Dienstag, 11. Juli 2023

Was verbirgt sich hinter dem Furtwänglerhof in Furtwangen?

Furtwänglerhof vor dem Brand

Im oberen Katzensteig nahe bei der Wasserscheide von Rhein und Donau liegt auf 1000 m Höhe der Furtwänglehof. Er war ein Lehenshof des Klosters St Georgen und damit in vielen Dingen abhängig. Das Eigentum des Lehensbauers war auf die jeweilige Lebenszeit beschränkt und durfte nicht verkauft werden. Nach dem Tod musste der „Fall“ geleistet werden, d.h. das beste Stück Vieh im Stall musste dem Kloster abgeliefert werden. Der Nachfolger hatte einen Treueeid dem Kloster zu   leisten. Da die Lehensbauern in der Region zumeist auch Leibeigene des Klosters waren, musste auch der „Leibfall“ geleistet werden, d.h.es war das beste Gewand dem Kloster abzuliefern.

 

Das Kloster St Georgen wurde 1084 gegründet und hat vor allem die Besiedlung des Schwarzwaldes  und damit auch die Besiedlung von Furtwangen vorangetrieben. Die Aufgabe der Leibeigenschaft des Kloster St Georgen wurde 1739 abgelöst und erst allgemein 1781 durch den Kaiser abgeschafft. Erst 1830 konnten die Lehensbauern die Lehenspflicht mit dem 18-fachen der bisherigen jährlichen Abgaben ablösen. 1783 war der Furtwänglehof der drittgrößte Lehenshof in Furtwangen mit 115 ha.

 

Um 1300 wurde auf dem Hofe schon ein Henni im Furtwenglin nachgewiesen. Ab 1480 war ein Clösi Furtwängler zu verzeichnen, die 154 Jahre diesen Hof mit diesem Namensträger bewirtschaftete. Weitere 73 Jahre wurde er mütterlicherseits in der Familie geführt, da der Erbe früh starb, und die Mutter wieder heiratete und so der Hof unter Fehrenbach lief.

 

Der Name des Geschlechts und damit der Hofname rühren sicher von der Hochfläche „Furtwängle“ her, die den Übergang vom Bregtal ins Elztal bezeichnet, die zuerst besiedelt worden war. Die Frage, die nicht mit Sicherheit beantwortet werden kann, gaben der Familien- und Hofname der Stadt den Namen „Furtwangen“.

 

Der Hof wurde 1820 von der Familie Kaltenbach übernommen, die auch nebenher sich als Uhrmacher betätigten. Er brannte 1910 durch Brandstiftung bis auf die Grundmauern nieder und wurde von Klemens Kaltenbach sofort wieder aufgebaut. Die Familie Kaltenbach bewirtschaftet diesen Hof bis heute und stammte ursprünglich vom Reinertonisenhof in Schönwald.

 

Auch auf dem Oberheubachhof in Neukirch wirtschaftete von 1492 bis 1901 das Geschlecht der Furtwängler. Ob die Neukircher Furtwängler vom Furtwänglehof in Furtwangen stammen, ist möglich aber nicht belegbar. Mütterlicherseits wurde durch die Heirat der Tochter Furtwängler der Familienname zu Faller, die den Hof bis heute bewirtschaften.

 

Die Familie Furtwängler war nicht nur ein segensreiches Bauerngeschlecht in Furtwangen und Neukirch sondern die Familie Furtwängler war auch die Quelle vieler über die Region hinaus bekannter Persönlichkeiten. Der Uhrmacher Lorenz Furtwängler (1807-1864) vom Schwefeldobel in Gütenbach legte die Grundlage der Lorenz Furtwängler Uhrenfabrik in Furtwangen, die dann später von seinen 4 Söhnen gegründet wurde. Sein Bruder, Philipp Furtwängler  (1800-1867), ging nach Elze bei Hildesheim und war ein erfolgreicher Orgelbauer. Bruder Wilhelm (1829-1883) war der spätere Direktor des Bertold Gymnasiums in Freiburg und Großvater des erfolgreichsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts, Wilhelm Furtwängler (1886-1954).

 

Eindeutig belegbar ist, dass obige Persönlichkeiten nicht vom Furtwänglehof in Furtwangen –wie oft behauptet- stammen sondern vom Oberheubachhof in Neukirch .