Freitag, 18. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem Engländerdenkmal am Schauinsland?


Eine Wandergruppe bestehend aus 27 Schülern zwischen 12 und 17 Jahren und der junge Deutschlehrer von der Strand School in London brachen zu einer Schwarzwaldwanderung im Jahre 1936 auf. Als sie am 16. April nach langer Zugfahrt in Freiburg ankamen, genossen sie noch unbekümmert die Schwarzwaldstadt.

Am nächsten Morgen sollte es dann losgehen: Von der Jugendherberge Petershof in der Innenstadt über den Schauinsland, Notschrei zur Jugendherberge Radschert in Todtnauberg. Eine über km 20 km lange und mit 1000 Höhenmetern selbst für geübte Wanderer anspruchsvolle Wanderung. Der Lehrer, Kenneth Keast, 27 Jahre alt, hat sich die Reise im Reisebüro empfehlen lassen. So unbekümmert waren auch die Vorbereitungen. Trotz winterlichen Verhältnissen trugen die Schüler Sommerkleidung, leichte Schuhe, kurze Hosen, keine Kopfbedeckung. Statt einer guten Wanderkarte diente dem Lehrer nur eine Übersichtskarte vom Reisebüro im Maßstab 1:100.000. Als Wanderproviant gab es zwei Brötchen für jeden sowie eine Orange. Das war’s!

Am Vortag war der Lehrer schon vor einem drohenden Unwetter informiert worden, er meinte jedoch, dass Engländer schlimmeres Wetter gewohnt seien. In der Jugendherberge hing am Wandertag der Wetterbericht aus, der auf einen Wetterumschwung hinwies, denn es fing schon morgens an zu schneien. Als Mahnung gab der Herbergsvater mit auf den Weg, dass sie auf keinen Fall die zugeschneiten Wanderwege nutzen sondern auf der Fahrstraße bleiben sollten. Trotz aller Mahnungen verließ die Gruppe in Günterstal die Fahrstraße Richtung Berggasthof St Valentin. Prompt verlief sich Lehrer Keast, denn er wanderte wieder Richtung Freiburg zurück. Als er nach nahezu zwei Stunden wieder beim St Valentins vorbeikam, erkundigte er sich bei der Wirtin nach dem Weg. Doch auch hier riet die Wirtin dringend von einer Wanderung zum Schauinsland ab, denn Wege und Schilder seien zugeschneit. Aber unbekümmert erwiderte Keast, dass sie eben den Schnee abwischen würden. Am Kiberfelsen hatten sie sich wieder verlaufen. Eine Stunde später hatten sie erst den Sohlacker erreicht.

Mittlerweile war es 15 Uhr und am Kohlerhau traf die Gruppe zwei Forstarbeiter, die wegen des Schneesturms die Arbeit eingestellt hatten und rieten ihnen dringend, die Wanderung abzubrechen. Aber Keat versuchte über das obere Kapplertal weiterzukommen. Dort traf die Gruppe den Postmann Steiert. Er riet ihnen ebenfalls dringend ab, bei diesem Unwetter weiterzugehen und bot an, sie ins nahe Bergwerkzechheim  zu bringen. Keast lehnte ab und ließ sich weiter den Weg zum Schauinsland beschreiben. Die Wandergruppe kam im hohen Schnee nur noch kräftezehrend voran. Querfeldein ging es die steile Kapplerwand hinauf, so dass die Wandergruppe die ganze Wucht des Schneesturms ins Gesicht bekam. Verbissen hielt Keast am Ziel fest, wenn nicht der Schauinsland zu erreichen war, dann wenigstens nach Hofsgrund zu kommen. Die Gruppe irrte schon über 10 Stunden im Gebiet herum, sie waren durchnässt und verfroren, dehydriert und völlig erschöpft durch das Waten im Tiefschnee. Die Ersten mussten getragen werden andere brachen zusammen.

Gegen 18.30 Uhr hörten die ersten Schüler das Abendläuten der Hofsgrunder Kirche, und um 20 Uhr erreichten die ersten den Dobelhof in Hofsgrund. Dort berichteten die erschöpften Ankommenden, dass Schüler krank im Berg liegen würden. Nun hörte man auch die Hilferufe der am Berg Zurückgebliebenen. Mit ihren Skiern und Hornschlitten gingen die Bauern auf Suche nach den Vermissten und Zusammengebrochenen, die über den gesamten Südhang des Schauinsland verstreut lagen. Nur 15 hatten Hofsgrund erreicht, der Rest hielt jeweils Wache bei den Zusammengebrochenen oder sogar Bewusstlosen. Ein Arzt, der im nahen Gasthaus Halde urlaubte, brachte erste ärztliche Hilfe. Um 23.30 Uhr waren alle geborgen. Vier Schüler konnten nicht wieder belebt werden, der fünfte starb am nächsten Tag in der Klinik.

Die deutsche Regierung ließ anlässlich des Unglücks das Engländerdenkmal bei Hofsgrund 1938 errichten, während der Vater des ums Leben gekommenen Jack Alexander Eaton 1937 an der Stelle, an der sein Sohn starb, ein Eton-Kreuz als „Kleines Engländerdenkmal“ setzen. In der Kirche von Hofsgrund ließen die Eltern der Gerettenden eine Gedenktafel, zum Dank für die spontane Hilfe der Einwohnerschaft, anbringen.

Hofsgrund Eatonstein