Freitag, 1. August 2025

Was verbirgt sich hinter dem Kirchlein auf dem Roßberg?

Kapelle St Georg Rossberg

In Schenkenzell im Kinzigtal mündet das Reinerzauer Tal, zwischen diesem und dem Witticher Tal liegt der 750 m hohe Roßberg. Zwei Häuser und eine Kapelle begrüßen den Wanderer.

In einem päpstlichen Zehntbuch wurde 1275 erstmals der Pfarrer vom „Rosberch“ bzw dessen Pfarrkirche „ad sanctum Georgium“ (zum heiligen Georg) erwähnt, dass der zehnte Teil der Einkünfte  eingezogen worden war. Das Kirchlein auf dem Rossberg gehörte zu Schenkenzell und damit zur Herrschaft der Geroldsecker, war eine eigenständige Pfarrei. Das Einzugsgebiet umfasste den Roßberg, Kaltbrunn und die Höfe „ob der Wüste“ in Reinerzau. Das Kirchlein war dem hl Georg geweiht (Patrozinium 23.4.) 1481 wurde die selbständige Pfarrei auf Ersuchen des Klosters Wittichen 1481 aufgelöst, mit allen ihren Einkünften auf das Kloster übertragen und von dort mit einem „Beichtiger“ ausgestattet, der die ganze Pfarrei Roßberg versehen sollte. 1498 kam die gesamte Region durch Kauf bis heute an das Haus Fürstenberg.

1501 bekam der Roßberg hohen Besuch: Weihbischof Balthasar vom Bistum Konstanz wollte nach dem Rechten sehen. Er weihte das Kirchlein zu Ehren des hl Egidius und der hl Ursula, brachte den kleinen Friedhof in Ordnung, dass er für Beerdigungen wieder hergerichtet war. Der Tag der Einweihung sollte jedes Jahr mit einem St Georgsfest gefeiert werden. Einen Einbruch gab es, als Graf Wilhelm 1542 zum lutherischen Glauben wechselte. Die Pfarrkirche auf dem Rosßerg wurde 1547 teilweise abgerissen, die Glocken in Straßburg für Geschütze umgeschmolzen.

1577 wurde die Kapelle St Georg im Zuge der Gegenreformation wieder neu aufgebaut und zwar in der heute erhaltenen Form für bis zu 100 Gläubigen, die unzureichenden Grablegen in einen kleinen Friedhof umgewandelt.

Mit der Säkularisierung 1803 ging der Besitz der St Georgskapelle endgültig auf die Fürstenberger über. 1806 trat das Kirchlein Wittichen an die Stelle des Roßbergs. Damit fiel das Kirchlein langsam in den „Dornröschenschlaf“. Von den wenigen Höfen auf dem Roßberg wird berichtet, dass durch den unteren Hof bis 1870 die Landesgrenze zwischen dem Königreich Württemberg und dem Großherzog Baden ging, so dass ein Teil des Hofes badisch, der andere württembergisch war. Als Grenzstein habe der Ofen gedient. Starb im Hause ein katholischer Bewohner, wurde er auf die badische Seite gebracht und in Wittichen beerdigt. Verstarb dagegen ein evangelischer wurde er auf die württembergische Seite gelegt und in Reinerzau beerdigt. Saß ein Landstreicher auf der württembergischen Ofenseite und kam ein königlicher Landjäger, so rutschte er schnell auf die badischen Seite der Ofenbank und der Landjäger konnte ihm nichts mehr anhaben.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Kirchlein nochmals teilsaniert und es fanden dort regelmäßig Maiandachten statt. Aber dann folgte eine lange Zeit des Niedergangs und der Baufälligkeit. Im Jahr 2000 ließ die Fürstenfamilie ein Gutachten zu den Kosten einer Sanierung erstellen. Mit Einrichtung des Friedwalds Schenkenzell durch das Haus Fürstenberg nahm die Sanierung Fahrt auf. Mit finanzieller Hilfe des Landes, der Denkmalstiftung, des Hauses Fürstenberg, verschiedener Stiftungen, der Gemeinde Schenkenzell konnte ein Sanierungs- und Finanzierungskonzept auf gestellt und in zwei Jahren umgesetzt werden. Die reine Baukosten ohne Eigenleistungen betrugen knapp 150.000 €. 2017 konnten die Einweihungsfeierlichkeiten beginnen.

Die Kapelle hat einen offenen Dachreiter mit zwei Glocken, der Hauptaltar mit Kreuzigungsszene, zwei Seitenaltäre mit zwei Heiligenfiguren und eine dreieckige Nische für das ewige Licht. 

Kapelle St Georg Rossberg


Freitag, 25. Juli 2025

Was verbirgt sich hinter dem Rudolf-Fettweis-Werk in Forbach?

Murg-Hochdruckwerk Kirschbaumwasen

Das Rudolf-Fettweis-Werk der „EnBW Kraftwerk AG“, bekannt unter dem früheren Namen „Murg-Schwarzenbach-Werk“, ging in seiner ursprünglichen Planungen auf Prof Rehbock 1905 zurück. Allerdings konnten damals nicht das württembergische Murggebiet sondern nur das badische mit einbezogen werden.

 

Nach seinen Plänen wurde 1914 begonnen und bei Kirschbaumwasen die Murg durch ein 17 m hohes Wehr gestaut. Dadurch entstand ein 900 m langer See, der 359.000 m³ Wasser als Tagesausgleichsbecken fasst. Durch den 5,6 km langen unter der Raumünzach durchführenden Murgwerkstollen wird ein Gefälle von 140 m ausgenützt. In Raumünzach besteht die Möglichkeit über einen Einlassstollen das Wasser der Raumünzach und Schwarzenbach einzuleiten, wenn das Murgwasser unter 22 m³/sec unterschritten wird. Das Wasser fließt oberhalb Forbach über das Wasserschloss I in ein von der Murg aufgestauten Wasserbecken. Das Murg-Hochdruckwerk ging 1918/19 mit 22 MW ans Netz.

 

1922 wurde als Baukraftwerk zur Lieferung der für den Bau der Talsperre erforderlichen elektrischen Energie im Raumünzachtal gebaut. In einem bei Ebersbronn errichteten Becken von 20.000 m³ Nutzinhalt wird das Raumünzachwasser gefasst und durch einen 1,24 langen Hangstollen einer Turbine zugeleitet. Die Nutzfallhöhe von 62 m erzeugt 0,6 MW. Das Triebwasser des sog. Raumünzachwerk wird wie schon erwähnt, in den Murgstollen eingeleitet.

 

Der rasch steigende Energiebedarf zwang aber zum weiteren Ausbau des Kraftwerkes, die Schwarzenbachstaustufe. 1922 wurde mit dem Bau der Staumauer (67 m hoch und 380 m lang) im Schwarzenbachtal begonnen. Aus dem 247 km² großen Einzugsgebiet konnte ein 2,2 km langer und 600 m breiter See aufgestaut werden, der 1926 abgeschlossen war und 15 Mio m³ fasst. Durch den 1,7 km langen Druckstollen, der nach Forbach zum Wasserschloss II führt, wird im Schwarzenbachwerk eine maximale Fallhöhe von 362 m erreicht und dadurch 46.000 KW Strom erzeugt.

 

Das Ausgleichsbecken Forbach ist eine Talsperre mit 19 m Höhe in der Murg. Es dient als Ausgleichsbecken des Schwarzenbachwerks und des Laufkraftwerkes, Murg-Hochdruckwerk. Das Murg-Niederdruckwerk wurde 1914-18 errichte hat ein Fassungsvermögen von 230.000 m³  und erzeugt aus maximal 10 m Fallhöhe 2,5 MW Strom. Es kann wie das Hochdruckwerk in Raumünzach auch als Pumpspeicherwerk nachts eingesetzt werden.

 

Der weiter steigende Strombedarf verlangt nach Leistungssteigerungen. Mit einem Pumpspeicherbetrieb ist es möglich die Leistung des Schwarzenbachstaubeckens um 12 MW zu erhöhen. Seit Anfang 2024 wird im Berg vom Schwarzenbachstausee ein neues Kawernenkraftwerk mit Laufkraftwasserwerk und Pumpturbinen bis 2027 gebaut. Gleichzeitig ermöglicht ein Karwernenausgleichsbecken von 200.000 m³ neben dem bestehenden Ausgleichsbecken von 204.000 m³ einen durchgehenden 7 Stundenturbinenbetrieb. Der Schwarzenbachsee wird zum Oberbecken, das Ausgleichs- und Kavernenausgleichsbecken das Unterbecken im Pumpspeicherbetrieb.

 

Der weitere geplante Ausbau mit der Schwarzenbachtalsperre als Unterbecken mit einem zu bauenden Oberbecken auf dem Seekopf als Vorzugsalternative wird momentan nicht weiter verfolgt. Es kann aber jederzeit wieder aufgegriffen werden. Als Alternativen sind auch die Streitmannsköpfe oder der Nägeliskopf in der Diskussion.

Pumpspeicherkraftwerk Rudolf-Fettweis-Werk

 

Freitag, 18. Juli 2025

Was verbirgt sich hinter dem Kloster und Bad Kirnhalden?

Bad Kienhalden 1860

An der Grenze zwischen Breisgau und Ortenau liegt Herbolzheim. Bleichheim, ein Ortsteil, liegt am Ausgang des Bleibachs vom Schwarzwald, der früher auch die Grenze zwischen den Bistümer Konstanz und Straßburg war. In einem südlichen Seitental des Kirnbachs liegt Kirnhalden, Kloster, Bad und Hofgut.

Das Paulinerkloster Kirnhalden aber auch die „Brüder vom Heiligen Kreuz im Kürnbach“ genannt, wurde wohl 1352 von Heinrich IV von Hachberg gegründet und 1360 erstmals urkundlich erwähnt. Ab 1369 gehörte es zum vorderösterreichischen Breisgau. Das Kloster blieb klein, bescheiden und betreute ab 1424 die Pfarrkirche von Ottoschwanden.

Das Kloster erlitt im Laufe der Zeit erhebliche Schäden. Um 1485 wurde es von einem schweren Unwetter betroffen, und während des Bauernkrieges 1525 erlitt es durch Plünderungen und Brände weitere Zerstörungen. Nach dem Tod des letzten Mönchs im Jahr 1554, der als Pfarrer von Heimbach tätig war, gelangte das Kloster 1579 mit seinem Besitz an das „Schul Collegium Enisheim“ im Elsaß. Dieses verkaufte es 1585 an das Zisterzienserinnenkloster Wonnental für 1000 Gulden und ließ es durch einen Meier bewirtschaften. Die verfallenen Gebäude wurden wieder hergerichtet, 1669 wurde das Kirchlein wieder aufgerichtet.

Der Kirnhalder Kreuzbrunnen oder das „Bädle“ wurde seit jeher besucht. Die Leute mussten sich selber behelfen, da in der Nähe des Brunnens keine Unterkunft oder Verpflegung für sie vorhanden war. Um diesem Übelstande abzuhelfen, entschied das Kloster Wonnetal 1717 ein „Baadt- und Wirtshauß“ einzurichten. Es entstand auf dem Fundament des abgegangenen Klösterleins ein Badhaus mit 8 Badstuben und 10 Wohnzimmern nebst einem Wirtshaus mit 3 Stuben und 5 Kammern.

Nach der Säkularisierung 1806 wurde das Kloster und Bad zum Heiligen Kreuz veräußert und kam durch Kauf an die Familie Kageneck. Bald wurde das Anwesen geteilt: Bad mit Zubehör wurde an den Kenzinger Färber Bilharz verkauft, der 1832 Kirnhalden zur Badeanstalt ausbaute. Die Maiergüter blieben im kageneckschen Besitz.

Ab jetzt erlebte Kirnhalden seine Glanzzeit, denn es wurde ein schickes Kurbad. Eine Werbeschrift von 1895 rühmte: „Über 100 elegante Zimmer, Salons, Familienwohnungen, Konversations- und Spielräume“. Dazu gab es ein medizinisches Angebot mit einem Programm, wie die damalige Zeit vorgab. Angeboten wurden „abgeschreckte Halbbäder“, Begießungen und „Sturzbäder“, Kohlensäurebäder und das „hydroelectrische Bad“ zur Wirkung auf „Circulations- und Nervensystem“:

Zwischen den Weltkriegen machte die Pensionskasse der IG Farben Ludwigshafen Kirnhalden zum Erholungsheim. Nach 1945 war es kurzzeitig eine Unterkunft für Flüchtlinge. Ab 1965 wurde es als Quarantänestation betrieben. Ab 1968 bis 2017 war die Diakonie als Pächter für ein Alten- und Pflegeheim, in einem Neubau wurden Menschen mit psychischer Erkrankung behandelt.

Wie immer in solchen Fällen geht ein Objekt ohne konkretes Ergebnis durch mehrere Hände. Ab 2021 wurde von mehreren Personen ein Kultur- und Bildungsverein „Die Kleinstadt“ und im März 2022 die Genossenschaft „Wohn- und Kulturprojekt Kirnhalden“ gegründet, die auch 2023 das Anwesen kaufte.

Bad Kirnhalden 1896


Freitag, 11. Juli 2025

Was verbirgt sich hinter dem Historischen Kaufhaus in Freiburg?


Die hohen Schulden im 14. Jahrhundert zwangen die Stadt Freiburg zu einer strengeren Ordnung ihrer Finanzwirtschaft. Die Freiburger Bürgerschaft kaufte sich 1368 für 15.000 Mark Silber von der ungeliebten Herrschaft der Grafen von Freiburg los und unterstellten sich dem Schutz des Hauses Habsburg. Wichtigste Einnahmequelle und zugleich Mittel zur Wirtschaftslenkung war der Zoll für die Stadt. Dieser ging 1368 auf den städtischen Besitz über. Im Gegensatz zuvor war er in der Hand der Grafen von Freiburg. Zu den wichtigsten Zöllen zählte der Wein- und Kornzoll, die bei Ein- und Ausfuhr zu bezahlen waren. Dies war gerade bei den vielen Klöstern in Freiburg und gesamtem Umland der Fall, die Landwirtschaft im großen Stiel betrieben. So wurde 1481 ausdrücklich festgelegt, dass sie nur Korn verkaufen dürfen, wenn sie den Zoll entrichtet hatten.

Um die Zollformalitäten abwickeln zu können, war eine Lokalität notwendig. So wurde im Jahr 1378 erstmal urkundlich ein Kaufhaus in der heutigen Schustergasse erwähnt. Wahrschein existierte das Gebäude schon 10 Jahre früher und wurde 1368 mit dem Herrschaftswechsel eingerichtet. Ein Neubau war bei der schwierigen finanziellen Notlage der Stadt Freiburg nicht möglich sondern ein vorhandenes Gebäude wurde umgebaut.

Mit der Zeit aber genügten das alte Kaufhaus den gesteigerten Bedürfnissen nicht mehr. Zwar wurde im alten Kaufhaus ein Saal mit Kamin eingebaut. Aber im beginnenden 16. Jahrhundert wurde wie anderswo ein Prachtbau von größerem Ausmaß und stattlichem Aussehen verlangt. Dies vor allem, da der handwerkliche Fleiß und umfassender Handel auch mit den Bergbauschätzen, den aufkommenden Wohlstand Freiburgs begründeten. Die Pferdegespanne der Freiburger Handelsfamilien waren überall auf allen Habsburger Handelsstraßen unterwegs.

In der Zeit von 1520 um 1532 wurde nach und nach das neue Kaufhaus im Rücken des bisherigen Kaufhauses mit Blick auf das Münster erstellt. Die Abschaffung des Friedhofs um das Münster 1515 eröffnete neue Möglichkeiten. Der Architekt des Gebäudes ist nicht einwandfrei belegt. Vier  baldachingekrönte Skulpturen zwischen den Fenstern der Vorderfront stellen Kaiser Maximilian I, sein Sohn König Philipp den Schönen sowie dessen Söhne, den Römischen Kaiser Karl V und den späteren Kaiser Ferdinand I dar. Unter Fenstern des westlichen und östlichen Erkers zieren insgesamt je vier Wappenfelder mit Wappen der österreichischen Länder.

Die erste Veränderung erhielt das Gebäude 1550 durch den Anbau des Balkons mit seinen sechs Arkaden –davon zwei seitlich. Die Bedeutung und Dominanz des neuen Kaufhauses wird durch ein Nachvornerücken der Fassade aus der Flucht der Häuserreihe und durch den roten Anstrich dokumentiert. Zum Kaufhaus gehörte ein Brunnen von 1526, der heute noch in den städtischen Sammlungen steht.

Durch ein großes Tor gelangt man in eine zum Innenhof geöffnete 300 m² große Halle, wo einst Waren gelagert waren. An den Balkendecken ist noch ein großer Balken befestigt, an dem die Stadtwaage aufgehängt war. Neben dem großen Tor gibt es noch eine kleine Tür mit dem Wappen Freiburg und Österreich, die aber nur bei besonderen Gelegenheiten geöffnet wurde. Über eine Wendeltreppe der sog. „Kaiserstiege“ gelangt man vom Innenhof zum Kaminzimmer. Von dort nimmt das restliche Obergeschoss den Kaisersaal ein. Dieser bekam 1629/31 eine Stuckdecke mit ausgemalten Wappenfelder sowie zahlreiche Portraits von habsburgischen Herrschern an den Wänden –darunter Kaiser Franz I und seiner Gattin Maria Theresia, den Nachfolger Kaiser Joseph seine Gattin und Kaiser Franz II.

Im benachbarten Gebäude wurde der Rokokosaal erschlossen und im 2. Obergeschoss befindet sich die Historische Stube. Alle Räumlichkeiten einschließlich Innenhof stehen für alle möglichen Veranstaltungen zur Verfügung.



Freitag, 4. Juli 2025

Was verbirgt sich hinter der Gründung von Bad Rippoldsau?


Die Landstraße L 96 führt von Wolfach durch das zauberhafte Wolftal nördlich zum Mineralbad, Bad Rippoldsau. Die Ortskirche“ Mater Dolorosa“ mit den beiden Türmen wurde 1828/29 erbaut, während die teilweise neben an noch erhaltenen Gebäude vom ehemaligen Kloster stammen. 1179 wurde erstmalig durch eine Urkunde die Existenz der St Nikolaus Zelle nachgewiesen. 1802 wurde das Kloster säkularisiert.

Im Schwarzwald im wilden hinteren Wolftal muss vor vielen hundert Jahren andächtige Brüder in einem abgelegenen Klösterlein gehaust haben. Der frömmste und vielgelehrteste muss Bruder Rippold gewesen sein. Tagein, tagaus saß er in seiner Zelle und forschte in der Heiligen Schrift, um alles zu erfahren, was Gott, die Welt und die Menschheit betrifft. Er fraß die Bücher bis spät in die Nacht in sich hinein, bis der Schlaf ihm spät die Bücher aus der Hand nahm. Die immer gleiche Beschäftigung ließ ihn mit der Zeit kauzig werden. Schon Kleinigkeiten führten zur Einbildung von Krankheiten. Was nicht ausbleibt, das Verhalten von Bruder Rippold sorgte für immer mehr Verdruss und Ärger unter den Klosterbrüdern. So sprach die Versammlung der Klosterbrüder der Konvent, sich für den Ausschluss von Bruder Rippold, um den häuslichen Frieden zu retten und ein geregeltes, ruhiges Klosterleben zu gewährleisten. Mit Brevier und Brotsack ging der missverstandene Klosterbruder in die Wildnis, umgeben vom dunklen Tannenwald und wildem Getier. Völlig verstört, mit seinem Schicksal hadernd, zog er sich immer weiter in das Dickicht zurück und blies Trübsal. Denn nichts konnte ihn mehr erfreuen. So wartete er auf seinen Tod mit Verdruss.

Unter seinem Schwermut wurde er immer kränker, schrumpfte wie ein Greis und sehnte den Tod herbei. In seiner Todessehnsucht nahm er mit zitternder Hand einen Spaten und baute sich am Bach ein Grab als Totenschrein. Als er dies beendet hatte, empfahl er dem Herrn seine sündige Seele und legte sich zum Sterben in den finsteren Schacht. Wie er so lag, um auf den Tod zu warten, vernahm er mit Erstaunen ein tiefes Grollen und Rauschen. Ein mächtiger Wasserstrahl warf den Mönch Rippold jäh in hohem Bogen aus dem Grab hinaus. Triefend nass stand er da und konnte es kaum fassen, was er verspürte: neues Leben durchzuckte seine Glieder, als kehre die Kraft und die Jugend wieder. Munter sprudelte die Quelle weiter, und als er davon trank, schmeckte diese salzig und kohlensauer Mehr als feuriger Edelwein durchzuckte seine Glieder, Lebensmut und Kraft kehrten in den ausgelaugten Körper zurück, je mehr er trank. Ein stärkendes Bad brachte den Appetit und dann die Kraft zurück. Anstatt Trübsal zu blasen, begab er sich auf die Jagd und durchstreifte die Wälder. Auf einer seiner Streifzüge traf er auf eine junge Hirtin, die ihre Herde Ziegen und Schafe bei der Weide beaufsichtigte. Angetan von dem hübschen und unschuldigen Aussehen der Jungfrau, überkam den Mönch Rippold die Scham, da die unzüchtigen Gedanken seinem Gelübde der Enthaltsamkeit widersprachen.

Eines Tages erfuhr er von der gefährlichen Krankheit seiner heimlich verehrten Hirtin, die elend danieder lag. Alle Zweifel und Gewissensbisse beiseite schiebend begab er sich zur Hütte der jungen Hirten. Er erzählte ihr von der heilenden Kraft der entdeckten Quelle. Er nahm all seinen Mut zusammen, hob sie vom Krankenlager und führte sie zum von ihm entdeckten Lebensborn. Während die junge Maid von dem heilenden, Wasser genoss, hängte Mönch Rippold seine Mönchskutte an einen großen Tannenbaum. Nach der Genesung seiner Hirtin wallfahrte er mit ihr zum Kloster. Er wurde dort vom Abt und seinen Brüdern in vollem Ornat empfangen. Weil er der heilenden Quelle auf die Spur gekommen war, wurde dies als Zeichen des Himmels gewertet.

Er wurde von Gelübde und Zwang befreit, mit der Bitte Au und Quelle zu verwalten. Er solle Herberge, Bäder Trinkstuben und selbst Kegelbahn bauen. Zum Schluss sprach der Abt dem Paar den Segen, und sie verließen das Kloster als Mann und Frau und bauten auf das Bad Rippoldsau. Leider ist seit 2011 die Schwarzwaldklinik mit Bad geschlossen.

Thermalbad Bad Rippoldsau


 

Freitag, 27. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter der Margarethen-Legende, eine alte Flößersage?

Margarethenkapelle Schlosskirche Pforzheim

Zu allen Zeiten gab es Judenverfolgungen und Judenprognomen. Diese wurden durch die Kreuzzüge und dem Vorwurf des Gottesmordes hervorgerufen. Denn schon zur Stauferzeit werden diese durch den angeblichen Vorwurf der Ritualmorde an Christenkinder erstmals hervorgerufen. Denn schon Kaiser Friedrich II, spricht nach eingehenden Untersuchungen, jüdische Konvertiten, Juden von dieser Blutbeschuldigung frei. Aber doch gibt es immer wieder Ausschreitungen. Neben religiösen Fanatismus und finsteren Aberglauben ist auch nackte Habgier verschiedentlich Anlass zu den Judenmorden, bei denen es nur auf die Vernichtung drückender Schuldscheine oder Raub auf jüdischen Guts ankommt. Da den Juden Grundbesitz ebenso wie Teilhabe an Gilden und Zünften versagt war, treten sie immer wieder als Geldverleiher auf, weil sie wegen des kanonischen Zinsverbots am ehesten in Frage kamen. Aber nun zur Margarethen-Legende:

Ein altes Weib verkauft in Pforzheim aus schnöder Gewinnsucht ein siebenjähriges Mädchen namens Margarethen an die Juden. Diese verstopfen ihm den Mund, öffnen die Adern und umwinden es, um Blut aufzufangen, mit Tüchern. Nachdem das Kind unter der Marter gestorben war, wird es von den Juden unterhalb des  Schleiftors in die Enz geworfen und mit einer Menge von Steinen beschwert. Nach etlichen Tagen reckt es die eine Hand in die Höhe. Die Schiffer eilen voll Schrecken herbei und zeigen das merkwürdige Ereignis bei der Stadt an. Der Markgraf kommt selbst herbei, und als das Kind aus dem Wasser gezogen wird, richtet es sich empor, bietet dem Fürsten die Hand und fordert ihn zur Rache auf. Dann sinkt es wieder tot zurück. Der Verdacht fällt auf die Juden und sie werden zusammengerufen. Wie sich dem Leichnam nähern, fangen die Wunden wieder an zu bluten. Darauf gestehen die Juden die Gräueltat,  das alte Weib ebenfalls. Sie werden allesamt gerädert oder gehängt. Der Leichnam des Kindes kommt in einen steinernen Sarg. Dieser wird in der Schloss- und späteren Stiftskirche St Michael beigesetzt und trägt in Latein die Aufschrift: „Margaretha, von den Juden umgebracht, starb seeliglich am Freitag den 1. Juli 1267“.

Wie kann diese Legende auf ihren wahren Gehalt zurückgeführt werden: Unstrittig ist, dass das Nürnberger Memorbuch von einer Judenverfolgung um diese Zeit aus Pforzheim berichtet. Zu Ehren des Mädchens wird an der Nordseite des Langhauses der Schlosskirche eine Kapelle, die „Margarethenkapelle“ angebaut, an deren Außenseite als Wasserspeier ein Judenkopf zu sehen ist. Auf der Spitze des Pfeilers befindet sich eine Sitzfigur, des Mädchen Margarethe mit Krone und langem, von einem Schnallengürtel zusammengehaltenen Gewand.

Die Geschichte des siebenjährigen Kindes Margaretha, das in Pforzheim ermordet worden sei, wurde erstmals durch den Predigermönch Thomas von Cantimpré (1201-1270) aus dem heutigen Belgien schriftlich erwähnt. Das von den Juden getötete Mägdelein fand als die Legende Margarethas in Jacob und Wilhelm Grimms 1816/18 erschienene Sammlung „Deutsche Sagen“ Eingang.

Mit der Einführung der Reformation in Pforzheim hatte der Margarethenverehrung ein Ende gesetzt. Baden war geteilt in die evangelische Markgrafschaft Baden-Durlach, zu der auch Pforzheim gehörte, und die katholische Markgrafschaft Baden-Baden. Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges ließ der Baden-Badener Hof das als wertvoll angesehene sakrale Objekt aus dem besetzten Pforzheim schaffen, um es dem Zugriff der Lutheraner zu entziehen. Verantwortlich waren zwei Jesuitenpater, die 1647 den Sarkophag in der Schlosskirche öffneten, dokumentierten die darin vorgefundene mumifizierte Kinderleiche und ließen sie nach Baden-Baden überführen. Ab 1649 war die Reliquie in einem vergoldeten Schrein in der Kollegkirche in Baden-Baden aufbewahrt. 1689 ist die Reliquie im Pfälzischen Erbfolgekrieg bei der Zerstörung Baden-Badens durch französische Truppen vernichtet worden.

Freitag, 20. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter den Wein-Kuriositäten am Schwarzwaldrand?


Im äußersten Süd-Westen Deutschlands liegt das Markgräflerland. Aber hier beginnt gleich die Schwierigkeit: Ursprünglich war dies die ehemaligen Herrschaften Sauseburg, Rötteln und Badenweiler, später war es das Gebiet, das zur Markgrafschaft Baden-Durlach gehörte und protestantisches Gebiet im katholischen Vorderösterreich war. Die Weinliebhaber bezeichnen aber es als das Gebiet vom Hochrhein bis südlich von Freiburg wo eben der Markgräfler-Wein angebaut wird.

Der typische Markgräfler-Wein ist der Gutedel, der in diesem rund 3000 Hektar großen Weingebiet angepflanzt und auch nur hier getrunken wird. Eine sehr alte Weinsorte, die 1780 vom Mark Karl Friedrich von Baden aus der Schweiz, vom Nordufer des Genfer Sees gelegenen Vevey, ins Markgräflerland gebracht worden sein soll. Dort ist er als Fendant und in Frankreich als Chasselas bekannt. Allerdings gibt es auch Weinexperten, die behaupten, dass die Römer die Weinrebe über die Alpen gebracht hätten und diese in der Badenweiler Gegend angebaut hätten.

Erstaunen gibt es, wenn Weintrinker in der mittleren Ortenau einen Riesling bestellen und einen Klingelberg serviert bekommen. Zumindest ist dies in den Weinorten Oberkirch, Ortenberg und Offenburg üblich. Der Schlossberg bei Durbach hat ein Gewann namens Klingelberg, den obersten Teil des Schlossbergs direkt bei Schloss Staufenburg. Der Markgraf Carl Friedrich von Baden hatte 1782 dort erstmals 2200 Rieslingreben gepflanzt. Da früher Eisenerz dort verhüttet wurde, stießen die Winzer mit ihren Hacken immer wieder auf Eisenerzklumpen, die einen klingenden Ton ergaben. Daher der Name für einen guten Riesling aus der mittleren Ortenau.

Im Weinbaugebiet der mittleren Ortenau liegt der bekannte Weinort Durbach, eingemeindet nach Offenburg. Hier werden 430 Hektar Rebflächen bewirtschaftet. Dominant im Anbau ist hier Savagnin Rose oder Roter Traminer, der hier als Clevner bezeichnet wird, sonst bekannt als Gewürztraminer, im Elsaß als Weißburgunder oder Pinot blanc auf dem Markt. Nicht zu verwechseln mit dem blauen Frühburgunder in Württemberg, der dort ebenfalls Clevner genannt wird. Der Name kommt von der Stadt Cleven –altdeutscher Name für Chiavenna, eine kleine Gemeinde in der Provinz Sondrio Lombardei.

Überraschend für auswärtige Weintrinker taucht außerhalb Mainfrankens im Vorland von Baden-Baden die Boxbeutelflasche auf. Sehr zum Unmut und Ärger der Franken werden bei den Winzergenossenschaften Neuweier, Varnhalt, Steinbach und Umweg die besseren Gewächse in der publikumswirksamen Bocksbeutelflasche abgefüllt. Dieser Unsitte –in fränkischen Augen- sollte endlich ein Riegel vorgeschoben werden.

 

Die gründliche, fränkische Recherche ergab: Franz-Philipp, Freiherr von Katzenellenbogen, gestorben im Jahre 1816, hatte als letzter seines Geschlechtes den gesamten Familienbesitz in Neuweier, Mainz und Würzburg in einer Hand. Gleichzeitig war er auch Bischof von Eichstätt in Mittelfranken. Er ließ sich den Wein aus seinen Neuweierischen Rebbergen in Bocksbeutelflaschen abfüllen und zusenden. So hat sich nachweislich der Bocksbeutel im Schlossgut Neuweier eingebürgert. Zähneknirschend mussten dies die Franken aus historischen Gründen zugestehen.

 

Seit dem Jahre 1923 hatten neben dem Schlossgut auch die Neuweierischen Winzer unangefochten, weil zunächst unbemerkt, ihre besten Gewächse auch in Bocksbeutel Flaschen abgefüllt. Diese Bocksbeutel Exklave am Oberrhein wurde 1960 um die Winzergenossenschaften Neuweier, Varnhalt, Steinbach und Umwegen legal erweitert.

 

Freitag, 6. Juni 2025

Was verbirgt sich hinter dem Sterben der Uhrmacherfabriken im Hochschwarzwald?

Lorenz Furtwängler 1807-1866 als Uhrenträger

In den Städten Triberg, Furtwangen, Neustadt und Lenzkirch und deren Umgebung gab es eine Vielzahl von Uhrmacher und Uhrmachermanufakturen, die ihre Uhren hinaus in die Welt tragen ließen. Produziert wurden Kuckucks- und Stockuhren, Regulatoren, Bodenstand-, Bürouhren und Wecker.

 

Bekannt, um nur einige zu nennen, waren Lorenz Furtwängler & Söhne (LFS) aus Furtwangen, Schöpperle & Hauser die spätere Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch, Uhrenfabrik Winterhalder & Hofmeier in Neustadt wie auch letztlich die Badische Uhrenfabrik (BadU) in Furtwangen. Am Beispiel von LFS wird die Problematik aufgezeigt.

 

Lorenz Furtwängler (1807-1866), ein tüchtiger Uhrmachermeister, begann 1836 in Gütenbach später im Schwefeldobel von Neukirch Uhren herzustellen, so wie viele Uhrmachermanufakturen begannen. Vier seiner Söhne führten das Unternehmen nach seinem Tode weiter und übersiedelten 1868 mit ihrem Betrieb nach Furtwangen, da die notwendige Wasserkraft vorhanden war. 1882 kam eine Dampfmaschine dazu, denn das Werk war auf industrielle Produktion umgestellt worden. Es wurden nicht nur Uhrwerke produziert sondern auch die  gesamte Gehäuseproduktion integriert.

 

Es wurden Wand- und Bodenstandsuhren aber auch Wecker hergestellt. LFS erlangte mit ihren Uhren Weltruf und zählte zu den ältesten und maßgebendsten Hersteller für massive Großuhren in Deutschland. Wie auch die anderen Firmen wurden im In- und Ausland zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen abgeräumt.

 

Mit dem Erfolg der Uhrenmanufakturen kam das schnelle Wachstum, und das musste finanziert werden. Fremde Kapitalgeber oder Unternehmenszusammenschlüsse waren notwendig, um die laufende Expansion zu finanzieren. So wurde auch LFS  1895 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1898 waren 143 Mitarbeiter beschäftigt.  Dies war nicht genug, LFS suchte den Zusammenschluss mit dem Schiele & Bruchsaler-Industriekonzern Baden-Baden. 1900 nutzte man die Erfahrung des Georg Stehling, der ein geschätzter Spezialist für Großuhren war.

 

Nach und nach schieden die Lorenzbrüder altershalber aus und Georg Stehling wurde immer mehr die leitende Figur des Unternehmens. Um zur Versorgung des russischen und polnischen Marktes hatte man in Warschau eine Weckerfabrik gegründet. LFS beschäftigte 1925 über 500 Arbeitskräfte.

 

Wie viele andere Schwarzwälder Uhrenfabriken wollte man nicht nach dem Ersten Weltkrieg und in den 20er Jahre des 20. Jahrhunderts auf die billigere amerikanische Uhrenproduktion umzustellen. Man blieb bei der qualitativ hochwertigen aber teuren Uhrenproduktion. Die Firmenleitung von LFS versuchte alternativ auf den wachsenden Markt der Schreibmaschine aufzuspringen und brachte 1925 eine namens „Cardinal“ auf den Markt. Von soliden Uhren verstand die Unternehmensleitung etwas, die Probleme der Schreibmaschine bekam sie aber nicht in den Griff. Damit war das Aus von LFS eingeläutet.

Das Geschäft mit den amerikanischen Uhren und deren Produktionsmethoden machten die Firmen Junghans in Schramberg, Mauthe, Kienzle in Schwenningen und Kaiser in Villingen. Aber sie standen alle Anfang der 50er Jahre vor dem gleichen Problem, dass sie die Umstellung auf das neue  Zeitalter von elektrischen Uhren und später in den 70er Jahren das Quarzzeitalter verpassten, da sie beim alten Produkt und deren Produktionsmethoden verharrten.

 

 

Donnerstag, 29. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter den zwei Bahnhöfen von Freudenstadt?

Stadtbahnhof Freudenstadt

1879 erhielt Freudenstadt durch den Bau der Eisenbahn von Eutingen her den Anschluss an die Gäubahn und die Verbindung zur großen Welt war hergestellt. Damit war die Voraussetzung
  des Aufstiegs zur Tourismusstadt gelegt. Durch die geplante Weiterführung der Bahnstrecke ins Kinzigtal 1806 mit Verbindung zur Schwarzwaldbahn in Hausach, wurde der Bahnhof außerhalb von Freudenstadt süd-östlich der Stadt gebaut.

1898 beschloss der Landtag des Königreichs Württemberg, Freudenstadt mit einer Eisenbahnstrecke und den Manufakturen in Friedrichstal sowie dem oberen Murgtal bis Klosterreichenbach zu verbinden. Wenn nur die Steilstrecke von 5% im Christophstal nach Freudenstadt nicht wäre. Diskutiert wurde eine Tunnellösung unter Freudenstadt, um die Steigung zu umgehen oder eine oberirdische Führung mit einem Stadtbahnhof in Scheitellage. Möglichkeit hierfür bot die gerade erprobte Zahnstange mittig im Gleis, mit deren Hilfe die Lokomotiven die Steigung erklimmen konnten. Die Euphorie über die Zahnstange war so groß, dass es Eisenbahnpläne gab, den Gotthard-Pass mit Hilfe einer solchen zu überwinden.

Schon allein aus finanziellen Erwägungen entschied sich Württemberg für die Zahnstangenlösung, vor allem weil eine durchgehende Verbindung durch das Murgtal erst 1928 möglich wegen der unterschiedlichen Interessen zwischen Baden und Württemberg war.

Für die 1901 fertiggestellte Bahnstrecke mit der Zahnstange wurde die württembergische Lokomotive FZ mit 3 Treib- und einer Laufachse, 54 t schwer, eingesetzt. Die Reisezugwagen 2. und 3. Klasse, Packwagen für Post- und Expressgut hatten Bremsen, die vom Lokführer gesteuert werden konnten. Bei Güterzügen mussten extra Bremser mitfahren, die die Spindelbremsen per Hand bedienen mussten, zuzüglich einem Packwagen, der zur Sicherheit vom Lokführer gebremst wurde.

Fuhr ein Zug von Freudenstadt Hbf nach Klosrreichenbach startete er mit mäßiger Geschwindigkeit und schon nach etwa einem Kilometer, kurz nachdem der Zug die Wittlensweiler Straße in Freudenstadt passiert hatte, musste er zum Einfädeln in die Zahnstange am Beginn der 4,6 prozentigen Steigung auf Schrittgeschwindigkeit bremsen. Erst dann durfte auf 20 km/h beschleunigt werden. Die Zahnstange endete am Stadtbahnhof. Hier konnte dann auch die Schublock abgehängt werden. Bei der Weiterfahrt musste direkt nach dem Bahnübergang Karl-von Hahn-Straße wieder in die Zahnstange eingefädelt werden. Mit 20 km/h ging es die Steilstrecke durch das Christophstal bis Friedrichstal, wo auch die Zahnstange endete. Mit 40 km/h ging es  dann nach Baiersbronn und Klosterreichenbach.

Die Reichsregierung hat in einem großen Investitionsprogramm 1936/37 die Zahnradloks durch Reibungsloks T 161 ersetzt. Sie hatten obligatorisch einen Sandstreuer für eine bessere Reibung und einen verlängerten Wasserstand im Kessel, falls bei Bergfahrten zu wenig Wasser in diesem war. So konnten gegen Explosionen des Kessels vorgesorgt werden. Diese bewältigten die Steigung im Christophstal ohne Zahnstange. Natürlich war in der Übergangszeit bei Bergfahrten immer noch eine Schublok mit Zahnstange dabei. Allerdings verschwanden dann Ende 1929 die Zahnstangen bei den Bahnübergängen, um mittlerweile die üblichen Luftreifen der Kraftfahrzeuge zu schonen.

Im Jahr 1928 wurde die Murgtaleisenbahn durchgehend befahrbar freigegeben. Allerdings mussten die badischen Lokomotiven immer bis ins württembergische Klosterreichenbach fahren, denn dort gab es eine Drehscheibe für die Lokomotive. Eine dreistündige Rückwärtsfahrt bis Karlsruhe war für das Personal nur schwer zuzumuten. Erst ab 1951 war es möglich am Grenzbahnhof Schönmünzach den Lokwechsel vorzunehmen.

Hauptbahnhof Freudenstadt


Freitag, 23. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter "Pro Seniore" in Friedenweiler?


Der Reisende kann heute auf der B 31 von Freiburg kommend, Titisee  an Löffingen vorbei den Schwarzwald queren. Dabei passiert er das kleine Friedenweiler, das heute mit dem südlichen liegenden Rötenbach, ein früher bekanntes Geigenbaudorf, eine Gemeinde bildet. In der Dorf Mitte liegt das „Pro Seniore“ Pflegeheim für betreutes Wohnen neben der Kirche. Es beherbergt 63 Pflegeplätze und ist nicht weniger als die Reste des ehemaligen Klosters Friedenweiler.

1123 kam ein Tauschvertrag zwischen den Abt Odalrich vom Kloster Reichenbach und den Abt Werinherr vom Kloster St Georgen zustande: Grund und Boden von Friedenweiler, das damals nicht besiedelte Fridenwilare, Löffingen wurden vom Kloster Reichenau an das Kloster St Georgen abgetreten, während auf der Baar ebenfalls zum Ersatz getauscht wurde. Auch die Vögte von Zähringen von St Georgen und Reichenau stimmten zu. 1139 erfolgte die päpstliche Bestätigung des Benediktinerinnenklosters Friedenweiler als Priorat des Klosters St Georgen, dem eine Meisterin vorstand und die vom Kloster Amtenhausen kamen. Der Vaterabt war der Abt von St. Georgen, die Vogtei lag zunächst bei den Zähringern, 1283 bei den Fürstenbergern.

Eine geglückte Aufgabe des Klosters Friedenweiler war in den nächsten 250 Jahren die Erschließung und Besiedelung der verschiedenen Täler des Hochschwarzwaldes vor allem der Raum Titisee, Langenordnach, Schollach und Friedenweiler. Darüber hinaus wurden Besitzungen im Breisgau und Baar sowie ab 1350 ein eigenes Haus in Freiburg „Zum Friedenweiler“ erworben.

Zwar wurde Friedenweiler 1525 von dem Bauernkrieg verschont, große Sorgen bereitete aber die Reformation. St Georgen wurde vom Herzog Ulrich von Württemberg vereinnahmt und 1532 säkularisiert. Übertritte und Nachwuchssorgen ließen die Anzahl der Benediktinerinnen sinken. Schließlich musste der Abt von St Georgen das Kloster bedingungslos an den protestantischen Graf Friedrich von Fürstenberg abtreten und wurde ab 1536 fremd verwaltet.

1570 stellte das Haus Fürstenberg das verwaiste Kloster wieder für den ursprünglichen Zweck zur Verfügung, denn das Haus Fürstenberg gehörte wieder der katholischen Konfession an. Eine Äbtissin des Klosters Lichtenthal zog mit 6 Nonnen und 2 Laienschwestern im Kloster Friedenweiler ein. Vaterabt der Zisterzienserinnen wurde der Abt von Tennenbach.

Die nächsten 200 Jahre waren wie bei vielen anderen Klöstern durch das Leid, Plünderungen, Seuchen und Zerstörung des 30jährigen Krieges und den Erbfolgekriegen bestimmt. Immer wieder mussten die Nonnen an sichere Orte fliehen. Schließlich brannte 1725 das Kloster mit Kirche gänzlich ab. Peter Thumb baute schließlich das Kloster in seinem barocken Aussehen  von 1725 bis 1729 wieder auf.

Das Haus Fürstenberg nahm 1802 das Kloster und deren Vermögenswerte in Besitz. Die Kirche wurde zur Pfarrkirche, die Klostergebäude teilweise Schwestern-Altenheim, später zudem Militärlazarett und Nebenresidenz der Fürstenberger. 1840 wurde auf dem Klosterareal und in den Klostergebäuden eine Brauerei eingerichtet. Von 1922 bis 1983 bestand in den Räumlichkeiten eine Kinderheilstätte, heute ist hier ein Alten- und Pflegeheim –Pro Seniore- untergebracht.

Beachtenswert der Hochaltar, ein Geschenk der bis 1810 bestehenden Abtei St Georgen in Villingen, dessen Mittelbild Maria Himmelfahrt thematisiert. Die Themen der beiden Seitenaltarbilder, der Tod Benedikts und die Lactatio des Bernhard von Clairvaux von 1585. Die Kirche ist dem hl Johannes der Täufer geweiht (Patrozinium 24.6.).

Votivbild 1795 Kloster Friedenweiler


Freitag, 16. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter Vier Täler und Titisee-Neustadt?


Der Titisee war seit 1111 unter dem Namen “lacus Titumse“ bekannt aber eine geheimnisvolle ansonsten völlig unbekannte Gegend im Hochschwarzwald. Am Rande jeweils von ihm lagen Villingen und Freiburg alte Gründungen der Zähringer, die später den Fürsten zu Fürstenberg gehörten. So wurde schon um 1100 nachgewiesen, dass das Höllental die älteste Verbindung zwischen Villingen und Freiburg war. Der alte Weg von Villingen, über Vöhrenbach, Hammereisenbach, das spätere Neustadt, durch das Altenwegtal und die Falkensteig (Höllental) nach Freiburg war nur öfters durch Hochwasserschäden, fortgerissene Brücken und Wege für Fuhrwerke immer wieder unbefahrbar. So gewann schon 1310 der „nuwe weg“ immer mehr an Bedeutung. Die Straße wurde von Villingen nicht über Vöhrenbach gebaut sondern über Herzogenweiler, Fischerhof im Bregtal, Bregenbach, Urach hinauf zur Kalten Herberge. Von dort führte die Straße durch den Hohlen Graben, Thurner, Wagensteigtal, Burg und schließlich nach Freiburg. Damit gewann das Jostal als Weg zur Wagensteigverbindung an Bedeutung. Dazwischen lag das Schildwendetal als Seitental zum Jostal und weiter zwischen dem Altenwegtal das Spriegelsbachtal. Die vier Täler bildeten als Verwaltungseinheit 1525 die Vogtei Vier Täler mit eigenem Dorfgericht.

Vier Täler war seit jeher Fürstenberger Land. 1491 kamen Saig und Lenzkirch unter Fürstenberger Herrschaft dazu. Damit war auch das südliche Ufer des Titisees im Herrschaftsbereich der Fürstenberger, der 1806 auf das Großherzogtum Baden überging. Damit galten auch die Unteilbarkeit der Höfe und das Anerbenrecht und waren damit gesetzlich geschützt. Nach dem Übergang 1806 blieben die Bezeichnungen Vogt und Gericht beibehalten, wenn auch mit anderen Funktionen. Die Verwaltungsräume wurden in einem kleinen Rathausgebäude in der Spiegelhalde untergebracht. 1934 zog die Verwaltung in der vom Schwarzwaldhotel erbauten „Villa Jäger“ in Titisee.

Der Titisee war bis Mitte des 19. Jahrhunderts völlig unberührt. Es gab überhaupt nur 2 Höfe in der Nähe des Sees: den Seehof auf der Gemarkung Saig und den Hermeshof auf  der Gemarkung Vier Täler. Mit dem Bau der Straße um den Titisee zum Feldberg  mit Abzweigung in Bärental zum Schluchsee 1885, den Bau der Höllentalbahn 1887 und Dreiseenbahn 1928 kamen die Besucher, weckten Interesse an diesem schönen Fleckchen Erde. Als erste Fremdenverkehrseinrichtung wurde 1867 am See eine Blockhütte gebaut, 1873 das erste Hotel am See, das „Hotel Titisee“. Schon nach 10 Jahren wurde das Hotel auf die doppelte Größe ausgebaut. Nachdem die Entwicklung so rasch Fahrt aufnahm, wurde das Fremdenverkehrszentrum 1929 als kleinster Teil mit dem Namen „Titisee“ bezeichnet und gleichzeitig der Ortsname "Vier Täler" in "Titisee" umgewandelt.

1971 wurde Titisee (heute 2400 Einwohnern) mit Rudenberg (heute 180 Einwohnern) nach Neustadt (heute 9.500 Einwohnern) eingemeindet. Der neue Ortsnamen lautete ab dann Titisee-Neustadt. Im gleichen Jahr wurde ebenfalls Schwärzenbach (heute 250 Einwohnern) eingemeindet, 1973 kam Waldau (heute 400 Einwohnern) und 1974 Langenordnach (heute mit 240 Einwohnern) hinzu. Durch die Täler bedingt weist die Gemarkungsfläche 90 km² auf, damit ein Bevölkerungsdichte von nur 138 Einwohnern auf den km².

Allerdings besaß Titisee nur den kleinsten Teil vom Titisee, während den Großteil die Anliegergemeinden Hinterzarten und Saig am Südufer besaßen. Am 1.1.1978 stimmten die jetzige Gemeinde Lenzkirch-Saig zu, die Gemarkungsgrenze vom Südufer des Sees bis hinter die B 317 zurück zu verlegen. Dadurch kamen 53,45 ha –die Hälfte der Seefläche- zu Titisee-Neustadt. Die Gemeinde Hinterzarten hat am Nordufer 27,60 ha Seefläche abgegeben. So besaß Titisee von 107 ha Seefläche 95 ha  und Hinterzarten nur noch 12 ha. Soweit der Weg von der Bauerngemeinde „Vier Täler“ zur Fremdenverkehrsmetropole „Titisee“ mit nahezu 2 Millionen Besucher pro Jahr  am Titisee.

Vier Täler


Freitag, 9. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter den Fressbädern im Dreisamtal?

Kybbad Kappel

Im ausgehenden Dreisamtal liegt der Ortsteil Littenweiler, der
  1914 nach Freiburg eingemeindet wurde. Kappel seit 1974 ein Ortsteil von Freiburg, liegt in einem südlichen Seitental des Dreisamtals am Fuße des Schauinsland.

1466 errichtet Benz Ved bei dem auf seinem vom Priorat Oberried gekauften „zuerst im Kappler Tal“ ein Bad, nachdem er „unten im Kibfelsen“ eine heilkräftige Quelle entdeckt hatte. Es handelte sich um kaltes Wasser, das aus einem alten Stollen austritt und das man als heilkräftig ansah. In Gutachten von 1568 und 1571 wird bestätigt, dass das Wasser des Kydbades Kupfer und etwas Schwefel enthalte. Es helfe gegen kalte Glieder, böse Augen,  Nieren- oder Blasengries, bei Beinbruch und Krätze.

Von 1586 wird berichtet, dass ein Prior des Kloster Oberried sein Amt verlor, weil er den lockeren Sitten des Bades erlegen war und sich mit einer „Weibsperson sehr eigentlich gehalten habe“. Das im 30jährigen Krieg eingegangene Bad wurde 1650 neu aufgebaut und erfreute sich regen Zuspruchs. Deswegen erließ der neue Prior des Klosters Oberried 1659 eine ausführliche Badeordnung, um das ausgelassene Leben im Bad nicht ausufern zu lassen. Die Badgästen hatten „mit reinen Hembden“ in die Bädekästen zu steigen, die Badknechte mussten das Wasser richtig wärmen, der Wirt hatte reichliche Speisen und gute Weine bereitzuhalten und auf ein sittsames Verhalten der Badegäste zu achten.

Französische Truppen des Marschalls Taillard zerstörten 1704 das Kybbad. Dadurch ruhte 130 Jahre der Badebetrieb. Ein Peter Roth, der den Hof landwirtschaftlich betrieb, wurde durch den Freiburger Archivregistrator Leichtlin auf das einstige Bad aufmerksam gemacht. Roth fand auf seinem Anwesen eine Quellfassung mit der Jahreszahl 1621. Im Jahre 1835 bestätigte eine Analyse des Wassers der Regierung, dass kaum Mineralien im Wasser vorhanden seien und wurde aus der Liste der Heilbäder gestrichen. Es konnte nur als Reinigungsbad mit Gastwirtschaft, also als „Freßbädle“ weitergeführt werden.

Im gleichen Jahr erhielt Roth durch die Regierung die Genehmigung zum Bau einer Restaurationswirtschaft, so lange das Bad besteht. 1850 wurde von amtlicher Seite ihm bestätigt, dass die Einrichtung des Kybbades zweckmäßig erscheine und die erforderliche Reinheit herrsche. Auch im Winter kamen bald Badegäste. 1896 berichtet das Bäderverzeichnis, dass das Bauernbädle gerne besucht werden würde. Allerdings konnte Peter Roth es wegen Eigenverschulden nicht halten. Das Bad wurde 1909 versteigert, 1910 von einem Ehepaar Hoven übernommen. 1915 wurde das Bad geschlossen.

Auch im Freiburger Vorort Littenweiler wurde 1841 beim Graben eines Brunnens eine Stahlquelle entdeckt, die mit der Kappler Eisenquelle Ähnlichkeit habe. Im Jahre 1844 errichtete der Freiburger Joseph Ziegler ein Badhaus. Er wollte die Wirtschaftsgerechtigkeit von der gekauften Gemeindestube auf sein Badhaus überragen. Das Landamt genehmigte dies aber nur, wenn das neue Haus nicht „Badstube“ genannt würde und keine Heilbäder sondern nur gewöhnliche Reinigungsbäder verabreichen würden. Der nächste Besitzer, Anton Pleiner, richtete 1855 einen Pferdeomnibus vom Schwabentor zu seinem „Bad“ ein.

Ein weiterer Badwirt, Karl Hensler, baute ein neues Badhaus mit Badzellen und Zimmern. Er veröffentlichte ein Büchlein „Das Bad Littenweiler bei Freiburg. Seine Heilkraft und Wirkung“. Die neu gefasste Quelle würden rheumatische Leiden, Blut- und Schleimflüsse, Hautkrankheiten sowie Schwächen des Nerven- und Muskelsystems geheilt. 100 Bäder könnten abgegeben werden. Eine Molke- und Schröpfanstalt seien angeschlossen. Die Quelle könne sich wegen des Eisengehalts mit Franzensbrunn und Marienbad vergleichen.

Noch 1915 ist vom Badhotel die Rede. Anfang der 20er Jahre wurde das Anwesen von den Gengenbacher Schwestern erworben, in den 30er Jahre wird es „Stahlbad“ genannt und heute ist es Altersheim.



Stahlbad Littenweiler

Freitag, 2. Mai 2025

Was verbirgt sich hinter dem Staufen Putsch 1848?


Staufen ein schmuckes Städtchen am Ausgang des Münstertals mit seinen knapp 10.000 Einwohnern, 770 erstmals urkundlich erwähnt, bekannt durch den  Blei- und Silberbergbau im Mittelalter, heute bekannt durch die Schladerer Obstbrände, berüchtigt durch die Geothermie-Bohrungen, die zur Hebung der Altstadt und Rissen in vielen Häusern geführt haben. Staufen schmückt sich mit dem Zusatz „Fauststadt“, weil Burgherr Anton von Staufen den Alchemisten, Astrologen und Schwarzkünstler als Goldmacher angestellt haben soll. Faust soll 1539 im Zimmer Nr 5 im Gasthaus Löwen bei einer Explosion ums Leben gekommen sein. Goethe hat die Begebenheit in der Tragödie „Faust“ 1790 beschrieben.

Gustav Karl Christian von Struve (1805-1870), der 1847 den Adelstitel abgelegt hatte, war neben Friedrich Hecker einer der führenden Köpfe der badischen Revolution 1848/49. Auf einer Volksversammlung zu Offenburg am 19. März 1848 verlangten Struve und Hecker in einer Erklärung eine Revision der Badischen Verfassung und ein deutsches Parlament. Nachdem der erste Putsch unter Hecker auf der Scheideck bei Kandern am 20. April 1848 blutig niedergeschlagen wurde, entkamen die Rädelsführer damals in die Schweiz.

Struve zog am 21. September 1848 mit Getreuen über Basel nach Lörrach, setzte die rote Fahne der Revolution, rief vom Rathaus die Deutsche Republik aus und gründete eine provisorische Regierung. Er ließ die Kassen beschlagnahmen und hob Truppen aus. Mit 600 bis 700 Mann rückte er gegen Freiburg vor, wobei eine Abteilung durchs Wiesental vorrücken sollte. Geplant war von dort nach Karlsruhe weiter zu ziehen. Dabei schlichen sich, je brenzliger die Situationen wurden, manche Freischäler wieder von dannen. Der kommandierende Löwenfels hatte seine liebe Not mit dem marschfaulen Haufen. So musste er den direkten Angriff auf Freiburg aufgeben. Die Freischäler sollten dafür von Heitersheim Richtung Todtnau ziehen und sich mit den Wiesentäler Freischäler vereinigen. Und die Kolonnen, die Rückendeckung und Flankenschutz geben sollten, hatten bei Erscheinen eines Trupps Dragoner schnell die Flucht ergriffen und erreichten dezimiert Staufen. Aber anstatt sich Richtung Gebirge zu verbarikadieren, ließen sie sich in den Wirtshäuser nieder und verlangten erstmal lärmend Verköstigungen. Struve ließ die Kasse von Staufen requirieren und rief die Republik aus.

An Aufbruch war nicht mehr zu denken. Also musste Löwenfels sich auf eine Verteidigung in Staufen einstellen, denn 800 Mann badische Truppen waren unter Generalleutnant Friedrich Hofmann von Freiburg kommend hinter ihnen her. Die sogenannten „Hoffmannstropfen“ bekamen den Freischälern in Staufen schlecht. Schafschützen, Dragoner folgten dem Beschuss der Sechspfünderkanonen nach Staufen hinein. Von den Freischälern kämpften nur die wenigsten, der Rest versuchte sich abzusetzen oder versteckte sich in den Häusern von Staufen. Nach zwei Stunden hatten die badischen Truppen dem Spuk ein Ende bereitet. Die verbarikadtierten Fenster mussten geöffnet werden, die Kriegskasse von Struve war gefunden, die Häuser wurde nach versteckten Freischälern durchsucht. Struve konnte mit seiner Frau versehen mit bäuerlicher Kleidung ins obere Münstertal und dann nach Wehr flüchten. Dort wurde erkannt und verhaftet. In Freiburg wurde er zu 8 Jahre Zuchthaus verurteilt.

Ein Kriegsverbrechen eignete sich nach der Niederschlagung des Putsches. Nach der Beerdigung des einzigen Gefallenen der badischen Truppen, stellten sich die Soldaten zur Parade auf dem Marktplatz auf. Da fiel aus einem der Häuser ein Schuss, sogleich ertönte der Ruf „die Freischäler kommen“! Beim Durchsuchen der Häuser wurden im Hinterhaus des Kreuzwirts 5 Musikanten herausgezerrt. Ein sechster entkam mit einer Bäckerverkleidung. Die 6 Musikanten sollten in Weil zu einer Hochzeit aufspielen. Die Freischäler zwangen sie aber als Militärmusik mitzukommen und Marschmusik zu spielen. Sie wurden auf der Stelle ohne Untersuchung erschossen, da die Soldaten glaubten, Freischäler vor sich zu haben.

Freitag, 25. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem letzten großen Flößer?

Trautwein 1818-1898

Im Schwarzwald haben sich hauptsächlich an der Kinzig, Murg, Enz und Nagold immer mehrere kapitalkräftige Unternehmer zu einer Handelsgesellschaft, der Schifferschaft, zusammengeschlossen. Nur so konnten die Flüsse und Bäche zu Floßstraßen mit Wehren, Stauweieren zum Flößen vorbereitet, große Holzmengen eingekauft, zu Flößen zusammengestellt und das Flößen des Holzes finanziert werden.

In solch eine Schifferschaft wurde –hier die von Schiltach- Adolf Christoph Trautwein (1818-1898) hineingeboren. Der Vater Christian Wilhelm war Schiffer und Holzhändler, seine  älteren Brüder Ulrich und Johannes hatten sich als Flößer auch schon bewährt. Schon als Neunjähriger durfte der kräftige Bursche mit seinem Vater auf dem Floß von Schiltach nach Kehl flößen. So lernte er als Junge das harte Leben der Flößer kennen: Am Ende des Winters die Holzstämme, die auf der Polter lagen, im eiskalten Wasser zu Flößen zusammen zu binden. Die gefährliche Floßfahrten auf reißenden Bächen, das Umbinden zu größeren Flößen auf der Kinzig und dann das Flößen mit dem Überwinden der verschiedenen Wehren. Nicht umsonst stand dem Flößer für die harte arbeitsreiche Arbeit 3 Liter Wein oder 5 Liter Bier pro Tag zu. Nur so war die harte Arbeit zu ertragen.

Die Französische Revolution 1789-1799 führte zu einem starken Rückgang der Kinzigflößerei, da auch Straßburg mit in die Revolution hineingezogen wurde. Was lag näher als das Augenmerk auf den Hochschwarzwald zu richten. Um von Schiltach nach Rothaus, dem Standortquatier zu kommen, war immer ein 14stündiger Fußmarsch notwendig, der später immer nachts durchgeführt wurde, um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Riesige Waldbestände, billiges Holz, die auf das Flößen warteten, fanden sie hier. Mit ihrem Wissen waren die Schiltacher Flößer gleich dabei, die Wutach 1832 floßbar zu machen und Schwallweiher mit Wehren anzulegen. Bei Unterlauchingen wurde, um die Stromschnellen zu umgehen, ein Kanal von 120 m in den Fels gesprengt. Auch wurden zwei Sägewerke bei Stühlingen und Bannschachen am Rhein bei Waldshut errichtet.

Als Sechzehnjähriger wurde Adolf Christoph Trautwein beim Floßbarmachen der Steina und dem Flößen der Holzbestände eingesetzt. Das Problem auf der Wutach und Steina war, dass das Schwellwasser im klüftigen Kalkfels immer wieder verschwand. Die Flöße lagen dann trocken. Trotz der Schwierigkeit wurde große Mengen Holz für billiges Geld gekauft und über Steina und Wutach abgeflößt.

Als besonderes Geschäft von Trautwein galt der Kiefern-Akkord mit dem Grafen von Bodmann. Am Bodensee wurden die Kiefernstämme eingebunden, mit dem Dampfschiff nach Konstanz gezogen, den Rhein bis Schaffhausen geflößt und mit dem Wagen um den Wasserfall transportiert. Dann konnten die wieder zu Flößen zusammengebauten Kiefern rheinabwärts bis Laufenburg geflößt werden. Wegen der Stromschnellen musste das Floß den Laufenknechten übergeben werden. Von Basel bis Kehl konnte wieder in eigener Regie geflößt werden. Nach Abzug der Kosten blieb ein Verlust übrig. Deswegen verfolgte Trautwein diesen Geschäftszweck nicht mehr weiter und verlegten sich wieder auf das Geschäft auf der Kinzig und dem Oberrhein. Dieses brachte viel Arbeit und Geld in das obere Kinzgtal.

Aber die Anzeichen, dass die Flößerei zur Neige gehen würde, waren unübersehbar. Mitte der 1860er Jahre wurde die Straße von Wolfach nach Schiltach gebaut. Durch den Krieg 1870/71 flohen viele Straßburger Holzhändler nach Frankreich, der Handel brach ein. Mitte der 1880er Jahre wurde die Kinzigtal-Eisenbahn fertigstellt.

Es war viel effizienter das Holz auf Straße oder Eisenbahn zu transportieren als zu flößen. Dies führte dazu, dass Trautwein 1889 den Holzhandel aufgab, denn er hatte feststellen müssen, dass das Alter dem noch so robusten Körper seinen Tribut forderte. Er ließ sich schon 1889 zum Bürgermeister von Schiltach und 1889 zum Kreisrat in Wolfach wählen, bis dann 1898 der Tod an seine Haustür klopfte.

Freitag, 18. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem Engländerdenkmal am Schauinsland?


Eine Wandergruppe bestehend aus 27 Schülern zwischen 12 und 17 Jahren und der junge Deutschlehrer von der Strand School in London brachen zu einer Schwarzwaldwanderung im Jahre 1936 auf. Als sie am 16. April nach langer Zugfahrt in Freiburg ankamen, genossen sie noch unbekümmert die Schwarzwaldstadt.

Am nächsten Morgen sollte es dann losgehen: Von der Jugendherberge Petershof in der Innenstadt über den Schauinsland, Notschrei zur Jugendherberge Radschert in Todtnauberg. Eine über km 20 km lange und mit 1000 Höhenmetern selbst für geübte Wanderer anspruchsvolle Wanderung. Der Lehrer, Kenneth Keast, 27 Jahre alt, hat sich die Reise im Reisebüro empfehlen lassen. So unbekümmert waren auch die Vorbereitungen. Trotz winterlichen Verhältnissen trugen die Schüler Sommerkleidung, leichte Schuhe, kurze Hosen, keine Kopfbedeckung. Statt einer guten Wanderkarte diente dem Lehrer nur eine Übersichtskarte vom Reisebüro im Maßstab 1:100.000. Als Wanderproviant gab es zwei Brötchen für jeden sowie eine Orange. Das war’s!

Am Vortag war der Lehrer schon vor einem drohenden Unwetter informiert worden, er meinte jedoch, dass Engländer schlimmeres Wetter gewohnt seien. In der Jugendherberge hing am Wandertag der Wetterbericht aus, der auf einen Wetterumschwung hinwies, denn es fing schon morgens an zu schneien. Als Mahnung gab der Herbergsvater mit auf den Weg, dass sie auf keinen Fall die zugeschneiten Wanderwege nutzen sondern auf der Fahrstraße bleiben sollten. Trotz aller Mahnungen verließ die Gruppe in Günterstal die Fahrstraße Richtung Berggasthof St Valentin. Prompt verlief sich Lehrer Keast, denn er wanderte wieder Richtung Freiburg zurück. Als er nach nahezu zwei Stunden wieder beim St Valentins vorbeikam, erkundigte er sich bei der Wirtin nach dem Weg. Doch auch hier riet die Wirtin dringend von einer Wanderung zum Schauinsland ab, denn Wege und Schilder seien zugeschneit. Aber unbekümmert erwiderte Keast, dass sie eben den Schnee abwischen würden. Am Kiberfelsen hatten sie sich wieder verlaufen. Eine Stunde später hatten sie erst den Sohlacker erreicht.

Mittlerweile war es 15 Uhr und am Kohlerhau traf die Gruppe zwei Forstarbeiter, die wegen des Schneesturms die Arbeit eingestellt hatten und rieten ihnen dringend, die Wanderung abzubrechen. Aber Keat versuchte über das obere Kapplertal weiterzukommen. Dort traf die Gruppe den Postmann Steiert. Er riet ihnen ebenfalls dringend ab, bei diesem Unwetter weiterzugehen und bot an, sie ins nahe Bergwerkzechheim  zu bringen. Keast lehnte ab und ließ sich weiter den Weg zum Schauinsland beschreiben. Die Wandergruppe kam im hohen Schnee nur noch kräftezehrend voran. Querfeldein ging es die steile Kapplerwand hinauf, so dass die Wandergruppe die ganze Wucht des Schneesturms ins Gesicht bekam. Verbissen hielt Keast am Ziel fest, wenn nicht der Schauinsland zu erreichen war, dann wenigstens nach Hofsgrund zu kommen. Die Gruppe irrte schon über 10 Stunden im Gebiet herum, sie waren durchnässt und verfroren, dehydriert und völlig erschöpft durch das Waten im Tiefschnee. Die Ersten mussten getragen werden andere brachen zusammen.

Gegen 18.30 Uhr hörten die ersten Schüler das Abendläuten der Hofsgrunder Kirche, und um 20 Uhr erreichten die ersten den Dobelhof in Hofsgrund. Dort berichteten die erschöpften Ankommenden, dass Schüler krank im Berg liegen würden. Nun hörte man auch die Hilferufe der am Berg Zurückgebliebenen. Mit ihren Skiern und Hornschlitten gingen die Bauern auf Suche nach den Vermissten und Zusammengebrochenen, die über den gesamten Südhang des Schauinsland verstreut lagen. Nur 15 hatten Hofsgrund erreicht, der Rest hielt jeweils Wache bei den Zusammengebrochenen oder sogar Bewusstlosen. Ein Arzt, der im nahen Gasthaus Halde urlaubte, brachte erste ärztliche Hilfe. Um 23.30 Uhr waren alle geborgen. Vier Schüler konnten nicht wieder belebt werden, der fünfte starb am nächsten Tag in der Klinik.

Die deutsche Regierung ließ anlässlich des Unglücks das Engländerdenkmal bei Hofsgrund 1938 errichten, während der Vater des ums Leben gekommenen Jack Alexander Eaton 1937 an der Stelle, an der sein Sohn starb, ein Eton-Kreuz als „Kleines Engländerdenkmal“ setzen. In der Kirche von Hofsgrund ließen die Eltern der Gerettenden eine Gedenktafel, zum Dank für die spontane Hilfe der Einwohnerschaft, anbringen.

Hofsgrund Eatonstein