Freitag, 3. Januar 2025

Was verbirgt sich hinter dem Blick vom "Bergle" über Gengenbach?


Der Name „Kastelberg“ über Gengenbach, auch liebevoll „Bergle“ genannt, hat seinen Ursprung in einem römischen Kastell, das über die römische Straße im Kinzigtal wachte. Ein Votivstein, Münzfunde belegen die römische Anwesenheit. Alemannen lösten diese ab und wurden selber von den Franken verdrängt.

Die Franken bauten unterhalb des Bergles ihrem heiligen Martin eine Kirche, die heutige Friedhofskirche St Martin. Gleichzeitig gründete Abtbischof Pirmin in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts nach seiner Vertreibung von der Reichenau ein Kloster östlich angrenzend an das Dorf unterhalb des Kastelbergs. Die Lage war klug gewählt, da die römische Straße, die links der Kinzig führte, hier die Kinzig queren musste, da sie rechts der Kinzig weiter führte.

Das Kloster kam schon früh zur Blüte, wurde 820 Reichskloster, orientierte sich an Bamberg, wurde von St Georgen reformiert und wuchs als Benediktinerkloster  mit seinen Besitzungen in der Ortenau und seinem Silberbergbau auch zu einem Wirtschaftsunternehmen auf. Mit der Bedeutung des Klosters wuchs auch das Dorf und wurde immer mehr zu einer Einheit zwischen beiden. 1139 wurde Gengenbach erstmals urkundlich erwähnt. In jener Zeit wurde mit der Stadtgründung die Siedlung und Kloster mit Mauerring und Stadttoren befestigt, denn beide waren aufs engste miteinander verknüpft.1366 wurde Gengenbach „freie Reichsstadt“ mit Sitz beim Kaiser in Wien.

Auf dem „Bergle“ war schon aus keltischer Zeit ein Hain, Gläubige bauten eine kleine Kapelle und wallfahrten heimlich zur Göttin Einbethe. Um vom Kloster alles in die richtigen Bahnen zu bringen, wurde 1294 auf dem „Bergle“ eine Kapelle gebaut und dem heiligen Jakobus geweiht, die nun über Kloster und Stadt wachte. Neben der Kapelle wurde eine Grabkapelle gebaut, um den Ort auf dem ein heidnischer Altar stand, christlich zu vereinnahmen. Die heutigen beiden Kapellen stammen von Abt Thalmann aus den Jahren 1681/82.

Die Reformation hinterließ auch ihre Spuren, 1525 wurde das Kloster unter dem „wilden“ Grafen Wilhelm von Fürstenberg protestantisch, kehrte aber 1547/48 zum katholischen Glauben zurück. Auch der 30jährige Krieg, die Erbfolgekriege brachten wie überall Belagerung, Zerstörung so auch in Gengenbach die völlige Zerstörung 1689 durch die Franzosen. Auf wirtschaftlichem Sektor gehörten die Leistung des Klosters einer Glashütte, sowie eine Blaufarbenfabrik im Moosgebiet.

In der Geschichte Gengenbachs ist im Lauf der Jahre immer wieder die Rede von Kämpfen, die die Stadt mit wechseldem Erfolg, aber mit gleichbleibender Zähigkeit hindurch mit dem Kloster um ihre Privilegien und ihrer Selbstständigkeit als Kommune führte. Diese Selbständigkeit wurde durch das 1784 gebaute prächtige Rathaus dokumentiert.

Der Schlag, der für die Stadt und das Kloster alles veränderte, war die Säkularisierung und Mediatisierung1803 und 1806: Gengenbach verlor den Status und Privilegien der „freien Reichsstadt“ und wurde beschauliches Provinzstädtchen, das sich um Wein und Industrie bemühen musste. Das Kloster wurde aufgehoben, zwar war es „Auffangbecken“ für das Personal der Klöster Schwarzach und Ettenheimmünster. Aber im Jahr 1807 war trotz aller Hoffnungen Schluss für das Kloster Gegenbach: Die jüngeren Patres kamen als Pfarrgeistliche in die verschiedenen Gemeinden, die älteren wie der Abt wurden pensioniert. Das Hauptgebäude wurde Pfarrhaus, Schule und Obervogteiamt, die Klosterkirche wurde die Pfarrkirche. Kulturelles Gut, Kirchenausstattung und vor allem die Bibliothek wurden in alle Winde zerstreut.

Unvergesslich ist der Blick vom „Bergle“ hinab auf das Städtchen. Vorne am Fuß des „Bergle“ die Abteikirche mit dem eleganten Barockturm, aus den alten Dächern das hohe Walmdach des spätbarocken Rathauses, außerdem die drei Türme der Stadttore.

St Marien