J. Schupp 1858-1918
Die Hotzen, die
bäuerliche Bevölkerung des Hotzenwalds, waren seit jeher ein freiheitlicher
Volksstamm, der sich schon im 12. Jahrhundert immer wieder auf seine alten
einmal zugesagten Rechte pochte, nur das österreichische Herrscherhaus
akzeptierte und allen Veränderungen mit heftigem Widerstand begegnete -siehe:
Was verbirgt sich hinter dem offenen Ungehorsam der Hotzen und Was verbirgt
sich hinter den Salpeteraufständen?
Nachdem das Haus
Österreich die Salpetereraufstände niedergeschlagen hatte und jeden Widerstand
brutal unterdrückte, kehrte langsam Ruhe im Hotzenwald ein. Die Erinnerung an
die Aufstände blieb und der Groll gegen die Obrigkeit vererbte sich in manchen
Salpetererfamilien über Generationen.
Nach dem
Übergang an Baden 1802 standen die eingefleischten Salpeterer der neuen
Obrigkeit erst recht misstrauisch gegenüber. Anstelle des vertrauten
Kaiserhauses in Wien war nun ein neuer –noch dazu evangelischer- Großherzog in
Karlsruhe vorhanden, für den der Hotzenwald ein weit abgelegenes Dasein führte.
Als dann der Generalvikar des Bistums Konstanz kirchliche Neuerungen einführte
und die meisten Apostelfeiertag aufhob, lebte sogleich der alte Ungehorsam
wieder auf. Dem badischen Staat verweigerten sie die Huldigung, Steuerzahlung
und Militärdienst; Beschwichtigungsversuche schlugen fehl. So führte 1814 die
Großherzogliche Verwaltung eine Accisabgabe (indirekte Steuer) auf
selbstgebrannten Branntwein ein. Sofort wurde
schwarz gebrannt, als Strafe sollten die Brennkessel eingezogen werden.
Die Polizeigardisten hatten weder den Mut, die Rädelsführer zu Hause oder nach
dem Kirchgang zu verhaften. Sie wurden immer von einer aufgebrachten Menge
geschützt.
1832 fingen die
ersten Familien aus dem Bezirk Waldshut mit einem Schulstreik an und schickten
die Kinder nicht mehr zur Schule. Sie verlangten eine Untersuchung, ob ihre
Kinder in der rechten Religionslehre unterrichtet und sie selbst in den alten
Gesetzen und Rechten behandelt würden.
Die Regierung ließ Familienväter wegen fortgesetzter Schulversäumnisse
der Kinder inhaftieren. Aber auch monatelange Beugehaft brachte die
Familienväter nicht zum Umdenken. Dagegen weitete sich der Schulstreik immer
weiter aus. Auch die Impfungen wurden verweigert, weil dies ein sündhafter
Eingriff in die göttliche Ordnung sei. Viele Salpeterer besuchten den
Gottesdienst nicht mehr und riefen den Ortsgeistlichen weder zu Taufen noch ans
Sterbebett. Als der Zehnte 1835 abgelöst wurde, ließen sie noch lange wie sie
es vorher gewöhnt waren, die zehnte Garbe auf dem Feld liegen und verweigerten
jedoch allen neuen Steuern.
Um den ausufernden
Schulstreik zu beenden, wurde den Verurteilten eine Amnestie für alles
zugesagt. Aber die Salpeterer erwiderten kalt: „Wir sind nur provisorisch an
Baden übergeben, der Großherzog ist nur unser Stiefvater. Wir gehorchen nur dem
österreichischen Prinzen Ferdinand. Als doch die ersten Väter bereit waren,
ihre Kinder zur Schule zu schicken, wurden sie sofort freigelassen. Standen
aber am nächsten Tag wieder vor der Haftanstalt, denn ihrer Frauen würden sich
vor solchen weichen Männern scheiden lassen. Noch 1892 wurden Salpeterer zur
Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie ihre Kinder nicht zur Schule schickten.
Auch die 1869 eingeführte Zivilehe wurde von den Salpeterer abgelehnt. Sie
gingen weder zum Standesamt, noch zur kirchlichen Trauung und zahlten keine
Steuern.
Den
konservativen Hauensteinern fiel es schwer, sich den geänderten politischen
Verhältnissen anzupassen und was man ihnen als Trotz und Halsstarrigkeit
auslegte, war oft eine Unbeholfenheit. Der letzte Salpeterer Josef Schupp
verstarb 1918 und lehnte bis zu seinem Tode die Sterbesakramente ab.
1937 wurden 41
Gemeinden zum Notstandsgebiet Hotzenwald erklärt. Erst das neu gegründete Baden
Württemberg leitete 1952 das Hotzenwaldprogramm ein, baute Straßen, zentrale
Wasserversorgungen, Schulen und ein durchgehendes Elektrizitätsnetz.