Freitag, 6. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter dem Sterben der Uhrmacherfabriken im Hochschwarzwald?

Lorenz Furtwängler 1807-1866 als Uhrenträger

In den Städten Triberg, Furtwangen, Neustadt und Lenzkirch und deren Umgebung gab es eine Vielzahl von Uhrmacher und Uhrmachermanufakturen, die ihre Uhren hinaus in die Welt tragen ließen. Produziert wurden Kuckucks- und Stockuhren, Regulatoren, Bodenstand-, Bürouhren und Wecker.

 

Bekannt, um nur einige zu nennen, waren Lorenz Furtwängler & Söhne (LFS) aus Furtwangen, Schöpperle & Hauser die spätere Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch, Uhrenfabrik Winterhalder & Hofmeier in Neustadt wie auch letztlich die Badische Uhrenfabrik (BadU) in Furtwangen. Am Beispiel von LFS wird die Problematik aufgezeigt.

 

Lorenz Furtwängler (1807-1866), ein tüchtiger Uhrmachermeister, begann 1836 in Gütenbach später im Schwefeldobel von Neukirch Uhren herzustellen, so wie viele Uhrmachermanufakturen begannen. Vier seiner Söhne führten das Unternehmen nach seinem Tode weiter und übersiedelten 1868 mit ihrem Betrieb nach Furtwangen, da die notwendige Wasserkraft vorhanden war. 1882 kam eine Dampfmaschine dazu, denn das Werk war auf industrielle Produktion umgestellt worden. Es wurden nicht nur Uhrwerke produziert sondern auch die  gesamte Gehäuseproduktion integriert.

 

Es wurden Wand- und Bodenstandsuhren aber auch Wecker hergestellt. LFS erlangte mit ihren Uhren Weltruf und zählte zu den ältesten und maßgebendsten Hersteller für massive Großuhren in Deutschland. Wie auch die anderen Firmen wurden im In- und Ausland zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen abgeräumt.

 

Mit dem Erfolg der Uhrenmanufakturen kam das schnelle Wachstum, und das musste finanziert werden. Fremde Kapitalgeber oder Unternehmenszusammenschlüsse waren notwendig, um die laufende Expansion zu finanzieren. So wurde auch LFS  1895 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1898 waren 143 Mitarbeiter beschäftigt.  Dies war nicht genug, LFS suchte den Zusammenschluss mit dem Schiele & Bruchsaler-Industriekonzern Baden-Baden. 1900 nutzte man die Erfahrung des Georg Stehling, der ein geschätzter Spezialist für Großuhren war.

 

Nach und nach schieden die Lorenzbrüder altershalber aus und Georg Stehling wurde immer mehr die leitende Figur des Unternehmens. Um zur Versorgung des russischen und polnischen Marktes hatte man in Warschau eine Weckerfabrik gegründet. LFS beschäftigte 1925 über 500 Arbeitskräfte.

 

Wie viele andere Schwarzwälder Uhrenfabriken wollte man nicht nach dem Ersten Weltkrieg und in den 20er Jahre des 20. Jahrhunderts auf die billigere amerikanische Uhrenproduktion umzustellen. Man blieb bei der qualitativ hochwertigen aber teuren Uhrenproduktion. Die Firmenleitung von LFS versuchte alternativ auf den wachsenden Markt der Schreibmaschine aufzuspringen und brachte 1925 eine namens „Cardinal“ auf den Markt. Von soliden Uhren verstand die Unternehmensleitung etwas, die Probleme der Schreibmaschine bekam sie aber nicht in den Griff. Damit war das Aus von LFS eingeläutet.

Das Geschäft mit den amerikanischen Uhren und deren Produktionsmethoden machten die Firmen Junghans in Schramberg, Mauthe, Kienzle in Schwenningen und Kaiser in Villingen. Aber sie standen alle Anfang der 50er Jahre vor dem gleichen Problem, dass sie die Umstellung auf das neue  Zeitalter von elektrischen Uhren und später in den 70er Jahren das Quarzzeitalter verpassten, da sie beim alten Produkt und deren Produktionsmethoden verharrten.

 

 

Donnerstag, 29. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter den zwei Bahnhöfen von Freudenstadt?

Stadtbahnhof Freudenstadt

1879 erhielt Freudenstadt durch den Bau der Eisenbahn von Eutingen her den Anschluss an die Gäubahn und die Verbindung zur großen Welt war hergestellt. Damit war die Voraussetzung
  des Aufstiegs zur Tourismusstadt gelegt. Durch die geplante Weiterführung der Bahnstrecke ins Kinzigtal 1806 mit Verbindung zur Schwarzwaldbahn in Hausach, wurde der Bahnhof außerhalb von Freudenstadt süd-östlich der Stadt gebaut.

1898 beschloss der Landtag des Königreichs Württemberg, Freudenstadt mit einer Eisenbahnstrecke und den Manufakturen in Friedrichstal sowie dem oberen Murgtal bis Klosterreichenbach zu verbinden. Wenn nur die Steilstrecke von 5% im Christophstal nach Freudenstadt nicht wäre. Diskutiert wurde eine Tunnellösung unter Freudenstadt, um die Steigung zu umgehen oder eine oberirdische Führung mit einem Stadtbahnhof in Scheitellage. Möglichkeit hierfür bot die gerade erprobte Zahnstange mittig im Gleis, mit deren Hilfe die Lokomotiven die Steigung erklimmen konnten. Die Euphorie über die Zahnstange war so groß, dass es Eisenbahnpläne gab, den Gotthard-Pass mit Hilfe einer solchen zu überwinden.

Schon allein aus finanziellen Erwägungen entschied sich Württemberg für die Zahnstangenlösung, vor allem weil eine durchgehende Verbindung durch das Murgtal erst 1928 möglich wegen der unterschiedlichen Interessen zwischen Baden und Württemberg war.

Für die 1901 fertiggestellte Bahnstrecke mit der Zahnstange wurde die württembergische Lokomotive FZ mit 3 Treib- und einer Laufachse, 54 t schwer, eingesetzt. Die Reisezugwagen 2. und 3. Klasse, Packwagen für Post- und Expressgut hatten Bremsen, die vom Lokführer gesteuert werden konnten. Bei Güterzügen mussten extra Bremser mitfahren, die die Spindelbremsen per Hand bedienen mussten, zuzüglich einem Packwagen, der zur Sicherheit vom Lokführer gebremst wurde.

Fuhr ein Zug von Freudenstadt Hbf nach Klosrreichenbach startete er mit mäßiger Geschwindigkeit und schon nach etwa einem Kilometer, kurz nachdem der Zug die Wittlensweiler Straße in Freudenstadt passiert hatte, musste er zum Einfädeln in die Zahnstange am Beginn der 4,6 prozentigen Steigung auf Schrittgeschwindigkeit bremsen. Erst dann durfte auf 20 km/h beschleunigt werden. Die Zahnstange endete am Stadtbahnhof. Hier konnte dann auch die Schublock abgehängt werden. Bei der Weiterfahrt musste direkt nach dem Bahnübergang Karl-von Hahn-Straße wieder in die Zahnstange eingefädelt werden. Mit 20 km/h ging es die Steilstrecke durch das Christophstal bis Friedrichstal, wo auch die Zahnstange endete. Mit 40 km/h ging es  dann nach Baiersbronn und Klosterreichenbach.

Die Reichsregierung hat in einem großen Investitionsprogramm 1936/37 die Zahnradloks durch Reibungsloks T 161 ersetzt. Sie hatten obligatorisch einen Sandstreuer für eine bessere Reibung und einen verlängerten Wasserstand im Kessel, falls bei Bergfahrten zu wenig Wasser in diesem war. So konnten gegen Explosionen des Kessels vorgesorgt werden. Diese bewältigten die Steigung im Christophstal ohne Zahnstange. Natürlich war in der Übergangszeit bei Bergfahrten immer noch eine Schublok mit Zahnstange dabei. Allerdings verschwanden dann Ende 1929 die Zahnstangen bei den Bahnübergängen, um mittlerweile die üblichen Luftreifen der Kraftfahrzeuge zu schonen.

Im Jahr 1928 wurde die Murgtaleisenbahn durchgehend befahrbar freigegeben. Allerdings mussten die badischen Lokomotiven immer bis ins württembergische Klosterreichenbach fahren, denn dort gab es eine Drehscheibe für die Lokomotive. Eine dreistündige Rückwärtsfahrt bis Karlsruhe war für das Personal nur schwer zuzumuten. Erst ab 1951 war es möglich am Grenzbahnhof Schönmünzach den Lokwechsel vorzunehmen.

Hauptbahnhof Freudenstadt


Freitag, 23. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter "Pro Seniore" in Friedenweiler?


Der Reisende kann heute auf der B 31 von Freiburg kommend, Titisee  an Löffingen vorbei den Schwarzwald queren. Dabei passiert er das kleine Friedenweiler, das heute mit dem südlichen liegenden Rötenbach, ein früher bekanntes Geigenbaudorf, eine Gemeinde bildet. In der Dorf Mitte liegt das „Pro Seniore“ Pflegeheim für betreutes Wohnen neben der Kirche. Es beherbergt 63 Pflegeplätze und ist nicht weniger als die Reste des ehemaligen Klosters Friedenweiler.

1123 kam ein Tauschvertrag zwischen den Abt Odalrich vom Kloster Reichenbach und den Abt Werinherr vom Kloster St Georgen zustande: Grund und Boden von Friedenweiler, das damals nicht besiedelte Fridenwilare, Löffingen wurden vom Kloster Reichenau an das Kloster St Georgen abgetreten, während auf der Baar ebenfalls zum Ersatz getauscht wurde. Auch die Vögte von Zähringen von St Georgen und Reichenau stimmten zu. 1139 erfolgte die päpstliche Bestätigung des Benediktinerinnenklosters Friedenweiler als Priorat des Klosters St Georgen, dem eine Meisterin vorstand und die vom Kloster Amtenhausen kamen. Der Vaterabt war der Abt von St. Georgen, die Vogtei lag zunächst bei den Zähringern, 1283 bei den Fürstenbergern.

Eine geglückte Aufgabe des Klosters Friedenweiler war in den nächsten 250 Jahren die Erschließung und Besiedelung der verschiedenen Täler des Hochschwarzwaldes vor allem der Raum Titisee, Langenordnach, Schollach und Friedenweiler. Darüber hinaus wurden Besitzungen im Breisgau und Baar sowie ab 1350 ein eigenes Haus in Freiburg „Zum Friedenweiler“ erworben.

Zwar wurde Friedenweiler 1525 von dem Bauernkrieg verschont, große Sorgen bereitete aber die Reformation. St Georgen wurde vom Herzog Ulrich von Württemberg vereinnahmt und 1532 säkularisiert. Übertritte und Nachwuchssorgen ließen die Anzahl der Benediktinerinnen sinken. Schließlich musste der Abt von St Georgen das Kloster bedingungslos an den protestantischen Graf Friedrich von Fürstenberg abtreten und wurde ab 1536 fremd verwaltet.

1570 stellte das Haus Fürstenberg das verwaiste Kloster wieder für den ursprünglichen Zweck zur Verfügung, denn das Haus Fürstenberg gehörte wieder der katholischen Konfession an. Eine Äbtissin des Klosters Lichtenthal zog mit 6 Nonnen und 2 Laienschwestern im Kloster Friedenweiler ein. Vaterabt der Zisterzienserinnen wurde der Abt von Tennenbach.

Die nächsten 200 Jahre waren wie bei vielen anderen Klöstern durch das Leid, Plünderungen, Seuchen und Zerstörung des 30jährigen Krieges und den Erbfolgekriegen bestimmt. Immer wieder mussten die Nonnen an sichere Orte fliehen. Schließlich brannte 1725 das Kloster mit Kirche gänzlich ab. Peter Thumb baute schließlich das Kloster in seinem barocken Aussehen  von 1725 bis 1729 wieder auf.

Das Haus Fürstenberg nahm 1802 das Kloster und deren Vermögenswerte in Besitz. Die Kirche wurde zur Pfarrkirche, die Klostergebäude teilweise Schwestern-Altenheim, später zudem Militärlazarett und Nebenresidenz der Fürstenberger. 1840 wurde auf dem Klosterareal und in den Klostergebäuden eine Brauerei eingerichtet. Von 1922 bis 1983 bestand in den Räumlichkeiten eine Kinderheilstätte, heute ist hier ein Alten- und Pflegeheim –Pro Seniore- untergebracht.

Beachtenswert der Hochaltar, ein Geschenk der bis 1810 bestehenden Abtei St Georgen in Villingen, dessen Mittelbild Maria Himmelfahrt thematisiert. Die Themen der beiden Seitenaltarbilder, der Tod Benedikts und die Lactatio des Bernhard von Clairvaux von 1585. Die Kirche ist dem hl Johannes der Täufer geweiht (Patrozinium 24.6.).

Votivbild 1795 Kloster Friedenweiler


Freitag, 16. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter Vier Täler und Titisee-Neustadt?


Der Titisee war seit 1111 unter dem Namen “lacus Titumse“ bekannt aber eine geheimnisvolle ansonsten völlig unbekannte Gegend im Hochschwarzwald. Am Rande jeweils von ihm lagen Villingen und Freiburg alte Gründungen der Zähringer, die später den Fürsten zu Fürstenberg gehörten. So wurde schon um 1100 nachgewiesen, dass das Höllental die älteste Verbindung zwischen Villingen und Freiburg war. Der alte Weg von Villingen, über Vöhrenbach, Hammereisenbach, das spätere Neustadt, durch das Altenwegtal und die Falkensteig (Höllental) nach Freiburg war nur öfters durch Hochwasserschäden, fortgerissene Brücken und Wege für Fuhrwerke immer wieder unbefahrbar. So gewann schon 1310 der „nuwe weg“ immer mehr an Bedeutung. Die Straße wurde von Villingen nicht über Vöhrenbach gebaut sondern über Herzogenweiler, Fischerhof im Bregtal, Bregenbach, Urach hinauf zur Kalten Herberge. Von dort führte die Straße durch den Hohlen Graben, Thurner, Wagensteigtal, Burg und schließlich nach Freiburg. Damit gewann das Jostal als Weg zur Wagensteigverbindung an Bedeutung. Dazwischen lag das Schildwendetal als Seitental zum Jostal und weiter zwischen dem Altenwegtal das Spriegelsbachtal. Die vier Täler bildeten als Verwaltungseinheit 1525 die Vogtei Vier Täler mit eigenem Dorfgericht.

Vier Täler war seit jeher Fürstenberger Land. 1491 kamen Saig und Lenzkirch unter Fürstenberger Herrschaft dazu. Damit war auch das südliche Ufer des Titisees im Herrschaftsbereich der Fürstenberger, der 1806 auf das Großherzogtum Baden überging. Damit galten auch die Unteilbarkeit der Höfe und das Anerbenrecht und waren damit gesetzlich geschützt. Nach dem Übergang 1806 blieben die Bezeichnungen Vogt und Gericht beibehalten, wenn auch mit anderen Funktionen. Die Verwaltungsräume wurden in einem kleinen Rathausgebäude in der Spiegelhalde untergebracht. 1934 zog die Verwaltung in der vom Schwarzwaldhotel erbauten „Villa Jäger“ in Titisee.

Der Titisee war bis Mitte des 19. Jahrhunderts völlig unberührt. Es gab überhaupt nur 2 Höfe in der Nähe des Sees: den Seehof auf der Gemarkung Saig und den Hermeshof auf  der Gemarkung Vier Täler. Mit dem Bau der Straße um den Titisee zum Feldberg  mit Abzweigung in Bärental zum Schluchsee 1885, den Bau der Höllentalbahn 1887 und Dreiseenbahn 1928 kamen die Besucher, weckten Interesse an diesem schönen Fleckchen Erde. Als erste Fremdenverkehrseinrichtung wurde 1867 am See eine Blockhütte gebaut, 1873 das erste Hotel am See, das „Hotel Titisee“. Schon nach 10 Jahren wurde das Hotel auf die doppelte Größe ausgebaut. Nachdem die Entwicklung so rasch Fahrt aufnahm, wurde das Fremdenverkehrszentrum 1929 als kleinster Teil mit dem Namen „Titisee“ bezeichnet und gleichzeitig der Ortsname "Vier Täler" in "Titisee" umgewandelt.

1971 wurde Titisee (heute 2400 Einwohnern) mit Rudenberg (heute 180 Einwohnern) nach Neustadt (heute 9.500 Einwohnern) eingemeindet. Der neue Ortsnamen lautete ab dann Titisee-Neustadt. Im gleichen Jahr wurde ebenfalls Schwärzenbach (heute 250 Einwohnern) eingemeindet, 1973 kam Waldau (heute 400 Einwohnern) und 1974 Langenordnach (heute mit 240 Einwohnern) hinzu. Durch die Täler bedingt weist die Gemarkungsfläche 90 km² auf, damit ein Bevölkerungsdichte von nur 138 Einwohnern auf den km².

Allerdings besaß Titisee nur den kleinsten Teil vom Titisee, während den Großteil die Anliegergemeinden Hinterzarten und Saig am Südufer besaßen. Am 1.1.1978 stimmten die jetzige Gemeinde Lenzkirch-Saig zu, die Gemarkungsgrenze vom Südufer des Sees bis hinter die B 317 zurück zu verlegen. Dadurch kamen 53,45 ha –die Hälfte der Seefläche- zu Titisee-Neustadt. Die Gemeinde Hinterzarten hat am Nordufer 27,60 ha Seefläche abgegeben. So besaß Titisee von 107 ha Seefläche 95 ha  und Hinterzarten nur noch 12 ha. Soweit der Weg von der Bauerngemeinde „Vier Täler“ zur Fremdenverkehrsmetropole „Titisee“ mit nahezu 2 Millionen Besucher pro Jahr  am Titisee.

Vier Täler


Freitag, 9. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter den Fressbädern im Dreisamtal?

Kybbad Kappel

Im ausgehenden Dreisamtal liegt der Ortsteil Littenweiler, der
  1914 nach Freiburg eingemeindet wurde. Kappel seit 1974 ein Ortsteil von Freiburg, liegt in einem südlichen Seitental des Dreisamtals am Fuße des Schauinsland.

1466 errichtet Benz Ved bei dem auf seinem vom Priorat Oberried gekauften „zuerst im Kappler Tal“ ein Bad, nachdem er „unten im Kibfelsen“ eine heilkräftige Quelle entdeckt hatte. Es handelte sich um kaltes Wasser, das aus einem alten Stollen austritt und das man als heilkräftig ansah. In Gutachten von 1568 und 1571 wird bestätigt, dass das Wasser des Kydbades Kupfer und etwas Schwefel enthalte. Es helfe gegen kalte Glieder, böse Augen,  Nieren- oder Blasengries, bei Beinbruch und Krätze.

Von 1586 wird berichtet, dass ein Prior des Kloster Oberried sein Amt verlor, weil er den lockeren Sitten des Bades erlegen war und sich mit einer „Weibsperson sehr eigentlich gehalten habe“. Das im 30jährigen Krieg eingegangene Bad wurde 1650 neu aufgebaut und erfreute sich regen Zuspruchs. Deswegen erließ der neue Prior des Klosters Oberried 1659 eine ausführliche Badeordnung, um das ausgelassene Leben im Bad nicht ausufern zu lassen. Die Badgästen hatten „mit reinen Hembden“ in die Bädekästen zu steigen, die Badknechte mussten das Wasser richtig wärmen, der Wirt hatte reichliche Speisen und gute Weine bereitzuhalten und auf ein sittsames Verhalten der Badegäste zu achten.

Französische Truppen des Marschalls Taillard zerstörten 1704 das Kybbad. Dadurch ruhte 130 Jahre der Badebetrieb. Ein Peter Roth, der den Hof landwirtschaftlich betrieb, wurde durch den Freiburger Archivregistrator Leichtlin auf das einstige Bad aufmerksam gemacht. Roth fand auf seinem Anwesen eine Quellfassung mit der Jahreszahl 1621. Im Jahre 1835 bestätigte eine Analyse des Wassers der Regierung, dass kaum Mineralien im Wasser vorhanden seien und wurde aus der Liste der Heilbäder gestrichen. Es konnte nur als Reinigungsbad mit Gastwirtschaft, also als „Freßbädle“ weitergeführt werden.

Im gleichen Jahr erhielt Roth durch die Regierung die Genehmigung zum Bau einer Restaurationswirtschaft, so lange das Bad besteht. 1850 wurde von amtlicher Seite ihm bestätigt, dass die Einrichtung des Kybbades zweckmäßig erscheine und die erforderliche Reinheit herrsche. Auch im Winter kamen bald Badegäste. 1896 berichtet das Bäderverzeichnis, dass das Bauernbädle gerne besucht werden würde. Allerdings konnte Peter Roth es wegen Eigenverschulden nicht halten. Das Bad wurde 1909 versteigert, 1910 von einem Ehepaar Hoven übernommen. 1915 wurde das Bad geschlossen.

Auch im Freiburger Vorort Littenweiler wurde 1841 beim Graben eines Brunnens eine Stahlquelle entdeckt, die mit der Kappler Eisenquelle Ähnlichkeit habe. Im Jahre 1844 errichtete der Freiburger Joseph Ziegler ein Badhaus. Er wollte die Wirtschaftsgerechtigkeit von der gekauften Gemeindestube auf sein Badhaus überragen. Das Landamt genehmigte dies aber nur, wenn das neue Haus nicht „Badstube“ genannt würde und keine Heilbäder sondern nur gewöhnliche Reinigungsbäder verabreichen würden. Der nächste Besitzer, Anton Pleiner, richtete 1855 einen Pferdeomnibus vom Schwabentor zu seinem „Bad“ ein.

Ein weiterer Badwirt, Karl Hensler, baute ein neues Badhaus mit Badzellen und Zimmern. Er veröffentlichte ein Büchlein „Das Bad Littenweiler bei Freiburg. Seine Heilkraft und Wirkung“. Die neu gefasste Quelle würden rheumatische Leiden, Blut- und Schleimflüsse, Hautkrankheiten sowie Schwächen des Nerven- und Muskelsystems geheilt. 100 Bäder könnten abgegeben werden. Eine Molke- und Schröpfanstalt seien angeschlossen. Die Quelle könne sich wegen des Eisengehalts mit Franzensbrunn und Marienbad vergleichen.

Noch 1915 ist vom Badhotel die Rede. Anfang der 20er Jahre wurde das Anwesen von den Gengenbacher Schwestern erworben, in den 30er Jahre wird es „Stahlbad“ genannt und heute ist es Altersheim.



Stahlbad Littenweiler

Freitag, 2. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter dem Staufen Putsch 1848?


Staufen ein schmuckes Städtchen am Ausgang des Münstertals mit seinen knapp 10.000 Einwohnern, 770 erstmals urkundlich erwähnt, bekannt durch den  Blei- und Silberbergbau im Mittelalter, heute bekannt durch die Schladerer Obstbrände, berüchtigt durch die Geothermie-Bohrungen, die zur Hebung der Altstadt und Rissen in vielen Häusern geführt haben. Staufen schmückt sich mit dem Zusatz „Fauststadt“, weil Burgherr Anton von Staufen den Alchemisten, Astrologen und Schwarzkünstler als Goldmacher angestellt haben soll. Faust soll 1539 im Zimmer Nr 5 im Gasthaus Löwen bei einer Explosion ums Leben gekommen sein. Goethe hat die Begebenheit in der Tragödie „Faust“ 1790 beschrieben.

Gustav Karl Christian von Struve (1805-1870), der 1847 den Adelstitel abgelegt hatte, war neben Friedrich Hecker einer der führenden Köpfe der badischen Revolution 1848/49. Auf einer Volksversammlung zu Offenburg am 19. März 1848 verlangten Struve und Hecker in einer Erklärung eine Revision der Badischen Verfassung und ein deutsches Parlament. Nachdem der erste Putsch unter Hecker auf der Scheideck bei Kandern am 20. April 1848 blutig niedergeschlagen wurde, entkamen die Rädelsführer damals in die Schweiz.

Struve zog am 21. September 1848 mit Getreuen über Basel nach Lörrach, setzte die rote Fahne der Revolution, rief vom Rathaus die Deutsche Republik aus und gründete eine provisorische Regierung. Er ließ die Kassen beschlagnahmen und hob Truppen aus. Mit 600 bis 700 Mann rückte er gegen Freiburg vor, wobei eine Abteilung durchs Wiesental vorrücken sollte. Geplant war von dort nach Karlsruhe weiter zu ziehen. Dabei schlichen sich, je brenzliger die Situationen wurden, manche Freischäler wieder von dannen. Der kommandierende Löwenfels hatte seine liebe Not mit dem marschfaulen Haufen. So musste er den direkten Angriff auf Freiburg aufgeben. Die Freischäler sollten dafür von Heitersheim Richtung Todtnau ziehen und sich mit den Wiesentäler Freischäler vereinigen. Und die Kolonnen, die Rückendeckung und Flankenschutz geben sollten, hatten bei Erscheinen eines Trupps Dragoner schnell die Flucht ergriffen und erreichten dezimiert Staufen. Aber anstatt sich Richtung Gebirge zu verbarikadieren, ließen sie sich in den Wirtshäuser nieder und verlangten erstmal lärmend Verköstigungen. Struve ließ die Kasse von Staufen requirieren und rief die Republik aus.

An Aufbruch war nicht mehr zu denken. Also musste Löwenfels sich auf eine Verteidigung in Staufen einstellen, denn 800 Mann badische Truppen waren unter Generalleutnant Friedrich Hofmann von Freiburg kommend hinter ihnen her. Die sogenannten „Hoffmannstropfen“ bekamen den Freischälern in Staufen schlecht. Schafschützen, Dragoner folgten dem Beschuss der Sechspfünderkanonen nach Staufen hinein. Von den Freischälern kämpften nur die wenigsten, der Rest versuchte sich abzusetzen oder versteckte sich in den Häusern von Staufen. Nach zwei Stunden hatten die badischen Truppen dem Spuk ein Ende bereitet. Die verbarikadtierten Fenster mussten geöffnet werden, die Kriegskasse von Struve war gefunden, die Häuser wurde nach versteckten Freischälern durchsucht. Struve konnte mit seiner Frau versehen mit bäuerlicher Kleidung ins obere Münstertal und dann nach Wehr flüchten. Dort wurde erkannt und verhaftet. In Freiburg wurde er zu 8 Jahre Zuchthaus verurteilt.

Ein Kriegsverbrechen eignete sich nach der Niederschlagung des Putsches. Nach der Beerdigung des einzigen Gefallenen der badischen Truppen, stellten sich die Soldaten zur Parade auf dem Marktplatz auf. Da fiel aus einem der Häuser ein Schuss, sogleich ertönte der Ruf „die Freischäler kommen“! Beim Durchsuchen der Häuser wurden im Hinterhaus des Kreuzwirts 5 Musikanten herausgezerrt. Ein sechster entkam mit einer Bäckerverkleidung. Die 6 Musikanten sollten in Weil zu einer Hochzeit aufspielen. Die Freischäler zwangen sie aber als Militärmusik mitzukommen und Marschmusik zu spielen. Sie wurden auf der Stelle ohne Untersuchung erschossen, da die Soldaten glaubten, Freischäler vor sich zu haben.

Freitag, 25. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem letzten großen Flößer?

Trautwein 1818-1898

Im Schwarzwald haben sich hauptsächlich an der Kinzig, Murg, Enz und Nagold immer mehrere kapitalkräftige Unternehmer zu einer Handelsgesellschaft, der Schifferschaft, zusammengeschlossen. Nur so konnten die Flüsse und Bäche zu Floßstraßen mit Wehren, Stauweieren zum Flößen vorbereitet, große Holzmengen eingekauft, zu Flößen zusammengestellt und das Flößen des Holzes finanziert werden.

In solch eine Schifferschaft wurde –hier die von Schiltach- Adolf Christoph Trautwein (1818-1898) hineingeboren. Der Vater Christian Wilhelm war Schiffer und Holzhändler, seine  älteren Brüder Ulrich und Johannes hatten sich als Flößer auch schon bewährt. Schon als Neunjähriger durfte der kräftige Bursche mit seinem Vater auf dem Floß von Schiltach nach Kehl flößen. So lernte er als Junge das harte Leben der Flößer kennen: Am Ende des Winters die Holzstämme, die auf der Polter lagen, im eiskalten Wasser zu Flößen zusammen zu binden. Die gefährliche Floßfahrten auf reißenden Bächen, das Umbinden zu größeren Flößen auf der Kinzig und dann das Flößen mit dem Überwinden der verschiedenen Wehren. Nicht umsonst stand dem Flößer für die harte arbeitsreiche Arbeit 3 Liter Wein oder 5 Liter Bier pro Tag zu. Nur so war die harte Arbeit zu ertragen.

Die Französische Revolution 1789-1799 führte zu einem starken Rückgang der Kinzigflößerei, da auch Straßburg mit in die Revolution hineingezogen wurde. Was lag näher als das Augenmerk auf den Hochschwarzwald zu richten. Um von Schiltach nach Rothaus, dem Standortquatier zu kommen, war immer ein 14stündiger Fußmarsch notwendig, der später immer nachts durchgeführt wurde, um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Riesige Waldbestände, billiges Holz, die auf das Flößen warteten, fanden sie hier. Mit ihrem Wissen waren die Schiltacher Flößer gleich dabei, die Wutach 1832 floßbar zu machen und Schwallweiher mit Wehren anzulegen. Bei Unterlauchingen wurde, um die Stromschnellen zu umgehen, ein Kanal von 120 m in den Fels gesprengt. Auch wurden zwei Sägewerke bei Stühlingen und Bannschachen am Rhein bei Waldshut errichtet.

Als Sechzehnjähriger wurde Adolf Christoph Trautwein beim Floßbarmachen der Steina und dem Flößen der Holzbestände eingesetzt. Das Problem auf der Wutach und Steina war, dass das Schwellwasser im klüftigen Kalkfels immer wieder verschwand. Die Flöße lagen dann trocken. Trotz der Schwierigkeit wurde große Mengen Holz für billiges Geld gekauft und über Steina und Wutach abgeflößt.

Als besonderes Geschäft von Trautwein galt der Kiefern-Akkord mit dem Grafen von Bodmann. Am Bodensee wurden die Kiefernstämme eingebunden, mit dem Dampfschiff nach Konstanz gezogen, den Rhein bis Schaffhausen geflößt und mit dem Wagen um den Wasserfall transportiert. Dann konnten die wieder zu Flößen zusammengebauten Kiefern rheinabwärts bis Laufenburg geflößt werden. Wegen der Stromschnellen musste das Floß den Laufenknechten übergeben werden. Von Basel bis Kehl konnte wieder in eigener Regie geflößt werden. Nach Abzug der Kosten blieb ein Verlust übrig. Deswegen verfolgte Trautwein diesen Geschäftszweck nicht mehr weiter und verlegten sich wieder auf das Geschäft auf der Kinzig und dem Oberrhein. Dieses brachte viel Arbeit und Geld in das obere Kinzgtal.

Aber die Anzeichen, dass die Flößerei zur Neige gehen würde, waren unübersehbar. Mitte der 1860er Jahre wurde die Straße von Wolfach nach Schiltach gebaut. Durch den Krieg 1870/71 flohen viele Straßburger Holzhändler nach Frankreich, der Handel brach ein. Mitte der 1880er Jahre wurde die Kinzigtal-Eisenbahn fertigstellt.

Es war viel effizienter das Holz auf Straße oder Eisenbahn zu transportieren als zu flößen. Dies führte dazu, dass Trautwein 1889 den Holzhandel aufgab, denn er hatte feststellen müssen, dass das Alter dem noch so robusten Körper seinen Tribut forderte. Er ließ sich schon 1889 zum Bürgermeister von Schiltach und 1889 zum Kreisrat in Wolfach wählen, bis dann 1898 der Tod an seine Haustür klopfte.

Freitag, 18. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem Engländerdenkmal am Schauinsland?


Eine Wandergruppe bestehend aus 27 Schülern zwischen 12 und 17 Jahren und der junge Deutschlehrer von der Strand School in London brachen zu einer Schwarzwaldwanderung im Jahre 1936 auf. Als sie am 16. April nach langer Zugfahrt in Freiburg ankamen, genossen sie noch unbekümmert die Schwarzwaldstadt.

Am nächsten Morgen sollte es dann losgehen: Von der Jugendherberge Petershof in der Innenstadt über den Schauinsland, Notschrei zur Jugendherberge Radschert in Todtnauberg. Eine über km 20 km lange und mit 1000 Höhenmetern selbst für geübte Wanderer anspruchsvolle Wanderung. Der Lehrer, Kenneth Keast, 27 Jahre alt, hat sich die Reise im Reisebüro empfehlen lassen. So unbekümmert waren auch die Vorbereitungen. Trotz winterlichen Verhältnissen trugen die Schüler Sommerkleidung, leichte Schuhe, kurze Hosen, keine Kopfbedeckung. Statt einer guten Wanderkarte diente dem Lehrer nur eine Übersichtskarte vom Reisebüro im Maßstab 1:100.000. Als Wanderproviant gab es zwei Brötchen für jeden sowie eine Orange. Das war’s!

Am Vortag war der Lehrer schon vor einem drohenden Unwetter informiert worden, er meinte jedoch, dass Engländer schlimmeres Wetter gewohnt seien. In der Jugendherberge hing am Wandertag der Wetterbericht aus, der auf einen Wetterumschwung hinwies, denn es fing schon morgens an zu schneien. Als Mahnung gab der Herbergsvater mit auf den Weg, dass sie auf keinen Fall die zugeschneiten Wanderwege nutzen sondern auf der Fahrstraße bleiben sollten. Trotz aller Mahnungen verließ die Gruppe in Günterstal die Fahrstraße Richtung Berggasthof St Valentin. Prompt verlief sich Lehrer Keast, denn er wanderte wieder Richtung Freiburg zurück. Als er nach nahezu zwei Stunden wieder beim St Valentins vorbeikam, erkundigte er sich bei der Wirtin nach dem Weg. Doch auch hier riet die Wirtin dringend von einer Wanderung zum Schauinsland ab, denn Wege und Schilder seien zugeschneit. Aber unbekümmert erwiderte Keast, dass sie eben den Schnee abwischen würden. Am Kiberfelsen hatten sie sich wieder verlaufen. Eine Stunde später hatten sie erst den Sohlacker erreicht.

Mittlerweile war es 15 Uhr und am Kohlerhau traf die Gruppe zwei Forstarbeiter, die wegen des Schneesturms die Arbeit eingestellt hatten und rieten ihnen dringend, die Wanderung abzubrechen. Aber Keat versuchte über das obere Kapplertal weiterzukommen. Dort traf die Gruppe den Postmann Steiert. Er riet ihnen ebenfalls dringend ab, bei diesem Unwetter weiterzugehen und bot an, sie ins nahe Bergwerkzechheim  zu bringen. Keast lehnte ab und ließ sich weiter den Weg zum Schauinsland beschreiben. Die Wandergruppe kam im hohen Schnee nur noch kräftezehrend voran. Querfeldein ging es die steile Kapplerwand hinauf, so dass die Wandergruppe die ganze Wucht des Schneesturms ins Gesicht bekam. Verbissen hielt Keast am Ziel fest, wenn nicht der Schauinsland zu erreichen war, dann wenigstens nach Hofsgrund zu kommen. Die Gruppe irrte schon über 10 Stunden im Gebiet herum, sie waren durchnässt und verfroren, dehydriert und völlig erschöpft durch das Waten im Tiefschnee. Die Ersten mussten getragen werden andere brachen zusammen.

Gegen 18.30 Uhr hörten die ersten Schüler das Abendläuten der Hofsgrunder Kirche, und um 20 Uhr erreichten die ersten den Dobelhof in Hofsgrund. Dort berichteten die erschöpften Ankommenden, dass Schüler krank im Berg liegen würden. Nun hörte man auch die Hilferufe der am Berg Zurückgebliebenen. Mit ihren Skiern und Hornschlitten gingen die Bauern auf Suche nach den Vermissten und Zusammengebrochenen, die über den gesamten Südhang des Schauinsland verstreut lagen. Nur 15 hatten Hofsgrund erreicht, der Rest hielt jeweils Wache bei den Zusammengebrochenen oder sogar Bewusstlosen. Ein Arzt, der im nahen Gasthaus Halde urlaubte, brachte erste ärztliche Hilfe. Um 23.30 Uhr waren alle geborgen. Vier Schüler konnten nicht wieder belebt werden, der fünfte starb am nächsten Tag in der Klinik.

Die deutsche Regierung ließ anlässlich des Unglücks das Engländerdenkmal bei Hofsgrund 1938 errichten, während der Vater des ums Leben gekommenen Jack Alexander Eaton 1937 an der Stelle, an der sein Sohn starb, ein Eton-Kreuz als „Kleines Engländerdenkmal“ setzen. In der Kirche von Hofsgrund ließen die Eltern der Gerettenden eine Gedenktafel, zum Dank für die spontane Hilfe der Einwohnerschaft, anbringen.

Hofsgrund Eatonstein




Freitag, 11. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem "Vaterunserloch"?


„Vaterunserloch“, der Spitzname des bekannten Wallfahrtsort „Todtmoos“ im oberen Wehratal, hat mit seinen 13 Ortsteilen und 2.000 Einwohnern 500.000 Übernachtungen zu verzeichnen. Eine Erfolgsgeschichte, die sicherlich mit der Abgelegenheit im tiefen Hotzenwald auf 700 m Höhe zusammenhängt. Denn bekannt war der Wallfahrtsort bei den Pilgern schon lange, aber er war  für die wohlhabenden Bevölkerungen der wachsenden Großstädte nur schwer zu erreichen.

Aber der Holzabfuhrweg im Wehratal wurde ab 1849 als Landstraße ausgebaut und für den allgemeinen Verkehr freigegeben – Höchstgeschwindigkeit 25 km/h. Auch eine Eisenbahnverbindung von Wehr nach Todtmoos war 1914 nur durch den Ersten Weltkrieg gestoppt worden. Sie sollte die Wiesen-/Wehratalbahn nach Norden verbinden, ebenso wie eine später geplante elektrische Straßenbahn. Denn 1856 war die Hochrheinbahn von Basel bis Bad Säckingen fertiggestellt worden.

Somit war Todtmoos an die Welt nach draußen angebunden, denn schon 1877 waren die ersten Kurgäste angemeldet. Aber nicht nur diese sondern auch Lungenkranke nutzten die frische Waldluft zur Kur. Gaststätten, Pensionen, Lungensanatorien und prunkvolle Hotels wurden gebaut und waren bald bezogen. Die Krönung dieser Entwicklung war 1901 die Eröffnung des privaten Sanatoriums Wehrawald. In dieses hochmoderne, luxuriöse Sanatorium kamen die Tbc-Kranken aus ganz Europa, vor allem aus Russland an. Es war nicht vermessen, aber Todtmoos konnte sich mit Davos hinsichtlich Kurmöglichkeiten, Publikum und Geldadel vergleichen.

Aber der rasante Aufschwung wurde durch den Ersten Weltkrieg gestoppt. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Familien aus den großen Städten, die dem Bombenhagel entflohen waren, bis das Wirtschaftswunder langsam anlief. Der Rückgang von Tbc-Kranken und die Heilung mit Antibiotika verminderten die Kuraufenthalte mehr und mehr. 1983 verließ der letzte Tbc-Kranke das Sanatorium. Glücklicherweise erfolgte eine Indikationsanpassung auf Krankheiten des Atmungs- und Kreislaufsystems. In kurzer Zeit kamen noch die verschiedenen Krebspatienten hinzu. Parallel  beschloss die Deutsche Rentenversicherung ihr Haus „Sanatorium Wehrawald“ neu zu errichten, um sie den Erfordernissen der heutigen Technik und medizinischen Möglichkeiten anzupassen. Mit 200 Patientenzimmer und zusätzlichen Indikationen ist der Wehrawald der größte Arbeitgeber in Todtmoos.

Manches Kurheim fand auch in der Möglichkeit als Kinderheim Erholungsstätte,  das Überleben bis weit in die 70iger Jahre hinein zu verlängern.

In Todtmoos-Rütte konnte sich ebenfalls eine bleibende Institution etablieren. 1950 begann Graf Dürckheim mit seiner späteren Frau, Maria Hippius,  eine Existentialistische Bildung- und Begegnungsstätte aufzubauen, die exquisite Besucher aus der ganzen Welt anlockte.  Neben Bischöfen, Äbten, Minister, berühmten Patres, Professoren, verschiedene japanische Großmeister und Psychologen, Kinder sehr reichen Industrieller weilten teilweise mehrere Jahre und versuchten durch Meditation und spezielle Therapien, Sinn für das  Leben zu finden. Graf Dürckheim  hat in Deutschland den Zen Buddhismus eingeführt.

Ebenso existieren in Todtmoos-Au das Kama Kagyu Chö Khor Ling e.V., ein Verein für Studium & Praxis des Tibetischen Buddhismus. In Todtmoos selber in der Hochkopfstraße hat sich das Unity-Lehrzentrum Lichtquell, ein überkonfessionelles Seminarzentrum etabliert. Nicht zu vergessen, im katholischen Pfarrhaus hat der Paulinerorden  ein Kloster gegründet.

Freitag, 4. April 2025

Was verbirgt sich hinter den Rennwochen von Baden-Baden?


Die Spielbank in Baden-Baden wurde nach dem Vorbild französischer Schlösser erbaut und 1855 mit viel Pomp eingeweiht. Gleichzeitig übernahm ein unternehmungslustiger Mann von Welt, Edouard Bénazet, als Pächter die Spielbank. Er machte sich Gedanken, wie er verstärkt reiche und illustre Gäste in das Weltbad Baden-Baden bringe könne: Pferderennen nach englischem und französischem Muster sollten ein extravagantes Vergnügen für die erlauchte Gesellschaft sein.

 

Ein geeigneter Platz wurde im Dorf Iffezheim gefunden, und Eduard Bénazet stellte 300.000 Francs zur Verfügung. Nach zwei Jahren war es soweit, Gelände war mühevoll planiert und an der Westseite drei Pavillons erbaut. Einer war für die fürstlichen Familien, einer für geeignete Personen wie geladene Gäste, Clubmitglieder, Pferdebesitzer Reiter und Presse und der dritte für die Zuschauer höheren Ranges gedacht.

 

1858 wurde die Pferderennbahn mit dem „Preis von Schloß Favorite“ eröffnet. Am zweiten Tag erfolgte das mit 14.000 Goldfrancs dotierte Hauptrennen „Großer Preis von Baden-Baden“. Sieben französische und ein deutschen Pferd waren am Start. Das zeigte deutlich, wer in Baden-Baden das Sagen hatte. Die bedeutendste französische Gesellschaftsschicht beherrschte damals Rennen, Spielbank sowie die ganze Stadt. Baden-Baden wurde damals als Vorort von Paris bezeichnet.

 

Die Glanzzeit der Franzosen in Baden-Baden war mit dem 1870/71er Krieg vorbei. Sie schickten keine Pferde mehr nach Iffezheim. Die Zeit wurde durch Armeerennen überbrückt. Zu allem Leidwesen verbot Bismarck das Glücksspiel, so dass die erheblichen Mittel der Spielbank fehlten. Die Iffezheimer Pferderennen wurden aber durch den „Internationalen Club“ –Reitsport begeisterte Adelige aus ganz Deutschland- gerettet und ein glänzender Aufstieg begann, der nur durch zwei Weltkriege unterbrochen wurde.

 

Ab 1921 wurden die Iffezheimer Rennen bürgerlicher und internationaler. Selbst die Franzosen kamen wieder. Selbst 1941, 42, 43 und 44 fanden Pferderennen statt. Die französische Besatzungsmacht beschlagnahmte die Bahn bis 1949 und führte Rennen für französische Offiziere und Unteroffiziere durch. Erst Ende des Jahres wurde die Pferderennbahn freigegeben.

 

Nach der Instandsetzung von Gebäude, Anlage und Gelände wurde 1951 die Pferderennbahn wieder eröffnet und 1958 das 100jährige Jubiläum trotz eines vernichtenden Unwetters mit vielen Schäden an Gebäude und Anlage gefeiert. Die Renntage in Iffezheim überstrahlten mittlerweile die anderen Rennveranstaltungen – selbst das Hamburger Derby hatte ein Nachsehen.

 

Von drei Tribünen: Der Bénazet-Tribüne erbaut 2014, Große Sattelplatz- und die Iffezheimer Tribüne erbaut 1890- können die Rennen verfolgt werden.

 

Mittlerweile veranstaltet die Galopprennbahn Baden-Baden in Iffezheim: Ein Frühjahrsmeeting im Mai/Juni, die Große Woche August September und das Sales & Racing Festival im Oktober. Diese Turniere machen Baden-Baden zum Internationalen Turfsport-Zentrum. Dreimal im Jahr fallen mehrere 10.000 Besucher über Iffezheimher. Nach den Rennen kehrt der Alltag wieder in das Dorf und bis auf  einige Open-Air-Konzerte verfällt die Rennbahn wieder in einen Dornröschenschlaf bis zum nächsten Event.

 

Freitag, 28. März 2025

Was verbirgt sich hinter der Bruderwallfahrt bei Lahr-Kuhbach?


Im Wald 2 km von Kuhbach, einem Ortsteil von Lahr, und 3 km von Heiligenzell, einem Ortsteil von Friesenheim, entfernt, liegt an der Brudertalstraße die Kapelle „Zur Schmerzhaften Muttergottes im Brudertal“.

Da das Kloster St Gallen die Christianisierung auch weit nach Norden vorantrieb, waren die ältesten Kirchen und Kapelle dem hl Gallus (Patrozinium 16.10.) geweiht. So wurde auch die erste Kapelle im Brudertal dem hl Gallus geweiht. Die Jahreszahl 1024 unter dem Christuskopf, eingemeißelt in den an der Hinterfront eingemauerten Stein, gibt die mutmaßliche Entstehung des Kirchleins an. Vom Bischof in Straßburg, kam die Reliquie des „heiligsten Blutes Christi“ und anderer Reliquien. Der Bischof erteilte Ablässe und Papst Clemens XI  ein besonderes Privileg für den Altar des Heiligen Kreuzes und Blutes.

Das alljährlich am Freitag nach dem Weißen Sonntag abgehaltene Fest vom „kostbaren Blute“ wurde von zahlreichen Wallfahrern besucht. Die Reliquie des „hl Schweißtuches“ wurde der Wallfahrtskapelle im Brudertal zur Verehrung übertragen. 1490 heißt die Kapelle „Zum Schweißtuche Christi“.  Zahlreiche Wallfahrer aus dem Schutter- und Kinzigtal kamen am kostbaren Blutfeste dorthin. An der Decke des damals restaurierten Kirchleins war das Hauptgemälde das „hl Schweißtuch Christi“. Wegen der zunehmenden Bedeutung der Wallfahrten zur Brudertalkapelle entstand am Standort der Kapelle ein Bruderhaus, in dem Mönche lebten und eine kleine Landwirtschaft betrieben.

Die Bauernkriege um 1525 setzten der Kapelle und dem Bruderhaus zu. Noch härter traf diese die Reformation, die durch Markgraf Bernhard III eingeführt wurde. Die dem Kloster inkorporierten Pfarreien des Kloster Schuttern wurden mit protestantischen Pfarrern besetzt: 1562 Oberschopfheim, 1564 Friesenheim, 1570 Oberweier. So wurde von diesen Pfarreien die Wallfahrt lahm gelegt. Die Kapelle zerfiel langsam vor sich hin.

Erst nach dem 30jährigen Krieg erlebten die Wallfahrten 1648 erneut einen Aufschwung, denn die Rekatholisierung der inkorporierten Gemeinden des Kloster Schuttern wurde nach und nach durchgeführt. Das Kirchlein wurde wieder aufgebaut, der „Schmerzhaften Mutter Gottes“ geweiht und eine Pieta gestiftet. Die Wallfahrer strömten. Denn zusätzlich entsprang unweit der Kapelle eine Quelle, die Augenkrankheiten heilte.  Ein katholischer Knecht aus Lahr, so die Sage, hörte davon und fragte seinen lutherischen Herrn, ob er nicht wegen seinem Augenleiden zur Bruderkapelle gehen dürfte. Dieser spottete: „Gehe nur zu, du Tor und nimm gleich auch meinen blinden Schimmel mit!“ Gesagt getan, am Gnadenort zeigt ihm eine arme Frau die Quelle. Mit dem Wasser wusch er seine Augen und die des Schimmels aus, jeweils unter Anrufung der barmherzigen Fürbitte Marias bei Gott. Der armen Frau gab er den Auftrag noch drei Ave Maria für ihn zu beten. Unterwegs wurde der Schimmel sehend. Nachdem das dritte Ave Maria gebetet war, wurde er ebenfalls sehen. Als er dies freudig seinem Herren meldete, sprach dieser: „Ihr seid sehend, aber ich bin dafür blind“. Er hatte für seinen Spott für immer das Augenlicht verloren.

1787 jedoch, als Schuttern österreichisch wurde, verbot Kaiser Joseph II die Wallfahrt erneut. 1805 wurde die Mutter-Gottes-Figur nach Kuhbach gebracht, wo sie auf dem Speicher lagerte. Zwei Bauern aus Mühlenbach kauften die Statue und stellten diese 1891 in der Kirche zu Mühlenbach auf. Zwischenzeitlich zerfiel die Kapelle mehr und mehr und dämmerte 80 Jahre vor sich hin. Erst 1887 wurde sie dank der Initiative des Oberweier Joseph Himmelsbach neu aufgebaut. Und siehe da, die Wallfahrt kam sogleich wieder in Schwung.


2009 wurde die Brudertalkapelle generalsaniert. Eine Pieta sowie der Stein mit dem Schweißtuch schmücken die Kapelle.





Brunnen der Brudertalkapelle


Freitag, 21. März 2025

Was verbirgt sich hinter der Sintflut in der Fünftälerstadt?


Am 21. Mai 1959 brach am Spätnachmittag gegen 16.00 Uhr eine Sintflut über die Fünftälerstadt Schramberg herein. Ein ungewöhnlich starkes Gewitter ging eine 3/4 Stunde lang nach sommerlicher Wärme mit taubeneiergroßen Hagelkörnern auf die Stadt nieder. Zusätzlich prasselte ab 18.00 Uhr ein immer stärker werdender Wolkenbruch auf die leidgeprüfte Stadt nieder. Zusätzlich wurde der Wolkenbruch durch die verschiedenen, engen Tälern, die wie Trichter die Wassermengen sammelten, verstärkt und weitergeleitet.

Der sonst harmlose Kirnbach schob Bäume und Wurzeln zu Tal und die Berneck vom Bernecktal ergoss sich ein schnell ständig verstärkender Wolkenbruch durch die Hauptstraße und wälzte sich in die Schiltach. Der Göttelbach bahnte sich einen neuen Weg und riss Gartenhäuser, Baracken, Stämme und jede Menge Geröll mit sich. Ganze Hausecken, der Kassenschrank des Notariats wurden mitgerissen. In kurzer Zeit waren im Zentrum der Schloss- und der Doblerplatz ein See. Die Steig verwandelte sich in einen herabstürzenden Gebirgsfluss. Dieser hatte die Straße bis auf die Kanalisationsrohre aufgerissen und freigespült. Die Keller liefen in Minuten mit Dreckwasser voll, die Autos standen bis zum Dach im Schlammwasser oder schwammen langsam davon, die Geschäfte in der Innenstadt liefen voll. Familien wussten nicht, wo sie die Nacht verbringen sollten. Der Notstand wurde gegen Mitternacht ausgerufen, denn zusätzlich waren die Stromversorgung und Telefonverbindungen zusammengebrochen. Das Trinkwasser konnte nur noch abgekocht verwendet werden. 10.000 Einwohner mussten ihr Trinkwasser von der Feuerwehr bekommen.

Auch das Umland von Schramberg erlitt schwere Schäden: Das Holzlager eines Sägewerks in Hinterlehengericht wurde bis zu 30 km weit weggeschwemmt. Selbst in Wolfach wurde eine Baustelle der Kinzigregulierung überflutet, die Baumaschinen vernichtet. Die Straße Richtung Sulgen unterhalb der Grünen-Baum-Kehre gab es nicht mehr, ebenso die Straße Richtung Rötenberg und Alpirsbach.

Langsam lief das Wasser ab. Übrig blieben Schlamm, Sand und Dreck, Wurzeln und Baumstämme. Beschädigte Häuser, demolierte Geschäfte vollgelaufene Keller. In manchen Keller oder Geschäfte konnten sogar Forellen gefangen werden, die sich verirrt hatten und mit geschwemmt worden waren. Die Schäden gingen in die Millionen. Vorsichtige Schätzungen sprachen von über 15 Millionen DM. Die Feuerwehren aus Schramberg und den Nachbarstädten, das THW aus Karlsruhe und Freiburg sowie die Bereitschaftspolizei aus Göppingen beseitigten die ersten Schäden. Die Bundeswehr, französisches Militäreinheiten aus Villingen und amerikanischer Sanitätshilfsdienst organisierte die erste Wasserversorgung. Die deutschen, französischen und amerikanischen Soldaten mit schwerem Gerät erbrachten Arbeitsleistungen von über 2 Mio DM an Arbeitslöhnen.

Doblerplatz 1959


 

 

 

 

 

 

Freitag, 14. März 2025

Was verbirgt sich hinter dem Kniebis?


Im 13. Jahrhundert war der Schwarzwald kaum besiedelt. Durch diesen urwaldähnlichen, dunklen und unbesiedelten Gebirgszug führte ein Saumpfad als einzige Querverbindung im Nordschwarzwald auf seinem Weg von Paris nach Wien. Sie führte von Straßburg, Oppenau, „Alte Steige“, Zuflucht, Kniebis (971 m), heutige „Alte Straße“, Finkenberg, St Christophstal wurde der Forbach überquert, das spätere Freudenstadt, Aach und Dornstetten. Es war ein Weg mit viel Pein und Mühe, auf dem „Steighof“ war eine Vorspannstation und auf der Gegenseite beim „Talwirtshaus“ in Chritophstal ebenfalls eine wegen des Finkenbergs. Nicht auszudenken waren die Strapazen im Winter. Noch 1838 berichtet ein Reisender: „Nur hie und da ragt eine Stange empor, dem Reisenden die Richtung zeigend, die er zu nehmen hat, wenn tiefer Schnee jede Spur des Weges unkenntlich macht“.

 

Die Pfarrkirche Dornstetten erstellte zum Schutz der Reisenden eine Kapelle. Diese wurde in einer Urkunde 1267 erstmals erwähnt. 1277 stiftete Graf Heinrich I den Franziskanern ein Kloster auf dem Kniebis. Dieses wurde auch 1287 eingeweiht. Da das Kloster sich freiwillig 1341 dem Benediktinerorden im Kloster Alpirsbach unterstellte, wurde es im Zuge der Reformation 1558 aufgelöst. Dies führte zur Umwandlung des Hospizes in eine Gastherberge.

Durch die Gründung von Freudenstadt 1599 wurde wegen des ansteigenden Reiseverkehrs eine württembergische Zollstation in der Vorhalle des Klosters eingerichtet. 1799 versuchten französische Soldaten einen Ochsen am Spieß zu braten. Durch den Funkenflug fing das Kirchendach Feuer, das Kloster brannte bis auf die Grundmauern nieder.

 

Der Übergang aus dem Renchtal über den Kniebis als höchster Punkt war auch ein wichtiger militärischer Übergang. Noch heute zeigen verschiedene erhaltene Schanzen die militärische Bedeutung: Alexanderschanze, die seit dem 30 jährigen Krieg schon vorhanden war, aber 1734 von Herzog Karl Alexander neu befestigt wurde. Die Schwedenschanze auf der Zuflucht von 1632, die von den Ämtern Dornstetten und Freudenstadt wegen fortwährender Durchzüge fremder Truppen gebaut wurde. Wie alte Karten zeigen, existierte noch nahe der Abzweigung der Wolftalstraße beidseitig der Kniebisstraße die „Kleine Schanz“ (Schwabenschanz). Die Chronik vom Kloster St Georgen berichtete 1632 davon.

 

Ab 1708 kamen die ersten Siedler auf den Kniebis, so dass hundert Jahre später schon eine Siedlung aus 12 Häusern auf den Gemarkungen von Baiersbronn und Freudenstadt entstanden war. Um 1780 gründete die „Fürstlich Fürstenbergische Verwaltung“ eine Holzhauersiedlung im südlichen Teil des Kniebisgebietes. Im Zuge der Gründung des Großherzogtums Baden wurde das fürstenbergische Gebiet 1806 Baden zugesprochen. Neben der mühsamen Holzfällerei war die Harzerei die einzige Erwerbsquelle der armen Bevölkerung in diesem kargen Gebiet. Heinrich Hansjakob beschrieb dies auch nach dem Verbot der Harzerei durch die Obrigkeit in seinem Buch Waldleute. Das Leben in dieser kargen Gegend war so mühsam, dass zwischen 1851/57 insgesamt 145 Kniebiser auf Kosten des Fürsten von Fürstenberg und dem badischen Staat nach Amerika ausreisen konnten.

 

1938 kam der südliche Kniebis zur Gemeinde Bad Rippoldsau. Und 1975 schließlich wurde der dreigeteilte Kniebis vereint. Die Bürgermeister von Baiersbronn, Freudenstadt und Bad Rippoldsau setzen Ihre Unterschrift unter den Einigungsvertrag, der bestimmte, dass Schulen vereinheitlicht werden und der Kniebis mit einem eigenen Ortschaftsrat nach Freudenstadt eingegliedert wurde.

 

Auf dem Kniebis Alexanderschanze steht auch der Dreifürstenstein: Württemberg, Hochstift Straßburg und Fürstenberg stoßen hier zusammen.

Dreifürstenstein Alexanderschanze Kniebis

Der Kniebis erlebte auch die goldenen Zeit der Kurhäuser: Kurhaus Zuflucht 1808 als Schutzhütte für Waldarbeiter erbaut, 1980 Jugendherberge, seit 2006 ein Übernachtungshotel. Kurhaus Alexanderschanze 1868 als Forstwarthäuschen erbaut, 2015 an das Land Baden-Württemberg verkauft, da es jahrelang leer stand. Kurhaus Lamm  war schon im 19. Jahrhundert als eine Raststätte für Fuhrleute gebaut, 1985 mangels Rendite abgebrochen.

Kloster Kniebis heute


 


Freitag, 7. März 2025

Was verbirgt sich hinter dem Aufbegehren der Hotzen?

Hotzen Tracht 1752

Der Hotzenwald ist ein Teil des südlichen Schwarzwalds, der sich zum Rhein hin abflacht. Er erstreckt sich von der Wehra im Westen bis hin zur Schlücht im Osten. Die Hotzen, die bäuerlichen Bewohner der Gegend, habe ihren Namen von der Tracht. Die weit gefältete Pluderhose besteht aus einem grauen aber auch schwarzen oder braunen Tuch, dem Hotzen.

Die Besiedelung dieser kargen und unfruchtbaren Gegend wurde durch die Klöster Allerheiligen in Schaffhausen, dem Damenstift Säckingen, dem Kloster St Blasien oder Landesherren wie die Freiherren von Krenkingen vorangetrieben. Als Zentrum des Hotzenwald gilt die Grafschaft Hauenstein. Die ersten Siedlungen auf den Hochflächen der Berge, die sich ab dem 9. Jahrhundert bildeten, waren von den verkehrsfeindlichen, unwegsamen Schluchten getrennt. So entstanden zwischen 1326 und 1333 die sogenannten Einungen als weitgehend selbstständigen Verwaltungseinheiten mit einem Einungsmeister, der für Verteilung der Steuerlasten und deren Einzug zuständig war. Die Einungsmeister wurden immer am Samstag vor Mattheus (19.9.) von den verheirateten Männer gewählt. Die Grafschaft Hauenstein setzte sich aus 8 Einungen zusammen: Je 4 Einungen ob der Alb –Görwihl, Rickenbach (1433 kamen noch die Täler Todtnau und Schönau hinzu), Hochsal und Murg mit je einem Vogt und nid der Alb –Höchenschwand, Dogern, Birndorf und Wolpadingen wobei die ersten und die letzten beiden jeweils einen gemeinsamen Vogt hatten. Diese waren die Ausführorgane des Waldvogts als höchster kaiserlicher Beamte im Hotzenwald.

Die habsburgischen Herzöge haben dem Waldvogt Rechte verliehen, um zu verhindern, sich an sprach- und stammesverwandlten Alemannen der Eidgenossenschaft anzugliedern. Durch die eingeräumten Rechte blieb die Grafschaft bis ins 18. Jahrhundert ein selbstverwaltetes Gemeinesen mit eigener Fahne und Siegel, eigener Gerichtsbarkeit und Steuerhoheit.

Ein habsburgischer Trost- und Versicherungsbrief bestätigte 1370 das Bestehen der Einung auf dem Wald. König Wenzel nahm 1379 die Grafschaft Hauenstein von jeder fremden Gerichtsbarkeit aus und bestimmte, dass nur österreichisches Recht gelten soll. In einer Waldamtsöffnung von 1383, die die Rechte und Pflichten der Waldleute umreißt, ist auf die Hochgerichtsbarkeit des Waldvogts hingewiesen.

Der Freiheitsdrang der Bauern in der Grafschaft Hauenstein äußerte sich in ihrer Jagdleidenschaft. Die freie Jagd im Eigenwald wie auf den Allmenden betrachtete man als altererbtes Privilig. Im 15. Jahrhundert hatten die Hauensteiner das Recht neben dem kleinen auch das Hohe Wiltprät zue fellen vndt zu ihrem aigenen Nutzen zu verwenden. Strittig war nur die Jagd auf Bären und Wildschweine. So ist von 1371 verbürgt, dass die Bauern auf dem Wald um erstenmal das Kloster St Blasien besetzten, weile es Ihnen vor allem das Jagdrecht streitig machten und sein Gebiet auf Kosten der Bauern auszudehnen suchte.

Die Reformation brachte Umwälzungen, wenn der Hotzenwald auch beim alten Glauben blieb. Dazu kamen aber die drückenden Lasten, die die Bauern zu tragen hatten. Zu den vielfältigen Fronen kamen die Naturalbgaben, dazu waren Dienste für die Leibeigenen zu zahlen. Nicht alle Bauern waren frei sondern waren großteils auch Leibeigen. Die Forderungen der Bauern waren in 12 Artikel zusammengefasst. Nach mehreren Scharmützel entlud sich 1525 die ganze Wut. Über 600 Bauern überfielen das Kloster St Blasien, verjagten die Mönche, zerstörten die Bibliothek und Archiv und machten sich über Wein- und Lebensmittelvorräte her. Die Plünderungen dauerten 6 Tage. Nach einigen Monaten wurden die Aufständischen zurückgeschlagen, wurden grausam bestraft und mussten Schadensersatz leisten, der grausam eingetrieben wurde. Wer  von den Anführer nicht in die Schweiz fliehen konnte, wurde verhaftet.

So auch Kunz Jehle, der trotz Fürbitte des Abts von St Blasien gehängt wurde. Die Bauern schnitten dem Toten die rechte Hand ab und nagelten diese  an die Klosterpforte. „Diese Hand wird sich rächen“ stand auf einem Zettel. Tatsächlich hatten die Anhänger von Kunz Jehle Feuer ans Kloster gelegt, Pulver gestreut, so dass das Kloster in wenigen Stunden niederbrannte.

Die nachfolgenden Aufstände entluden sich in den Salpeteraufständen: Siehe - Was verbirgt sich hinter den Salpeteraufständen?

Freitag, 28. Februar 2025

Was verbirgt sich hinter der Lenzkircher Uhrenfabrik?

Uhrenfabrik Lenzkirch

Das älteste Unternehmen unter den Produktionsstätten des Hochschwarzwaldes war die „Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch.“ Der Ursprung dieses Unternehmens lag in der kleinen Firma Schöpperle& Hauser in Lenzkirch. Eduard Hauser 1825-1900 Uhrmacher und konstruktiver Kopf führte mit dem Musikwerkmacher Ignaz Schöpperle 1810-1882 eine kleine Rohwerkfabrik und produzierten mit 14 Arbeitern maschinell hergestellte Uhrenteile und Rohwerke. Aber schnell wurde die Kapitaldecke zu kurz, und Eduard Hauser wandte sich an die Regierung wegen eines zinslosen Darlehens von 10.000 Gulden. Außer anerkennenden Worten und einer kleinen Geldprämie war nichts zu erwarten.

Was lag da näher als sich an die aufstrebende und große Strohhuthandelsgesellschaft „Faller, Tritscheller & Co“zu wenden. 1851 war es soweit, dass die die Firma Schöpperle & Hauser in eine „Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch“ umgewandelt wurde. Aktionäre waren Franz Josef Faller, Eduard Hauser, Nikolaus Rog, Ignaz Schöpperle, Paul Tritscheller, Nikolaus Tritscheller und Josef Wiest. Als Direktion wurde Nikolaus und Tritscheller sowie Eduard  Hauser als technischer Leiter bestimmt. 1856 wurde die Direktion um Albert Tritscheller ergänzt, der seine Auslandserfahrung der Uhrenfabrikation einbrachte.

In der Anfangszeit beschäftigte sich das Unternehmen mit dem Finieren von Rohwerken aus Frankreich, die vergoldeten Zink-Pedulen als Imitationen der französischen Bronze-Pedulen kamen in großen Mengen auf den Markt. Eine weitere Spezialität waren die runden und faconnierten Tafeluhren „Oeils de boeuf“ (Ochsenaugen). Ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts kamen Saitenzug-Regulatoren hinzu, die zu den Spitzenerzeugnissen der Schwarzwälder Präzisions-Gebrauchsuhren zählte. Zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen bestätigten den Erfolgskurs. Die Gesellschaft beschäftigte um die 100 Mitarbeiter wovon ein Drittel zu Hause für das Unternehmen arbeitete. Es führte 1885 eine Krankenkasse für die Mitarbeiter sowie eine Witwen-, Waisen- und Alterskasse ein und räumte die Möglichkeit ein, dass die Beschäftigten ihre Ersparnisse zinsbringend in der Gesellschaft anlegen konnten.

In den folgenden Jahren wurde das Produktionsprogramm ständig erweitert. Um die Jahrhundertwende konnten das Unternehmen mit 160 verschiedenen Werksorten und eine Kollektion von mehreren hundert Gehäusemustern aufwarten. Mehrere Sonderabteilungen ergänzten die Uhrenfertigung: Sägewerk, Walzwerk, Gießerei, Vergolderei, Metallätzerei und eine Werkstatt für den Sondermaschinenbau. Dazu machten 480 Mitarbeiter die Gesellschaft zur größten und leistungsfähigen Herstellerfirma für Massivuhren im badischen Schwarzwald. In dieser Zeit schied auch der technische Leiter Eduard Hauser altershalber aus.

Aber auch ein schwerer Schicksalsschlag traf das Unternehmen. Ein Großbrand vernichtete 1900 das gesamte Uhrenmagazin mit allen Lagervorräten. Einige Jahre zuvor hatte die Eröffnung der Höllentalbahn 1887 für starke Impulse gesorgt. Mit der 1907 eröffneten Bahnstrecke Neustadt-Lenzkirch-Bonndorf war die Uhrenfabrik plötzlich mit der Welt verbunden. Beim Bau der Höllentalbahn hatten die politischen und wirtschaftlichen Einflüsse von Franz Josef Faller und Paul Tritscheller wesentlichen Anteil. Dies so sehr, dass der damalige Landesherr, Großherzog Friedrich I, beide mit dem Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen und Ernennung zu Kommerzienräten auszeichnete. Franz Josef Faller, der die Eröffnungsrede der Höllentalbahn halten sollte, bekam kurz vor seiner Rede einen Herzschlag und starb.

Eduard Hauser und die anderen Mitbegründer konnten sich nicht entschließen, die bisherigen hochwertigen Uhren zugunsten der billigen „Amerikaneruhren“ aufzugeben. Die Söhne von Eduard Hauser sahen dies anders und wechselten 1900 zum Konkurrenzunternehmen HAU Schramberg. Die Weltwirtschaftskrise in den 20iger Jahre verschärfte die Probleme so sehr, dass 1927 die Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation den Betrieb einstellte. Die Schramberger Konkurrenz Gebrüder Junghans übernahm die Lenzkircher Uhrenfabrik bis 1932 als Nebenbetrieb. Seit 1933 war das Werk im Besitz des Dauerwellenherstellers Kadus-Werk Ludwig Kegel KG. Das Unternehmen ging im Wella Konzern auf, der sich 2004 vom Werk in Lenzkirch trennte.  

Faller Franz Josef 1820-1897

Tritscheller Paul 1822-1892