Freitag, 28. Juli 2023

Was verbirgt sich hinter den alten Berufen im Enztal?


Im Gebiet der oberen Großen Enz -gering besiedelt mit riesigen, weitläufigen Wäldern - lädt die Gegend zum Besuch der alten Zeit den Besucher ein.

Das „blaue Gold des Waldes“ wie früher die Unmengen von Heidelbeeren genannt wurden, hatten für die arme Bevölkerung eine geschichtliche und wirtschaftliche Bedeutung. Die Schulkinder bekamen bis zu 4 Wochen schulfrei, um beim Pflücken der Heidelbeeren zu helfen. So erinnert noch heute in Enzklösterle das jährliche Heidelbeerfest jeweils Mitte Juli an die kostbare Waldfrucht. Neben dem Klassiker, dem Heidelbeerpfannkuchen und der Heidelbeermarmelade, ist das Heidelbeerbuffet mit lauter süßen Versuchungen mehr als Naschen wert. Auch der 12 km lange Heidelbeerweg lädt zum Wandern ein.

Aber nicht nur der Heidelbeeren wegen ist ein Besuch in Enzklösterle, einem ehemaligen kleinen Kloster Enza, zu empfehlen. Die „alten Waldberufe“ können hautnah noch erlebt werden: Am Köhlerweg ist noch eine der am besten erhaltenen Kienrußhütten ihrer Art in Deutschland zu besichtigen, mit der früher Ruß gewonnen wurde. Er wurde für die Herstellung von schwarze Ölfarbe, schwarzer Druckerfarbe oder Stiefelschmiere gebraucht. Weiterhin ist noch ein Salbeofen erhalten, mit dem aus Wurzelholz der Kiefer Teerwasser zum Gerben von Fällen gewonnen wurde. Aber auch Holzteer, Kienöl und zum Schluß zähflüssiges Pech waren Erzeugnisse des Salbeofens. Seit 1980 lässt das Forstamt das alte Gewerbe der Köhlerei zum Gewinnen der Holzkohle auf einer alten Kohlplatte wieder aufleben. Die gebrannte Holzkohle lieferte bei nur der Hälfte des Volumens und knapp einem Viertel des Gewichts etwa das Doppelte an Hitzegraden gegenüber dem Holz.

Ein Schaufloß in der Enz erinnert an die große Zeit der Flößerei. Im Rohnbachtal ist noch eine Erdriese erhalten, mit der die gefällten Stämme von den Bergen zum Polterplatz geriest wurden. Dort wurden die Stämme mit den Wieden zu Flößen zusammengebunden. 1993 hat das Forstamt einen Wiedeofen im Rohnbachtal gebaut, bei dem die Herstellung der Wieden  gezeigt wird. Noch zwei Schwallweiher, Poppel- und Kaltenbachsee sind vorhanden, mit deren Wasser die eingebundenen Flöße auf die Reise geschickt wurden. Um die riesigen Wälder im oberen Murgtal verwerten zu können, wurden die mächtigen Holländerstämme mit 12 Pferden Vorspann über den Berg zum Kaltenbachsee gezogen. Er wurde 1782 als Schwallweiher angelegt. So wurden die Flöße über die Enz, Neckar nach Holland geflößt, da die Badische Regierung sich weigerte, die obere Murg flossbar zu machen.

Aber die Enz wurde nicht nur zur Langholzflößerei benutzt sondern auch zur Scheitholzflößerei. In Enzklösterle-Nonnenmiß führte ein Floßkanal zu einer großen Wiese wo getrocknetes Holz lagerte, das zu bestimmten Zeiten in Wasser geworfen wurde. Der Weg des Holzes bis Bissingen dauerte 14 Tage. Noch heute erinnert in Bietigheim-Bissingen ein Flößerdenkmal an jene Zeit, die ab 1860 stark nachließ. Die Eisenbahn und bessere Straßen verdrängten die Flößerei.

Im Ronbachtal liegt am Unterhang des „Enzwaldes“ der sog. „Harzwäldle“: Hier waren auf mehreren Hektar Waldfläche zahlreiche 230-240 jährige Harzkiefern erhalten geblieben. An verschiedenen Kiefern kann heute noch die Harzgewinnung (Dexel- und Risserverfahren) betrachtet werden. Das  festere Kolophoniumn wurde für Lacke,  Farben und die Munitionsherstellung benötigt. Das flüssigere Terpentinöl wurde vielfach in pharmazeutischen Produkten verwendet. Das Harzen endete erst gegen1920.

Harz-Kiefer

Salbeofen