Freitag, 16. Februar 2024

Was verbirgt sich hinter dem Schramberger Ortsteil Sulgen?

Sulgen, _Sulgau und _Schramberg

Das Geschlecht der Falkensteiner übte im frühen 15. Jahrhundert die Herrschaft über Schramberg aus. Sie besaßen auch sieben Höfe auf dem Sulgen und vier in Schönbronn. Diese Höfe verkauften sie durch wirtschaftlichen Niedergang , Familienzwistigkeiten und erfolglose Fehden geschwächt, im Jahr 1444 an Graf Ludwig von Württemberg, der seit geraumer Zeit im Raum Hornberg Fuß gefasst hatte. Da die Herrschaft Falkenstein damals bereits geteilt war, gelangte allerdings nicht der gesamte falkensteinsche Besitz an Württemberg. Der Teilhaber Jakob von Falkenstein veräußerte im Jahr 1449 den Rest der Herrschaft an seinen Schwiegervater Hans von Rechenberg, darunter auch Güter auf dem Sulgen, so dass nun der Sulgen zwischen den Häusern Rechenberg und Württemberg geteilt war. Der Rechenberger Besitz kam durch verschiedene Hände, bis er 1583 an das Hause Österreich kam. Die folgenschwere Teilung des Weilers Sulgen sollte bis 1934 bestehen bleiben.

Die württembergischen Bauern auf dem Sulgen wurden in der Folgezeit mit denen von Schönbronn und Weiler zu einem Stab „Sulgau“ zusammengefasst und dem Amt Hornberg unterstellt. Der folgenschwerste Meilenstein des 16. Jahrhunderts in Württemberg war die Einführung der Reformation unter Herzog Ulrich im Jahr 1535. Damit endete allerdings die soziale Klammer einer zusammengehörenden Pfarrei, denn der Ortsteil Sulgau wurde evangelisch und der Ortsteil Sulgen blieb wie Schramberg katholisch. Sie lagen nur 1km auseinander. Es war hiermit nicht nur eine herrschaftliche Trennung sondern auch eine fortschreitende konfessionelle Trennung. 1558 wurde von der Herrschaft Schrambergs der selbstständige Stab „Sulgen“ geschaffen.

Das Problem, das sich aus der Herrschafts- und Konfessionsspaltung ergab, war für die Sulger und Sulgauer Bauern die gemeinsame Nutzung der Kirche. Den württembergischen Untertanen stand ein Drittel des Pfarrsatzes und des Heiligeneinkommens zu. Württemberg entschärfte diesen Konflikt, in dem sie 1583 die lutherische  Pfarrei Weiler gründete, die auch für Schönbronn und Sulgau zuständig war. Allerdings bedeutete dies für die Sulgauer Bauern einen zweistündigen Marsch zum Gottesdienst. Die einzige Erleichterung, die die Obrigkeit zugestand, war, dass einmal im Monat der evangelische Pfarrer von Weiler kam und im Bären bis 19. Jahrhundert Gottesdienst hielt.

Durch die Neuordnung von Napoleon wurde 1805 Sulgau sowie Sulgen wie auch Schramberg ebenfalls dem damaligen Herzogtum Württemberg zugeschlagen. Dennoch war es nicht möglich, die beiden Gemeinden zu vereinigen. Die Gemeinde Sulgen baute 1825/26 eine neu Kirche, während Sulgau dies 1835 endlich erreichte, dass eine evangelische Kirche in Schönbronn, erheblich näher als das frühere Weiler, gebaut werden konnte. Ähnlich verhielt es sich mit dem Bau des Schulhauses. 1872 errichtete Sulgau ein Rat-Schulhaus, während Sulgen schon 1843 ein erstes Schulhaus errichtete.

1920 beantragte Sulgen den Zusammenschluss mit Schramberg. Für Schramberg gab es aber nur den Weg eines Zusammenschluss der beiden Gemeinden Sulgen und Sulgau und dann erst den Anschluss an Schramberg. Aber die Emotionen kochten immer sofort hoch, zusätzlich war Schramberg nicht bereit sich an der Wasserversorgung auf dem Berg zu beteiligen. Insofern gingen die beiden Gemeinden diese Investition 1926/28 zunächst an. Eine Eingliederung war trotz mehrerer Anläufe nicht möglich. Erst den Nazis war es möglich im Interesse eines zentralistischen Staates 1934 einen Vereinigungsvertrag durchzusetzen. Nach weiteren, zähen Verhandlungen wurde erreicht, dass die Gemeinde unter dem Namen „Sulgen“ endlich vereint sowie Sitz der Verwaltung ebenfalls Sulgen wird. Die Eingemeindung nach Schramberg  wurde dann 1939 vollzogen.

Sulgau vorne, Sulgen hinten 1929


Freitag, 9. Februar 2024

Was verbirgt sich hinter dem Titisee als Pumpspeicher?

Feldsee

Der Titisee als bekanntester See im Schwarzwald ist sicherlich auch der stärkste Magnet des Schwarzwaldtourismus. Er wurde 1111 erstmals urkundlich erwähnt. Jahrhunderte war er verkehrsabgelegen von dunklen Tannenwälder umsäumt, oft unheimlich, daher sagenumwoben. Erst der Straßenbau um 1885, die Höllentalbahn 1887 und 1926 die Dreiseeenbahn erschlossen den See für den Fremdenverkehr.

Der Titisee ist ein Überbleibsel des 16 km langen Bärentalgletschers von vor 40.000 Jahren. Der spätere Rückzug des Gletschers legte die Ausschürfungen des Titisee-Zungenbeckens frei.

Der See mit einer Länge von 1,8 km, 750 m Breite und 40 m Tiefe wird heute vom Seebach gespeist. Dieser entspringt ursprünglich in der Hochmulde des Grüble unterhalb des Seebucks und fällt 62 m tief über den Feldseewasserfall in den Feldsee. Zusätzlich entwässert der Sägenbach kommend vom Baldenweger Buck in diesen. Aus dem Feldsee fließt der Seebach in den Titisee.

Als Ender der 20er Jahre des 20. Jahrhundert die Pläne für den Schluchsee und dessen Pumpspeicherwerk konkrete Pläne annahmen, wurde auch der Titisee in die Überlegungen der Wasserzufuhr für den Schluchsee mit einbezogen. Denn schon 1863 wurde mit dem Straßenbau nach Lenzkirch eine erste feste Schleuse am Ausfluss des Titisees eingebaut. Diese wurde 1876 bei einer Straßenveränderung um 75 cm erhöht. Damit sollte das Wasser des Titisees um 65  cm abgesenkt werden können. Gleichzeitig sollte eine Aufstauung 40 cm über den normalen Wasserspiegel möglich werden. Dies hatte natürlich einen Aufschrei der Entrüstung der Bevölkerung hervorgerufen. Das malerische, idyllische und teilweise unberührte Ufer des Titisees sollte entweder überspült oder als weit verbreiterter brauner Schlammstreifen sichtbar werden. Beim flachen Seebacheinlauf würde das Moor bis zu 3 km überspült werden. Auch der Vorschlag der Schluchsee AG  den See vom 1. Juni bis 15. September nicht unter die jetzige Stauschwelle zu senken, konnte die Gemüter beruhigen. Für die Hotels und den aufkommenden Tourismus ein nicht zu akzeptierender Zustand.

Um das Problem des schwankenden Wasserstand am Titisee zu umgehen, wurde am Ausfluss des Feldsee 70% des Wassers des Seebachs in einem 10 km langen verdeckten Hangkanal am Osthang des Feldbergs und Bäremtal 1934 gebaut und das Wasser dem Windgefällweiher zugeführt. 1895 war er schon zur heutigen Größe aufgestaut worden. Das Schluchseewerk übernahm den Windgefällweiher 1929, um das Wasser 1932 über einen offenen Überleitungkanal durch das Haslachtall dem Schluchsee zu zuführen zu können.

Deswegen verlässt die Gutach als kleiner Wiesenbach den Titisee. Auch der Wanderer der Wutachschlucht wundert sich über das friedliche Wässerchen der Wutach, die eigentlich als wilde Gutach sich in die Tiefe des Gesteins über Jahrhunderte gefressen haben soll.

Titisee


Freitag, 26. Januar 2024

Was verbirgt sich hinter der Brauerei Rothaus?

Brauerei Rothaus in Rothaus

Im November 1956 hat die Rothaus Brauerei im Hochschwarzwald das Tannenzäpfle –die 0,33 l Bierflasche- als erste Brauerei aus der Taufe gehoben.

 

Schon 1787 wurde dem Abt Gerbert von der Rentenkammer vorgerechnet, dass der Bau einer Brauerei jährlich 3.000 Gulden dem Kloster abwerfen würde. Nur mit diesem Argument konnte der Widerstand im Konvent des Klosters nach und nach abgebaut werden. Endlich im Jahre 1791 konnte die Klosterbrauerei Rothaus durch das Benediktinerkloster St Blasien vom damaligen Abt, Martin Gerbert II, gegründet werden. In erster Linie wollte der Abt Strukturpolitik betreiben, denn „das beste Almosen für die verarmte Bevölkerung ist lohnender Verdienst“. Sicherlich wollte der Abt auch seinem weltliche Kollegen, dem Fürsten zu Fürstenberg, gleich ziehen. Dieser hatte seit dem 13. Jahrhundert das Braurecht. Glaubt man dem Volksmund sollte mit der Klosterbrauerei den Einheimischen mit dem Bier das Schnapstrinken abgewöhnt werden.

 

Mit Bedacht hat dieser vorausschauende Abt den Ort gewählt. Eine wichtige Handelsstraße vom Hochrhein in den Breisgau überwand hier den Schwarzwald. Die Gaststätte “Zum Rothen Haus“ aus dem 17. Jahrhundert lud zum Verschnaufen vom schweren Aufstieg ein, auch wenn es vom Gebäude her einer Räuberspelunke war. Die herunter gekommene Wirtschaft wurde 1766 vom Kloster erworben und 1772 als Neubau erstellt. Wasser zum Brauen und Holz zum Heizen waren für die kommende Brauerei ausreichend vorhanden.

 

1791 wurde der Gerichtsvogt Ludwig Eble, Hirschwirt zu Wurmlingen, beim Bau der Klosterbrauerei in der Nähe vom „Roten Haus“ als sachkundiger Berater hinzugezogen. Die ersten Brauversuche nach Fertigstellung der Brauerei waren so erfolgversprechend, dass Eble zum Wirt vom „Roten Haus“ und als Braumeister der Klosterbrauerei bestellt wurde.

 

Mit der Säkularisierung des Klosters fiel die Klosterbrauerei 1806 an das Großherzogtum Baden. Der Fiskus trug sich mit dem Gedanken, die Brauerei zu verkaufen oder zu verpachten. Beides brachte aber nur die Aussicht auf erhebliche Verluste, denn bald stellte sich heraus, dass mit steigenden Ansprüchen die Brauerei viel zu klein gebaut worden war. Das Bier wurde viel zu jung abgesetzt und verdarb rasch. 1842 traf endlich die Baugenehmigung für eine größere Erweiterung ein. 1847 jedoch machte ein verheerender Brand wiederum alles zunichte, denn die Brauerei brannte ab. Die Politik hatte nun nach dem Wiederaufbau genug und verpachtete die Brauerei 1872. Aber schon nach wenigen Jahren musste die Brauerei wieder übernommen werden, um größere Verluste zu vermeiden. Mit der Zeit war es dem Oberbrauer Boekh gelungen ein gutes, haltbares Bier zu brauen, dessen Qualität nicht mehr schwankte. Mit dem Ablauf der 1870er Jahre setzte dann der Aufstieg der Brauerei ein.

 

Nach 1918 wurde die Brauerei  zum Staatsbetrieb und firmiert heute unter „Badische Staatsbrauerei Rothaus AG“. Damit wurde sie 1922 eine Aktiengesellschaft, deren Anteile zu 100% dem Land Baden-Württemberg gehören.  Allen Wünschen zum Trotze weigerte sich die Landesregierung  in Stuttgart die Brauerei in all den Jahren zu privatisieren. Die abgelegenen Arbeitsplätze im Hochschwarzwald sollten erhalten bleiben. 1956 führte der damalige Brauereidirektor Nägele entgegen dem Marktrend die 0,33 Flasche, das damalige und heutige „Tannenzäpfle“ ein. Auf dem Etikett prangt ein biederes Schwarzwaldmädel in Tracht umrahmt mit Fichtenzapfen.


Das gute Bier in der anderen Verpackung wurde mit der Zeit ein Kultstatus unter den Biermarken und hat gerade außerhalb Baden-Württembergs sehr hohe Zuwachsraten. Mit über 900.000 hl Bierausstoß gehört die Rothaus Brauerei zu den führenden Brauereien in Deutschland. Auf Grund der hohen Besucherzahlen der Brauerei wurde 2014 eine Brauwelt unter anderem mit einem Brauerei- und Schwarzwaldmuseum geschaffen.

Sudkessel der Brauerei Rothaus


 

Montag, 8. Januar 2024

Was verbirgt sich hinter Säckingen - Klosterstadt oder Heilbad?

Fridolinmünster

Säckingen
 mit seinen knapp 20.000 Einwohnern–seit 1978 Bad Säckingen- ist bekannt durch sein Fridolinsmünster, Heilquellen, den Trompeter von Säckingen von Joseph Victor von Scheffel, die alte Holzbrücke über den Rhein zur Schweiz und das Kavernenkraftwerk Bad Säckingen.

Säckingen wurde erstmals 878 urkundlich erwähnt und entstand wohl im Umfeld des Klosters Säckingen, das im 6. oder 7. Jahrhundert vom heiligen Fridolin gegründet worden sein soll und anfänglich ein Doppelkloster war. Bedeutung hatte das Frauenkloster mit dem Grab des heiligen Gründers. Es war nicht nur Mittelpunkt des geistig religiösen Lebens der Region sondern entwickelte sich zu einem Zentrum bis in die Alpen hinein sich erstreckenden Klosterherrschaft mit seiner kulturellen und wirtschaftlichen Ausstrahlung. Frauen aus königlichem Hause waren Äbtissinnen und nur Mitglieder des Hochadels wurden im Kloster aufgenommen. Ausgestattet mit großem Landbesitz am Hochrhein, Glarus, Gebiete um den Zürich- und Walensee sowie das Fricktal. Außerdem wurden Teile des Hotzenwaldes besiedelt. Zusätzlich verfügte das Kloster über eine kaiserliche Residenz (Pfalz), von der die fränkischen Könige ihr Reich jeweils regierten. Um dem Einfluss und der Bedeutung des Stiftes Rechnung zu tragen, wurde die Äbtissin Elisabeth von Bussnang 1307 in den Reichsfürstenstand erhoben.

Und 1360 wurde nach einem schweren Stadtbrand das neue Fridolinsmünster, die Stiftskirche des Damenstifts, eingeweiht. Seit der Säkularisierung 1803 ist das Münster die Hauptkirche der katholischen Gemeinde. Die Gebeine des heiligen Fridolin in einem reich verzierten Silberschrein sind seit 1900 öffentlich in der Fridolinskapelle zugänglich. Nach einem Brand 1751 wurde das Münster innen barockisiert. Oberhalb des Hauptportals steht der heilige Fridolin, der den toten Urso aus Glarus aus dem Grab holt. Ein Höhpunkt im Kirchjahr von Säckingen ist die alljährliche weit über die Region bekannte Fridolinsprozession am Sonntag nach dem 6. März, an dem der Silberschrein des heiligen Fridolin durch die Stadt getragen wird.

Etwa um 960 schrieb Mönch Balther sein Friedolinsleben und erzählt darin von der Begegnung des Heiligen mit einem Manne, der hier sein Bad aufsuchte. Dass sich die Römer schon sich der Heilquelle bedienten, gilt als nicht gesichert. Die Heilquelle auf dem Gewann Badmatte war seit Jahrhunderten bekannt. 1453 ist urkundlich erwähnt, dass das alte Badhaus abgerissen wurde und an die Stelle des heutigen St Marienhaus verlegt wurde. Im 15. Und 16. Jahrhundert war eine Glanzzeit des Bads. Die Gäste wussten die Vorzüge der Quelle zu schätzen. Sie kamen aber nicht nur der Heilung sondern auch der Geselligkeit und der kulinarischen Genüsse wegen. Teilnehmer des Basler Konzils 1431-1437 waren Stammgäste. Unterbrochen vom 30jährigen Krieg erholte sich das Badewesen. 1728 wird die heilende Wirkung der Quelle durch ein Gutachten beschrieben. Aber der Durchbruch zu einem der großen Bäder gelang nicht, da es zu sehr an Infrastruktur fehlte.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Badbetrieb wieder zögerlich aufgenommen. 1962 wurden die Quelle auf der Badmatte neu gefasst. Dies war notwendig, da bei Sprengarbeiten für das Rheinkraftwerk Säckingen es zu Verschüttungen kam. Heute besitzt  Bad Säckingen drei Quellen: die Badquelle mit 33 Grad, Fridolinsquelle seit 1986 mit 18,1 Grad und die Margarethenquelle mit 23 Grad. Alle drei Quellen sind Natriumsquellen.

1977 konnte das Kurzentrum „Aqualon“ als Thermalbad eingeweiht werden. Ein Jahr später wurde das Prädikat „Heilbad“ und der Zusatz „Bad“ zum Ortsnahmen verliehen. Heute umschließen die Kurparkanlagen mit den Kliniken und Kreiskrankenhaus über 35 ha das Kurareal.

Aqualon Bad Säckingen


Was verbirgt sich hinter der Strohhuthandelsgesellschaft Faller, Tritscheller & Co?

Franz Josef Faller 1820-1887

Die Strohhuthandelsgesellschaft kann als Tochterunternehmen der in den 1740er Jahren von der großen Companie der Glasträger gegliederten Trägergesellschaften wie Elsaß-, Pfälzer-, Württemberger-, Schwaben- und Schweizerträger angesehen werden. Denn 1774 zog es
  den mal gerade 17 jährigen Alois Faller vom Felgenhof in Saig zum Uhrenhanel nach Lothringen Er konnte nicht in die Elsaßerträgercompanie eintreten, da die schon von den älteren Brüdern besetzt war. Und er hatte Erfolg mit seinem Uhrenhandel. Im folgenden Jahr nahm er auf seiner Tour den Nachbar Mathäus Tritscheller vom Josenhof mit. Der Handel blühte nur im Winter während im Sommer sie sich als Bauernknechte verdingten. Das war natürlich nicht der Lebensweg, den sich die unternehmungslustigen, jungen Bauernsöhne sich vorstellten.

Mit offenen Augen sahen sie, dass die Lothringer Frauen im Sommer Strohhüte trugen, die zur Tracht gehörten. Bald erfuhren sie, dass die Strohhüte aus Oberitalien von bayerischen Kaufleuten im Elsaß vertrieben wurden. Was lag da näher, sich selber um die Quelle zu kümmern. Sie schlossen sich den Bruggers, eine Lenzkirche Uhrenträger Familie an, die bis Südtirol kamen. Gegen Lothringer Spitzen und Vogelorgeln konnten die zwei Lenzkircher in der Gegend von Trient die gesuchten Strohhüte eintauschen. Was mit der Zeit fehlte war das Kapital.

Aber hier zeigte sich der wichtige Familienzusammenhalt der Trägerfamilien: Der ältere Bruder Johann und dessen Schwager Lorenz Füderer konnten zur Gründung 1780 einer Handelsgesellschaft gewonnen werden- der „Faller, Tritscheller & Co.“ Auch Bruder Kaspar war mit dabei.   Lorenz Füderer verantwortete den Einkauf in Italien, sein jüngerer Bruder Philipp eröffnete ein Geschäft in Florenz. 1785 wurde in Neustadt eine Zentrale gegründet, da zum Einkauf in Italien die Belieferung der alten Handelsgesellschaften auch Artikel wie Glaswaren und nun immer mehr „Venezianische Waren“ neben den einfachen Produkten des Schwarzwalds sich wünschten.

Johann Faller ging Anfang 1800 mit seinem Sohn Nikolaus zu Fuß über die Alpen, um die Geschäfte in Florenz zu kontrollieren. Denn die Geschäfte haben sich immer weiter ausgebreitet und führte zur weiteren Beitritten von Familienmitgliedern: Von Rom, Genf bis Paris, Hessen und Thüringen  seit 1820 sogar bis in die USA erstreckte sich das Verkaufsgebiet. Um die Jahrhundertwende hatte die nächste Generation das Ruder in die Hand genommen- Nikolaus Faller und Johann Georg Tritscheller. Sie gründeten eine Niederlassung in Vallonora zwischen Venedig und Trient. Ein wichtiges Anliegen war aber auch die italienische Strohflechterei auf dem Hochschwarzwald einzuführen, denn die Nachfrage nach feineren italienischen Produkten stieg stetig. Das heimische Roggenstroh eignete sich wohl, gelernt musste nur die italienische Methode zu bearbeiten und zu bleichen.

Die Schwester von Johann Georgs Frau Marianne unterrichtete die Mädchen im Flechten und Nähen der Hüte. Es entstand die „Strohhutfabrik“ und das gesamte Warenlager von Neustadt wurde hierher verlegt. Mehr als 600 Strohflechterinnen wurden mit der Zeit beschäftigt und bekamen dadurch Lohn und Brot.

In der dritten Generation übernahmen Franz Josef Faller und Paul Tritscheller die Führung des Unternehmens. Beide bereisten geschäftlich ganz Europa und die USA. Beide engagierten sich im politischen Leben wurde Abgeordnete des Reichs- und Landtags, deren Interesse sich verlagerte: Beide wurden Mitbegründer der Uhrenfabrik Lenzkirch, der Draht- und Schraubenfabrik Falkau sowie der Baumwollspinnerei Kollnau. 1880 wurde die Strohhuthandelsgesellschaft Faller, Tritscheller & Co aufgelöst, Nachdem schon 1866 die Niederlassung Vallonara in die Hände der Familie Faller, Lenzkirch in die der Familie Tritscheller übergegangen war.

Tritscheller Paul 1822-1892


Samstag, 6. Januar 2024

Was verbirgt sich hinter dem Murgtal Fuggerle?

Haus Kast in Hörden

Jakob Kast, sein Geburtsjahr liegt im Dunkeln, lebte in Hörden, heute ein Ortsteil heute von Gaggenau. Er arbeitete sich 1608 vom freigekauften Leibeigenen zum Hauptschiffer der Murgschifferschaft hoch und wurde später
markgräflich badischer Kammer-Rat. Als er 1615 starb, war er wohlhabend und reich, wie es damals vielleicht ganz Deutschland nicht seinesgleichen hatte.

 

Er war zwar nur Hauptschiffer, aber durch Kredite und Lieferverträge waren die meisten Rheinschiffer an Kast gebunden.  Damit waren sie der Sorge des Verkaufs enthoben und erhielten ein festes Einkommen ohne Risiko. Wer sich nicht fügte bekam kein Geld mehr geliehen. Es gelang ihm, mit dem badischen Markgrafen Philipp ein Abkommen zu schließen, dass der Murgholzhandel auf dem Rhein durch ihn abgewickelt wurde. Den Gewinn teilte er mit dem Markgrafen hälftig. Dieses Abkommen wurde bis zum Niederrhein ausgedehnt. Bald fasste er auch im Kinzig-Holzhandel Fuß. Nur wenige Flöße mit Kinzigtäler Holz gehen jetzt noch den Rhein herab, die ihm nicht gehören. Ebenso bezog er Holz aus dem Renchtal. Das meiste auswärtige Holz kaufte er in Straßburg, wo er bald eine Filiale seines Unternehmens einrichtete. Sein Unternehmen war in jener Zeit das größte in Südwestdeutschland. Mit seinen Maßnahmen war Kast auch nicht immer zimperlich. Obwohl die Ordnung der Schiffer vorschrieb, nur ein Gewerbe auszuüben, handelte er auch mit anderen Waren und Gütern. Dazu gehörten Salz, Eisenwaren, Tücher und Seide. Aber auch Eichenholz verkaufte er in großen Mengen, obwohl die Ordnung dies verbat.

 

Die Gewinne verborgte er an Grafen, Fürsten, Klöster, Kirchen, Städte und Bürger. Selbst Reichsstädte wie Straßburg, Frankfurt und Worms waren seine Schuldner. Die Grafschaft Eberstein war so sehr verschuldet, dass ihm der Zoll in Hörden  neben den verpfändeten Wäldern überlassen wurde.

 

Wo sich Gelegenheit bot, kaufte Kast Anteile von Sägemühlen und Waldungen auf. Neben 71 Waldgrundstücken besaß er 1615 nach seinem Tode 400.000 Gulden ausgeliehenes Kapital,  26 Sägemühlen, 80.000 Bortgerechtigkeiten  und das war ungefähr ein Viertel der Murgschifferschaft. Er war so reich, dass bei seinem Tode die Erben das Bargeld  in Körben verteilten, weil das Zählen zu mühsam war. Einer Überlieferung nach trug er sich mit dem Gedanken, das Dach seines Wohnhauses in Hörden mit Silbertaler  decken zu wollen. Sinnvollerweise richtete er aber den „Katschen Armenfond“ in Hörden und Gernsbach ein und unterstütze die Armen. Über dem Torbogen seines Wohnhauses ließ er den Spruch anbringen:  „Gott forchten ist die Weisheit, die reich macht und bringt alles Gut‘s mit sich“.

 

Seine sieben Kinder- 2 Söhne und 5 Töchter- führten sein Vermögen von rund 480.000 Gulden weiter. Sein ältester Sohn Jakob, auch Flößer, baute sich in Gernsbach ein prächtiges Wohnhaus, in das er nicht mehr einzog, da er eine Straßburgerin heiratete und in deren Heimatstadt umzog. Er schenkte das Wohnhaus der Stadt. Es diente bis 1935 als Rathaus der Stadt Gernsbach. Sein zweiter Sohn Philipp wurde Schiffer, Händler und Bauer in Hörden und bewohnte das elterliche Anwesen. Das Holzhandelsunternehmen wurde unter beiden Söhnen aufgeteilt. Seine Töchter hatten alle respektvoll geheiratet, die ein aufschlussreiches Licht auf die Bedeutung und Weitläufigkeit von Jakob Kast warfen.


Kastsche Bargeld wird verteilt







 

 

Was verbirgt sich hinter Baden-Baden, der Weltstadt Badens?

Russische Kirche

Über Baden-Baden ruht die Schlossruine Hohenbaden –später Altes Schloss genannt- auf einem einzelnen stehenden Felsen am südwestlichen Abhang des Batterts. Die Burg wurde vermutlich um 1100 von Hermann II von Zähringen. mit dem Hermannsbau erbaut. Über die genaue Zerstörung gibt es keinen Hinweis. Es muss Anfang des 16. Jahrhunderts durch Brand erfolgt sein.

 

Die Kelten siedelten schon vor den Römern auf dem Battert über Baden-Baden. Die römische Siedlung „Aquae Aureliae“ entstand im 1. Jahrhundert n. Chr wegen des Thermalwassers, das am Südhang des Neuen Schlosses zu Tage treten.  Die Thermen sind heute noch unter dem „Friedrich Bad“ und Kloster „Zum Heiligen Grab“ begehbar. Heute sprudeln aus 12 Quellen 800.000 l Thermalwasser pro Tag in die Hotels, Badetempel wie die Caracalla Therme oder Friedrichbad und in die Trinkstuben. Denn ab 1306 erlaubte Markgraf Friedrich II die Thermalquellen als Bäder zu benutzen.

 

Baden-Baden hat wohl schon im 13. Jahrhundert durch den badischen Markgrafen Stadtrecht erhalten. 1473 weilte Kaiser Friedrich III in der Stadt. Seine siebenwöchige Kur leitete die Entwicklung zum Fürstenbad ein. Im 16. Jahrhundert bestanden in der Stadt schon 12 Badehäuser. Der Markgraf Christoph verlegt den Regierungssitz von Pforzheim nach Baden-Baden.1479 konnte er dann vom Alten Schloss ins unterhalb gebaute Neue Schloss umziehen.

 

1655 wurde eine Eichenallee angelegt, die später die berühmte Flaniermeile, die Lichtentaler Allee, wurde und heute das Kurviertel mit dem Kloster Lichtental verbindet. Lichtental ist das einzig Kloster, das 1803 nicht säkularisiert wurde. Es war die Grablege der Markgrafen von Baden.

 

1705 verlegte Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden die Residenz nach Rastatt. Das war bald verschmerzt, denn der Ruf zum Weltbad erfolgte durch Eröffnung des Spielcasinos 1838. In der Zeit zwischen 1845 und 1870 galt Baden-Baden als vornehmste Kurstadt Europas. Baden-Baden war Sommer- und Paris die Winterhauptstadt der feinen Gesellschaft. Es war der strahlende Treffpunkt des Adels und der Reichen und von denjenigen, die sich dazugehörig fühlten zwischen St Petersburg, Paris, London, Wien und Rom. Der Krieg1870/71 beendete den ausländischen Besucherstrom und durch die Schließung des Spielcasinos 1872 wurde die Sommerhauptstadt zu einem Badeort unter vielen. Das Spielcasino „Casino Royal“, das 1933 wieder eröffnet wurde, gilt noch heute als das schönste der Welt.

 

Noch heute geben sich in der 5. Jahreszeit in Baden Baden – der Iffezheimer Rennwoche seit 1858- Adel, Reiche, Neureiche die Klinke in die Hand und versuchen sich zu überbieten.

 

Die blaue Kuppel der russisch-orthodoxen Kirche demonstriert die frühere enge Bindung an das Zarenreich.

 

Seit 1946 sendet der Südwestfunk (SWF) Radio- und ab 1971 täglich Fernsehsendungen von Baden-Baden aus. 1998 nach der Vereinigung mit dem Süddeutschenrundfunk (SDR) sendet und produziert der Südwestrundfunk (SWR) Programme für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und die Kölner Bucht.


Für Kunstsinnige bietet Baden-Baden heute das Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts. Der Schwerpunkt des Museums Frieder Burda ist die klassische Moderne und zeitgenössische Kunst. Oder auch das Programm des Festspielhauses, das den alten Bahnhof als Eingangshalle integriert hat, zieht die Gäste an.

Baden-Baden