Freitag, 6. August 2021

Was verbirgt sich hinter Anton Rindenschwender?

 


Anton Rindenschwender, geboren am 28. Januar 1725, war ein Beispiel dafür, dass auch in früherer Zeit ein sozialer Aufstieg durch Tüchtigkeit möglich war. Er war der Sohn eines Waldarbeiters, der aus Tirol eingewandert war. Er starb als Oberschultheiß von Gaggenau und fürstlicher Ökonomierat 1803.

 

Als Zwölfjähriger verließ er das Elternhaus. Vom Knecht über Waldarbeiter, Vorarbeiter wurde er durch seinen Tüchtigkeit Geschäftsführer eines Weisenbacher Holzhändlers bis ihn ein Rotterdamer Holzimporteur als Handlungsbevollmächtigten verpflichtete. Die dürftigen Kenntnisse in Lesen, Rechnen und Schreiben vervollständigte er von den Kindern seines ersten Lehrherrn.

 

Mit seinen Ersparnissen erwarb er Immobilien im damaligen unbedeutenden Dorf Gaggenau. Der wohlhabende Bürger wurde 1752 Schultheiß von Gaggenau, 1758 Oberschultheiß dieser Gemeinde. Dieses Amt bekleidete er über vierzig Jahre lang. 1768 gelang ihm die Schifferrechtsanteile von Anton Dürr zu erwerben und war damit Mitglied der einflussreichen Murgschifferschaft.

 

1760 hatte er die Glashütte auf dem Mittelberg gepachtet, die er nach Gaggenau verlegte nachdem die Holzvorräte aufgebraucht waren. Er baute sie mit insgesamt über 50 Gebäuden und Einrichtungen modern und erweitert auf. Die 23 Wohnhäuser boten insgesamt 30 Wohnungen für die Arbeiternehmerfamilien.  Das Graveurhaus hatte ein Türmchen mit einer Uhr, die den Beginn und Ende der Arbeitszeit einläutete. Dazu gehörten eine Schmiede, ein Sägewerk, eine Wirtschaft und Wohngebäude, ein Stauwehr. Bis ins 19. Jahrhundert bestimmte dieser Industriebetrieb das Wohl Gaggenaus.

 

Die genossenschaftliche Glashütte, bei der die Glasbläsermeister gleichzeitig die Unternehmer waren, wurde von Anton Rindenschwender abgelöst. Im neuen Hüttenwerk gab es nur noch eine einheitliche Schicht von Arbeitskräften, die sich mit der Glasherstellung beschäftigten. Damit war der Schritt zur Unternehmerglashütte vollzogen. Der kapitalkräftige Unternehmer organisierte alleine den Einkauf, die Produktion und den weiträumigen Absatz. Für die Unternehmensführung standen ihm ein Faktor, Platzmeister und für die Buchhaltung ein Hüttenschreiber zur Verfügung.

 

Das heutige Hofgut auf dem Amalienberg geht auf seine Urbarmachung 1782 des felsigen Bergrückens zurück. Dort baute er im Hofgut den Familiensitz auf. Einen Besuch des Anwesens durch die badische Erbprinzessin Amalie von Hessen-Darmstadt nahm Rindenschwender zum Anlass, dem Hofgut den Namen „Amalienberg“  zu geben.

 

Seine letzte Großtat war, 1785 die Alb floßbar zu machen, so dass auch das Kloster Frauenalb ihr Holz flößen konnte. Mit seinem Tode ließ Großherzog Karl Friedrich ihm, der es vom Bauernknecht und Holzfäller 1797 zum fürstlichen Ökonomierat brachte, einen Obelisken setzen. Dieser steht heute auf dem Marktplatz von Gaggenau.  

 

Aus 3 Ehen gingen 30 Kinder hervor. Sein großes Vermögen wurde durch Erbstreiteren stark dezimiert. Die Glashütte ging in eine weibliche Nachkommenlinie der Familie Acker über und 1870 in fremde Hände. Das Gelände wurde 1810 verkauft.