Henri Arnaud führt die Waldenser 1698 |
Die Waldenser lebten in Piemont,
Savoyen und waren evangelischen Glaubens. Nach dem Aufheben des Toleranzdeliktes
von Nantes 1685 waren sie in die unzugänglichen Täler der Cottischen Alpen
geflohen. Einige Jahre später waren sie schon wieder zur Flucht gezwungen. Der
savoyardische Herzog Viktor Amadeus II hatte dem Sonnenkönig in Verseilles 1698
zugesagt, keine Glaubensflüchtlinge auf seinem Staatsgebiet zu dulden. Da der
Weg zurück nach Savoyen gesperrt war, blieben nur die calvinistischen Kantone
der Schweiz. Da die wirtschaftliche Lage der Westschweiz desolat war, waren sie
auf Dauer nicht erwünscht.
Die Landesfürsten von
Württemberg, Hessen-Darmstadt und Hessen-Homburg waren bereit Flüchtlinge
aufzunehmen. So zogen 1699 die ersten Waldenser mit ihrem Pfarrer, Henri
Arnaud, in ihre neue württembergische Heimat an der Grenze zu Baden, die durch
Kriege und Pestepidemien verwüstet war. Hauptsiedlungsgebiet war der Kraich-
und Pfinstgau sowie der nord-östliche Schwarzwaldrand.
Herzog Eberhard Ludwig von
Württemberg gewährte ihnen fünfzehn Jahre Steuerfreiheit, ihre Pfarrer durften
sie selber wählen und hatten das Recht im Unterricht ihre französische Sprache
zu behalten. Der Herzog war in der Hoffnung nach dem Vorbild Brandenburger
Hugenotten die Gegend zu einem wirtschaftlichen Gegengewicht zum
prosperierenden badischen Raum zu schaffen. Aber schon nach wenigen Jahren
musste der Herzog feststellen, dass keine Manufakturbesitzer, Verleger und
Handwerksmeister wie in Brandenburg gekommen waren sondern überwiegend schlecht
ausgebildete Taglöhner, arme Bergbauern, die wenigstens lesen und schreiben
konnten.
Die Waldenser trieben sich selber
in die Isolation, da sie nicht bereit waren, ihre frankoprovenzalische Umgangssprache
abzulegen und deutsch zu lernen. Ihre waldensische Glaubensgemeinschaft trug
ebenfalls dazu bei. Den aus ihrer Heimat gepflegten Weinbau und die
Seidenraupenzucht waren in diesem rauen Klima nicht möglich. Die Ernten auf den
sandigen Böden waren schlecht. Die ansässige Bevölkerung war zudem von den
neuen Ankömmlingen nicht erbaut, denn sie sprachen die Sprache des
französischen „Erbfeindes“. Ständige Reibereien waren dadurch vorprogrammiert.
Eine typische Waldenser Siedlung
stellt Neuhengstett (ursprünglich Boursett) bei Calw dar. Die Waldenser waren
an ihrem Kirchinneren zu erkennen. Dieses war sehr schlicht, statt dem Altar
gab es nur einen Tisch. Wenn die Kanzel sein musste, war sie hinter dem
Altartisch angebracht, um den zentralen Stellenwert der Verkündigung des
biblischen Wortes zu betonen. 1821 wurde die Waldenser Kirche zwangsweise in
die lutherische Landeskirche integriert. Lutherische Seelsorger mussten in
deutscher Sprache Gottesdienst abhalten. Trotzdem konnte sich die französische
Umgangssprache bis um 1900 erhalten.
Bis zum heutigen Tag sind die
Waldenser an ihren Namen zu erkennen: Talmon l‘ Armee, Perrot, Ayasse und Rivoir.
Auch die alten Häuser sind zu erkennen. Da die Waldenser die Fachwerkbauweise
nicht kannten, bauten sie ihre Häuser ganz aus Stein an der Durchgangsstraße
mit der Längsachse jeweils rechtwinklig zur Straßenflucht.