Freitag, 11. April 2025

Was verbirgt sich hinter dem "Vaterunserloch"?


„Vaterunserloch“, der Spitzname des bekannten Wallfahrtsort „Todtmoos“ im oberen Wehratal, hat mit seinen 13 Ortsteilen und 2.000 Einwohnern 500.000 Übernachtungen zu verzeichnen. Eine Erfolgsgeschichte, die sicherlich mit der Abgelegenheit im tiefen Hotzenwald auf 700 m Höhe zusammenhängt. Denn bekannt war der Wallfahrtsort bei den Pilgern schon lange, aber er war  für die wohlhabenden Bevölkerungen der wachsenden Großstädte nur schwer zu erreichen.

Aber der Holzabfuhrweg im Wehratal wurde ab 1849 als Landstraße ausgebaut und für den allgemeinen Verkehr freigegeben – Höchstgeschwindigkeit 25 km/h. Auch eine Eisenbahnverbindung von Wehr nach Todtmoos war 1914 nur durch den Ersten Weltkrieg gestoppt worden. Sie sollte die Wiesen-/Wehratalbahn nach Norden verbinden, ebenso wie eine später geplante elektrische Straßenbahn. Denn 1856 war die Hochrheinbahn von Basel bis Bad Säckingen fertiggestellt worden.

Somit war Todtmoos an die Welt nach draußen angebunden, denn schon 1877 waren die ersten Kurgäste angemeldet. Aber nicht nur diese sondern auch Lungenkranke nutzten die frische Waldluft zur Kur. Gaststätten, Pensionen, Lungensanatorien und prunkvolle Hotels wurden gebaut und waren bald bezogen. Die Krönung dieser Entwicklung war 1901 die Eröffnung des privaten Sanatoriums Wehrawald. In dieses hochmoderne, luxuriöse Sanatorium kamen die Tbc-Kranken aus ganz Europa, vor allem aus Russland an. Es war nicht vermessen, aber Todtmoos konnte sich mit Davos hinsichtlich Kurmöglichkeiten, Publikum und Geldadel vergleichen.

Aber der rasante Aufschwung wurde durch den Ersten Weltkrieg gestoppt. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Familien aus den großen Städten, die dem Bombenhagel entflohen waren, bis das Wirtschaftswunder langsam anlief. Der Rückgang von Tbc-Kranken und die Heilung mit Antibiotika verminderten die Kuraufenthalte mehr und mehr. 1983 verließ der letzte Tbc-Kranke das Sanatorium. Glücklicherweise erfolgte eine Indikationsanpassung auf Krankheiten des Atmungs- und Kreislaufsystems. In kurzer Zeit kamen noch die verschiedenen Krebspatienten hinzu. Parallel  beschloss die Deutsche Rentenversicherung ihr Haus „Sanatorium Wehrawald“ neu zu errichten, um sie den Erfordernissen der heutigen Technik und medizinischen Möglichkeiten anzupassen. Mit 200 Patientenzimmer und zusätzlichen Indikationen ist der Wehrawald der größte Arbeitgeber in Todtmoos.

Manches Kurheim fand auch in der Möglichkeit als Kinderheim Erholungsstätte,  das Überleben bis weit in die 70iger Jahre hinein zu verlängern.

In Todtmoos-Rütte konnte sich ebenfalls eine bleibende Institution etablieren. 1950 begann Graf Dürckheim mit seiner späteren Frau, Maria Hippius,  eine Existentialistische Bildung- und Begegnungsstätte aufzubauen, die exquisite Besucher aus der ganzen Welt anlockte.  Neben Bischöfen, Äbten, Minister, berühmten Patres, Professoren, verschiedene japanische Großmeister und Psychologen, Kinder sehr reichen Industrieller weilten teilweise mehrere Jahre und versuchten durch Meditation und spezielle Therapien, Sinn für das  Leben zu finden. Graf Dürckheim  hat in Deutschland den Zen Buddhismus eingeführt.

Ebenso existieren in Todtmoos-Au das Kama Kagyu Chö Khor Ling e.V., ein Verein für Studium & Praxis des Tibetischen Buddhismus. In Todtmoos selber in der Hochkopfstraße hat sich das Unity-Lehrzentrum Lichtquell, ein überkonfessionelles Seminarzentrum etabliert. Nicht zu vergessen, im katholischen Pfarrhaus hat der Paulinerorden  ein Kloster gegründet.