß. Der Geheime Kommerzienrat Ludwig Ferdinand Otto Reiß bewohnte mit seiner Familie das Landgut und ließ im Laufe der Jahre ein exotischer Park anlegen.

Einer der Söhne aus der 10-köpfigen Kinderschar war Rudolf Archibald Reiß (1875-1929). Nach dem Schulbesuch studierte er an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Doch schon 1895 wechselte er an die Universität nach Lausanne,  nahm ein Chemiestudium auf und promovierte 1898 zum Doktor der Naturwissenschaften. Sein Hauptaugenmerk diente der wissenschaftlichen Anwendung der Photographie im Bereich der Medizin und Gerichtsmedizin. Um seine Erkenntnisse über die Verwendung der Photographie im polizeikriminologischen Bereich zu vertiefen, begab er sich zum Studium nach Paris zum bekannten Alphonse Bertillon. Nach seiner Rückkehr 1902 lehrte er an der Universität Lausanne „Die kriminalistische Photographie“ und legte damit den Grundstein für die „wissenschaftliche Polizeimethoden“. 1906 wurde er wegen seiner Verdienste zum außerordentlichen Professor für Polizeiwissenschaft an die Universität Lausanne berufen.

Reiß erkannte durch seine wissenschaftliche Arbeit und Forschungsergebnisse, dass man in der Verbrechensbekämpfung sich nicht auf den Kommissar Zufall und den Spürsinn einzelner Kriminalbeamter verlassen dürfe. Deshalb setzte er sich für die Einrichtung eines Instituts für Polizeiwissenschaft ein, um dort Experten ausbilden zu können. 1908 konnte er ein solches Institut an der Universität Lausanne einrichten. Aus Rußland, Rumänien, Serbien, Griechenland, ja sogar aus Brasilien wurden Staatsanwälte Untersuchungsrichter und Polizeibeamte zu seinem Institut beordert. Auch reiste er in diese Länder und richtete technische Untersuchungsinstitute ein.

Im Ersten Weltkrieg stellte er sich gegen die Donaumonarchie und beschrieb die Leiden der Zivilbevölkerung in Serbien und Griechenland. Er sammelte Geld und Hilfsgüter für die leidgeprüfte Zivilbevölkerung, was zu zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen führte. Er ging sogar soweit, dass er 1919 nach Belgrad übersiedelte und in den Dienst der Regierung trat. Er unterstellte die Polizei dem Innenministerium,  führte wieder das Strafregister ein und Fingerabdrücke wurden zur Pflicht bei der Polizeiarbeit.

Er hatte mehrere europäische Notenbanken hinsichtlich der fälschungssicheren Prägung von Banknoten beraten. Zahlreiche Bücher der Verbrechensbekämpfung und Nachschlagwerke der Polizeiarbeit stammten aus seiner Feder, unzählige Kongresse hatte er geleitet. Mit Orden und Ehrenzeichen wurde er geradezu überschüttet.

Die sprichwörtliche Arbeitswut hinterließ natürlich auch ihre Spuren, so dass er plötzlich 1929 an einer Gehirnblutung in Serbien verstarb. Belgrad ordnete seinem Ehrenbürger ein Staatsbegräbnis an. Sein Herz wurde in die Kapelle auf dem Schlachtfeld von Xajmakcalan überführt. Ein berühmter Kinzigtäler hat das Irdische hinter sich gelassen.

Hofgut Hechtsberg


Was verbirgt sich hinter der Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt?


Nahezu keiner kann sich was unter der Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt vorstellen, aber nahezu jeder kennt noch die Weltfirma SABA als Radio-, Fernseh- und Tonbandhersteller, die mal 35% des deutschen Marktes beherrschten. Wie alle Unternehmen im Schwarzwald stand am Anfang ein Tüftler, der seine Familie ernähren musste. So auch bei SABA.

Joseph Benedikt Schwer  (1770-1858) gründete 1835 ein Uhrenfabrik in Triberg. Dies schien ihm ein lohnendes Geschäft, da es in jener Zeit im Amt Triberg 668 Uhrenbaumeister tätig waren, die Zulieferteile für die Uhrenherstellung brauchten. Tatsächlich sind ihm zahlreiche Verbesserungen an Werkzeugen für den Uhrenbau gelungen. So auch eine Zange zu einer präziseren Herstellung des Blechankers, einem wichtigen Bestandteil jeder Uhr.

Sein Sohn, Benedikt (1803-1874), übernahm die Werkstatt, baute als Uhrmachermeister 1855 Uhren neben dem Uhrenzubehör, die er bis Norddeutschland verkaufte. Dessen Sohn, August (1844-1912), trat 1864 in das kleine Unternehmen ein und gründete 1865 aus dem „Produktionsbetrieb für Uhrenteile und Fahrradglocken“ die Firma „Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt“. Denn er weitete die Produktion aus und produzierte Jockeles Uhren, Nachtuhren, Pendulen und Kaminuhren aus Marmor.

Vor seinem Tod 1912 übernahm Sohn Hermann (1877-1936) 1905 die elterliche Firma und baute diese zur Metallwarenfabrik um. Große Neuheit waren Fahrrad- und Türglocken, die wegen ihrer hervorragenden Qualität in Europa bekannt waren. Trotz des Ersten Weltkriegs erkannte Schwer, dass er im beengten Tal in Triberg keine Erweiterungsmöglichkeiten hatte. 1918 kaufte er die „Waldmühle“, ein ehemaliges Landgasthaus in Villingen als neue Produktionsstätte und verließ Triberg. Ende 1918 hatte er schon 78 Mitarbeiter beschäftigt und sein „Waldmühle“ waren wegen seinen Glocken schon bald als „Schellenmühle“ bekannt.

1919 wurde die neue Firma beim Registergericht eingetragen, die dann als „SABA“ weltbekannt wurde. Hermann Schwer hörte Anfang der 20er Jahre in der Schweiz in einem Rundfunklabor eine Radioübertragung. Für in war klar, dass der Rundfunk, der 1923 in Deutschland begann, eine große Zukunft hatte. Erste Produkte folgten schon 1923: Kopfhörer für Radiogeräte, Heizwiderstände, Spulen, Schalter, Trichterlautsprecher alles in höchster Qualität. 1926 folgten Radiobausätze und ein Jahr verließen komplette Radiogeräte das Werk. 1935 war schon ein Marktanteil von 10% und  1935 von 35% erreicht.

Im Zweiten Weltkrieg wurde wie alle Betriebe die Produktion auf die Rüstungsproduktion umgestellt und nach dem Krieg überbrückten Kinderspielzeug unter anderem die schwierige Zeit. Erst 1947 wurde wieder mit der Produktion von Radiogeräten begonnen werden. 1949 wurde SABA in eine GmbH umgewandelt. Da die Erben, die Söhne der einzigen Tochter Margarete, Hermann und Hans-Georg, noch zu jung waren, übernahm der Stiefvater die Geschäfte, die mit dem Radioverkauf an die Vorkriegserfolge anknüpfen konnte. Ein Misserfolg war die Produktion von Kühlschränken, die erst 1957 endlich eingestellt wurde. Im letzten Moment wurde noch der Sprung in die stark aufkommende Fernsehgeräteproduktion geschafft.

1961 konnten die Enkel von Hermann Schwer die Führung übernehmen: Hermann als kaufmännischer und Hans-Georg als Technischer Geschäftsführer, was sich als Expansionsschub erwies. Es kamen nun die Tonbandgeräte in einem Werk in Friedrichshafen noch hinzu. Größer und breiter wurde die zur Spitzenklasse gehörende Produktionspalette. Dabei drückten die preiswerten Produkte aus Südost-Asien auf die europäischen Märkte. So geriet Ende der 1960er Jahre das Unternehmen in finanzielle Schieflage.

Im Jahr 1980 wurde das Unternehmen an den französischen Thomson-Konzern verkauft. 2005 existierte nur noch die Marke SABA, die dann 2016 gelöscht wurde.

Schwer Hermann 1877-1936


 


Montag, 10. Februar 2025

Was verbirgt sich hinter dem Erfinder des Drehstromes?

Haselwander 1859-1932

Friedrich August Haselwander wurde am 18. Oktober 1859 in Offenburg als Sohn eines Eisenbahnbeamten geboren. Nach der Gymnasialzeit immatrikulierte er sich am Karlsruher Polytechnikum und setzte danach seine Studien der Chemie und Physik an den Universitäten Straßburg und München fort. In Offenburg gründete er eine mechanische Werkstätte, in der er Dynamos gebaut wurden.

 

Gelegentlich der Reparatur einer Gleichstromdynamomaschine hat Haselwander im Jahr 1887 die epochemachende Entdeckung des Drehstroms gemacht: Anlässlich einer Besichtigung Offenburger Gemeinderäte in seiner Werkstatt, stupfte ein technischer Laie mit seinem Sparzierstock im Gleichstromdynamo und riss eine Wicklung der Maschine auf. Deswegen wurde Haselwander klar, dass man die Kommutatoren weglassen kann. Nach wenigen Tagen war der erste Drehstromgenerator des verketteten Dreiphasenstroms gebaut. So war die Weiterleitung der elektrischen Energie auf weite Strecken überhaupt erst möglich.

 

Haselwander war Erfinder aber kein Geschäftsmann. Er war über seine Erfindung des Drehstromgenerators so beglückt, dass er vergaß, sich den rechtlichen Schutz für seine Erfindung zu besorgen. Er hatte anderen seine Erfindung mitgeteilt und erst ein Dreivierteljahr nach dieser 1888 die Erfindung zum Patent angemeldet. Die erste Anmeldung wies das Reichspatent 1889 aus formalen Gründen zurück. Es bedurfte noch zwei weiterer Anmeldungen bis Haselwander 1890 ein Patent erhielt. Von großen Elektrounternehmen, die die Bedeutung der Erfindung erkannten, wurde Widerspruch eingelegt. Einen Rechtsstreit konnte Haselwander aber finanziell nicht durchstehen. Er war zu jener Zeit Oberingenieur der Firma Wilhelm Lahmeyer & Co in Frankfurt. Er übertrug diesem Unternehmen seine Patente. Als diese von der AEG aufgekauft wurde, kamen die Patente des Drehstroms an die AEG, ohne dass Haselwander etwas davon hatte.

 

Es gelang immer wieder sogenannten Trittbrettfahrer Patente von Haselwander an sich zubringen.  Auch nach Erfindung des Dieselmotors erfand Haselwander 1898die Möglichkeit auf den teuren Kompressor, durch den das Öl zur Entzündung und der Kolben zur Bewegung gebracht werden soll, wegfallen zu lassen. Dieser läuft im Gegensatz zum Benzinmotor völlig gefahrlos, aber auch hier wurde er betrogen. Er überließ seine Pläne einem Kollegen, der diese an Dritte weitergab. Der einzige Trost der Motor von Haselwander steht im Technischen Museum München als stummer und doch redender Zeuge.

 

Unzählige Anwälte hat Haselwander in seiner Sache bemüht. Die einen zahlten für die Erfindung überhaupt nichts, aber sie verwerteten sie in Großproduktion, die anderen nahmen wohl von ihm die Lizenz, aber sie ließen ihn „am Seil hinab“.

 

In seiner Gutmüdigkeit wusste er im Alter oft nicht, von was er am nächsten Tag leben sollte. Da konnte auch die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule nichts daran ändern. Wenigstens wurden auf ideellem Gebiet seine Verdienste gewürdigt.

 

Im März 1932 ist Haselwander in Offenburg gestorben. Seine Lebensleistung stand unter dem Goethewort: „Die Tat ist alles, nichts der Ruhm“.

 

Freitag, 24. Januar 2025

Was verbirgt sich hinter dem Kleinod, der Markuskapelle in Mistelbrunn?


Die Landstraße von Bräunlingen führt  durchs Bregtal nach Norden. Kurz vor Wolterdingen führt die K 5736 dann links ab durch den Wald über Mistelbrunn mit seinen 80 Einwohnern nach Bubenbach.

Mistelbrunn wurde 1095 urkundlich erwähnt. 1120 wird die Markuskapelle urkundlich im Zusammenhang von Hilfen und Beisteuern erwähnt. Sie kam 1145 von der Abtei Reichenau an das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen. Zwischen 1120 und 1150 wurde auf den Ruinen von zwei Vorgängerbauten die jetzige Kapelle erbaut, wie die Sanierungsarbeiten 1970 ergaben. Daher die Vermutung, dass die Kapelle schon vor 1095 bestanden haben muss.

Sie ist dem hl Markus geweiht (Patrozinium 25.4.). Er wurde viele Jahrhunderte lang als Wetterheiliger verehrt. Bei den sog. Marxprozessionen baten Bräunlinger Bürger und Bauern dort in früheren Jahrhunderten häufig um Regen oder mehr Sonne. Bei den Außensanierungen 1971 wurden im Areal rund um die Markuskapelle zahlreiche Münzen aus dem 13. bis 18. Jahrhundert gefunden. Erhalten sind aus früherer Zeit noch die Malereien an Nord- und Südwand. Die Nordwand zeigt die Schöpfung Gottes nach der Schilderung des Alten Testaments, die Südwand zeigt die neutestamentliche Erlösung durch Jesus Christi. Es sind frühe Erzeugnisse christlicher Baukunst und gelten als kunsthistorische Kleinode in Südbaden. Drei mittelalterliche Holzskulpturen aus der Markuskapelle, eine hl Katharina, ein nicht näher bestimmbarer Bischof und eine seltene Büste des hl Markus sind im Keinhof-Museum von Bräunlingen ausgestellt.

Die Sage erzählt uns: In alten Zeiten haben in dem Dorfe Allmendshofen bei Donaueschingen reiche Ritter gewohnt. Einer von ihnen hatte eine Tochter, Ruchtraut mit Namen, welche an frommer Gesinnung die Ihrigen weit übertraf. So weit ging die Frömmigkeit, dass sie mit der Andacht in ihrer Schlosskapelle sich nicht begnügte. Sie erhob sich mitten in der Nacht vom Lager, um vor Tagesanbruch dem Frühgottesdienste anzuwohnen, welchen in drei Stunden entfernte Kapelle von Mistelbrunn ein frommer Priester hielt.

Damals aber deckte die ganze Gegend dichter Wald ab. Die Jungfrau musste ohne Begleitung den schaurigen Weg antreten. Als sie aber zum ersten Male den Wald betrat, ward es plötzlich helle vor ihren Augen, denn siehe ein Hirsch von siebzehn Enden stund vor ihr, auf jeder Zacke seines Geweihes flammte ein Licht, und er geleitete sie durch des Waldes Dickicht den geradesten Weg zur Kapelle.  So ging Sommer wie Winter leuchtend und begleitend der Hirsch vor ihr her. Als ihre Zeit gekommen war, ließ die Jungfrau die Ihrigen an das Totenbett kommen und nahm ihnen das Versprechen ab, sie nicht in der Familiengruft, sondern dort zu begraben, wo es Gottes Wille sei. Da legten sie nach ihrem Hinscheiden den Totenbaum auf einen Wagen und spannten diesem zwei des Jochs ungewohnte Stiere vor und überließen ihnen, zu gehen, wohin sie wollten. Und siehe, die Tiere zogen durch Dick und Dünn den geraden Weg durch den Wald. Als sie vor der Kapelle zu Mistelbrunn angelangt waren, legten sie sich vor ihr nieder. Also wurde sie auch in der Markuskapelle begraben. Die Sage ist in einem Bild in der Kapelle links festgehalten.

Das Altarbild zeigt ein löschpapierenes Brustbilde des heiligen Markus, welches an Stelle eines steinernen steht, das einst nach Bräunligen in feierlichem Umzuge getragen und hier und dort in einen Brunnen getaucht wurde, -wie alte Leute noch wissen wollen,- um nasse oder trockene Witterung zu erflehen.

Der Glockenstuhl besitzt 3 Glocken, die zum Gebet rufen, zwei von 1949 und eine von 1823, nebst einer Turmuhr. 

Sagenbild Markus Kapelle


Freitag, 17. Januar 2025

Was verbirgt sich hinter den frühen Plänen der Hotzenwaldgruppe?

 


Die Schluchsee AG hat 1929-1951 die Schluchseegruppe mit ihren Pumpspeicherkraftwerken bis zum Rhein fertig gestellt. Der stetig steigende Strombedarf ließ weitere Pläne mit der Hotzenwaldgruppe Mitte der 50iger Jahre entstehen. Denn der Hotzenwald mit seinen nach Süden geneigten, stufenweisen Abdachungen, die bis zu einer Höhe von etwa 600 m ansteigen, garantieren genügend Fallhöhe für Kraftwerke. Gleichzeitig war die geplante Wasserzuführung das größte Wasserableitungsprojekt, das in Mitteleuropa verwirklicht werden sollte.

Durch die Ableitungen sollten vier Zuflüsse der Alb erfasst werden: Das Schwarzenbächle südöstlich von Todtmoos sollte beim Woog-Gumpen im Lindau-Stausee, der Ibach beim Schlossfelsen (Gemarkungen Wilfingen und Rotzingen) im Ibachbecken jeweils gesammelt werden. Der Vogel- und Sägbach durch einen Hangkanal dem Ibachbecken zugeleitet werden. Die Hauensteiner Murg soll bei der Schlagsäge abgeleitet und durch einen Fallschacht dem Verbindungsstollen zwischen Ibach- und Seelbachbecken zugeführt werden. Der Seellbach  als Nebenfluss wird bei der Wickartsmühle zu einem dritten Becken aufgestaut. Der Lindau-Stausee würde eine 82 m hohe Staumauer bekommen und eine Fläche von 297 ha einnehmen. Die Staumauer des Ibachbeckens hätte immerhin noch eine Höhe von 32 m, das Seelbachbecken eine von 35 m.

Ein Kawernenpumpspeicherkraftwerk würde im Berg bei Hierholz entstehen, das das Wasser aus einem 400 m langen Druckstollen vom Lindaustausee erhält. Von dort fließt es ins Ibachbecken. Das Wasser des Ichbach- und Seelbachbeckens würde dem Kavernenkraftwerk  über 16 km zugeleitet. Umgekehrt wird das Wasser bei Säckingen aus dem Rhein entnommen, in den Nachtstunden in das Kawernenkraftwerk Säckingen, von dort in das Ibachbecken und dann mit Pumpen des Kraftwerkes Hierbach in das Lindaubecken hochgepumpt.

Die konzipierte Anlage mit den Kraftwerken Hierholz und Säckingen betragen eine Turbinenleistung von 449 MW sowie eine Pumpleistung von 358 MW. Die Kraftwerke mit ihren 6 Generatoren der konzeptierten Anlage würden nahezu die gleiche Leistung erbringen wie die 12 Generatoren des Schluchseegruppe. Dies wird durch die größere Falltiefe erreicht, denn sie beträgt maximal 640 m.

Was vorauszusehen war, der Widerstand gegen dieses  Mammutprojekts wuchs stetig an: Zunächst sollten drei Stauseen entstehen, deren Wasserstand sehr schwanken wird. Beim Lindau-Stausee würden es 59 m, Ibach- 18 m und dem Seelbachbecken 28 m sein. Die Ufer würden verschlammen und verschlicken, ohne dass sich pflanzliches Leben entwickeln kann. Wichtige Naturschutzgebiete und Naturdenkmäler wie die Gletschermühle beim Woog Gumpen würden einfach geflutet.  Die Murg, Ibach und Alb würden durch die rigorose Wasserentnahme trockenliegen und versteppen. Der Hauensteiner Murg würden 95% ihrer bisherigen Wasserführung entzogen. Industrie- und Handwerksbetriebe verlieren die Wasserkraft für ihre Mühlen und Turbinen. Dabei wären nur 16% des Turbinenwassers vom Gebirgswasser, der Rest wäre Rheinwasser. Warum dann nicht gleich nur Rheinwasser?

Inzwischen hat die Schluchsee AG 1958 für eine weitere Kraftwerksanlage im Wehratal die Konzession beantragt: Die Wehra wird 2 km oberhalb Wehr durch eine 30 m hohe Staumauer aufgestaut. Dadurch wird ein Becken von 1,3 km Länge und einem Fassungsvermögen von 2,7 Mio m³ entstehen. Von hier soll zum künstlich angelegten Hornbergbecken mit einem Fassungsvermögen von 3 Mio m³ das Wehra-Wasser hin und her gepumpt werden. Allein hier ergeben sich einen Turbinenleistung von 910 MW und Pumpleistung von 980 MW bei 625 Fallhöhe. Zusätzlich sollte vom Hornbergbecken eine Überleitung zum Lindau-Stausee geben.

Wegen des erheblichen Widerstandes von Verbänden, Bevölkerung und Verbänden wurden nur das Kraftwerk Säckingen mit dem korrespondierenden Eggerbecken zwischen 1961-1967 und das Kraftwerk Wehr mit dem korrespondierenden Hornbergbecken zwischen 1968-1976 erbaut.



Freitag, 10. Januar 2025

Was verbirgt sich hinter Vier Täler und Titisee-Neustadt?



Der Titisee war seit 1111 unter dem Namen “lacus Titumse“ bekannt aber eine geheimnisvolle ansonsten völlig unbekannte Gegend im Hochschwarzwald. Am Rande jeweils von ihm lagen Villingen und Freiburg alte Gründungen der Zähringer, die später den Fürsten zu Fürstenberg gehörten. So wurde schon um 1100 nachgewiesen, dass das Höllental die älteste Verbindung zwischen Villingen und Freiburg war. Der alte Weg von Villingen, über Vöhrenbach, Hammereisenbach, das spätere Neustadt, durch das Altenwegtal und die Falkensteig (Höllental) nach Freiburg war nur öfters durch Hochwasserschäden, fortgerissene Brücken und Wege für Fuhrwerke immer wieder unbefahrbar.
So gewann schon 1310 der „nuwe weg“ immer mehr an Bedeutung. Die Straße wurde von Villingen nicht über Vöhrenbach gebaut sondern über Herzogenweiler, Fischerhof im Bregtal, Bregenbach, Urach hinauf zur Kalten Herberge. Von dort führte die Straße durch den Hohlen Graben, Thurner, Wagensteigtal, Burg und schließlich nach Freiburg. Damit gewann das Jostal als Weg zur Wagensteigverbindung an Bedeutung. Dazwischen lag das Schildwendetal als Seitental zum Jostal und weiter zwischen dem Altenwegtal das Spriegelsbachtal. Die vier Täler bildeten als Verwaltungseinheit 1525 die Vogtei Vier Täler mit eigenem Dorfgericht.

Vier Täler war seit jeher Fürstenberger Land. 1491 kamen Saig und Lenzkirch unter Fürstenberger Herrschaft dazu. Damit war auch das südliche Ufer des Titisees im Herrschaftsbereich der Fürstenberger, der 1806 auf das Großherzogtum Baden überging. Damit galten auch die Unteilbarkeit der Höfe und das Anerbenrecht und waren damit gesetzlich geschützt. Nach dem Übergang 1806 blieben die Bezeichnungen Vogt und Gericht beibehalten, wenn auch mit anderen Funktionen. Die Verwaltungsräume wurden in einem kleinen Rathausgebäude in der Spiegelhalde untergebracht. 1934 zog die Verwaltung in der vom Schwarzwaldhotel erbauten „Villa Jäger“ in Titisee.

Der Titisee war bis Mitte des 19. Jahrhunderts völlig unberührt. Es gab überhaupt nur 2 Höfe in der Nähe des Sees: den Seehof auf der Gemarkung Saig und den Hermeshof auf  der Gemarkung Vier Täler. Mit dem Bau der Straße um den Titisee zum Feldberg  mit Abzweigung in Bärental zum Schluchsee 1885, den Bau der Höllentalbahn 1887 und Dreiseenbahn 1928 kamen die Besucher, weckten Interesse an diesem schönen Fleckchen Erde. Als erste Fremdenverkehrseinrichtung wurde 1867 am See eine Blockhütte gebaut, 1873 das erste Hotel am See, das „Hotel Titisee“. Schon nach 10 Jahren wurde das Hotel auf die doppelte Größe ausgebaut. Nachdem die Entwicklung so rasch Fahrt aufnahm, wurde das Fremdenverkehrszentrum 1929 als kleinster Teil mit dem Namen „Titisee“ bezeichnet und gleichzeitig der Ortsname Vier Täler in Titisee umgewandelt.

1971 wurde Titisee (heute 2400 Einwohnern) mit Rudenberg (heute 180 Einwohnern) nach Neustadt (heute 9.500 Einwohnern) eingemeindet. Der neue Ortsnamen lautete ab dann Titisee-Neustadt. Im gleichen Jahr wurde ebenfalls Schwärzenbach (heute 250 Einwohnern) eingemeindet, 1973 kam Waldau (heute 400 Einwohnern) und 1974 Langenordnach (heute mit 240 Einwohnern) hinzu. Durch die Täler bedingt weist die Gemarkungsfläche 90 km² auf, damit ein Bevölkerungsdichte von nur 138 Einwohnern auf den km².

Allerdings besaß Titisee nur den kleinsten Teil vom Titisee, während den Großteil die Anliegergemeinden Hinterzarten und Saig am Südufer besaßen. Am 1.1.1978 stimmten die jetzige Gemeinde Lenzkirch-Saig zu, die Gemarkungsgrenze vom Südufer des Sees bis hinter die B 317 zurück zu verlegen. Dadurch kamen 53,45 ha –die Hälfte der Seefläche- zu Titisee-Neustadt. Die Gemeinde Hinterzarten hat am Nordufer 27,60 ha Seefläche abgegeben. So besaß Titisee von 107 ha Seefläche 95 ha  und Hinterzarten nur noch 12 ha. Soweit der Weg von der Bauerngemeinde „Vier Täler“ zur Fremdenverkehrsmetropole „Titisee“mit nahezu 2 Millionen Besucher pro Jahr  am Titisee.

Vier-Täler


Freitag, 3. Januar 2025

Was verbirgt sich hinter dem Blick vom "Bergle" über Gengenbach?


Der Name „Kastelberg“ über Gengenbach, auch liebevoll „Bergle“ genannt, hat seinen Ursprung in einem römischen Kastell, das über die römische Straße im Kinzigtal wachte. Ein Votivstein, Münzfunde belegen die römische Anwesenheit. Alemannen lösten diese ab und wurden selber von den Franken verdrängt.

Die Franken bauten unterhalb des Bergles ihrem heiligen Martin eine Kirche, die heutige Friedhofskirche St Martin. Gleichzeitig gründete Abtbischof Pirmin in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts nach seiner Vertreibung von der Reichenau ein Kloster östlich angrenzend an das Dorf unterhalb des Kastelbergs. Die Lage war klug gewählt, da die römische Straße, die links der Kinzig führte, hier die Kinzig queren musste, da sie rechts der Kinzig weiter führte.

Das Kloster kam schon früh zur Blüte, wurde 820 Reichskloster, orientierte sich an Bamberg, wurde von St Georgen reformiert und wuchs als Benediktinerkloster  mit seinen Besitzungen in der Ortenau und seinem Silberbergbau auch zu einem Wirtschaftsunternehmen auf. Mit der Bedeutung des Klosters wuchs auch das Dorf und wurde immer mehr zu einer Einheit zwischen beiden. 1139 wurde Gengenbach erstmals urkundlich erwähnt. In jener Zeit wurde mit der Stadtgründung die Siedlung und Kloster mit Mauerring und Stadttoren befestigt, denn beide waren aufs engste miteinander verknüpft.1366 wurde Gengenbach „freie Reichsstadt“ mit Sitz beim Kaiser in Wien.

Auf dem „Bergle“ war schon aus keltischer Zeit ein Hain, Gläubige bauten eine kleine Kapelle und wallfahrten heimlich zur Göttin Einbethe. Um vom Kloster alles in die richtigen Bahnen zu bringen, wurde 1294 auf dem „Bergle“ eine Kapelle gebaut und dem heiligen Jakobus geweiht, die nun über Kloster und Stadt wachte. Neben der Kapelle wurde eine Grabkapelle gebaut, um den Ort auf dem ein heidnischer Altar stand, christlich zu vereinnahmen. Die heutigen beiden Kapellen stammen von Abt Thalmann aus den Jahren 1681/82.

Die Reformation hinterließ auch ihre Spuren, 1525 wurde das Kloster unter dem „wilden“ Grafen Wilhelm von Fürstenberg protestantisch, kehrte aber 1547/48 zum katholischen Glauben zurück. Auch der 30jährige Krieg, die Erbfolgekriege brachten wie überall Belagerung, Zerstörung so auch in Gengenbach die völlige Zerstörung 1689 durch die Franzosen. Auf wirtschaftlichem Sektor gehörten die Leistung des Klosters einer Glashütte, sowie eine Blaufarbenfabrik im Moosgebiet.

In der Geschichte Gengenbachs ist im Lauf der Jahre immer wieder die Rede von Kämpfen, die die Stadt mit wechseldem Erfolg, aber mit gleichbleibender Zähigkeit hindurch mit dem Kloster um ihre Privilegien und ihrer Selbstständigkeit als Kommune führte. Diese Selbständigkeit wurde durch das 1784 gebaute prächtige Rathaus dokumentiert.

Der Schlag, der für die Stadt und das Kloster alles veränderte, war die Säkularisierung und Mediatisierung1803 und 1806: Gengenbach verlor den Status und Privilegien der „freien Reichsstadt“ und wurde beschauliches Provinzstädtchen, das sich um Wein und Industrie bemühen musste. Das Kloster wurde aufgehoben, zwar war es „Auffangbecken“ für das Personal der Klöster Schwarzach und Ettenheimmünster. Aber im Jahr 1807 war trotz aller Hoffnungen Schluss für das Kloster Gegenbach: Die jüngeren Patres kamen als Pfarrgeistliche in die verschiedenen Gemeinden, die älteren wie der Abt wurden pensioniert. Das Hauptgebäude wurde Pfarrhaus, Schule und Obervogteiamt, die Klosterkirche wurde die Pfarrkirche. Kulturelles Gut, Kirchenausstattung und vor allem die Bibliothek wurden in alle Winde zerstreut.

Unvergesslich ist der Blick vom „Bergle“ hinab auf das Städtchen. Vorne am Fuß des „Bergle“ die Abteikirche mit dem eleganten Barockturm, aus den alten Dächern das hohe Walmdach des spätbarocken Rathauses, außerdem die drei Türme der Stadttore.

St Marien