Freitag, 27. August 2021

Was verbirgt sich hinter dem Kleinod von St Oswald?

 


Wer heute die B 31 durch das Höllental nach Hinterzarten nimmt bestaunt die Engstelle mit dem Hirschsprung. Danach öffnet sich das Höllental wieder, der Bedarfshallt „Posthalde“ wird passiert. Danach liegt linker Hand etwas erhöht eine kleine, oft unbeachtete Kapelle „St Oswald“. Gleich darauf erscheint kurz vor den Serpentinen linker Hand ebenfalls das traditionelle „Hofgut Sternen“ in Höllsteig, in der schon Marie Antoinette auf ihrem Weg von Wien nach Frankreich Rast machte. Der Parkplatz mit der Glasbläserei lädt zum Verweilen ein.

 

Von hier führt ein kurzer Weg an einer alten Zollstation vorbei zur Kapelle „St Oswald“. Wer ins Innere der unscheinbaren Kapelle will, sollte vorher im „Hofgut Sternen“ einen Schlüssel mit nehmen.

 

Um 1100 bauten die Herren von Falkenstein -als Lehensherren der Herzöge von Zähringen eingesetzt- kurz nach dem heutigen Ort „Falkenstein“ linker Hand auf dem mächtigen Felsen ihre „Burg Falkenstein“. Deswegen hieß das Höllental damals bis ins 17. Jahrhundert  „Falkensteiner Tal“. Die Burg wurde 1388 von den Freiburgern erobert und zerstört, da sie die Weglagerei der Falkensteiner satt hatten.

 

Übrig blieb aus jener Zeit die „St Oswald Kapelle“, die urkundlich 1148 vom Konstanzer Bischof geweiht wurde. Umgeben hatte die Kapelle ein kleiner Friedhof, denn es war einfacher die Toten von der Höhe ins Tal zu dem vermutlich kleinen Weiler zu bringen als umgekehrt. 1275 wurde Breitnau, zu der auch die Kapelle bis heute gehört, urkundlich als „Breittenowe“ erwähnt.  Mitte des 14. Jahrhunderts wurde sie als Filialkirche von Breitnau geführt und seit 1799 gehört sie bis heute aber nur pfarrrechtlich zu Hinterzarten.

 

St Oswald war bei ihrer Weihe 1148 ursprünglich ein romanischer Bau ohne Glocke. 1208 folgten Sakristei und das Beinhaus –heute noch einsehbar-, Mitte des 14. Jahrhunderts kam ein Dachreiter hinzu, 1674 folgte der Glockenturm und seit 1719 die heutige Form. Zumindest besteht die die Kapelle 873 Jahre ohne Zerstörung. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde beim versuchten Bombardement des Ravennaviadukts das Dach abgedeckt und die Kapelle kräftig durchgeschüttelt.

 


„St Oswald“ ist dem heiligen Oswald (5.8. Patrozinium) geweiht, der auch einer der 14 Nothelfer, Patron des Viehs und der Kreuzritter ist. Dargestellt wird er mit dem Zepter in der Hand und dem Prunkgefäß in der anderen als Skulptur im Flügelaltar, links davon der heilige Mathias und rechts der heilige Michael. Dieselben Heiligen begegnen einem auf der Außenseite des Flügelaltars. Auf der Innenseite zeigen links der Flügel die Anbetung der Könige und rechts eine Heimsuchung. Leider wurden 1980 die drei Figuren aus dem Altar gerissen und zum zweiten Mal geraubt. Deswegen

stehen heute Duplikate in der Kapelle. Die 1983 aufgespürten Originalfiguren wurden restauriert und sind gut gesichert in der Hinterzartener Pfarrkirche „Maria in der Zarten“ aufgestellt. Aus Sicherheitsgründen wurde ein schmiedeeisernes Chorgitter in der Kapelle eingebaut. Auf dem ältesten Mauerwerk über dem rechten Seitenaltar ist noch das Wappen der Falkensteiner zu sehen.

 


Im Glockenturm hängen noch 3 Glocken, deren Alter sensationell ist. Die Hauptglocke von 1581 ist dem heiligen Oswald geweiht. Die mittlere Glocke von 1503 mit den heiligen Michael und Oswald. Die dritte Glocke ebenfalls aus dem gleichen Jahr. Wegen archäologischen und technischen Besonderheiten, der hohen künstlerischen Vollendung der Glocken wurden diese vor der Ablieferungspflicht in beiden Weltkriegen verschont.