Freitag, 3. Juli 2020

Was verbirgt sich hinter dem Eisenbahnanschluss von Freudenstadt?


Freudenstadt 1824
Die Murgtalbahn wurde 1868 nach Gernsbach als private Eisenbahnstrecke erstellt. Freudenstadt hätte damals im Gegensatz zur Regierung in Stuttgart gerne einen Eisenbahnanschluss  durch das Murgtal an die neue Rheintalstrecke gehabt. Deswegen hatte die Stadt 1872 ein Konzessionsgesuch für den Bau einer Schmalspurbahn Gernsbach nach Freudenstadt eingereicht. Freudenstadt sollte ein Tunnel wegen der enormen Steigung für die 1.000 mm Breitspurbahn erhalten, um den geplanten Bahnhof der Gäubahn zu erreichen. Die württembergische Regierung hatte aber kein Interesse an diesem Projekt, der badischen Regierung fehlte das Geld. 



1871 wurde bei einer Eisenbahnversammlung in Oppenau der Vorschlag diskutiert, eine Eisenbahnverbindung Freudenstadt mit einem Kniebis-Tunnel ins Renchtal zu bauen. Man glaubte eine Eisenbahnstrecke von Straßburg-Freudenstadt-Ulm verwirklichen zu können. Aber die badische wie württembergische Regierung winkte jeweils ab. Die Planungen wurden 1917 und 1935 nochmals aufgegriffen, wurden aber nicht ernsthaft vorangetrieben.



Die Gäubahn von Stuttgart über Eutingen nach Freudenstadt war 1879 eingeweiht worden. Der Bahnhof lag allerdings weit außerhalb südlich der Stadt. 1886 war die Kinzigtalstrecke als Nebenbahn der Schwarzwaldbahn von Hausach nach Freudenstadt fertig gebaut. Damit war Freudenstadt an „die große Welt“ angeschlossen.



Die Voraussetzungen für die Entwicklung vom Landstädtchen zum Luftkurort waren gegeben. In jener Zeit konnten die Schlösser des Bürgertums nämlich die Grandhotels entstehen. Es war die Zeit, in der die Hotels wie Rappen, Post, Waldeck, Stockinger und Palmengarten entstanden sind.



Es fehlte aber noch ein Anschluss des oberen württembergischen Murgtales. Schwierigkeiten bei der Planung bereitete die enorme Steigung aus dem Murgtal nach Freudenstadt. Es gab zwei Möglichkeiten: Einen 900 m langen Tunnel unter Freudenstadt oder eine Zahnradbahn mit einer Lokomotive, die mit einer Zahnstange versehen war. Die damaligen Lokomotiven konnten die enorme Steigung nicht erklimmen. Freudenstadt wehrte sich gegen den Tunnel. Insofern kam es der Regierung von Stuttgart gelegen, die preiswerte Lösung einer Zahnradbahn zu bauen, die 1901 eingeweiht wurde.



Mittlerweile wurde auf der badischen Seite im Murgtal die Bahn bis 1894 nach Weisenbach gebaut und 1915 bis Raumünzach verlängert.

Auf dem badischem Gebiet war die Eisenbahnstrecke fertiggestellt.  Die württembergische Regierung hatte kein Interesse, die Lücke zu schließen, da so der Waren- und Fremdenverkehr von Freudenstadt über Stuttgart und nicht über Karlsruhe abgewickelt werden musste. Die durchgehende Murgtaleisenbahnstrecke war erst mit der Gründung der Reichsbahn 1920 möglich und 1928 durchgehend befahrbar ausgebaut worden.