Samstag, 7. Dezember 2019

Was verbirgt sich hinter dem Säcklestrecken?


Wird auf dem Schwarzwälder Bauernhof für den Winter vorgesorgt, ist auch die Zeit des Schlachtens gekommen, das sich in der Nachbarschaft herumspricht. Sitzt der Bauer mit seiner Familie, Gästen und dem Hofmetzger nach getaner Arbeit beim Kesseltreiben oder bei der Metzelsuppe, wie es auch genannt wird, versuchen sich die Burschen der näheren oder weiteren Nachbarschaft im Säcklestrecken.



Die ungebetenen Gäste, die Säcklestrecker, binden ein Säcklein, inliegend einem Zettel, an eine Bohnenstange. Mit dieser wird an das beleuchtete Fenster der Stube geklopft.  Auf diesen Zettel wird in Versform die Bauernschaft zum Metzgen des Schweines und der Metzelsuppe beglückwünscht, sowie die Bitte, auch eine Gabe vom Schlachtfest in das Säckchen zu legen.



Den Gratulanten und Bittsteller werden Würste und ein Stück Fleisch in das Säcklein getan. So dann wird die Stange wieder an ihren Platz zurückgestellt. Die Kunst der Säcklestrecker ist es, die Stange mit dem gefüllten Säcklein unbehelligt zu holen, um sich davon zu machen. Die Absicht des Bauern ist es, die Säcklestrecker bei ihrer Tat zu erwischen. Deswegen versuchen die Knechte der Säcklestrecker habhaft zu werden, in dem das Licht gelöscht oder die Stange angebunden wird.



Gelingt es die oder einen Säcklestrecker zu fangen, werden sie unter großem Hallo in die Stube zur Metzelsuppe geführt und bewirtet. Oftmals wird aber auch ein Schabernack mit den Säcklestrecker zusätzlich getrieben. Entweder werden ihre Gesichter mit Ruß geschwärzt oder gar die Hände vor dem Essen auf den Rücken gebunden. Sie müssen dann zur Erheiterung der anderen, ohne ihre Hände gebrauchen zu können, die Metzelsuppe essen.



Meist gilt aber Gnade vor Recht, denn es gilt letztlich als Ehre für den Hof, wenn viele Säcklestrecker kommen.



Ein typisches Gedicht der Säcklestrecker ist:

Guten Abend, ihr Metzersleut!

Wir haben gehört, ihr habt geschlachtet ein fettes Schwein,

und da möchten wir auch ein wenig als Gast dabei sein.

Wir haben gehört, euer Schwein war etwas klein,

drum wollen wir mit unseren Wünschen bescheiden sein.

Auf eine Blutwurst können wir kaum hoffen,

da euch das Blut ist davon geloffen.

Drum bitten wir um eine Leberwurst,

um zu vermehren unseren großen Durst.

Dann zum Fenster und in den Sack hinein,

das mag schon eine tapfere Bratwurst sein.

Ein Stückchen Speck

zwischen Ohren und Wedel hinweg.

Und noch einen Schunken,

dann wollen wir heimklunken.

Wir bitten, füllt das Säcklein bald,

denn es ist kalt, und wir sind alt.

Man nennt mich Hans Keck,

wer uns zu nahe kommt, bewerfen wir mit Dreck.