Freitag, 14. Juli 2023

Was verbirgt sich hinter der Murgschifferschaft?


Die Entstehung der Murgschifferschaft liegt im Dunkel der Geschichte. Die Erschließung des Murgtals und deren Seitentäler im 13. Jahrhundert ist sicherlich der Grund dafür, dass die Grafen von Eberstein Gernsbach gegründet hatten. Die Ausweitung des Holzhandels führte 1488 dazu, dass eine genossenschaftliche Ordnung des gemeynen Holzgewerbs im Murgentall“ beschlossen und in 41 Artikeln mit 396 Punkten der Geschäftsbetrieb insbesondere der Holzhandel, Sägerei und Flößerei festgelegt wurde. Sitz der Gesellschaft war Gernsbach. Damit ist sie wohl die älteste Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland.

 

Geheimnis des Überlebens der Murgschifferschaft bis zum heutigen Tag war eine strenge Berufsteilung: Hoheit und Verwaltung hatten vier Hauptschiffer. Sie vertraten die Schifferschaft nach außen hin. Sie wurden immer nur für 2 Jahre gewählt, um eine eigene Machtpolitik einzugrenzen. Die eigentlichen Unternehmer und Kapitalbesitzer waren die Rheinschiffer, Waldschiffer und in einer dritten Gruppe wurden die Säger, Waldhauer und Fuhrleute als Dienst- und Hilfspersonal zusammengefasst. Diese Regelung hatte bis Mitte 16. Jahrhundert Bestand. Ab dann wurde sie durch einen einzigen Schiffer wie den bekannten Schiffer Jakob Kast von 1587-1615 vertreten. Heute sind Anteile in 100.000 „Waldrechte“ aufgeteilt, die auf ca. 120 Genossenschafter verteilt sind. Größter Anteilseigener ist mit ca. 55.000 Waldrechten das Land Baden-Württemberg. Die gesetzliche Vertretung obliegt dem Verwaltungsrat, der sich aus den drei höchstbeteiligten Genossenschaftern und zwei gewählten Genossenschaftern zusammensetzt. Das Land als eigener der Anteilsmehrheit hat nur eine der fünf Stimmen im Verwaltungsrat.

 

An die Stelle der Waldnutzungsrechte, mit denen die Murgschiffer im Mittelalter von ihren Landesherren, den Grafen von Eberstein und den Markgrafen von Baden, belehnt wurden, trat gegen Ende des 15. Jahrhunderts der Erwerb vom eigenen Grundbesitz der stets klammen Landesherren durch die Genossenschaft. Vom 30-jährigen Krieg hat sich die Murgschifferschaft erst Mitte des 18. Jahrhunderts erholt. Hauptbetätigungsfeld waren Brenn- und Schnittholz. Brennholz kam durch die Scheitholzflößerei zum Kunden und das Schnittholz als Oblast auf den Flößen. Allein 1505 wurden zwischen Forbach und Ottenau 26 Sägewerke gezählt.

 

Die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts planlose Abholzung und schrankenlose Waldweide führten zum Kahlschlag weiter Landstriche. Im Jahr 1814 war nur noch ein Viertel des Schifferwaldes mit verwertbaren Bäumen bewachsen. Bis 1833 wurden die Flächen auf der Grundlage der Badischen Forstgesetze, die Nachhaltigkeit forderten, mit Fichten, Tannen, und Kiefern neu bestockt.

 

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verlor die Flößerei durch den Eisenbahnbau, der von der Murgschifferschaft gefordert und gefördert wurde, an Bedeutung. Dies obwohl mit  der Eröffnung dieser 1896 das Todesurteil über die Flößerei gesprochen war. Aber schon rechtzeitig hatten die Murgschiffer sich nicht nur auf die Flößerei festgelegt sondern aus den unzähligen Sägewerken gingen zahlreiche Gesellschaften hervor, die heute Papier, Kartonagen und Verpackungen, Spanplatten und Bierfilze fertigen. Aber die Aktivitäten der Murgschifferschaft waren nicht nur die Wald- und Holzwirtschaft sondern auf ihre Aktivitäten ging die Gründung der Bezirkssparkasse Gernsbach zurück.

Wildflößerei 1856 Raumünzach