Samstag, 31. August 2019

Was verbirgt sich hinter dem Kloster Hirsau?


Kloster Hirsau um 1650

Der B 463 im Nagoldtal weiter talaufwärts folgend wird Hirsau  erreicht. Auch der Ostweg führt dem Nagoldtal südlich folgend nach Hirsau. Heute Luftkurort, im Mittelalter eines der bedeutendsten Benediktinerklöster des Schwarzwaldes.



Nach dem Hirsauer Codex wurde das Kloster Hirsau 830 gegründet. Bischof Noting brachte die Gebeine des heiligen Aurelius von Italien ins Nagoldtal. Sie wurden in einer dem heiligen Nazarius geweihten Kapelle und später in der neu erbauten Aureliuskirche deponiert. Bischof Noting gewann Mönche, die das klösterliche Gemeinschaftsleben zum Blühen brachte.



Doch bald zog die „Macht der Sünde“ ins Kloster ein. Die Mönche geistig desinteressiert, „fleischlich“ gesinnt brachten das Klosterleben zum Erliegen.



Papst Leo IX hielt sich 1049 in Hirsau auf und befahl seinem Neffen, Graf Albert von Calw, das Kloster neu aufzubauen und mit Mönchen zu besiedeln. Dies geschah ab 1059 und ab 1079 übernahm Abt Wilhelm die Lebensordnung vom Kloster Cluny in Burgund. Damit lebten die Mönche des Klosters Hirsau nach den Regeln des heiligen Benedikt. Abt Wilhelm schaffte die Vermönchung von unmündigen Kindern ab, die zur Versorgung und Ausbildung dem Kloster übergeben worden sind. Auch die Einführung des Laienbrüderwesens geht auf ihn zurück. Die Mönche sollten sich nur noch dem Gebet und der Wissenschaft widmen. Damit wurde das Reformkloster Hirsau zum Vorbild der Klosterwelt.



Wilhelm Schultheiß wurde 1524 der letzte katholische Abt von Kloster Hirsau. Denn die württembergische Landesstände bekannten sich zu den Ideen der lutherischen Reform: Das Volk schreie nach dem reinen Gotteswort. Die Reformation gab den Klöstern keine Chance mehr, sich als Stätten religiös motivierter Gemeinschaftlichkeit zu behaupten. Zusätzlich griff Herzog Ulrich nach dem klösterlichen Geld, um seine eigene Finanzmisere zu beheben. Den Mönchen wurde eine Abfindung oder ein jährliches Leibeding von 40 Gulden gewährt. Sie mussten aber das Kloster verlassen. Das nahmen 14 Mönche an, 6 bekannt sich zum evangelischen Glauben, andere unterschrieben, dass sie in jugendlichen Unverstand Mönch geworden sind. 1535 wurde dem ehemaligen Mönch Ludwig Felderer die evangelische Prälatur in Hirsau übertragen.



1629 ermöglichte Kaiser Ferdinand II die Rückgabe aller Klöster, die die Evangelischen seit 1552 an sich gebracht hatten. 1630 besiedelten Mönche aus Weingarten wieder das Kloster Hirsau. Nach dem Friedensvertrag von Münster 1648 fielen die württembergischen Klöster wieder an das Land zurück. Die katholischen Mönche mussten Hirsau wieder verlassen.



Kloster Hirsau wurde evangelische Klosterschule. Herzog Ludwig ließ eine dreiflügelige Schlossanlage (1558-1592) als höfische Ruhe- und Erholungsstätte im Kloster errichten. Die Bäder Teinach und Liebenzell waren in der Nähe.



1692 zerstörten die französischen Truppen im  Pfälzischen Erbfolge Krieg das Kloster Hirsau. Das einzig erhaltene Gebäude, die Marienkapelle, wurde zur evangelischen Kirche. Damit war eines der bedeutendsten Klöster des Schwarzwaldes auch baulich Geschichte.
Ehemaliges Schloss Kloster Hirsau

 
Marienkapelle, ehemaliger Kreuzgang